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VwGH vom 17.09.1996, 93/14/0055

VwGH vom 17.09.1996, 93/14/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl 6/288/1-BK/Km-1992, betreffend Umsatzsteuer 1989 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der beschwerdeführenden Gemeinde wurde in der Niederschrift über die Schlußbesprechung ua festgehalten, daß die Gemeinde einen Kindergarten betreibe. Der Kindergarten stelle einen Betrieb gewerblicher Art dar. Im Rahmen dieses Betriebes gewerblicher Art seien Vorsteuern aus "Kindergartentransportkosten" in Höhe von rd S 27.291,-- (1989) und S 29.000,-- (1990) geltend gemacht worden. Diese Vorsteuern seien aus folgenden Gründen zurückzufordern: Die Gemeinde lasse die Transporte nach den Bestimmungen der Richtlinien für die Gewährung von Landesbeiträgen an Gemeinden zu den Kosten des Transportes von Kindern zum Zwecke des Kindergartenbesuches durchführen. Gemäß Pkt 1) dieser Richtlinien habe der Transport zum nächstgelegenen allgemein zugänglichen Kindergarten, der entsprechend den Bestimmungen des OÖ Kindergarten- und Hortgesetzes geführt werden müsse, zu erfolgen. Der kürzeste zumutbare Weg zwischen Wohnung und Kindergarten müsse in einer Richtung mindestens 1 km betragen. Kinder, deren Wohnungen abseits einer festgelegten Transportroute liegen, kämen ebenfalls nicht in den Genuß der Kindergartenfreifahrt. Da also nicht alle Kindergartenkinder die Möglichkeit einer Freifahrt hätten - der Besuch des Kindergartens allein berechtige noch nicht zur Freifahrt, es müsse vielmehr ein Transportbedürfnis (mehr als 1 km Entfernung) und eine Transportmöglichkeit (Wohnort an festgelegter Transportroute) bestehen - werde davon auszugehen sein, daß nicht in direktem Zusammenhang mit dem Kindergartenbetrieb stehende Leistungen vorlägen. Die Transportleistungen stellten daher keine Nebenleistungen dar. Auch der Umstand, daß gemäß § 2 Abs 7 des OÖ Kindergarten- und Hortgesetzes die Transportkosten nicht zu den Betriebs(= Erhaltungs)kosten des Kindergartens gezählt werden dürften, spreche für das Nichtvorliegen einer Nebenleistung. Die Transportleistungen bildeten auch keinen eigenen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Körperschaftsteuergesetz, weil es an der Erzielung von Einnahmen fehle und das notwendige Merkmal der "wirtschaftlichen Selbständigkeit" nicht vorliege. Die geltend gemachten Vorsteuern seien daher rückzufordern.

Daneben traf der Prüfer auch (hier nicht näher interessierende) Feststellungen für das Jahr 1991.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ für die Jahre 1989 bis 1991 (nach Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs 4 BAO) neue Umsatzsteuerbescheide.

In einer gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin ua gegen die Verweigerung der geltend gemachten Vorsteuern aus den "Kindergartentransportkosten". Darüberhinaus beantragte sie, für das Jahr 1991 entsprechende, bisher nicht geltend gemachte Vorsteuern (rd S 31.680,--) anzuerkennen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich dieser Vorsteuern ab. Dies im wesentlichen mit der bereits in der Niederschrift über die Schlußbesprechung angeführten Begründung.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Vorsteuerabzug verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Frage strittig, ob die im Rahmen des von der beschwerdeführenden Gemeinde betriebenen Kindergartens (welcher unstrittig einen Betrieb gewerblicher Art darstellt) geltend gemachten Vorsteuern für die der Beschwerdeführerin infolge Beförderung der Kinder zum und vom Kindergarten erwachsenen Transportkosten abzugsfähig sind. Die Beschwerdeführerin rügt die Beurteilung der belangten Behörde, die entsprechenden Vorsteuern seien mangels Nebenleistungscharakter der Transportleistung nicht abzugsfähig, weil die belangte Behörde übersehe, daß die "Richtlinien" nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Land Oberösterreich und der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer bestimmten Zuschußgewährung beträfen, nicht aber das Rechtsverhältnis zwischen Beschwerdeführerin und den beförderten Kindergartenkindern bzw ihren gesetzlichen Vertretern.

