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VwGH vom 30.09.1998, 93/13/0260

VwGH vom 30.09.1998, 93/13/0260

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien I, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. 6/3-3038/93-02, betreffend unter anderem Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für das Jahr 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei dem Beschwerdeführer, der seine Tätigkeit als "Import, Großhandel" bezeichnet und seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt, fand für den Zeitraum 1987-1989 eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Dabei wurden unter anderem verschiedene als "Werbungskosten" bezeichnete Weihnachtsgeschenke an Kunden bzw. Verkäufer, die für das Jahr 1988 als Betriebsausgaben geltend gemacht worden waren, nicht als solche anerkannt (Tz 13 des Prüfungsberichtes). Es handelte sich um 150 Stück Ledergarnituren und 100 Stück Holztellergarnituren im Gesamtwert von brutto S 45.480,-- sowie um Weine (brutto S 3.124,80). Außerdem wurde die Investitionsrücklage (§ 9 EStG 1972) für das Jahr 1988 nur mit 10 % statt wie beantragt mit 25 % des Gewinnes anerkannt.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren entsprechende Abgabenbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, die zwar formell "wegen gem. § 296 BAO geänderte Bescheide der Jahre 1987, 1988 und 1989" erhoben wurde, inhaltlich aber eindeutig (auch) gegen die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide für die genannten Jahre gerichtet war und von der Abgabenbehörde auch als solche in Behandlung gezogen wurde. In der Berufung wurde vorgebracht, daß die Geschenke "wirtschaftlich voll vertretbare, zweifellos notwendige und unumgängliche Werbekosten" darstellten. Sie betrügen bloß 0,36 % des mit ca. S 11 Mio bezifferten Umsatzes. Was die Kürzung des prozentualen Ausmaßes der Investitionsrücklage anbelangt, erblickte der Beschwerdeführer in der diesbezüglichen gesetzlichen Regelung (Art. I Z. 1 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 405/1988) eine Verfassungswidrigkeit, weil durch diese rückwirkende Gesetzesänderung das Vertrauen des Abgabepflichtigen in bestehende Gesetze enttäuscht werde. In diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 309/91, mit welchem Art. I Z. 2 des Abgabenänderungsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 739, betreffend rückwirkende Kürzung des prozentualen Ausmaßes von steuerfreien Beträgen gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 als verfassungswidrig aufgehoben worden war.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in anderen als den oben genannten Punkten teilweise Folge. Hinsichtlich der für das Jahr 1988 als Betriebsausgaben geltend gemachten Weihnachtsgeschenke und des prozentualen Ausmaßes der Investitionsrücklage wurde der Berufung hingegen keine Folge gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem abgetretene Beschwerde erwogen:

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes eingebrachten Beschwerdeergänzung wird als Rechtsverletzung ausdrücklich

1. das Recht auf Anerkennung der unter Tz 13 des Prüfungsberichtes genannten Betriebsausgaben (Weihnachtsgeschenke) und

2. das Recht auf Bildung einer 25 %igen statt einer bloß 10 %igen Investitionsrücklage im Kalenderjahr 1988

geltend gemacht.

Zu Punkt 1 Weihnachtsgeschenke:

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren noch den Standpunkt vertreten, § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 sei als "authentische Neuformulierung" der entsprechenden Bestimmung des EStG 1972 aufzufassen, mit der der Gesetzgeber den Sinn der letztzitierten Bestimmung klargestellt habe, sodaß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 bereits für Perioden vor dem zu beachten sei. "Authentische Normsetzungsakte" hätten nämlich "stets rückwirkende Bedeutung". Demgegenüber wird in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde, auf deren Inhalt in der Beschwerdeergänzung verwiesen wird, folgendes ausgeführt:

"Nun hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 20 Abs. 1 Zif 3 im EStG 1988 zum Ausdruck gebracht, daß die bis dahin geltende Regelung des EStG 1972 betreffend Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Geschenke, Bewirtung etc. in der Interpretation des Verwaltungsgerichtshofes zu korrigieren ist. § 20 Abs. 1 Zif 3 EStG 1972 entsprach ab nicht mehr dem Willen des Gesetzgebers. ... Es ist daher eine gleichheitswidrige Interpretation der präjudiziellen Gesetzesbestimmung, wenn die Behörde sich nach dem auf diese - vom Gesetzgeber offenbar korrigierte - Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes stützt."

