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VwGH 19.12.2005, 2002/10/0017

VwGH 19.12.2005, 2002/10/0017

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §18 Abs2;
RS 1
Der Artenschutz verfolgt einen anderen Schutzzweck als die Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal. Die Erklärung zum Naturdenkmal dient dem Schutz einer konkreten (einzelnen) Naturerscheinung, die auch ein aus verschiedenen Pflanzen- oder Tierarten geformtes Naturgebilde sein kann. Eine Erklärung zum Naturdenkmal kann auch dort erfolgen, wo einzelne Pflanzen nicht gefährdet oder in ihrem Bestand bedroht sind. Der Artenschutz verfolgt hingegen den Schutz und die Erhaltung der jeweiligen Art, unabhängig von ihrem jeweiligen Vorkommen.
Normen
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs5;
NatSchG NÖ 2000 §16 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;
RS 2
Da die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 NÖ NatSchG 2000 zum Schutz von Naturgebilden, die auf Grund eines Bescheides nach § 12 besonders geschützt sind, Pflegemaßnahmen durchführen oder durchführen lassen kann, entspricht die Betrauung Dritter mit der Durchführung solcher Maßnahmen dem Gesetz. Dass die Behörde durch die bescheidmäßige Anordnung, durch wen die Pflegemaßnahmen durchzuführen sind, die Duldungsverpflichtung gemäß § 16 Abs. 1 zweiter Satz NÖ NatSchG 2000 konkretisiert und insofern eingeschränkt hat, verletzt die zur Duldung Verpflichteten nicht in ihren Rechten.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2002/10/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerden 1.) des Dipl.-Ing. GH und der JH in L sowie der Mag. AJ in W, alle vertreten durch Proksch & Partner OEG in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/1/11 und 2.) des Ing. WS in W, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU5-B-186/002, betreffend Erklärung zum Naturdenkmal, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Schriftsatzaufwand in Höhe von EUR 330,40 sowie Vorlageaufwand zu gleichen Teilen in Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Trockenrasenfläche am Südwesthang des Kronawettberges auf den Grundstücken Nr. 1773/1, 1773/3, 1773/4 und 1781/2 zur Gänze und auf den Grundstücken Nr. 1774/1, 1774/2, 1775/1, 1775/3, 1775/4, 1781/1, 1781/3, 1782 und 1794/1 auf Teilflächen, KG H., unter Berufung auf § 12 Abs. 1 sowie Abs. 3 bis 5 und § 16 Abs. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes 2000 - NÖ NSchG 2000, LGBl. 5500-2 (in der Folge: NÖ NatSchG), zum Naturdenkmal erklärt.

Ferner wurde darauf hingewiesen, dass das Naturdenkmal in dem "Plan über die Trockenrasenfläche des Kronawettberges" der Abteilung Vermessung des Amtes der NÖ Landesregierung vom , GZ BD5-V-10451, grün umrandet eingezeichnet sei und dieser Plan einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilde. Im Bereich des Naturdenkmales sei jeder Eingriff, der eine Änderung des Pflanzenkleides, des Tierlebens sowie bestehender Boden- und Felsenbildungen zur Folge hat, untersagt.

Ausnahmen von diesem Eingriffs- und Veränderungsverbot sowie sichernde Maßnahmen seien in der folgenden Art und Weise zulässig bzw. erforderlich:

"1. In den ersten drei Jahren sollen einmal im Jahr die offenen Flächen gemäht werden.

2. In den stärker verbuschten Bereichen sind jährlich Schwendungsmaßnahmen durchzuführen, um die derzeit vorhandenen offenen Bereiche zu erhalten.

3. Im dritten Jahr soll eine neuerliche Begutachtung und eine neue Festlegung des Mährhythmus und der erforderlichen Schwendungsmaßnahmen erfolgen.

4. Gibt es die Möglichkeit zur Beweidung mit Schafen, kann diese ebenfalls zur Pflege eingesetzt werden."

Aufwendungen, die über den normalen Erhaltungsaufwand hinausgehen (vorgeschriebene Ausnahmen vom Eingriffs- und Veränderungsverbot), sofern sie der Berechtigte nicht freiwillig aus eigenem trägt, seien vom Land zu tragen. Falls die vorgeschriebenen sichernden Maßnahmen gemäß den Punkten 1 und 2 nicht freiwillig von dem jeweiligen Berechtigten aus eigenem getragen werden, so werde die Österreichische Naturschutzjugend, Landesgruppe Wien, Andreas Lechner Straße, 1140 Wien, mit der Durchführung dieser Maßnahmen betraut.

Nach der Begründung sei von der Österreichischen Naturschutzjugend, Landesgruppe Wien, bei der Naturschutzbehörde erster Instanz (BH) eine Anregung auf Unterschutzstellung der Trockenrasenfläche am Südwesthang des Kronawettberges erfolgt. Dem Antrag sei eine Aufstellung mehrerer gefährdeter Pflanzen, die in dem schützenswerten Gebiet vorkämen, beigelegt worden. Nach Erstattung eines Gutachtens der Amtssachverständigen für Naturschutz sei die näher umschriebene Trockenrasenfläche mit Bescheid der BH vom zum Naturdenkmal erklärt worden. Gegen diesen Bescheid hätten die Beschwerdeführer, die Eigentümer der genannten Grundstücke seien, Berufung erhoben.

