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VwGH vom 28.10.1998, 98/14/0051

VwGH vom 28.10.1998, 98/14/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des A F in L, vertreten durch Mag. Dr. Peter Nöbauer, Rechtsanwalt in Linz, Graben 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , RV/007/1-05/F-1997, betreffend Wertfortschreibung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.180 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer in Österreich gelegenen Liegenschaft. Auf dieser befindet sich ein im Jahr 1934 von Prof. Ernst Anton Plischke erbautes Landhaus; Prof. Plischke hat im Jahr 1935 den Großen Österreichischen Staatspreis erhalten. Der Einheitswert für das bebaute Grundstück ist mit 650.000 S festgestellt.

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom wurde gemäß §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes festgestellt, daß die Erhaltung des Landhauses im öffentlichen Interesse gelegen sei. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Finanzamt die Wertfortschreibung des Einheitswertes der Liegenschaft mit der Begründung, gemäß § 28 BewG sei der Einheitswert eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes mit 30 % des an sich maßgebenden Wertes festzustellen, wenn die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile überstiegen.

Das Finanzamt wies den Antrag ab. Das Landhaus sei der baulichen Gestaltung nach ein Einfamilienhaus mit einer Wohnnutzfläche von 120 m2. Es diene dem Beschwerdeführer und seiner Familie als Wohnung. Daher würden keine Mieteinnahmen erzielt. Es sei jedoch der Mietwert der eigengenutzten Wohnung als sonstiger Vorteil iSd § 28 BewG anzusetzen; dieser übersteige die sonstigen Erhaltungskosten, weshalb die Voraussetzungen für die Bewertung nach § 28 BewG nicht gegeben seien.

In der Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer folgende Aufwendungen als Erhaltungskosten an:

laufende jährliche Erhaltungskosten:

Zufahrtsstraße: von der 200 Meter langen geschotterten Zufahrtsstraße würden die ersten 40 Meter gemeinsam mit einem Nachbarn erhalten. Den Rest des Weges habe der Beschwerdeführer zu erhalten. Im Hinblick auf starke Regenfälle müsse die Straße mehrmals pro Jahr beschottert und befestigt werden. Es ergebe sich ein jährlicher Aufwand von ca. 12.000 S.

Baumpflege: Das Haus wie auch der Zufahrtsweg seien von Bäumen (insb Buchen) umgeben. Um eine Schädigung des Hauses zu vermeiden, müßten für Baumpflegearbeiten (z. B. Schneiden von Ästen) jährlich ca. 4.000 S aufgewendet werden.

Mähverpflichtung Hangwiesen: Unterhalb des Landhauses befänden sich Hanggrundstücke, die wegen ihrer Steilheit zum Teil nur händisch gemäht werden könnten. Aufgrund einer Verordnung der Gemeinde seien die Grundstückseigentümer verpflichtet, zweimal im Jahr zu mähen. Für die Entlohnung der Hilfskräfte entstehe ein Aufwand von jährlich 6.000 S.

Regelmäßige Hauswartung: für laufende kleine Hausreparaturen, wie Instandsetzung der Elektroheizung, Abdichtung der Wasserhähne, etc., entstünden Aufwendungen von jährlich ca. 4.000 S.

Großreparaturen:

Dachreparatur: Im Jahr 1996 seien für eine Dachreparatur (mit Blitzschutzanlage) Kosten in Höhe von 231.387 S entstanden. Beim Dach handle es sich um ein Bitumendach, dessen Haltbarkeit auf höchstens 20 Jahre geschätzt werde. Bei Verteilung auf diesen Nutzungszeitraum ergebe sich eine Jahrestangente von 11.570 S.

Gerätehaus: Das Landhaus verfüge nur über einen kleinen Vorratskeller. Zur Unterbringung der landwirtschaftlichen Arbeitsgeräte, Mähfahrzeuge, Pflanzenmittel etc habe der Beschwerdeführer im Jahr 1992 ein Gerätehaus errichten müssen. Die Aufwendungen von 382.115 S ergäben bei Aufteilung auf 25 Jahre eine Jahrestangente von 15.284 S.

Aufgrund der angeführten Positionen errechneten sich durchschnittliche jährliche Erhaltungskosten von 52.854 S. Für den Nutzwert des Hauses sei entscheidend, daß es nicht winterfest sei und daher jährlich nur ca. sechs Monate bewohnt werden könne. Der Mietwert betrage daher 30.000 S. Es sei auch zu beachten, daß die Außenwände des Hauses von Grünalgen befallen seien und der Außenanstrich schon abgeblättert sei. Infolge eines Nässeschadens müßten auch die Innenräume neu gestrichen werden. Der Beschwerdeführer müsse daher noch im laufenden Jahr um den Betrag von 120.000 S Malerarbeiten durchführen lassen. Daraus errechne sich bei einer Mindestnutzungsdauer von sieben Jahren eine Jahrestangente von

17.143 S. Die Wasserversorgung des Landhauses sei unzureichend, weil der oberhalb des Hauses gelegene Vorratsbehälter undicht sei und überdies nicht mehr dem häuslichen Wasserbedarf entspreche. Es sei daher der Anschluß an die Ortswasserleitung und den Kanal erforderlich; dies führte zu Aufwendungen in Höhe von 246.000 S, woraus sich bei Aufteilung auf 25 Jahre eine Jahrestangente von 9.840 S errechne.