Da die strittigen Weihnachtsgeschenke ausschließlich das Jahr 1988 betrafen, geht die Rüge des Beschwerdeführers schon aus diesem Grund ins Leere, weil eben die vom Beschwerdeführer angesprochenen Bestimmungen des EStG 1988 erstmals bei der Einkommensteuerveranlagung für das Kalenderjahr 1989 anzuwenden waren, der Streitzeitraum jedoch das Jahr 1988 betraf. Daß die Neufassung des § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 keine (rückwirkende) Auswirkung auf vor dem gelegene Veranlagungsperioden hatte, erkennt offensichtlich auch der Beschwerdeführer, wenn er darauf hinweist, daß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 ab nicht mehr dem Willen des Gesetzgebers entsprach. Dem Beschwerdeführer ist die hg. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nichtabzugsfähigkeit von Weihnachtsgeschenken an Kunden oder andere Geschäftsfreunde bekannt; es erübrigen sich daher weitere Ausführungen zu diesem Beschwerdepunkt.

Zu Punkt 2 Investitionsrücklage:

Der Beschwerdeführer hält ausdrücklich sein Vorbringen in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde aufrecht, wonach die rückwirkende Einschränkung des Ausmaßes der Investitionsrücklage als verfassungswidrig bezeichnet wird und regt an, der Verwaltungsgerichtshof wolle ungeachtet der Ablehnung der Behandlung seiner Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof an diesen einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag betreffend Art. I Z. 1 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 405/1988, stellen.

Zu dieser Anregung ist zunächst zu sagen, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0117, zum Ausdruck gebracht hat, daß er keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der das Ausmaß der Investitionsrücklage vermindernden gesetzlichen Bestimmungen hegt, somit weder gegen Art. I Z. 1 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 405/1988, womit die Verminderung für bilanzierende Abgabepflichtige normiert wurde, noch gegen Art. I Z. 2 des Abgabenänderungsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 739, womit eine gleichartige Bestimmung für Einnahmen-Ausgaben-Rechner geschaffen bzw. "nachgetragen" wurde. Zur näheren Begründung wird auf das zitierte hg. Erkenntnis verwiesen. Schon aus diesem Grund sieht der Gerichtshof keine Veranlassung, die Anregung des Beschwerdeführers aufzugreifen. Dazu kommt aber nach folgendes:

Wie aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 309/91, deutlich zu entnehmen ist, hat der Verfassungsgerichtshof nur die zweitgenannte Bestimmung als verfassungswidrig erkannt, nicht jedoch auch die erstgenannte, mit der er sich in seinem aufhebenden Erkenntnis ebenfalls auseinandergesetzt hat. Dies insbesondere mit der Begründung, daß die zweitgenannte Bestimmung erst am kundgemacht worden war, sodaß der Abgabepflichtige für das zu diesem Zeitpunkt praktisch bereits abgelaufene Kalenderjahr keine der rückwirkenden Gesetzesänderung Rechnung tragende Dispositionen mehr treffen konnte. Anders verhalte es sich jedoch mit der erstgenannten Bestimmung, die bereits am kundgemacht worden war, sodaß den Abgabepflichtigen noch ein entsprechender Dispositionszeitraum zur Verfügung stand.

In dem Beschluß vom , B 1428/93, mit dem der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, wird dieser Gedanke deutlich zum Ausdruck gebracht:

"Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berührt, läßt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes angesichts des Umstandes, daß die Novelle nicht erst praktisch nach Ablauf des betroffenen Kalenderjahres, sondern bereits zur Jahresmitte kundgemacht worden ist und daher Dispositionen noch möglich waren, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Auch unter dem Blickwinkel dieser Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bereits mehrfach genannten Norm.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am