Die belangte Behörde habe daraufhin im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens ein weiteres Gutachten des Naturschutzsachverständigen eingeholt. In diesem Gutachten vom (dem eine umfangreiche Fotodokumentation seltener bzw. gefährdeter Tier- und Pflanzenarten angeschlossen ist) habe der Sachverständige im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"1. Befund:

.... Zwischen den beiden Erhebungen - 'Bisamberg' und 'Stetter Berg' -, die aus naturschutzfachlicher Sicht als besonders hochwertig einzustufen sind, liegen sehr unterschiedliche, mehr oder weniger kleinflächige Trocken- bzw. Halbtrockenareale. Diese Flächen, die im Vergleich zur Weitläufigkeit der umgebenden Agrarlandschaft extrem kleinräumig sind, beherbergen zahlreiche, zum Teil sehr seltene Tier- und Pflanzenarten. Die Erhaltung dieser Gebiete ist nicht zuletzt auf Grund ihrer wichtigen 'Trittsteinfunktion' von großer Bedeutung....

Während des Frühjahres 2001 wurde die in Rede stehende Fläche am Kronawettberg vom unterzeichneten Naturschutzsachverständigen mehrmals begangen. Im Bereich des Kronawettberges findet man Trockenrasen- und Halbrockenrasenflächen in enger Verzahnung vor, die zum Teil starke Verbuschungstendenz zeigen. Das Areal besteht unter anderem aus einem stark gestörten Bereich unmittelbar unterhalb des Wasserreservoirs der NÖSIWAG (wahrscheinlich als Folge der Errichtung). Unmittelbar daran schließt eine offene, flachgründige Trockenrasenfläche mit derzeit noch geringer Verbuschungstendenz an. Die hangabwärts anschließenden Bereiche sind teilweise schon stärker verbuscht. Allerdings hat sich noch ein Mosaik kleinflächiger, offener Bereiche erhalten. Die Entwicklungstendenz (Sukzession) in Richtung geschlossene Gehölzfläche/Wald ist jedoch absehbar, wenn keine Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Flächen im Sinne des Naturschutzes ergriffen werden. Die offenen Trockenrasen sind in ihrem Aufbau für das gesamte Gebiet von besonderer Bedeutung....

Die Vegetation der Fläche zeichnet sich vor allem durch das Vorkommen mehrerer in der 'Roten Liste gefährdeter Pflanzen Österreichs' genannten Arten aus.


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Wissenschaftlicher Name
Deutscher Name
Gefährdungsgrad
Astragalus onobrychis
Fahnen-Tragant
Anemone sylvestris
Waldsteppen- Windröschen
Achillea pannonica
Ungarische Schafgarbe
Gefährdet
Chamaecytisus austriacus
Österreichischer Zwergginster
Gefährdet
Chamaecytisus supinus
Kopf-Zwergginster
Gefährdet
Crepis pannonica
Ungarischer Pippau
vom Aussterben bedroht
Eryngium campestre
Feld-Mannstreu
Gymnadenia conopsea
Händelwurz
Inula ensifolia
Schwertblättriger Alant
Lathyrus Iatifolius
Breitblättrige Platterbse
Gefährdet
Linum austriacum
Österreichischer Lein
Gefährdet
Linum flavum
Gelber Lein
stark gefährdet
Linum hirsutum
Rauhblättriger Lein
stark gefährdet
Melampyrum arvense
Acker-Wachtelweizen
Gefährdet
Melica transsylvanica
Siebenbürger Perlgras
Gefährdet
Nigella arvensis
Acker-Schwarzkümmel
stark gefährdet
Onobrychis arenaria
Sand-Esparsette
Gefährdet
Ononis spinosa
Dorniger Hauhechel
Gefährdet
Odontites Iuteus
Gelber Zahntrost
Ophrys sphegodes
Spinnen-Ragwurz
stark gefährdet
Orchis militaris
Helm-Knabenkraut
Gefährdet
Polygala major
Großblütige Kreuzblume
Gefährdet
Prunus fruticosa
Zwergweichsel
Gefährdet
Ranunculus polyanthemos
Vielblütiger Hahnenfuß
Gefährdet
Rosa pimpinellifolia
Bibernell-Rose
Gefährdet
Sanguisorba minor
Kleiner Wiesenknopf
Gefährdet
Verbascum phoeniceum
Purpurkönigskerze
Gefährdet

Das Vorkommen des Ungarischen Pippau (Crepis pannonica) und dessen Gefährdungsgrad muss besonders hervorgehoben werden.