Im Zuge des Berufungsverfahrens teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, es wären im Jahr 1997 Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen in folgender Höhe angefallen:

Elektroheizung: für den teilweisen Austausch der Speicheröfen samt Steuerung 61.737 S (bei Verteilung auf 15 Jahre: 4.116 S).

Herstellung des Wasser- und Kanalanschlusses: 155.932 S (bei Verteilung auf 25 Jahre 6.237 S)

Straßeninstandsetzungskosten: Aufwendungen in Höhe von 307.086 S (bei Verteilung auf 20 Jahre 15.345 S).

Ein Kostenvoranschlag für die Malerarbeiten an der Außen- und an der Innenseite ergebe voraussichtliche Kosten von 194.824 S (bei Verteilung auf 10 Jahre 19.482 S). Unter Berücksichtigung der in der Berufung angeführten Dachreparatur (Jahrestangente 11.570 S) und der Kosten für das Gerätehaus (Jahrestangente 15.284 S) errechneten sich allein aus den Großaufwendungen Erhaltungskosten von 72.043 S. Dazu kämen laufende Instandhaltungskosten von jährlich 20.000 S. Die gesamten Erhaltungskosten würden daher deutlich den Mietwert übersteigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. § 28 BewG spreche von den durchschnittlichen Erhaltungskosten, nicht hingegen von sämtlichen auf ein Grundstück getätigten Aufwendungen. Die Errichtungskosten für das Gerätehaus und die Kosten für den Anschluß an die Ortswasserleitung sowie an das öffentliche Kanalnetz dürften daher nicht angesetzt werden. Auszuscheiden seien auch Aufwendungen, die nicht mit dem Gebäude, sondern mit dem restlichen Grundstück zusammenhingen. Das treffe für das Mähen der Wiese (6.559 m2) und für die Baumpflege zu. Der Aufwand für das Ausmalen der Innenräume werde üblicherweise von den Mietern getragen und dürfe aus diesem Grund nicht berücksichtigt werden. Die Aufwendungen für die Instandsetzung und Erhaltung der Straße träfen jeden Besitzer einer Privatstraße und stünden daher in keinem Zusammenhang mit einem denkmalgeschützten Gebäude. Nach Ausscheiden der erwähnten Positionen verblieben jährliche durchschnittliche Aufwendungen von 35.668 S. Diesen sei nun der Vorteil aus dem Objekt gegenüberzustellen. Nach Ansicht der belangten Behörde bestehe der Vorteil nicht nur im Mietwert von 30.000 S. Der Vorteil eines Einfamilienhauses bestehe nämlich in der Befriedigung eines persönlichen Wohnbedürfnisses und nicht in der Vermietung. Der Vorteil aus der Nutzung eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 120 m2 übersteige - auch wenn es nicht ganzjährig bewohnbar sei - die durchschnittlichen Erhaltungsaufwendungen von ca. 35.000 S. Dies gelte insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, daß die geltend gemachten Großreparaturen auch für nicht unter Denkmalschutz stehende vergleichbare Gebäude anfielen. Wollte man aber den fiktiven Mietwert heranziehen, so müßte, um ein realistisches Bild zu erhalten, von einer ganzjährigen Vermietung ausgegangen werden. Dann errechnete sich ein fiktiver Mietwert von 60.000 S. Die Voraussetzungen des § 28 BewG seien somit nicht erfüllt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 28 BewG lautet:

"Einheitswerte für Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere unter Denkmalschutz stehende Gebäude, sind mit 30 v.H. des an sich maßgebenden Wertes festzustellen, wenn die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile übersteigen."

§ 28 BewG ordnet die Gegenüberstellung der Einnahmen (sonstigen Vorteile) und der durchschnittlichen Erhaltungskosten an. Werden im konkreten Einzelfall, etwa weil keine Vermietung des Objektes erfolgt, keine Einnahmen erzielt, so sind auf Seiten der Vorteile die erzielbaren Einnahmen anzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 84/15/0005).

Aus dem Wortlaut des § 28 BewG ergibt sich, daß die Norm eine betragsmäßige Gegenüberstellung der erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile einerseits und der durchschnittlichen Erhaltungskosten andererseits verlangt. Die Vorteile müssen daher betragsmäßig quantifiziert werden. Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt, wenn sie den Vergleich mit dem abstrakten Vorteil des Wohnens in einem Einfamilienhaus gezogen hat.

