VwGH vom 21.07.1998, 98/14/0050
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der A-Gesellschaft mbH in G, vertreten durch
Dr. Claudia Schoßleitner, Rechtsanwalt in
4910 Ried im Innkreis, Adalbert-Stifter-Straße 16, gegen den Bescheid des Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV/215/01-10/SM/97, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin einen Säumniszuschlag fest, weil sie die Umsatzsteuervorauszahlung für April 1996 nicht rechtzeitig (sondern erst am ) entrichtet hatte.
Mit Eingabe vom berief die Beschwerdeführerin gegen den Säumniszuschlagsbescheid und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Zahlungsfrist betreffend die Umsatzsteuervorauszahlung für April 1996. Im Antrag bezeichnet sie den Säumniszuschlagsbescheid mit seinem Ausfertigungsdatum und bringt vor, ihr Steuerberater sei zur Bearbeitung der monatlichen Buchhaltung und zur Berechnung der Umsatzsteuervoranmeldungen beauftragt gewesen. Die Auswertung der Buchhaltung sowie der Zahlschein für die Umsatzsteuer des betreffenden Monates würden der Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin regelmäßig an einen bestimmt bezeichneten Ort in Deutschland (dort befindet sich der Sitz der Gesellschafterin der Beschwerdeführerin) übersandt. Aus den Eintragungen im Postbuch ergebe sich, daß dies hinsichtlich des April 1996 am erfolgt sei. Entgegen der bisherigen Erfahrung und der Auskunft des österreichischen Postamtes in S, wonach solche Sendungen in der Regel innerhalb von zwei Tagen den Empfänger erreichten, sei die den April 1996 betreffende Sendung erst nach dem beim Empfänger eingelangt. Zum Nachweis dieses Sachverhaltes sei ein Ersuchen um Empfängererhebung an das Postamt S gerichtet worden; das Ergebnis dieses Ersuchens werde dem Finanzamt vorgelegt werden.
Mit Eingabe vom teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit, aus der Verständigung des Postamtes S - diese wurde als Beilage vorgelegt - gehe hervor, daß die Sendung vom nicht am Bestimmungsort eingelangt sei.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie brachte ergänzend vor, es sei fallweise zu Umsatzsteuergutschriften gekommen. Diesfalls seien die entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen unmittelbar vom steuerlichen Verteter unterfertigt und beim Finanzamt eingereicht worden, wobei eine gesonderte Information der Beschwerdeführerin nicht erfolgt sei.
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiedereinsetzungsantrag zurück. Ein Wiedereinsetzungswerber müsse in seinem Antrag genau angeben, wann er vom Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Grundes für die Wiedereinsetzung Kenntnis erlangt habe. Da der Antrag der Beschwerdeführerin diese Daten nicht enthalte, habe er zurückgewiesen werden müssen.
In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe im Antrag vom auf den Säumniszuschlagsbescheid vom hingewiesen, "womit sich letzterer als frühest möglicher Zeitpunkt der Kenntniserlangung ergibt". Der zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrages zweifelsfrei festgestellte Sachverhalt sei so ausführlich wie möglich dem Finanzamt mitgeteilt worden. Der Beschwerdeführerin sei erst mit der Verständigung durch das Postamt S über den Verbleib der Postsendung ihres Steuerberaters, sohin am , hinreichend Kenntnis vom Wiedereinsetzungsgrund verschafft worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet ab. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei nur dann rechtzeitig, wenn er spätestens einen Monat nach Wegfall jenes Hindernisses, das zur Fristversäumung geführt habe, bei der zuständigen Behörde gestellt werde. Die Frist werde mit der Erkennbarkeit der Versäumung für die Partei in Gang gesetzt. Schon im Wiedereinsetzungsantrag habe der Antragsteller Angaben zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit zu machen. Er habe konkret darzustellen, wann das Hindernis für die Einhaltung der Frist weggefallen sei und wann die Fristversäumung für ihn erkennbar gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Wiedereinsetzungsantrag zwar den Säumniszuschlagsbescheid (bzw. dessen Ausfertigungsdatum) angeführt; diese Information sei jedoch kein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages. Die Beschwerdeführerin habe mit ihrer Eingabe vom zugleich gegen den Säumniszuschlagsbescheid berufen und ihn aus diesem Grunde bezeichnen müssen. Es sei auch gar nicht möglich, daß sie erstmals am von der Fristversäumung Kenntnis erlangt habe, weil dieses Datum das Ausstellungsdatum des Säumniszuschlagsbescheides sei und solche Bescheide erfahrungsgemäß nicht am Tag ihrer Ausstellung zugestellt würden. Da sohin dem Wiedereinsetzungsantrag die für die Berurteilung seiner Rechtzeitigkeit essentiellen Angaben fehlten, sei er zu Recht vom Finanzamt zurückgewiesen worden. Für den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist sei das Schreiben des Postamtes S, welches dem Vertreter