Durch die hohe strukturelle Vielfalt und die zahlreichen reizvollen Rand- und Übergangsbereiche bietet die Fläche auch vielen Tierarten - vor allem Nutzern von Saumbereichen - Lebensraum. Auf dem in Rede stehenden Naturdenkmalareal kommen beispielsweise die folgenden Tierarten vor: Zauneidechse (Lacerta agilis: Rote Liste, gefährdet), Blindschleiche (Anguis fragilis: Rote Liste, gefährdet), Östliche Heideschnecke (Helicella obvia), Wiener Bänderschnecke (Cepaea vindobonensis), Gestreifte Heideschnecke (Helicopsis striata), Große Sägeschrecke (Saga pedo: Rote Liste, vom Aussterben bedroht), Italiensiche Schönschrecke (Calliptamus italicus: Rote Liste, gefährdet), Gottesanbeterin (Mantis religiosa: Rote Liste, gefährdet), Grünes Heupferd (Tettigonia caudata: Rote Liste, gefährdet), Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), Zweifarbige Beißschrecke (Metrioptera bicolor), Feld-Grashüpfer (Chorthippus apicarus), Gemeine Sichelschrecke (Phanoptera falcata), Große Heidelibelle (Sympetrum striolatum), Plattbauch-Libelle (Libellula depressa), die Schmeterlinge Magerrasen-Perlmutterfalter (Clossiana dia), Zwerg-Bläuling (Cupido minimus), Großes Ochsenauge (Maniola jurtina), Gelbwüfliger Dickkopffalter (Carterocephalus palaemon, Rote Liste: regional gefährdet), Schwarzkolbiger Braundickkopffalter (Thymelicus sylvestris, Rote Liste: regional gefährdet), Weißfleckenwidderchen (Syntomis phegea), Krainer Widderchen (Zygaena camiolica, Rote Liste: gefährdet).

Das Areal hat weiters besonders große Bedeutung als 'Trittsteinbiotop' zwischen den beiden herausragenden Zentren 'Bisamberg' und 'Stetter Berg'. Das Areal ist voll in Richtung Bisamberg exponiert und hat gleichzeitig in der Kuppenregion Sichtverbindung mit dem auf dem nördlich anschließenden Hügelzug gelegenen Areal. Der Ausfall derartiger strukturreicher Trockenlebensräume führt auch tendenziell zu einer Verarmung der angrenzenden Trockenrasengebiete. Deshalb sollte generell eine Vernetzung der einzelnen Gebiete mit möglichst geringen Abständen im Sinne des Biotop-Vernetzungskonzeptes angestrebt werden. Im Rahmen eines äußerst wünschenswerten Verbundes von Trockenlebensräumen im Bereich zwischen Bisamberg und Stetter Berg kommt dieser Fläche am Kronawettberg eine besonders hohe Bedeutung zu. Jedes dieser Trittsteinbiotope sollte möglichst in seiner naturräumlichen Qualität erhalten und verbessert werden.

Eine unmittelbare Gefährdung besteht derzeit vor allem durch die zunehmende Verbuschung. Nutzungsumwandlung ist eine weitere Gefahr (ein Teil der Fläche im Osten jenseits der Straße wurde mittlerweile zu einem Acker umgewandelt). Aufgrund der unmittelbaren Siedlungsnähe ist eine weitere Gefährdung durch eine Ausweitung des Siedlungsgebietes gegeben.

2. Gutachten, Erklärungen und Einwendungen der Berufungswerber:

... Trockenrasen und Halbtrockenrasen sind durch die intensive Landnutzung besonders selten geworden und gefährdete Biotoptypen. Biotope sind einheitliche, abgrenzbare Lebensräume, die eine Lebensgemeinschaft (= Biozönose) von Pflanzen- und Tierarten, welche untereinander in Wechselwirkung stehen, beherbergen. Biotop und Biozönose zusammen bilden das Ökosystem als komplexes, vielfach vernetztes Wirkungs- und Beziehungsgefüge von Lebewesen, und deren Standort und Umwelt....

Für die vielen verschiedenen Ausformungstypen gelten gleichwohl gemeinsame Kennzeichen. Die Steppen sind meist niederwüchsige, lückige, vorwiegend aus Gräsern gebildete Pflanzengesellschaften auf flachgründigen, trocken-heißen (= xerothermen), meist süd- bis südwest-, seltener ost- bis südostexponierten Standorten, meist in mehr oder weniger steiler Hanglage. Je nach Ausprägung sind die bestandsbildenden Gräser durch eine Artenvielfalt von bunt blühenden Kräutern ergänzt. Der große Artenreichtum, oder die hohe Biodiversität, ist durch die feinen, sehr exakten Anpassungen spezialisierter Pflanzen an kleinräumige, vielfältig-unterschiedliche Boden- und Klima-Faktoren bedingt, die eine Vielzahl von ökologischen Nischen schaffen. Unter einer 'ökologischen Nische' versteht man das Gefüge von leblosen und belebten Umweltfaktoren, in die eine Art eingebunden ist, also gleichsam die 'Planstelle' eines Lebewesens in seiner Umwelt. Die Trockenrasen sind zum Teil - bei uns sehr selten! - ursprünglich, d.h. echte Naturlandschaften, zum überwiegenden Teil durch menschlichen Eingriff durch Rodung aus trockenem Wald entstanden. Die unterschiedlichen Formen der Steppe sind mit ihren außergewöhnlichen Lebensbedingungen und ihrer außergewöhnlichen Vegetation zugleich als Lebensräume einer speziell daran angepassten Tierwelt von größter Bedeutung. Als Lebensräume sind die Trockenrasen nicht nur durch (extreme) Trockenheit und Hitze, sondern zumeist auch durch besondere Nährstoffarmut gekennzeichnet.

