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VwGH vom 20.10.2004, 98/14/0126

VwGH vom 20.10.2004, 98/14/0126

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des A H in A, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Heindlkai 52, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom , Zl. RV- 014.91/1-7/1991, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1986 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der ab September 1982 als BHS-Lehrer tätige Beschwerdeführer teilte dem Finanzamt im Dezember 1982 mit, dass er ab einen Betrieb eröffnet habe, wobei 1981 und 1982 kein Umsatz zu erwarten sei, in den ersten drei Anfangsjahren seien voraussichtlich nur "Anbahnungskosten für Gewerbe" zu verzeichnen. Einer "Verständigung über die Begründung einer Gewerbeberechtigung" einer näher genannten Bezirkshauptmannschaft vom entnahm das Finanzamt, dass der Beschwerdeführer seit eine Gewerbeberechtigung hinsichtlich "Tischlergewerbe, beschränkt auf die Herstellung von Schmuckkästchen und Regalen aus Massivholz mit künstlerischer, manueller Ausgestaltung (Kerbschnitze, Einlegearbeiten, Fingerzinke)" innehabe. Laut einer Bestätigung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich ruhe diese "Gewerbeausübung wegen Nichtausübung" ebenfalls ab . Im September 1983 teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, dass sich sein Tischlereibetrieb in einer längeren Gründungsphase befinde, da er einen Teil der Investitionen durch Eigenleistungen erbringe und 1984 eine Werkstätte errichten werde. Voraussichtlich würden "erst 1985 Umsätze erzielt, jedoch Vorsteuern laufend beansprucht werden". Die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung erfolgte laut einer entsprechenden Meldung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich mit , mit wurde die Gewerbeberechtigung auf "Tischlerhandwerk" erweitert.

Anlässlich einer im Jahr 1990 für die Jahre 1986 bis 1989 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde die Ansicht vertreten, dass die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit in den Jahren 1986 bis 1988 als Liebhaberei zu qualifizieren sei, während die Verluste 1989 vorläufig anzuerkennen seien, da "nach dem Gesamtbild der Umstände Ungewissheit bestand, ob die Betätigung ab diesem Jahr nicht doch "als Einkunftsquelle gewertet werden könne. Gegen die in der Folge entsprechend dieser Rechtsansicht ergangenen Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer schon vor Betriebsgründung in anderen Tischlereien Möbel für den Eigengebrauch gefertigt und Maschinen selbst hergestellt habe, um mit geringem finanziellen Risiko eine Tischlerei aufzubauen. Mit der Eigenherstellung, Wiederinstandsetzung, dem Umbau und Ankauf von Tischlereimaschinen habe er 1979 begonnen. Die ersten Maschinen habe er im elterlichen Bauernhof aufgestellt, im Jahr 1983 habe er dafür eine Garage (mit rund 40 m2) gemietet. Von 1983 bis 1988 habe er ein geeignetes Grundstück in der Nähe von P, wo er an einer Handelsakademie unterrichtet habe gesucht. Dieses Grundstück hätte im Preis günstig sein, nicht in einem reinen Betriebsansiedlungsgebiet liegen sollen, da er in dem dort zu errichtenden Gebäude nicht nur die Werkstätte, sondern auch seine Wohnung habe einrichten wollen. 1989 habe er dann einen abgebrannten und mit dem Versicherungsgeld wieder errichteten dürftig und überstürzt aufgebauten Bauernhof im Rohbau gekauft. Die Umwidmung in gemischtes Baugebiet sei im Dezember 1989 rechtskräftig geworden. Im Jahr 1990 habe die Gemeinde die Baugenehmigung erteilt, im Herbst 1990 habe er den betrieblichen Gebäudeteil vorrangig fertig stellen können, Mitte 1991 hätte er die Maschinen aufgestellt und an Strom- und Absauganlagen angeschlossen haben wollen. Die ersten Holzeinkäufe habe er 1981 getätigt, 1988 und 1990 habe er den Holzeinkauf intensiviert, als er gemerkt habe, dass luftgetrocknetes Holz im Handel nicht erhältlich sei, er es also bei Landwirten in einzelnen Blochen eingekauft habe, um es nach einer Trockenzeit bis zu zehn Jahren verwenden zu können. Umsätze und Eigenverbrauch seien sporadisch und in geringem Umfang erfolgt, unter anderem um die selbst hergestellten und reparierten Maschinen zu testen. Wegen der verschiedenen und beengten Standorte wäre eine laufende Tätigkeit praktisch nicht möglich gewesen. Im Winter habe er nicht arbeiten können, da die Lagerräume unbeheizbar gewesen seien. Die Eigenleistungen seit Betriebsgründung seien aus finanziellen Gründen erfolgt, da er so die Investitionen niedrig habe halten können und seine Existenz nicht habe gefährden müssen. Die Herstellung von Massivholzmöbeln aus bestem einheimischen Hartholz in modischem Design mit bewährter handwerklicher Ausgestaltung sei eine Marktlücke und garantiere wirtschaftlichen Erfolg. Wenn auch in einem verlängerten Anlaufzeitraum Verluste angefallen seien, so habe er doch schon seit Beginn der Vorarbeiten die Absicht gehabt, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Seine vielen Vorsprachen bei diversen Behörden dokumentierten sein subjektives Ertragsstreben. Seine in den Jahren 1981 bis 1989 angefallenen Verluste basierten fast ausschließlich auf Betriebsgründungsaufwendungen. Bei einem kürzeren Anlaufzeitraum wären weniger Eigenleistungen erbracht worden bzw. hätte sich bei Ankauf neuer Maschinen (anstatt der Eigenproduktion und Reparatur alter Maschinen) der Gesamtverlust wesentlich erhöht. 1991 erwarte er einen Eigenverbrauch hinsichtlich eines Teiles der Türen für den Wohntrakt und verschiedene nötige Wohnungsteile, dies sei ein steuerlicher Umsatz und eine Betriebseinnahme. Mit gleichzeitiger Fertigstellung von Wohnung und Tischlerei habe er unter anderem mehr Zeit für das Tischlerhandwerk, die bisher für Hin- und Rückfahrten aufgegangen sei. Die Frage des Prüfers, wie ein Betrieb in einem Beobachtungszeitraum von neuneinhalb Jahren bei einem Umsatz in der Höhe von rund S 80.000,-- und einem Verlust in Höhe von rund S 350.000,-- objektiv ertragsfähig sei, sei auf Grund seiner gezielten Maßnahmen positiv für ihn zu beantworten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Im Beschwerdefall sei zu prüfen, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers eine typischerweise erwerbswirtschaftliche Betätigung mit Annahme des Vorliegens einer Einkunftsquelle darstellt. Dazu sei festzuhalten, dass ab 1981 bis Ende 1990 Verluste angefallen seien, die (mit Ausnahme 1985 und 1989) stetig angestiegen seien, während gleichzeitig Umsätze lediglich 1987 und 1988 in geringen Beträgen, 1989 in Höhe von S 80.000,-- erwirtschaftet worden seien. Untersuche man, weshalb der Beschwerdeführer im Vergleich zu anderen, nach Größe, Lage, Infrastruktur etc. vergleichbaren Tischlereien zu derartigen Betriebsergebnissen gelangt sei, so sei festzustellen, dass diese Ergebnisse aus seiner persönlichen Sicht der für ihn zweckmäßigsten Führung eines Tischlerbetriebes entsprungen seien:

