VwGH vom 25.05.2005, 2002/09/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der E in H, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Gaisbergstraße 46, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Salzburg des Arbeitsmarktservice vom , Zl. LGSSBG/4/1311/2002, ABANr.: 1179023, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am bei der regionalen Geschäftsstelle H des Arbeitsmarktservice die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zur Anwerbung des türkischen Staatsangehörigen I (geboren 1968) für die berufliche Tätigkeit als "Küchenhilfe" in voraussichtlicher Dauerbeschäftigung mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von ATS 12.930,-- (später von der Beschwerdeführerin auf ATS 16.000,-- korrigiert).
Diesen Antrag lehnte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice H mit Bescheid vom gemäß § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Im Berufungsverfahren brachte die Beschwerdeführerin - auf Grund der ihr von der belangten Behörde mit Schreiben vom sowie vom zur Kenntnis gebrachten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - mit Schriftsätzen vom 11. Jänner und im Wesentlichen vor:
Die Beschwerdeführerin betreibe am Standort B-Platz in H einen Betrieb, in dem eine speziell türkische Spezialität (Kebab) verkauft werde. Grundlage dieses Betriebes sei es, dass Gäste nicht nur türkische Speisen bekämen, sondern auch von türkischen Angestellten bedient würden. In Hinkunft solle Fleisch selbst zubereitet und Brot selbst gebacken werden, wofür der in Aussicht genommene Ausländer notwendig sei. Der in Aussicht genommene Ausländer verfüge über eine Gesellenprüfung als Bäcker mit Hauptberufszweig Lebensmittelvorbereitung und Kochen. Da es sich bei dem Betrieb um einen Betrieb ohne weitere Angestellte handle und die Beschwerdeführerin in Hinkunft einen Filialbetrieb eröffnen wolle, wäre der in Aussicht genommene Ausländer auch mit maßgeblichen Führungsaufgaben betraut, weshalb es sich bei ihm um eine Schlüsselkraft im Sinne des § 4 Abs. 6 Z 3 lit. b AuslBG handle. Des Weiteren verwies die Beschwerdeführerin auf die allgemein rückläufige Wirtschaftslage in H sowie im Hinblick darauf auf mit der Beschäftigung verbundene überbetriebliche, gesamtwirtschaftliche Interessen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 AuslBG abgewiesen.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales mit Wirkung vom (BGBl. Nr. 432/2001) mit 15.000 festgesetzte Landeshöchstzahl für die Beschäftigung von Ausländern im Bundesland Salzburg sei zum fraglichen Zeitpunkt deutlich überschritten. Darüber hinaus habe sich der Ausländerausschuss des Landesdirektoriums bei der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices Salzburg in der Tagung vom nicht einhellig für die Ausstellung der Sicherungsbescheinigung ausgesprochen. Der in Aussicht genommene Ausländer gehöre auch nicht zu den in § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG bevorzugten Personengruppen. Es handle sich beim beantragten Ausländer um keine Schlüsselkraft im Sinne des § 1 Abs. 3 lit. a der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BGBl. Nr. 278/1995, i.d.F. BGBl. Nr. 257/1997). An seiner Beschäftigung bestünden rein einzelbetriebliche Interessen, konkrete Tatsachen, aus welchen ein gesamtwirtschaftliches Interesse nachvollzogen werden könne, seien nicht vorgebracht worden. Des Weiteren sei die Berufungswerberin darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass zum fraglichen Zeitpunkt zwar eine Winterfremdenverkehrsordnung in Kraft sei, die dem Bundesland Salzburg zugeteilte Quote jedoch erschöpft sei. Beim Betrieb der Berufungswerberin, einem Kebabstand, handle es sich jedoch nicht um einen Wintersaisonbetrieb.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorlegte und eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetztes (AuslBG) (BGBl. I Nr. 218/1975 i.d.F. BGBl. I Nr. 120/1999) ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.
Nach Abs. 2 leg. cit. darf eine Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 AuslBG gegeben sind.
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der Sicherungsbescheinigung auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997) lautet:
"(6) Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach
Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a)
darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn
1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9
genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2
erfassten Ausländer eingebracht wird und
2. die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
3. a) der Regionalbeirat einhellig die
Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder
b) die Beschäftigung des Ausländers aus besonders
wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung
von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich
qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder
Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder
c) überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen
die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder
d) die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder
e) die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß
§ 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll."