Die kleinräumig abwechselnden Spezialisten unter den Pflanzen können die mosaikartigen Strukturen unterschiedlicher Versorgung mit Wasser und Nährstoffen unterschiedlich nützen. Der Konkurrenzkampf der Arten geht hier also um Wasser und Nährstoffe und nicht, wie etwa bei den Wirtschafts- und Fettwiesen, um Licht. Welche unterschiedlichen Überlebens- und Fortpflanzungsstrategien dabei die einzelnen Trockenrasenpflanzen unter diesen extremen Umweltbedingungen entwickelt haben, ist von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung für die beiden wissenschaftlichen Spezialgebiete 'Pflanzenphysiologie' und 'Evolutionsbiologie'. Die erstgenannte Sparte versucht Antworten auf die Frage 'Wie schaffen es die charakteristischen Trockenrasenpflanzen unter einer relativ lebensfeindlichen Umwelt (trocken, heiß, nährstoffarm) zu überleben?' zu finden, während die zweite Sparte die Entwicklungsgeschichte dieser Anpassungen und Strategien untersucht und ebenso Antworten auf das Paradoxon 'Warum ist gerade in einer relativ lebensfeindlichen Umwelt der Artenreichtum (die Biodiversität) so hoch?' Die 'Tierphysiologie' und 'terrestrische Zooökologie' interessiert sich für die tierischen Bewohner der Trockenrasen, unter denen insbesondere die Insekten den höchsten Artenreichtum und die interessantesten Anpassungen hervorgebracht haben. ...

Auch was die Tierwelt anlangt, gehören die Steppen (Trockenrasen) und Wiesensteppen (Halbtrockenrasen) zu den artenreichsten Lebensräumen. Von allen Biotopen unserer Region weisen sie die höchsten Zahlen von seltenen und großteils gefährdeten Arten auf. Dazu gehören u.a. viele Arten aus den südöstlichen (pannonisch-pontischen) Steppengebieten und aus dem Mittelmeerraum. ...

In der Berufung wurde auch folgende Frage bzw. Kritik geäußert: 'Worin unterscheidet sich die Artenschutzverordnung ('Verordnung hinsichtlich gänzlich oder teilweise geschützter Tier- und Pflanzenarten, LGBl. 5500/2-2) von den Roten Listen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten?' bzw. 'Warum sind viele Arten der Roten Liste nicht in der Artenschutzverordnung enthalten?'

Die Artenschutzverordnung richtet sich in erster Linie an Laien (naturkundlich wenig gebildete Bürger). Daher werden leicht erkennbare, ästhetisch schöne Arten aufgelistet: Blütenpflanzen, Käfer, Schmetterlinge, etc. Der Appell an die naturkonsumierenden Menschen lautet auf Sammelverbot oder Sammelbeschränkung (etwa Pflücken eines 'Handstraußes'), also auf direkte Einflussnahme.

Rote Listen werden in der Regel von Experten für Experten bzw. einen naturkundlich versierten Leserkreis geschrieben. Sie sind umfangreicher und listen daher auch viele unscheinbare Arten auf, die dem Laien meist gar nicht auffallen. Die Gefährdung ist nicht in erster Linie durch die Sammeltätigkeit gegeben, sondern durch Intensivierung der Landnutzung, Landwirtschaft, Straßenbau, Siedlungsbau, Biotopzerstörungen. Rote Listen sind somit wissenschaftlich weitaus exaktere Werke, welche die Gefährdung der Schutzgüter des Naturschutzes besser und umfassender darstellen. Dagegen bezieht sich die Artenschutzverordnung auf einen winzig kleinen Ausschnitt der Artenmannigfaltigkeit (Biodiversität).

Das geschulte Auge erkennt die charakteristische Landschaftsprägung durch Trockenrasen und Halbtrockenrasen bzw. Steppen und Wiesensteppen - im Volksmund wahrscheinlich allgemein unter dem Namen 'Gstettn' bekannt - an der stumpfen, fahlen braungrünen bis braunen Färbung, während die bunten Blüten erst in der Nähe den vielgerühmten Artenreichtum dieser Biotoptypen erkennen lassen. Da sich auch der gegenständliche Trockenrasen am oberen Bereich des Kronawettberges befindet, ist er als naturnahes, landschaftscharakteristisches Merkmal weithin sichtbar. Hingegen verraten satt- bis 'giftig-grüne' Farbtöne dem Fachmann monotones, artenarmes, reichlich überdüngtes Intensivgrünland. Hinsichtlich des Landschaftsbildes ist anzuführen, dass die gegenständliche Fläche inmitten von Wohngebieten, Waldflächen und Weingärten eine der letzten extensiv genutzten Flächen mit Trockenrasen und Buschwerk ist und sie daher eine besonders erhaltene Fläche im Landschaftsbild des Kronawettberges darstellt. Die meisten Trockenrasen sind Relikte früherer menschlicher Nutzungen (besondere kulturelle oder kulturhistorische Bedeutung). Die häufigsten Formen waren Hutweiden und Weingärten.

