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VwGH vom 02.03.1993, 93/14/0003

VwGH vom 02.03.1993, 93/14/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. H in X, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom , Zl. 4/36/1-BK/F-1992, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer ist Notar im Ruhestand. In den Jahren des Streitzeitraumes bezog er Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. In seinen Einkommensteuererklärungen beantragte er, die an die Österreichische Notariatskammer einbezahlten Beträge für eine Krankenversicherung als Werbungskosten anzuerkennen. Auf Anfrage des Finanzamtes teilte die Österreichische Notariatskammer mit, daß zwischen dieser und einer privaten Versicherungsanstalt ein Rahmenabkommen bestehe, auf Grund dessen die bei dieser Versicherung krankenversicherten Standesmitglieder, einschließlich der pensionierten Notare, verpflichtet seien, ihre Beiträge auf ein Konto der Österreichischen Notariatsversicherung einzuzahlen. Die einbezahlten Beiträge würden von der Österreichischen Notariatskammer gesammelt an die genannte Versicherungsanstalt weitergegeben.

Das Finanzamt behandelte die erwähnten Krankenversicherungsbeiträge des Beschwerdeführers nicht als Werbungskosten.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, weil die erwähnten Krankenversicherungsbeiträge nicht dem Werbungskostenbegriff nach § 16 Abs 1 Z. 4 EStG 1972 bzw. EStG 1988 entsprächen. Die Krankenversicherungsbeiträge stellten eine allgemeine Vorsorge für die Zukunft, nämlich für Krankheitsfälle dar, und könnten deshalb auch nicht dem allgemeinen Werbungskostenbegriff unterstellt werden, weil der hiefür erforderliche Zusammenhang mit der Einkunftsquelle fehle.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß die genannten Krankenversicherungsbeiträge als Werbungskosten bei Ermittlung der Einkünfte Berücksichtigung finden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs 1 Z. 4 EStG 1972 und 1988 könnten im gegebenen Zusammenhang Krankenversicherungsbeiträge nur dann Werbungskosten darstellen, wenn es sich entweder um Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung handelt oder um Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen.

Daß es sich vorliegendenfalls nicht um Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung handelt, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen zur Kranken-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung sind aber nur insoweit Werbungskosten, als der Steuerpflichtige zur Leistung (dem Grunde und der Höhe nach) gesetzlich verpflichtet ist (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, Tz 282 zu § 4). Hiezu würde es genügen, wenn die Beiträge dem Steuerpflichtigen auf Grund eines Beschlusses des zuständigen Kammerorganes zwingend zur Entrichtung auferlegt sind (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, Tz 87 zu § 4). Eine derartige "gesetzliche" Norm behauptet der Beschwerdeführer nicht. Er selbst spricht von einer als freiwillige Krankenversicherung bezeichneten Rahmenversicherung der Interessengemeinschaft. Es handelt sich daher nicht um einen Pflichtbeitrag im Sinne der zitierten Gesetzesstelle.

Daran ändert die Behauptung des Beschwerdeführers nichts, wenn er die als freiwillige Krankenversicherung bezeichnete Rahmenversicherung der Interessengemeinschaft aufkündigen oder beenden würde oder er ihr gar nicht beigetreten wäre, wäre der finanzielle Nachteil so groß, daß er ihm nicht zugemutet werden könne, weil er für den Krankheitsfall nicht nur für sich, sondern auch für seine Frau vorsorgen müsse. Für den Begriff des Pflichtbeitrages ist nämlich allein ausschlaggebend, ob die Beitragsleistung den Steuerpflichtigen auf Grund einer zwingenden Vorschrift trifft, deren Anwendungsbereich er nicht entrinnen kann. Dies trifft auf die Krankenvorsorge, die die Österreichische Notariatskammer ihren Mitgliedern durch einen Rahmenvertrag mit einer Versicherungsanstalt ermöglicht hat, nicht zu.

Ob sich der Steuerpflichtige aus sittlichen oder wirtschaftlichen Überlegungen genötigt sieht, an einer solchen Rahmenversicherung seiner Interessenvertretung teilzunehmen und ihr "beizutreten", weil er befürchtet, im Krankheitsfall nicht aus eigenen (angesparten) Mitteln für die Deckung der entstehenden Kosten aufkommen zu können, ist für den Begriff des Pflichtbeitrages im Sinne der zitierten Gesetzesstellen nicht entscheidend.

Der Beschwerdeführer erkennt offenbar selbst, daß die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt richtig beurteilt hat, weil er ausführt:

"Auch in einer Parlamentsdebatte vor einiger Zeit haben Abgeordnete in Erfüllung sozialpolitischer Interessen eine Versicherungspflicht gefordert, die nicht eine Pflichtversicherung sein muß."

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß die Krankenversicherung in einem solchen Zusammenhang mit Einkunftsquellen der Streitjahre stünde, daß sie im Sinne der von der belangten Behörde zitierten Judikatur dem allgemeinen Werbungskostenbegriff unterstellt werden könnte.

Somit ließ bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Deshalb war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.