§ 1 der auf Grund des § 12a Abs. 2 AuslBG erlassenen Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV, BGBl. Nr. 278/1995 in der Fassung BGBl. II Nr. 256/1997) lautet:
"§ 1. Über die Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für
1. integrierte jugendliche Ausländer bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres, sofern sie das letzte volle Schuljahr vor Beendigung ihrer Schulpflicht gemäß dem Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 768/1996, in Österreich absolviert haben und wenigstens ein Elternteil, der nach dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, niedergelassen ist, während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet erwerbstätig war; eine Überschreitung der genannten Altersgrenze wegen Absolvierung einer anschließenden schulischen oder universitären Ausbildung im Bundesgebiet ist zulässig;
2. Ausländer, die gemäß einer Verordnung auf Grund des
§ 29 des Fremdengesetzes 1997 zum Aufenthalt im Bundesgebiet
berechtigt sind;
3. Ausländer, an deren Beschäftigung
a) im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung,
speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder
b) im Hinblick auf den mit der Beschäftigung
verbundenen Transfer von Investitionskapital
gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen;
4. Ausländer, für die zwischenstaatliche Abkommen
zwingend Erleichterungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt vorsehen;
5. Ausländer, für die die Voraussetzungen zur
Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach einer Verordnung
auf Grund des § 9 des Fremdengesetzes 1997 vorliegen;
6. Ausländer, für die bereits eine Bewilligung zur
grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 des
Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, vorliegt;
7. Ausländer, für deren Beschäftigung die
Voraussetzungen des § 18 AuslBG vorliegen;
8. Grenzgänger im Sinne des § 1 Abs. 11 des Fremdengesetzes 1997 für eine Beschäftigung bei jenem Arbeitgeber, der sie innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens sechs Monate nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erlaubt beschäftigt hat;
9. integrierte Ausländer, die seit mindestens acht Jahren vor der Antragstellung im Bundesgebiet gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sind;
10. gemäß dem Fremdengesetz 1997 in Österreich niedergelassene Ausländer, denen wegen eines gegen sie oder ihr minderjähriges Kind gerichteten körperlichen Angriffs, einer Drohung mit einem solchen oder wegen eines ihre psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigenden Verhaltens ihres Ehegatten ein weiteres Zusammenleben mit diesem nicht zumutbar ist und aus einem der genannten Gründe
a) der Ehegatte rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt wurde oder
b) eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, in der Fassung des Bundesgesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie - GeSchG, BGBl. Nr. 759/1996, oder ein gerichtlicher Beschluss auf gesonderte Wohnungnahme gemäß § 92 Abs. 3 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches - ABGB, JGS Nr. 946/1811, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 412/1975, erwirkt wurde oder
c) die Ehe gemäß den §§ 49 oder 50 des Ehegesetzes, dRGBl. I S 807/1938, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 25/1995, geschieden wurde;
11. Asylwerber, die gemäß den §§ 8 und 15 des Asylgesetzes 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind."
Die Beschwerdeführerin macht geltend, für den beantragten Ausländer wäre wegen seiner Qualifikation und wegen der dadurch ermöglichten Eröffnung eines neuen Betriebes und dadurch bewirkten Belebung der Wirtschaft in H eine Sicherungsbescheinigung auszustellen gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Das "gesamtwirtschaftliche Interesse" im Sinne des § 1 Z. 3 BHZÜV an der künftigen Beschäftigung des beantragten Ausländers setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung seines Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/09/0164, und vom , Zl. 2001/09/0101, m.w.N.).
Im Beschwerdefall ist nicht zu ersehen, im Hinblick auf welche konkreten Umstände die Beschäftigung des beantragten Ausländers wegen seiner Qualifikation als Bäcker mit Hauptberufszweig Lebensmittelvorbereitung und Kochen gemäß § 1 Z. 3 lit. a BHZÜV im Sinne überbetrieblicher gesamtwirtschaftlicher Interessen erforderlich wäre. Die Beschwerdeführerin konnte nicht aufzeigen, er verfüge über eine derart besondere Ausbildung, solche speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrungen, dass an seiner Beschäftigung in Österreich ein gesamtwirtschaftliches Interesse bestünde, das über die durchaus einzuräumenden Interessen des Betriebes der Beschwerdeführerin hinausginge. Die Beschwerdeführerin hat aber auch nicht behauptet, dass ein anderer in § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG angeführter, für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erforderlicher Tatbestand erfüllt wäre, solches ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu ersehen.
Liegt einer der in § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG genannten Fälle nicht vor, so sind die weiteren (kumulativen) Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 und 3 leg. cit. nicht mehr zu prüfen. Dementsprechend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Versagungsgründe des § 4 Abs. 6 Z. 2 oder 3 AuslBG auch nicht herangezogen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/09/0089, und vom , Zl. 2001/09/0223).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am