Er habe sich entschlossen, Maschinen nicht neu anzukaufen, sondern selber herzustellen bzw. gebrauchte zu reparieren und dafür bis zur Inbetriebnahme dieser Maschinen eine enorme Zeitspanne vergehen zu lassen, weiters habe er seine Gewerbeberechtigung ab dem Tag ihres Erhaltes neuneinhalb Jahre ruhend gemeldet, die "Nachsicht/Meisterprüfung" erst neun Jahre ab Eröffnung des Betriebes im Jahr 1981 erlangt, während er trotz Erhalt der Nachsicht dann noch eineinhalb Jahre bis zur Wiederaufnahme der Gewerbeausübung mit zugewartet habe. Er habe die Betriebsführung nicht organisiert, um so umgehend wie möglich Gewinne zu erwirtschaften, sondern er habe sein Hauptaugenmerk auf Abstimmung diverser Faktoren gelegt, wie die Suche nach einer Liegenschaft, die sowohl Wohnung als auch Werkstatt beinhalten habe können, gleichzeitig nahe zu seinem Arbeitsplatz als BHS-Lehrer sowie in einem gemischten Baugebiet gelegen sei. Weiters habe er Holz gekauft, um es selbst über zehn Jahre lufttrocknen zu können. Er habe gewusst, dass damit Jahre vergehen würden, um den Betrieb rentabel führen zu können. Doch seien seine Vorgaben für ihn vordringlich gewesen und er habe sich nicht bemüht, eine Kompromisslösung zu finden, etwa zwischenzeitig in einer angemieteten Werkstätte für verschiedene marktherrschende Nachfragen zu produzieren bis seine Liegenschaft nach seinen Plänen und Prämissen fertig gestellt bzw. sein Holz nach seinen Plänen verarbeitungsfähig sei. Gleichzeitig sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer über Jahre hinweg (1981 bis 1988) mit seinen Produkten nahezu nicht am Markt präsent gewesen sei, er dies auch mit der Argumentation, dass er bei dieser Art der Unternehmensführung seine Existenz nicht gefährde auch hingenommen habe. Bis Herbst 1991 habe er keine "den üblichen Vorgaben entsprechende Tischlereiwerkstätte" führen können, da er seine Maschinen in einer nur 40 m2 großen, nicht beheizbaren Garage eingestellt habe, die nicht ausreichend Platz zum Arbeiten gelassen hätte und überdies gewerberechtlich vorgeschriebene technische Maßnahmen nicht aufgewiesen habe, sodass bis Herbst 1991 die Maschinen nur getestet hätten werden können. Bei Bewertung all dieser Kriterien sei die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die berufungsgegenständliche Tätigkeit nicht als Einkunftsquelle zu qualifizieren sei. Auch der im Jahr 1989 erzielte Umsatz könne an dieser Beurteilung nichts ändern, da sich die Bewirtschaftungsform nicht geändert habe, der Beschwerdeführer die entsprechende Tätigkeit im Jahr 1989 nämlich nur ausgeführt habe, weil er "Geld brauchte".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine gewerbliche Tätigkeit bereits in der Vorbereitungsphase, sohin vor Erzielung der ersten Einnahmen vor, wenn sich der innere Entschluss des Steuerpflichtigen zur Aufnahme der werbenden Betätigung durch entsprechende Handlungen dokumentiert und der Steuerpflichtige zielstrebig auf die Betriebseröffnung hinarbeitet. Bei einer über einige Jahre hinausgehenden Vorbereitungsphase wird dabei besonderes Gewicht darauf zu legen sein, dass auf Grund der bereits gesetzten Handlungen des Steuerpflichtigen die eindeutige Absicht der künftigen Betriebseröffnung erweislich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 99/15/0038).