der Beschwerdeführerin am zugegangen sei, nicht relevant; die Frist werde nämlich bereits durch die Kenntnis von der Fristversäumung in Gang gesetzt, es bedürfe nicht der umfassenden Kenntnis aller Einzelheiten über das für die Fristveräumung maßgebliche Ereignis. Im übrigen wäre der Wiedereinsetzungsantrag auch aus folgendem Grunde zurückzuweisen gewesen: Die Beschwerdeführerin habe die Überweisung der Umsatzsteuervorauszahlung für April 1996 am bei ihrem Bankinstitut in Auftrag gegeben. Selbst wenn davon ausgegangen würde, daß sie an der rechtzeitigen Entrichtung der Vorauszahlung wegen des von ihr geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes unvorhersehbar bzw. unabwendbar und unverschuldet gehindert gewesen wäre, müsse ihr jedenfalls im Zeitraum zwischen dem (Fälligkeitstag für die Vorauszahlung betreffend April 1996) und auch die Tatsache der Zahlungsfristversäumnis zur Kenntnis gelangt sein, weshalb die Wiedereinsetzungsfrist spätestens am in Gang gesetzt worden und am abgelaufen wäre.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Im Wiedereinsetzungsantrag sei darauf hingewiesen worden, daß das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes vom Ergebnis der Erhebungen über die Zustellung der Postsendung (vom ) abhänge. Es sei daher die Frist des § 308 Abs. 3 BAO erst mit Zugehen der Verständigung der Post an den Vertreter der Beschwerdeführerin, sohin am , in Gang gesetzt worden. Es dürfe der Beschwerdeführerin nicht zum Nachteil gereichen, daß sie mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag nicht bis zum Ergebnis der Posterhebung zugewartet habe. Bis zum Vorliegen dieses Ergebnisses sei nicht auszuschließen gewesen, ob die in Rede stehende Postsendung bei der Gesellschafterin der Beschwerdeführerin in Verlust geraten oder fehlgeleitet worden sei. Maßgeblich für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei das Vorliegen eines nur minderen Grades des Versehens; dem Verbleib bzw. dem Schicksal der in Rede stehenden Postsendung sei daher zentrale Bedeutung zugekommen. Ein unerklärliches Verschwinden der Postsendung beim Empfänger hätte Zweifel hinsichtlich der Verschuldensfrage offen gelassen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, die Frist einzuhalten.
Gemäß § 308 Abs. 3 BAO muß der Antrag binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, bei der die Frist wahrzunehmen war.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß bereits der Wiedereinsetzungsantrag selbst alle für die Beurteilung seiner Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben enthalten. Ein Wiedereinsetzungsantrag nach § 308 BAO, der keine Angaben darüber enthält, wann das Hindernis für die Einhaltung der Frist aufgehört hat, und der aus diesem Grund die Überprüfung der Rechtzeitigkeit seiner Einbringung nicht ermöglicht, ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/14/0050).
Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag vom sei das unvorhergesehene bzw. unabwendbare Ereignis, das die Beschwerdeführerin von der Einhaltung der Zahlungsfrist abgehalten habe, darin gelegen, daß die vom Steuerberater erstellten Daten betreffend die Umsatzsteuerzahllast nicht rechtzeitig zur Beschwerdeführerin gelangt seien.
Mit dem (verspäteten) Einlangen der Daten bei der Beschwerdeführerin fällt ein solches Hindernis weg und ist die (gegebenenfalls nicht schon früher vorliegende) Kenntnis über die Fristversäumung verschafft. Die belangte Behörde ist unbedenklich davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführerin die entsprechenden Informationen zugegangen gewesen sein müssen, bevor sie am die Umsatzsteuervorauszahlung für April 1996 überwiesen hat. Zu Recht hat die belangte Behörde sodann angenommen, daß das Ausfertigungsdatum des Säumniszuschlagsbescheides - die Bezeichnung dieses Bescheides war für die gegen ihn gerichtete Berufung bedeutsam - in keinem Zusammenhang mit der Frist des § 308 Abs. 3 BAO steht.
Für das Ingangsetzen der Frist des § 308 Abs. 3 BAO ist ausschließlich auf das Aufhören des Hindernisses bzw. auf die spätere Erlangung der Kenntnis der Fristversäumung abzustellen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 95/14/0050).
Im übrigen hat die Beschwerdeführerin im Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht, daß die Postsendung des Steuerberaters nicht rechtzeitig bei ihr eingelangt sei. Mit diesem Vorbringen wäre es nicht vereinbar gewesen, daß die Postsendung bei der Beschwerdeführerin eingelangt und in ihrem Verfügungsbereich in Verstoß geraten wäre.
Vor dem Hintergrund des dem Wiedereinsetzungsantrag vom zugrundeliegenden Sachverhaltes kommt dem Zeitpunkt, in welchem die Beschwerdeführerin bzw. ihr Steuerberater vom Postamt S über das Schicksal der Postsendung informiert worden ist, für das Ingangsetzen der Wiedereinsetzungsfrist keine Bedeutung zu.
Die Beschwerde vermag sohin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.