Die Trockenrasen und Halbtrockenrasen bzw. Steppen und Wiesensteppen gehören nicht nur zu den wertvollsten und artenreichsten, sondern auch zu den gefährdetsten Lebensräumen unserer Heimat. Die Gefährdungsursachen sind vielfältig; völlig aus der Bewirtschaftung entlassene Flächen sind in ihrem Bestand gefährdet, und zwar durch Verbrachung und allmähliches Zuwachsen mit Gehölzen. Ein weiterer Gefährdungsfaktor ist die Nutzung der Trockenrasen mit Wein- und Obstkulturen und dem damit in Zusammenhang stehenden Einsatz von Wasser, Dünger und Bioziden (Spritzmittel). Neben Rekultivierung und Begradigung zerstört auch der Wegebau, besonders der Ausbau mit Hartdecke, manche Fläche. Schließlich werden sowohl durch Einfamilien-, und kommune Wohnhäuser, als auch durch den Bau von Industrie, Betriebs- und Einkaufszentren mit Straßen und Parkplätzen viele aus naturschutzfachlicher Sicht wertvolle Flächen vernichtet.

In diesem Zusammenhang wird auch erklärt - wie in der Berufung gefordert - was man unter dem Begriff 'Trittsteinbiotop' oder 'Biotop mit Trittsteinfunktion' versteht. Der Begriff stammt aus der Fachdisziplin 'Biogeographie', die sich aus der 'Pflanzengeographie' oder 'Geobotanik' und der 'Tiergeographie' zusammensetzt. Hatte man bereits im 19.ten Jahrhundert begonnen die Tier- und Pflanzenarten von Meeresinseln zu beschreiben und zu inventarisieren, so verstand man erst in den 1950er und 1960er Jahren die Gesetzmäßigkeit der Besiedlung von Meeresinseln durch Lebewesen.

Je größer eine Insel ist und je geringer ihre Entfernung zum Festland oder zu anderen großen Inseln ist, umso größer ist ihre Artenzahl. Je kleiner eine Insel ist und je größer ihre Distanz zum Festland oder zu anderen großen Inseln ist, umso kleiner ist ihre Artenzahl. Kleine Inseln weitab vom Festland sind also sehr isoliert und nur von sehr wenigen Arten besiedelt. Es lassen sich sogar mathematische Funktionen berechnen, die den Zusammenhang zwischen der Artenzahl und der Inselgröße bzw. Artenzahl und der Entfernung der Insel zum Festland beschreiben. Es sind keine linearen Funktionen, sondern entweder Potenz- oder Exponentialfunktionen. Das bedeutet, dass die Artenzahl sehr rasch mit zunehmender Entfernung abnimmt. Dabei bildeten die einzelnen Inseln 'Trittsteine' für die Besiedlung weiter entfernt liegender Inseln. Inselgruppen oder Archipele, die aus mehreren, aber nahe nebeneinander liegenden einzelnen Inseln bestehen, sind von ähnlichen Arten besiedelt, während die Arten isolierter Inseln sich sehr deutlich von diesen unterscheiden. Die einzelnen Inseln stehen miteinander in Verbindung, näher nebeneinander liegende natürlich mehr und intensiver als weiter voneinander entfernte. Diese aus dem Studium der Besiedelung von Meeresinseln aufgestellten und einer empirischen Überprüfung standhaltenden Theorien hatten weitreichende Auswirkungen auf die Naturschutzforschung. Man kann die einzelnen kleinen Trockenrasenstandorte (oder auch Feuchtgebiete) inmitten großer landwirtschaftlich intensiv genutzter Flächen, Siedlungen und Wälder durchaus mit Inseln vergleichen. Nach dem Biotopvernetzungskonzept bedeutet jeder weitere Verlust eines Trockenrasens nicht nur den Verlust der Fläche an sich, sondern darüber hinaus eine Beeinträchtigung des gesamten Bestandes! Sowohl Tiere als auch Pflanzen brauchen eine relativ dichte Verteilung ihrer Lebensräume, da durch genetische Isolation zerstörter Einzelflächen eine Verarmung ihres Lebens droht. Kleintiere finden auf ihren Wanderzügen zu weit verstreut liegenden Flächen (Inseln) nicht mehr und es gibt kaum noch Chancen auf Wiederbesiedlung noch erhaltener Flächen durch Zuwanderer. Daher sind auch kleine Flächen, selbst kleinste Flächen 'Wildnis' als (Über-)Lebensraum und 'Trittstein' von großer Bedeutung.

3. Abschließende Beurteilung:

Es wird daher aus naturschutzfachlicher Sicht und weil zweifelsfrei die Voraussetzungen des Naturdenkmalschutzes erfüllt sind, der Naturschutzbehörde zweiter Instanz vorgeschlagen die Trockenrasenflächen am Südwesthang des Kronawettberges auf den (näher angeführten) Grundstücken zum Naturdenkmal zu erklären. Das sind alle Grundstücke wie sie auch im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom , Zl. 9-N-9829, angeführt worden waren."