Im Beschwerdefall stellt die belangte Behörde die Absicht des Beschwerdeführers, eine gewerbliche Tätigkeit aufzunehmen ebenso wenig in Abrede wie den Umstand, dass entsprechende Handlungen zur Dokumentation dieser Absicht durchgeführt worden wären. Die belangte Behörde vertritt jedoch die Ansicht, dass der Beschwerdeführer bei Gestaltung der Vorbereitungsphase seines künftigen Betriebes vor dem Hintergrund seiner persönlichen Sicht der für ihn zweckmäßigsten Führung nicht in einer Weise zielstrebig vorgegangen sei, die es erlaube, die Vorbereitungsphase der Einkunftsquelle zuzurechnen.

Nun ist im Beschwerdefall die Beurteilung einer unzureichenden Zielstrebigkeit des Beschwerdeführers schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil der angefochtene Bescheid nicht erkennen lässt, weshalb es der Person, welche eine entsprechende Tätigkeit - unbestritten, ernsthaft und durch einschlägige Handlungen dokumentiert - aufzunehmen beabsichtigt, verwehrt sein sollte, die Vorbereitungsphase ihres künftigen Betriebes nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. So hat die belangte Behörde nicht dargetan, weshalb es dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob eine (künftige) werbende Betätigung und (schon) die damit in Zusammenhang stehende Vorbereitungsphase als Einkunftsquelle zu beurteilen ist, verwehrt sein sollte, den Betrieb nach eigenen Vorstellungen, etwa langsam und mit möglichst geringen Fremdmitteln aufzubauen oder auch, Räumlichkeiten für eine geeignete Werkstätte im Nahebereich seiner Wohnung zu suchen. Soweit die belangte Behörde dazu meint, der Beschwerdeführer habe die "Betriebsführung" nicht organisiert, um "so umgehend wie möglich Gewinne zu erwirtschaften", ist darauf hinzuweisen, dass auch eine auf hohen Fremdmitteln aufgebaute Betriebsführung die umgehende Erwirtschaftung von Gewinnen noch nicht sicherstellt. Zur Argumentation der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei über Jahre hinweg (1981 bis 1988) mit "seinen Produkten am Markt nahezu nicht präsent" gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im überwiegenden Teil dieses Zeitraumes die Vorbereitungsphase noch nicht abgeschlossen hatte, zumal er im Verwaltungsverfahren vorgetragen hatte, für "seine Produkte" mehrere Jahre luftgetrocknetes Holz, welches ihm damals noch nicht zur Verfügung gestanden sei, zu benötigen. Die belangte Behörde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer auch im Hinblick auf diese, für seine Produkte erforderliche Holzqualität, eine längere Vorbereitungsphase benötigte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Beurteilung der Frage, ob eine Betätigung als Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu beurteilen ist, entscheidend, dass nach der konkreten Art der Wirtschaftsführung spätestens nach einem angemessenen Zeitraum unter Berücksichtigung einer ernsthaften Vorbereitungsphase Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse erzielt und zudem innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein positives steuerliches Gesamtergebnis erwartet werden kann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 96/14/0045). Ob diese Voraussetzungen im Beschwerdefall zutreffen, hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage nicht geprüft.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am