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VwGH vom 26.01.1999, 98/14/0098

VwGH vom 26.01.1999, 98/14/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des PF in S und des GF in U, beide vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang G. Kiechl, Rechtsanwalt in Wien VII, Lerchenfelderstraße 115/9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , Zl. GA RV/157-15/04/97, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Erben nach ihrem am verstorbenen Vater. Dieser war niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung betreffend das Jahr 1987 vertrat der Prüfer die Auffassung, aufgrund des Todes des Abgabepflichtigen sei eine Betriebsaufgabe erfolgt. Der zu ermittelnde Übergangs- und Aufgabegewinn sei den Beschwerdeführern als Erben zuzurechnen.

Dieser Auffassung folgte die belangte Behörde in ihrem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom , der u. a. die Einkommensteuer 1987 betraf.

Mit Erkenntnis vom , 94/13/0032, gab der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde in Ansehung Einkommensteuer 1987 Folge, hob den angefochtenen Bescheid vom insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf und führte dazu begründend (unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 85/14/0015) aus, die belangte Behörde habe sich mit dem für die Entscheidung der Frage, ob die Betriebsaufgabe noch beim Verstorbenen oder bei den Erben anzunehmen sei, wesentlichen Umstand, welchen Wert die vom Erblasser betrieblich verwendeten Wirtschaftsgüter dargestellt hätten, nicht auseinandergesetzt.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung betreffend Einkommensteuer 1987 teilweise Folge. In der Begründung führte sie im wesentlichen - soweit dies für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist - aus, im Hinblick darauf, daß die Ordination keinen Verkehrswert gehabt habe, könne von einem Übergang des Betriebes auf die Erben nicht gesprochen werden. Der Übergangs- und Aufgabegewinn sei damit dem Erblasser zuzurechnen, weshalb der Berufung insoweit stattzugeben gewesen sei. Bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes sei zu berücksichtigen, daß die Leistungen, die mit den Honorarnoten des Steuerberaters vom ,

und abgerechnet worden seien, erst nach dem Todestag erforderlich gewesen und geleistet worden seien. Das Vollmachtsverhältnis begründe für sich noch keinen Realisationsakt, der einen anzusetzenden Schuldposten bewirke. Eine Berücksichtigung der Beträge laut Honorarnoten als Sonderausgaben könne nicht erfolgen, weil die Honorare erst nach dem Tod des Abgabepflichtigen in Rechnung gestellt worden seien.

Dem Berufungsbegehren, die geltend gemachten Honorarnoten, soweit sie nicht ohnedies beim Übergangsgewinn als Abschlag berücksichtigt worden seien, als Rückstellung für Abschlußkosten im Übergangsgewinn zu berücksichtigen, könne nicht gefolgt werden. Solange der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt werde, sei die Bildung einer Rückstellung für Beratungskosten ausgeschlossen. Eine derartige Rückstellung könne erstmals im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gebildet werden. Diese Änderung der Gewinnermittlungsgrundsätze könne nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 716, 818/79) erst in der darauf folgenden Gewinnermittlung erfaßt werden. Eine Berücksichtigung im Übergangsgewinn würde die Rückstellung in den Zeitraum vor dem Wechsel der Gewinnermittlungsart projizieren. Von den in den Honorarnoten des steuerlichen Vertreters aufscheinenden Beträgen hätten daher nur jene Teilbeträge berücksichtigt werden können, hinsichtlich welcher davon ausgegangen werden könne, daß die Arbeiten bereits zu Lebzeiten des Erblassers ausgeführt gewesen seien.