Nach der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides sei dieses Gutachten samt der umfangreichen Fotobeilage allen Verfahrensparteien zugestellt worden. Diese hätten im Rahmen des Parteiengehörs Stellungnahmen erstattet. Auf ihr Vorbringen, zur Befundaufnahme nicht beigezogen worden zu sein, sei zu erwidern, dass die Nichtbeiziehung der Parteien zu einem Ortsaugenschein durch den Sachverständigen nicht rechtswidrig sei. Dem Einwand, dass die Bezeichnung "Trockenrasenfläche" nicht dem Begriff des Naturgebildes entspreche, sei zu entgegnen, dass das Gesetz keine Legaldefinition des Begriffes "Naturgebilde" enthalte. Nach der beispielhaften Aufzählung in § 12 NÖ NatSchG seien darunter auch seltene Lebensräume, Bestände seltener oder gefährdeter Tier- oder Pflanzenarten zu verstehen. Wie sich aus dem Gutachten des Naturschutzsachverständigen ergebe, beinhalte die verfahrensgegenständliche Fläche sowohl gefährdete Pflanzen als auch Tiere, die im Gutachten genauestens aufgezählt und dokumentiert seien. Die im Gutachten genannten Pflanzen und Tiere seien auch von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung. Die belangte Behörde habe zu der im Gutachten dargelegten "Tritt-Stein-Biotop-Theorie" eine nochmalige Stellungnahme des Naturschutzsachverständigen eingeholt. Danach lägen die Trockenrasenstandorte wie Meeresinseln inmitten großer landwirtschaftlich intensiv genutzter Flächen, Siedlungen und Wälder. Nach dem "Biotop-Vernetzungskonzept" bedeute jeder weitere Verlust einer Trockenrasen-Insel nicht nur den Verlust der Fläche an sich, sondern darüber hinaus eine Beeinträchtigung des gesamten Bestandes. Sowohl Tiere als auch Pflanzen brauchten eine relativ dichte Verteilung ihrer Lebensräume, da den durch genetische Isolation zerstörten Einzelflächen eine Verarmung ihres Lebens drohe. Kleintiere und Blütenpflanzen fänden zu weit verstreuten Inseln - bei Wegfall eines Tritt-Stein-Biotops - nicht mehr, so dass es kaum noch Chancen auf Wiederbesiedlung noch vorhandener Flächen durch Zuwanderer gäbe. Die zunehmende Isolation verwandter Ökosysteme durch das Herausbrechen überlebenswichtiger Tritt-Stein-Biotope unterbinde den genetischen Austausch zwischen den einzelnen Restpopulationen. Dies führe innerhalb der selben Art zu einem gefährlichen Verlust an genetischer Vielfalt. Die Folgen seien eine Verminderung der Evolutionschancen und damit der Überlebensfähigkeit.

Auf Grund des erhobenen Sachverhaltes und des eingeholten Gutachtens, welches schlüssig und fachlich fundiert sei, gelange die belangte Behörde zum Schluss, dass die verfahrensgegenständliche Trockenrasenfläche wissenschaftliche Bedeutung habe und ein seltener Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten sei. Daher seien die im Spruch aufgezählten Flächen zum Naturdenkmal zu erklären.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer die zu den Zlen. 2002/10/0017 und 2002/10/0024 protokollierten Beschwerden erhoben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und sodann darüber erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 NÖ NatSchG idF LGBl. 5500-0 können Naturgebilde, die sich durch ihre Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung auszeichnen, der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen oder die besondere wissenschaftliche oder kulturhistorische Bedeutung haben, mit Bescheid der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Zum Naturdenkmal können daher insbesondere Klammen, Schluchten, Wasserfälle, Quellen, Bäume, Hecken, Alleen, Baum- oder Gehölzgruppen, seltene Lebensräume, Bestände seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Felsbildungen, erdgeschichtliche Aufschlüsse oder Erscheinungsformen, fossile Tier- oder Pflanzenvorkommen, sowie Fundorte seltener Gesteine oder Mineralien erklärt werden.

Gemäß § 12 Abs. 3 NÖ NatSchG dürfen am Naturdenkmal keine Eingriffe oder Veränderungen vorgenommen werden. Das Verbot bezieht sich auch auf Maßnahmen, die außerhalb des von der Unterschutzstellung betroffenen Bereiches gesetzt werden, soweit von diesen nachhaltige Auswirkungen auf das Naturdenkmal ausgehen. Nicht als Eingriffe gelten alle Maßnahmen, die dem Schutz und der Pflege des Naturdenkmales dienen und im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde gesetzt werden.

Nach § 12 Abs. 4 NÖ NatSchG kann die Behörde für Maßnahmen, die Eingriffe im Sinne des Abs. 3 darstellen, die aber insbesondere der wissenschaftlichen Forschung, der Erhaltung oder der Verbesserung des Schutzzweckes dienen sowie für die besondere Nutzung des Naturdenkmales Ausnahmen gestatten, wenn dadurch das Ziel der Schutzmaßnahmen nicht gefährdet wird.

Gemäß § 12 Abs. 5 NÖ NatSchG hat der Grundeigentümer oder Verfügungsberechtigte für die Erhaltung des Naturdenkmales zu sorgen. Aufwendungen, die über den normalen Erhaltungsaufwand hinausgehen, sind, sofern sie der Berechtigte nicht freiwillig aus eigenem trägt, vom Land zu tragen.

