VwGH vom 24.02.2004, 98/14/0146
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der H GmbH & Co KG in L, vertreten durch die Rechtsanwälte Haslinger/Nagele & Partner in 4020 Linz, Roseggerstraße 58, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , GZ. RV-328.97/1-10/1997, betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In einer Beilage zu der am beim Finanzamt eingelangten Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 1997 ersuchte die beschwerdeführende KG vom ausgewiesenen Überschuss in Höhe von 5,706.426 S einen Teilbetrag von 1,216.377 S auf ein näher bezeichnetes Bankkonto zu überweisen. Ein Betrag von 4,483.926 S sei als Restzahlung "berichtigte Umsatzsteuer 12/96" und ein Betrag von 6.123 S als Restzahlung "berichtigte Umsatzsteuer 01/97" zu verwenden.
Eine weitere Berichtigung der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1996 erfolgte im Zuge der Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung für März 1997, indem die Beschwerdeführerin einen Betrag von 4,463.058 S überwies und die Weisung erteilte, einen Teilbetrag von 311.659 S für die Umsatzsteuer Dezember 1996 zu verwenden.
Die beiden Umsatzsteuerberichtigungen führten (zunächst) zur Festsetzung eines Säumniszuschlages wegen verspäteter Entrichtung der Umsatzsteuer für Dezember 1996. In der dagegen erhobenen Berufung vom brachte die Beschwerdeführerin vor, die beiden Berichtigungen der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1996 seien erfolgt, weil sie für das Jahr 1996 nachträglich Gutschriften (von Lieferanten) erhalten habe, welche erst in den Monaten Februar und März 1997 fakturiert worden seien. Solcherart wären die Vorsteuerberichtigungen aber nicht für Dezember 1996, sondern erst bei Einlangen der Gutschriften in den Monaten Februar und März 1997 zu berücksichtigen gewesen. Die Nachbelastung mit Umsatzsteuer für Dezember 1996 sei daher zu Unrecht erfolgt.
Im Rahmen einer im Juni 1997 durchgeführten Prüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen kam der Prüfer zur Ansicht, dass die beiden für Dezember 1996 vorgenommenen Berichtigungen tatsächlich zu Unrecht erfolgt seien und die Umsatzsteuerzahllast (wie von der Beschwerdeführerin ursprünglich erklärt) lediglich 1,029.852 S betragen habe. Aus dieser Feststellung ergebe sich keine steuerliche Auswirkung, da die für Dezember 1996 selbstberechnete Zahllast und der für Februar 1997 erklärte Überschuss um jeweils 4,795.585 S zu vermindern seien. Für den Voranmeldungszeitraum Februar 1997 ermittelte der Prüfer solcherart eine Gutschrift von nur mehr 910.841 S.
Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und setzte die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 1996 mit Bescheid vom in Höhe von 1,029.852 S fest. Ferner wurde mit Bescheid vom selben Tag für Februar 1997 ein Überschuss von 910.841 S festgesetzt, woraus sich eine Nachforderung in Höhe von 4,795.585 S ergab.
Die die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 1996 betreffenden Säumniszuschläge wurden in der Folge gemäß § 295 Abs. 3 BAO aufgehoben.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Umsatzsteuernachforderung für Februar 1997 einen Säumniszuschlag in Höhe von 95.912 S fest.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, aus dem Prüfungsbericht ergebe sich eindeutig, dass die Umsatzsteuer rechtzeitig, wenn auch irrtümlich dem falschen Monat zugeordnet, entrichtet worden sei. Die Beschwerdeführerin habe von diversen Lieferanten mit Rechnungsdatum Februar 1997 Gutschriften erhalten, welche irrtümlicherweise nicht mit der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 1997, sondern in Form der Berichtigung der Umsatzsteuer für Dezember 1996 erklärt worden seien. Im gegenständlichen Fall werde die Säumnis durch die Art der Buchung ausgelöst, da die Verschiebung in eine spätere Periode auf Grund des gleichen Rechtstitels durch die spätere Wirksamkeit der Gutschrift (zum Zeitpunkt der Verbuchung) einen Säumniszuschlag zur Folge habe, obwohl die Beschwerdeführerin weder eine Frist versäumt noch Abgaben nach dem Fälligkeitstag entrichtet habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Ihre abweisende Entscheidung begründete sie im Wesentlichen mit einem Hinweis auf die einschlägigen umsatzsteuerlichen Bestimmungen. Nach § 21 Abs. 3 letzter Satz UStG 1994 sei die mit Bescheid vom festgesetzte Nachforderung an Umsatzsteuer für Februar 1997 in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Gutschrift des ursprünglich erklärten Überschusses wirksam geworden sei. Im Beschwerdefall sei - wie näher dargestellt - von einer am eingetretenen Fälligkeit auszugehen. Die korrespondierende Gutschrift durch die Festsetzung der Umsatzsteuer für Dezember 1996 mit Bescheid vom entfalte hingegen keine Rückwirkung, sodass am Fälligkeitstag der Umsatzsteuernachforderung für Februar 1997 kein entsprechendes Guthaben am Abgabenkonto vorhanden gewesen sei. Weiters wies die belangte Behörde darauf hin, dass am antragsgemäß ein Betrag von 1,216.377 S zurückgezahlt worden sei, während bei richtiger Ermittlung des Überschusses nur ein Betrag in Höhe von 904.718 S hätte zurückgezahlt werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, eine Säumnis in Ansehung der Umsatzsteuer für Februar 1997 liege nicht vor. Die Verwendung des in der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 1997 ausgewiesenen Guthabens für "Umsatzsteuer Dezember 1996" sei zu Unrecht erfolgt, weshalb auf ihrem Abgabenkonto zum ein entsprechendes Guthaben bestanden habe. Überdies führe die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht zu dem gesetzwidrigen und unbilligen Ergebnis, dass die verfrühte Erfassung eines Umsatzes in einer Umsatzsteuervoranmeldung im Falle der Richtigstellung durch eine nachfolgende Umsatzsteuernachschau zwangsläufig die Festsetzung eines Säumniszuschlages nach sich zöge, weil die periodengerechte Erfassung der Umsatzsteuervoranmeldung mit dem 15. des darauffolgenden Monats wirken und das aus der verfrühten Aufnahme des Umsatzes resultierende "Guthaben" erst "mit dem Zeitpunkt der Umsatzsteuernachschau" gutgebucht würde.
