VwGH vom 15.07.1998, 93/13/0287
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie Senatspräsident Dr. Pokorny und Hofrat Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des F F in W, vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom , Zl. GA 10-767/4/92, BS I-33/92, betreffend fahrlässige Verkürzung von Einkommensteuer für das Jahr 1978, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles sei auf das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0021, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, als der Beschwerdeführer für schuldig erkannt worden war, Einkommensteuer für die Jahre 1976 und 1977 fahrlässig verkürzt zu haben. Begründet wurde die Aufhebung damit, daß bezüglich dieser zur Last gelegten Straftaten bereits die sogenannte "absolute Verjährung" gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG eingetreten sei.
Bezüglich des ebenfalls von der Berufungsentscheidung umfaßten Jahres 1978, für das dem Beschwerdeführer ebenfalls eine fahrlässige Verkürzung der Einkommensteuer zur Last gelegt worden war, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Da das Strafausmaß entsprechend der Bestimmung des § 21 Abs. 1 FinStrG für sämtliche Straftaten gemeinsam festgesetzt worden war, mußte die Berufungsentscheidung diesbezüglich zur Gänze aufgehoben werden.
Im fortgesetzten Verfahren stellte die belangte Behörde das Finanzstrafverfahren insoweit ein, als es die Einkommensteuer der Jahre 1976 und 1977 betraf. Hinsichtlich der die Einkommensteuer für das Jahr 1978 betreffenden fahrlässigen Abgabenverkürzung wurden die Strafe mit S 20.000,-- (fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie die Verfahrenskosten mit S 2.000,-- festgesetzt.
Der Beschwerdeführer erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung jedoch abgelehnt wurde. Über die mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , B 398/93-3, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde hat dieser erwogen:
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob der mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Straffestsetzung die "absolute Verjährung" gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG entgegensteht. Diese Bestimmung lautet:
"(5) Die Strafbarkeit erlischt jedenfalls, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung das Gericht zuständig ist, 15 Jahre, bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, 10 Jahre verstrichen sind."
Beschwerdeführer und belangte Behörde stimmen darin überein, daß seit dem Beginn der Verjährungsfrist betreffend die fahrlässige Verkürzung von Einkommensteuer für das Jahr 1978, deren der Beschwerdeführer rechtskräftig für schuldig erkannt und bezüglich derer die Beschwerde im vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren als unbegründet abgewiesen worden war, zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides bereits zehn Jahre verstrichen sind.
Es stellt sich somit die Frage, ob in Fällen, in denen der Gerichtshof die Entscheidung einer Finanzstrafbehörde zweiter Instanz nur hinsichtlich der Straffestsetzung, nicht aber auch hinsichtlich des Schuldspruches aufhebt, die im § 31 Abs. 5 FinStrG vorgesehene Frist während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weiterläuft, sodaß die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren deswegen keine (andere) Strafe mehr festsetzen kann, weil die genannte Frist zwischenzeitig bereits abgelaufen ist.
Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, daß § 31 Abs. 5 FinStrG eine Hemmung der Frist während der Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht vorsieht. Insofern unterscheidet sich diese Bestimmung von jener der lit. c des Abs. 4, wonach die Zeit, während der ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof anhängig ist, ausdrücklich in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird. Der Gesetzgeber sieht somit nur hinsichtlich der im § 31 FinStrG normierten Verjährungsfristen, nicht aber hinsichtlich der im Abs. 5 normierten besonderen Fristen, mit deren Ablauf die Strafbarkeit jedenfalls erlischt, eine Hemmung des Fristenlaufes für die Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor.
Der belangten Behörde kann auch nicht darin gefolgt werden, daß § 31 Abs. 5 FinStrG lediglich die Verfolgungsverjährung betreffe und daß nach rechtskräftig erfolgtem Schuldspruch eine solche Verjährung nicht mehr in Betracht komme, sodaß einer Straffestsetzung nichts im Wege stehe. Die zitierte Bestimmung normiert nämlich ausdrücklich, daß die "Strafbarkeit erlischt". Ist jedoch die Strafbarkeit eines strafbaren Verhaltens erloschen, so kann mit normativer Wirkung eine Strafe auch dann nicht ausgesprochen werden, wenn ein rechtskräftiger Schuldausspruch vorliegt.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.