Nach § 16 Abs. 1 NÖ NatSchG kann die Behörde oder die Landesregierung zur Erhaltung, zur Pflege oder zum Schutz von Gebieten, die auf Grund einer Verordnung nach den §§ 9 und 11 oder von Naturgebilden, die auf Grund eines Bescheides nach § 12 besonders geschützt sind, Pflegemaßnahmen durchführen oder durchführen lassen. Der über dieses besonders geschützte Gebiet Berechtigte ist verpflichtet, die Durchführung dieser Maßnahmen zu dulden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt im Wesentlichen die Auffassung zugrunde, dass der verfahrensgegenständlichen Trockenrasenfläche besondere wissenschaftliche Bedeutung zukomme.

In den Beschwerden wird demgegenüber zunächst die Auffassung vertreten, einer verwahrlosten Wiese ("Gstettn") komme nicht die vom Gesetz geforderte "besondere" Bedeutung zu. Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen bestehe die naturschutzfachliche Bedeutung für die mit dem angefochtenen Bescheid zum Naturdenkmal erklärten Grundflächen in ihrer ökologischen Funktion, die sie zusammen mit mehreren anderen Flächen, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien, hätten. Schützenswert sei somit nicht ein bestimmtes Naturgebilde, sondern die Summe der weit verstreuten Naturgebilde, deren Zahl nicht näher bestimmt sei. Auf einen solchen Fall sei aber § 12 NÖ NatSchG, der auf ein abgegrenztes Naturgebilde abstelle, nicht anwendbar. Auszugehen sei nämlich von dem Begriffsverständnis, dass der Naturdenkmalschutz zwar nicht nur punktweise Naturerscheinungen, sondern auch flächenmäßig ausgedehnte Naturschöpfungen erfasse, dass diese aber doch eine örtliche Einheit bilden müssten. Es möge zwar sein, dass aus naturschutzfachlicher Sicht auch ein Verbund mehrerer Naturgebilde schützenswert sein könne; das Niederösterreichische Naturschutzgesetz biete jedoch keine Grundlage dafür, diesen zum Naturdenkmal zu erklären. Betrachte man hingegen die verfahrensgegenständliche Fläche allein, so sei aus dem zitierten Gutachten nicht ableitbar, dass diese - für sich genommen - schutzwürdig seien. Vielmehr sei anzunehmen, dass ein derartig geringflächiger inselförmiger Naturschutz inmitten eines bestehenden Wohngebietes nicht effektiv sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Gemäß § 12 Abs. 1 NÖ NatSchG können Naturgebilde, die besondere wissenschaftliche Bedeutung haben, mit Bescheid der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Zum Naturdenkmal können insbesondere Bestände seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten erklärt werden.

Nach dem der Entscheidung zu Grunde gelegten Gutachten des Amtssachverständigen handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Fläche um ein klar begrenztes kleinräumiges Gebiet, das zahlreiche, zum Teil sehr seltene Tier- und Pflanzenarten beherberge. Die besondere wissenschaftliche Bedeutung liege dabei nicht nur in der besonderen Artenzusammensetzung, sondern in der Bedeutung für die Beobachtung bzw. Erforschung, welche unterschiedlichen Überlebens- und Fortpflanzungsstrategien die einzelnen Trockenrasenpflanzen bzw. die im gegenständlichen Trockenrasengebiet lebenden Tierarten entwickelt haben.

Da bereits der Ausfall einzelner strukturreicher Trockenlebensräume tendenziell auch zu einer Verarmung der angrenzenden Trockenrasengebiete führe, solle jedes einzelne Biotop als "Trittstein" möglichst in seiner naturräumlichen Qualität erhalten und verbessert werden. Nach dem Biotop-Vernetzungskonzept bedeute nämlich jeder weitere Verlust einer Trockenrasenfläche nicht nur den Verlust der Fläche an sich, sondern darüber hinaus eine Beeinträchtigung des gesamten Bestandes. Sowohl Tiere als auch Pflanzen bräuchten eine relativ dichte Verteilung ihrer Lebensräume, da durch genetische Isolation zerstörter Einzelflächen eine Verarmung ihres Lebens drohe.

Dem Gutachten des Amtssachverständigen und der angeschlossenen Fotobeilage ist auch zu entnehmen, welche seltenen bzw. gefährdeten Tier- und Pflanzenarten in dem streitgegenständlichen Gebiet vorkommen.

