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VwGH vom 10.05.1995, 93/13/0292

VwGH vom 10.05.1995, 93/13/0292

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom , GZ. 6/3-3127/92-08, betreffend Einkommensteuer 1983 - 1985 sowie Gewerbesteuer 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren als Zuhälter tätig; die Tätigkeit der von ihm vermittelten Prostituierten wurde in verschiedenen Wohnungen in Wien und Niederösterreich ausgeübt. Weiters war er vom Juni 1983 bis Juli 1985 Alleingesellschafter der A.H. GmbH, die mehrere Bordelle betrieb.

Im Jahre 1986 wurden beim Beschwerdeführer und der A.H. GmbH abgabenbehördliche Prüfungen durchgeführt. Bei ausführlichen Vernehmungen am 21. und wurde der Beschwerdeführer, der keine Aufzeichnungen geführt hatte, eingehend zu den einzelnen Betriebsstätten und die einzelnen Gruppen von Einnahmen ("Mietezahlungen", "Eintrittsgelder", "Vermittlungsgebühren") sowie zu den bei der Tätigkeit angefallenen Betriebsausgaben vernommen. Zahlreiche weitere Personen - Zuhälter und Prostituierte - wurden im Prüfungsverfahren als Auskunftspersonen vernommen.

Nach den Prüfungsberichten wurden sowohl beim Beschwerdeführer selbst, als auch bei der A.H. GmbH Gewinne aus Gewerbebetrieb auf Grund der von Prostituierten und Mitarbeitern gemachten Aussagen über die durchschnittlichen monatlichen "Mietezahlungen" geschätzt. Weiters dienten als Grundlagen der Schätzung die auf Grund der Angaben der Prostituierten sowie Ermittlungen des Prüfers bei Gesundheits- und Meldeämtern erhobenen Beschäftigungszahlen, woraus auch auf die Anzahl der Kunden geschlossen werden konnte. Auf diese Weise wurden die Eintrittsgelder und "Vermittlungsgebühren" geschätzt. Der Gewinn wurde mit 15 % des schätzungsweise ermittelten Umsatzes angesetzt.

Die Gewinne der GmbH wurden bei der Ermittlung des Einkommens des Beschwerdeführers als verdeckte Gewinnauschüttungen, also als Einkünfte aus Kapitalvermögen, behandelt.

In der anläßlich der Schlußbesprechung am aufgenommenen ausführlichen Niederschrift räumte der Beschwerdeführer ein, keine Aufzeichnungen über die in den Betriebsstätten beschäftigten Prostituierten geführt zu haben. Nach dem Inhalt der Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen näher erläutert.

Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide wurde vom Beschwerdeführer Berufung erhoben. In einem die Berufung ergänzenden Schreiben vom wurde angeführt, welche Wohnungen im Bereich des Einzelunternehmens zur Wohnungsprostitution benützt wurden. Außerdem wurden Behauptungen über die "Auslastung" der Wohnungen aufgestellt.

Nach Erlassung von Berufungsvorentscheidungen stellte der Beschwerdeführer niederschriftlich den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (allein) hinsichtlich Einkommensteuer 1983 bis 1985 sowie Gewerbesteuer 1985. Gegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen wandte er ein, er habe keine Gewinnausschüttungen aus der A.H. GmbH erhalten.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch. Dabei machte der Beschwerdeführer geltend, seine Erträge seien doppelt erfaßt worden, und zwar sowohl beim Einzelunternehmen als auch bei der GmbH. Zu den Betriebskosten führte der Beschwerdeführer aus, es seien relativ hohe Beheizungskosten angefallen; auch der Investitionsaufwand für die Aufnahme der Tätigkeit an einer Betriebsstätte sei sehr hoch gewesen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde über die Berufung entschieden und es wurden die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer 1983 bis 1985 sowie Gewerbesteuer 1985 abgeändert. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe über die Anzahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen keinerlei Auskünfte geben können. Er sei mit der Methode der Einnahmenermittlung vorerst am einverstanden gewesen. Auf Grund der zahlreichen Zeugenaussagen seien vom Prüfer die Anzahl der Prostituierten und die durchschnittliche Anzahl der Kunden pro Nacht ermittelt worden. Die demgegenüber vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptungen über eine "Auslastung" der einzelnen Bordelle widersprächen damit aber der "Aktenlage". Die Einnahmenschätzung des Prüfers sei schlüssig und nachvollziehbar. Allerdings seien die Angaben des Beschwerdeführers zur Abgrenzung zwischen Einzelunternehmen und GmbH heranzuziehen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werden ihrem Inhalt nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst gerügt, die Abgabenbehörden hätten sich geweigert, "bestimmte, ihnen angebotene Unterlagen anzunehmen", den Beschwerdeführer aber auch nicht angeleitet, zielführende Anträge zur Feststellung des Sachverhaltes zu stellen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer im weitwendigen Abgabenverfahren, in dem ihm mehrmals Gelegenheit zur eingehenden Äußerung gegeben worden ist, keine Beweisanträge gestellt hat. Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ist nicht erkennbar, daß der Beschwerdeführer bei seinen Vernehmungen irgendwelche "Unterlagen" vorgelegt hätte. Auch in der Beschwerde wird weder näher erläutert, welcher Art diese "Unterlagen" gewesen sein sollten, noch auf welche Weise die belangte Behörde durch eine Bedachtnahme auf diese "Unterlagen" zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Durch dieses unsubstantiierte Vorbringen kann somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan werden.