Die Rüge ist berechtigt. Ob eine umsatzsteuerlich das Schicksal einer Hauptleistung teilende Nebenleistung vorliegt, ist nämlich notwendigerweise - wie auch die belangte Behörde insofern in ihrer Gegenschrift einräumt - nach dem Verhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger zu beurteilen, nicht aber danach, ob und unter welchen Umständen auf Grund eines anderen Rechtsverhältnisses Zuschüsse zu der allenfalls erbrachten Leistung gewährt werden.

Eine unselbständige Nebenleistung ist dann anzunehmen, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Die Merkmale der Nebensächlichkeit und des engen Zusammenhanges der Nebenleistung mit der Hauptleistung sind als erfüllt anzusehen, wenn die Nebenleistung die Hauptleistung ermöglicht, abrundet oder ergänzt (vgl das hg Erkenntnis vom , 89/15/0051).

Unter den im Beschwerdefall gegebenen Umständen müssen nun die erbrachten Transportleistungen als Leistungen, welche die Hauptleistung - nämlich den Besuch des von der Beschwerdeführerin betriebenen Kindergartens - ermöglichen, abrunden oder ergänzen, beurteilt werden, weil die Transportleistung keine selbständige Bedeutung, sondern nur eine untergeordnete (nebensächliche), dem Besuch des Kindergartens dienende Funktion haben. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Nebenleistung allenfalls nicht allen die Hauptleistung des Kindergartenbetriebes in Anspruch nehmenden Kindern, insbesondere denen, die in der Nähe des Kindergartens wohnen, die daher gar keinen Bedarf an der Nebenleistung haben, geboten wird.

Die Qualifikation der Beförderungsleistungen der Kinder zum gegenständlichen Gemeindekindergarten als Nebenleistung kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, daß die "gegenständlichen Transportleistungen" nicht üblicherweise im Zuge der Hauptleistung vorkämen, weil die "Beförderungen nicht vom Betrieb eines Gemeindekindergartens abhängig" seien und "auch nicht von der Gemeinde auf den von ihr betriebenen Gemeindekindergarten beschränkt werden" dürften. Bei den "gegenständlichen Transportleistungen" der Beschwerdeführerin und den damit zusammenhängenden Vorsteuern handelt es sich nach der Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde ausschließlich um solche für Beförderungen von Kindern zum Gemeindekindergarten. Diese Leistung erfüllt aber jedenfalls die Voraussetzungen zur Qualifikation als Nebenleistung zur Hauptleistung "Gemeindekindergartenbetrieb" und ist daher diesem Betrieb gewerblicher Art zuzurechnen. Wie allfällige andere (von der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht festgestellte) Transportleistungen zu beurteilen sind, kann daher dahingestellt bleiben.

In diesem Zusammenhang und soweit die belangte Behörde im übrigen darauf hinweist, daß die Transportleistungen schon deshalb keinen eigenen Betrieb gewerblicher Art darstellen, weil es an der Erzielung von Einnahmen fehle, ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 91/15/0156, ausgesprochen hat, daß der (damals) vom Land Niederösterreich einer Gemeinde gewährte Zuschuß für die Beförderung von Kindern zum Zwecke des Kindergartenbesuches als Entgelt von dritter Seite der Umsatzsteuer unterliegt, weil die Gewährung des Zuschusses erkennbar so mit einem konkreten Leistungsaustausch verknüpft ist, daß ohne die konkrete Beförderung von Kindern zum Zwecke des Kindergartenbesuches der Landeszuschuß nicht gewährt würde.

Da die belangte Behörde somit in Verkennung der Rechtslage die für die Jahre 1989 bis 1991 von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vorsteuern nicht anerkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.