Das Gutachten ist daher geeignet, die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen für die Unterschutzstellung als Naturdenkmal gemäß § 12 Abs. 1 NÖ NatSchG im Beschwerdefall vorlägen, zu tragen. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass unabhängig von der beschriebenen "Trittsteinfunktion", die für die Überlebensfähigkeit anderer Trockenrasengebiete von Bedeutung ist, dem in Rede stehenden Gebiet für sich auf Grund seiner strukturellen Vielfalt und seiner Eigenschaft als Lebensraum vieler Tierarten wissenschaftliche Bedeutung im Sinne des Gesetzes zukommt. Aus diesem Grund sind die Ausführungen der Beschwerdeführer, das in Rede stehende Gebiet weise für sich allein die Voraussetzungen der Erklärung zum Naturdenkmal nicht auf, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Beschwerdeführer bringen ferner vor, im Gutachten des Amtssachverständigen fänden sich umfangreiche Ausführungen zur ökologischen Bedeutung von Trockenrasen im Allgemeinen. Insbesondere werde der große Artenreichtum hervorgehoben und näher beschrieben. Diese Ausführungen ließen darauf schließen, dass es nicht so sehr das konkrete Naturgebilde sei, das aus fachlicher Sicht schützenswert erscheine, sondern ganz allgemein ein Interesse an der Erhaltung bestimmter Trockenrasenarten bestehe. Für Pflanzen, deren Bestandsschutz oder Bestandspflege unter anderem wegen ihrer Seltenheit oder der Bedrohung ihres Bestandes oder aus wissenschaftlichen oder landeskundlichen Gründen erforderlich sei, sehe das Niederösterreichische Naturschutzgesetz jedoch nicht den punktuellen Schutz durch die Erklärung zum Naturdenkmal, sondern die generelle Unterschutzstellung durch Verordnung nach § 18 Abs. 2 NÖ NatSchG (Artenschutz) vor. Habe die Landesregierung von dieser Verordnungsermächtigung hinsichtlich bestimmter Pflanzen (Arten) nicht Gebrauch gemacht, bestehe für diese eben kein Schutz. § 12 NÖ NatSchG könne nicht als "Auffangtatbestand" für derartige Fälle gedeutet werden. Die Erklärung eines bestimmten Bewuchses, der nicht in seiner konkreten Ausformung, sondern seiner Art nach schützenswert sei, zum Naturdenkmal, sei daher durch § 12 leg. cit nicht gedeckt.

Mit diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, dass die Erklärung zum Naturdenkmal im Beschwerdefall nicht primär wegen der vom Sachverständigen ergänzend angeführten "Trittsteinfunktion" erfolgte, sondern nach den vorstehenden Ausführungen dem in Rede stehenden Gebiet für sich die Eigenschaften eines Naturdenkmales zukommen. Überdies verfolgt der Artenschutz einen anderen Schutzzweck als die Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal. Die Erklärung zum Naturdenkmal dient dem Schutz einer konkreten (einzelnen) Naturerscheinung, die auch ein aus verschiedenen Pflanzen- oder Tierarten geformtes Naturgebilde sein kann. Eine Erklärung zum Naturdenkmal kann auch dort erfolgen, wo einzelne Pflanzen nicht gefährdet oder in ihrem Bestand bedroht sind. Der Artenschutz verfolgt hingegen den Schutz und die Erhaltung der jeweiligen Art, unabhängig von ihrem jeweiligen Vorkommen. Im vorliegenden Fall steht nicht die Erhaltung der im fraglichen Gebiet vorkommenden Arten im Vordergrund, sondern die Erhaltung des Gebietes in seiner strukturellen Vielfalt und seiner Einheit, der die vom Sachverständigen beschriebene Bedeutung zukommt.

Soweit die Beschwerdeführer rügen, zu dem vom Amtssachverständigen durchgeführten Augenschein nicht beigezogen worden zu sein, ist ihnen zu erwidern, dass dazu keine gesetzliche Verpflichtung besteht (vgl. zB. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, zu § 54 AVG wiedergegebene Rechtsprechung); es wird auch nicht konkret aufgezeigt, inwiefern die belangte Behörde im Fall der Beiziehung der Beschwerdeführer zum Ortsaugenschein zu anderen Ergebnissen gelangt wäre.

Zum Vorbringen, die belangte Behörde habe sich mit den Berufungseinwendungen der Beschwerdeführer nicht auseinandergesetzt und ihnen keine Möglichkeit eingeräumt, sich zur ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen zu äußern, ist zu sagen, dass damit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret dargetan wird (vgl. zB. das Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0177).

Schließlich bringen die Beschwerdeführer vor, § 12 Abs. 5 bzw. § 16 NÖ NatSchG bilde keine Grundlage, bescheidmäßig dritte Personen mit Maßnahmen zur Erhaltung des Naturdenkmales zu betrauen.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerden zum Erfolg zu führen.

Da die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. zum Schutz von Naturgebilden, die auf Grund eines Bescheides nach § 12 besonders geschützt sind, Pflegemaßnahmen durchführen oder durchführen lassen kann, entspricht die Betrauung Dritter mit der Durchführung solcher Maßnahmen dem Gesetz. Dass die belangte Behörde durch die bescheidmäßige Anordnung, durch wen die Pflegemaßnahmen durchzuführen sind, die Duldungsverpflichtung der Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs. 1 zweiter Satz NÖ NatSchG konkretisiert und insofern eingeschränkt hat, verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten. Es wird auch nicht aufgezeigt, was gegen die Zulässigkeit der Betrauung der Naturschutzjugend mit den gegenständlichen Pflegemaßnahmen spräche.

Die vorliegenden Beschwerden erweisen sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Für die in beiden Beschwerdefällen gemeinsam vorgelegten Verwaltungsakten war Vorlageaufwand nur einmal zuzusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs5;
NatSchG NÖ 2000 §16 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §18 Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;
Sammlungsnummer
VwSlg 16775 A/2005
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor
dem VwGH Allgemein
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2005:2002100017.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAE-49591