Hinsichtlich der Berücksichtigung des Betriebsausgabenpauschales gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1972 als Abschlag bei der Berechnung des Übergangsgewinnes sei auszuführen, daß der Pauschalbetrag den Beziehern von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 22 leg. cit. zustehe. § 4 Abs. 6 leg. cit. setze voraus, daß der Abgabepflichtige seine Tätigkeit noch nicht aufgegeben habe. Fänden lediglich Einnahmen einer früheren Tätigkeit steuerliche Berücksichtigung, wie das bei den Zuschlägen zur Ermittlung des Übergangsgewinnes der Fall sei, sei § 4 Abs. 6 EStG nicht anwendbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerde, die Gegenschrift der belangten Behörde und die darauf erstattete Replik des Erstbeschwerdeführers machen deutlich, daß im Beschwerdeverfahren allein strittig ist, ob bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes (-verlustes) die Bildung einer Rückstellung für die für den Erblasser noch zu erstellenden Jahresabschlüsse 1986 und 1987 und die Berücksichtigung des (restlichen) Betriebsausgabenpauschales gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1972 für die noch zu Lebzeiten des Erblassers erwirtschafteten aber erst nach seinem Todestag zugeflossenen Einnahmen zulässig sind.

Was die Bildung von Rückstellungen für die Kosten der für den Erblasser noch zu erstellenden Abschlüsse betrifft, ist kein Grund ersichtlich, warum dies nicht zulässig sein soll. Rückstellungen für ungewisse Schulden können bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1972 gebildet werden. Dies gilt auch für die Abschlußkosten (siehe dazu Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, § 6 Tz 55 f). Aus dem von der belangten Behörde für ihren Standpunkt ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom , 716, 818/79, Slg. Nr. 5533/F, ist für die hier zu entscheidende Frage nichts zu gewinnen, weil es dort um die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung des Firmenwertes in der auf den Übergang der Gewinnermittlung von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1 EStG 1972 folgenden Schlußbilanz und damit um die Frage ging, ob eine vor dem Wechsel der Gewinnermittlungsart eingetretene Teilwertminderung überhaupt den steuerlichen Gewinn mindern darf, hier aber die Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung für Abschlußkosten in der aufgrund der - durch den Tod des Betriebsinhabers erfolgten - Betriebsaufgabe notwendigen Übergangsbilanz zu beurteilen ist. Die Bildung einer Rückstellung für Abschlußkosten in einer solchen Bilanz ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde kein "Vorziehen der Rückstellungsbildung in den Zeitraum der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972", sondern stellt - im Hinblick auf das diesbezügliche Wahlrecht des Abgabepflichtigen (siehe Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer III A, § 4 Abs. 1 Tz 34) - eine zulässige Konsequenz der Umstellung auf die neue Art der Gewinnermittlung dar.

Die Begründung der belangten Behörde für die Verweigerung der Anerkennung des restlichen Betriebsausgabenpauschales gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1972 bei der Ermittlung des Übergangsgewinnes überzeugt nicht. Der Umstand, daß in der zitierten Gesetzesstelle von "Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit" die Rede ist, rechtfertigt nicht den von der belangten Behörde gezogenen Schluß, die Anwendung dieser Bestimmung setze voraus, daß der Abgabepflichtige seine Tätigkeit - (gemeint offenbar) im Zeitpunkt des Einganges der Beträge - noch nicht aufgegeben habe. Zu verlangen ist bloß, daß er für den Zeitraum, für den die Pauschalierung in Anspruch genommen wird, seine freiberufliche Tätigkeit noch nicht aufgegeben hat (vgl. dazu Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, a.a.O., § 4 Tz 137). Bei den nach dem Tod des Erblassers eingegangenen Beträgen handelt es sich nach der Aktenlage um Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit des Erblassers als Arzt, die in der Übergangsbilanz unter den Aktiven erfaßt wurden. Dies rechtfertigt auch die Anwendung des § 4 Abs. 6 EStG 1972 auf diese Einnahmen, zumal die Pauschalierung nicht für einen Zeitraum nach (der durch seinen Tod erfolgten) Beendigung der freiberuflichen Tätigkeit des Erblassers in Anspruch genommen wird.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am