Die belangte Behörde hat sich allerdings im angefochtenen Bescheid ohnedies alternativ auf den - ohne nähere Prüfung aus den Angaben des Beschwerdeführers übernommenen - Betrag der erzielbaren Miete gestützt. Die Ermittlung dieses Betrages vermag jedoch der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht standzuhalten. Der Beschwerdeführer und auch die belangte Behörde gehen davon aus, daß das Landhaus im Winter nicht bewohnt werden kann. Bei dieser Sachlage erscheint es - ohne eine entsprechende erklärende Begründung im angefochtenen Bescheid - als nicht schlüssig, daß es die belangte Behörde entgegen der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Berechnung des Mietwertes für erforderlich erachtet hat, "zumindest eine ganzjährige Vermietung zu unterstellen".

Mit dem Ausdruck "Erhaltungskosten" hat der Gesetzgeber nicht Kosten für die Verbesserung durch Umbau im Auge gehabt. Werden im öffentlichen Interesse erhaltenswerte Gebäude nicht nur erhalten, sondern darüber hinaus - allerdings ohne das Erhaltenswerte zu beeinträchtigen - verbessert, so sind die durchschnittlichen Erhaltungskosten zu ermitteln, die im Verbesserungsaufwand enthalten sind bzw durch diesen substituiert werden. Im Hinblick auf den Zweck der Norm verbietet sich eine Übertragung einkommensteuerlicher Gesichtspunkte bezüglich der Abgrenzung zwischen Erhaltungs- und Herstellungsaufwand (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 83/17/0156).

Bei Ermittlung der durchschnittlichen Erhaltungskosten iSd § 28 BewG sind größeren Instandsetzungskosten

(z. B. Generalreparaturen) ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer entsprechend aufzuteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 84/15/0005).

Wird im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, der dahin geht, Schützenswertes zu bewahren und nicht zu verändern, zwischen Erhaltungsmaßnahmen - nur diese sind bei der Vergleichsrechnung iSd § 28 BewG einzubeziehen - und Verbesserungsmaßnahmen unterschieden, so hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht die Errichtungskosten für ein Gerätehaus sowie für die Schaffung einer neuen Wasserleitung aus der Vergleichsrechnung ausgeschieden; derartige Maßnahmen gehen über die Erhaltung des Bestehenden hinaus. Allerdings hat der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen, das früher zur Wasserversorgung dienende Hochbehältersystem sei undicht und daher reparaturbedürftig gewesen. Es wäre daher entscheidend darauf angekommen, in welchem Ausmaß die aufgewendeten Beträge für die neue Wasserleitung ansonsten angefallene Reparaturkosten substituiert hat; in diesem Ausmaß hat die belangte Behörde zu Unrecht die Anerkennung von Erhaltungskosten iSd § 28 BewG verweigert.

Die Malerarbeiten, die Pflege und Instandhaltung der Zufahrtsstraße und die Pflege der Grünfläche und Bäume überschreitet hingegen keineswegs das Ausmaß der Bewahrung des Bestehenden. Auch mit den weiteren Argumenten, auf welche die belangte Behörde das Ausscheiden dieser Aufwandskategorien aus der Vergleichsrechnung gestützt hat, hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt:

Dem Gesetzgeber schwebte bei Einräumung der Begünstigung der Gedanke vor, daß es unbillig wäre, im öffentlichen Interesse liegende Leistungen für die Erhaltung von Gebäuden nicht entsprechend zu berücksichtigen, wenn die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile überstiegen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 83/17/0156). § 28 BewG spricht von Erhaltungskosten schlechthin. Eine Einschränkung auf spezifische, mit dem Denkmalschutz in Zusammenhang stehende Erhaltungskosten ist daher dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Es entspricht auch nicht der Rechtslage, daß Aufwendungen, die bei einer Vermietung im Regelfall auf den Mieter überwälzt werden, nicht zu den Erhaltungskosten iSd § 28 BewG zählen. Daher kann es auf sich beruhen, ob Aufwendungen für Malerarbeiten zur Beseitigung von Schäden, die auf das Eindringen von Wasser wegen des undichten Daches zurückzuführen sind, üblicherweise auf Mieter überwälzt werden.

Bezieht sich der Denkmalschutz auf das Gebäude, so findet § 28 BewG dennoch auf die ganze wirtschaftliche Einheit Anwendung (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum BewG, § 28 Seite 154). Daher sind auch die Grundstücksflächen einer wirtschaftlichen Einheit in die Betrachtung einzubeziehen, und zwar sowohl hinsichtlich der wirtschaftlichen Vorteile als auch hinsichtlich der Erhaltungskosten. Aufwendungen für die Erhaltung der Grünfläche sowie für die Baumpflege dürfen somit nicht aus der Vergleichsrechnung ausgeschieden werden.

Die Nutzbarkeit einer wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes hängt von der Zufahrtsmöglichkeit ab. Soweit dem Eigentümer der wirtschaftlichen Einheit Kosten für die Erhaltung der Zufahrt anfallen, müssen auch diese in die Vergleichsrechnung Eingang finden.

Weil die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Die Pauschalgebühr beinhaltet bereits die Umsatzsteuer.

Wien, am