Der weiteren Rüge des Beschwerdeführers, die Abgabenbehörden hätten ihn nicht angeleitet, "zielführende Anträge zu stellen, die es ermöglicht hätten, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen", ist entgegenzuhalten, daß die Abgabenbehörden nach § 113 BAO lediglich verpflichtet sind, den nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen Parteien AUF VERLANGEN die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben. Ein derartiges Verlangen hat der Beschwerdeführer während der Vernehmungen durch Organe der Abgabenbehörden nicht gestellt. Überdies ist die Behörde nach dieser Gesetzesstelle nicht verhalten, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem (Berufungs-)Antrag stattgegeben werden könnte. So besteht insbesondere keine Verpflichtung, der Partei Ratschläge über den Inhalt erfolgversprechenden Vorbringens zu geben (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, Rz. 2 zu § 113 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Die vom Beschwerdeführer weiters aufgestellte Behauptung, in den Streitjahren seien "der Schandlohn und allfällige akzessorische Geschäfte ... aus historischen Gründen keiner Besteuerung unterzogen" worden, ist unzutreffend: Darüber, daß die Einkünfte aus der "gewerbsmäßigen Unzucht" der Einkommensteuer unterliegen, bestand vielmehr in Literatur und Rechtsprechung kein Zweifel. Bereits mit dem Erkenntnis vom , 82/13/0208, 0215, wurde vom Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, derartige Einkünfte seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus Leistungen (vgl. § 29 Z. 3 EStG 1972), wie dies in der Entscheidung des deutschen BFH vom ,

BStBl III 500, Großer Senat, und nachfolgend in weiteren Urteilen vertreten worden war (vgl. die Hinweise im Erkenntnis 82/13/0208, 0215). Auch im Erkenntnis vom , 83/14/0001, wurde die Ansicht vertreten, es sei grundsätzlich nicht auszuschließen, daß ein Zuhälter Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt; im Falle des damaligen Beschwerdeführers beurteilte der Gerichtshof seine Einkünfte jedoch als wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann somit von einer "rückwirkenden Besteuerung" - was immer er auch darunter verstehen mag - keine Rede sein. Die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen des Beschwerdeführers über einen "verfassungswidrigen Gesetzeszustand" sind dabei nicht weiter verständlich.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist noch darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer selbst weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde Einwendungen gegen das Vorliegen der einzelnen Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs im Sinne der Betriffsbestimmung des § 23 EStG 1972 erhoben hat. Im Hinblick auf die Vielzahl von Betriebsstätten, an denen der Beschwerdeführer Bordellbetriebe unterhalten hat, und die Vielzahl von dort beschäftigten Prostituierten bestehen auch keine Zweifel am Vorliegen eines Gewerbebetriebes.

Schließlich kann der Beschwerdeführer aus dem Umstand, daß Einkünfte aus den in Rede stehenden Tätigkeiten in der Regel von den Abgabenbehörden nur schwer erfaßt werden können, nichts gewinnen. Selbst aus einer rechtswidrigen Vorgangsweise der Behörde in anderen Fällen könnte nämlich eine Partei für sich keine Rechte ableiten (Ritz, a.a.O., Rz. 4 zu § 114).

Dem weiteren Vorbringen in der Beschwerde, "die Feststellung (S. 2, 2. des bekämpften Bescheides)" - gemeint der im angefochtenen Bescheid enthaltene Satz

"2. Betriebsgegenstand ist die Vermittlung von Prostituierten an Gäste" - sei "strafgesetzwidrig und wurde daher vom Abgabepflichtigen nicht getroffen" sei lediglich erwidert, daß nach § 23 Abs. 2 BAO die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.

Auch die behauptete Widersprüchlichkeit in der Argumentation der belangten Behörde liegt nicht vor: In dem vom Beschwerdeführer gerügten Teil des angefochtenen Bescheides wird zunächst die Aussage getroffen, daß in vergleichbaren Betrieben keine Aufzeichnungen geführt werden, sodaß keine Vergleichsmöglichkeiten bestünden. Diese Aussage steht aber keineswegs im Widerspruch damit, daß durch die Ausübung der Prostitution und die Ausbeutung der Prostituierten durch Zuhälter hohe Erträge erzielt werden können. Schließlich ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch der Hinweis auf einen Wareneinsatz nicht verfehlt, weil in den einzelnen Bordellbetrieben auch Getränke abgegeben worden sind.

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.