§ 21 Abs. 1 UStG 1994 bestimmt, dass der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen hat, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung kommt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 BAO idF vor dem BGBl. I Nr. 142/2000 mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.
Im Zusammenhang mit der Verhängung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 1 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung an. Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0155).
Die Beschwerdeführerin ermittelte für den Zeitraum Februar 1997 einen Überschuss, der nach der Bestimmung des § 21 Abs. 1 UStG 1994 auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung zurückwirkte. Die Voranmeldung war unstrittig unrichtig, sodass gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 eine Umsatzsteuerfestsetzung vorzunehmen war. Führt die bescheidmäßige Festsetzung - wie im Beschwerdefall - zu einer Verminderung des Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war (vgl. Ruppe, UStG2, Tz. 34 zu § 21).
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt auch dann ein, wenn im Zeitpunkt der (in der Vergangenheit liegenden) Fälligkeit einer Abgabe ein ausreichendes Guthaben vorhanden war, aber über dieses Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen anderweitig verfügt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/15/0028). Im gegenständlichen Fall wies die Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 1997 einen Überschuss in Höhe 5,706.426 S aus. Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin einen Teilbetrag von 4,483.926 S mit einer (vermeintlichen) Umsatzsteuerrestschuld für Dezember 1996 zu verrechnen.
Grundsätzlich sind gesetzeskonform durchgeführte Verrechnungen nicht nachträglich abzuändern. Eine Ausnahme hievon sieht § 214 Abs. 5 BAO vor. Diese Bestimmung ermöglicht dem Abgabepflichtigen, einen Antrag auf Aufhebung bzw. Nichtherbeiführung der Rechtsfolgen einer Verrechnungsweisung für Selbstbemessungsabgaben (§ 214 Abs. 4 lit. a und b) einzubringen, wenn hiebei irrtümlich eine unrichtige Abgabenart oder ein unrichtiger Zeitraum angegeben wurde. Dieses Antragsrecht ist mit zwei Monaten ab Erteilung der irrtümlichen Verrechnungsweisung befristet. Von § 214 Abs. 5 leg.cit. erfasste Rechtsfolgen sind insbesondere die Verrechnung selbst, Säumniszuschläge und Folgen von Terminverlusten. Gegebenenfalls ist in Entsprechung des genannten Antrages die Verrechnung zu ändern und sind Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben (vgl. Ritz, BAO2, Tz. 14 zu § 214).
Bei verständiger Würdigung der Parteienerklärung ist die als "Berufung" bezeichnete Eingabe vom , in der sich die Beschwerdeführerin nach Darstellung der Sachlage gegen die Festsetzung eines Säumniszuschlages (betreffend Umsatzsteuer für Dezember 1996) gewandt hat, auch als fristgerechter Antrag im Sinne des § 214 Abs. 5 BAO zu werten. Demzufolge war nicht nur der Säumniszuschlag hinsichtlich der Umsatzsteuer Dezember 1996 aufzuheben, sondern auch von den sonstigen Rechtsfolgen, insbesondere der Verrechnung des angemeldeten Überschusses mit der "Umsatzsteuer Dezember 1996", abzusehen. Solcherart stand der Betrag in Höhe von 4,483.926 S aber zur Entrichtung der nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid am fällig gewesenen Umsatzsteuernachforderung für Februar 1997 zur Verfügung. In Höhe dieses Betrages lag daher eine Säumnis der Beschwerdeführerin nicht vor. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages erfolgte somit insoweit zu Unrecht.
Im Hinblick auf die im Beschwerdefall gegebene Konstellation kann es dahingestellt bleiben, ob es mit der Zielsetzung und dem Sinn eines Säumniszuschlages zu vereinbaren wäre, in Fällen, in denen der Abgabepflichtige eine Vorsteuerberichtigung zu einem früheren Zeitpunkt vornimmt, als dies nach den gesetzlichen Vorschriften geboten wäre, einen Säumniszuschlag festzusetzen (vgl. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, Tz. 12 zu § 217 BAO).
Wie im angefochtenen Bescheid allerdings zu Recht ausgeführt wird, hat die Beschwerdeführerin über den Differenzbetrag in Höhe von 311.659 S anderweitig verfügt (insbesondere eine Rückzahlung beantragt), sodass in diesem Umfang eine Säumnis vorliegt. Mangels Teilbarkeit des Spruches ist der angefochtene Bescheid jedoch zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren beruht auf § 3 Abs. 2 Z 2 EuroG, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am