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VwGH vom 13.08.1991, 90/10/0001

VwGH vom 13.08.1991, 90/10/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des Stiftes X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 18.228/15-IC8/89, betreffend Waldsperre, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte wird auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , Zl. 88/10/0157, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom , wonach die von der beschwerdeführenden Partei bis Dezember 1996 vorgesehene befristete Sperre des Reviers "S" (frühere Bezeichnung "Revierteil S-H") in den KG S und R unzulässig sei und der beschwerdeführenden Partei aufgetragen werde, unverzüglich sämtliche Hinweistafeln, die der Kennzeichnung der gesperrten Flächen dienten, sowie willkürliche, nur zur Behinderung des Betretens des Waldes errichtete Hindernisse zu beseitigen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründet wurde diese Entscheidung - zusammengefaßt - damit, daß sich die belangte Behörde mit den das Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt detailliert bestreitenden fachkundigen Berufungsausführungen (Schriftsatz vom mit einer Verweisung auf die nähere Begründung in einer Stellungnahme des Forschungsinstituts für Wildtierkunde vom ) nicht einmal ansatzweise befaßt habe und so den Anforderungen, die das Gesetz (§§ 60, 67 AVG 1950) an die Begründung eines Berufungsbescheides stelle, in einem wesentlichen Bereich nicht nachgekommen sei. Hätte sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen - allenfalls nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens der Forstlichen Bundesversuchsanstalt oder eines neuen Gutachtens eines anderen einschlägigen Sachverständigen - auseinandergesetzt, so könne nicht ausgeschlossen werden, daß sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, daß in der Stellungnahme des Forschungsinstituts für Wildtierkunde vom , welche zweifellos eine von entsprechendem Fachwissen getragene Äußerung darstelle, das genannte Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien - unter Bezugnahme auf wiederholte frühere Stellungnahmen im gegenständlichen Verwaltungsverfahren - "nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen habe", daß sich wissenschaftliche Forschung bzw. eine seriöse wissenschaftliche Kausalanalyse unter anderem gerade darin von nicht wissenschaftlichen Beobachtungen unterscheide, daß unkontrollierbare Störeinflüsse weitgehend ausgeschlossen würden und dadurch die Möglichkeit entstehe, die Auswirkungen bestimmter kontrollierter Einflußfaktoren präzise herauszuarbeiten. Wenn diese Voraussetzungen - so die Äußerung weiter - nicht gegeben seien, seien die Ergebnisse der Untersuchungen wertlos bzw. unbrauchbar, da nicht klar sei, wodurch sie zustande gekommen bzw. welche Einflußfaktoren in welchem Maße an den Veränderungen der erfaßten Parameter (z.B. Wildschäden am Wald, Wildverteilung, Kondition und Gesundheitszustand des Wildes etc.) beteiligt seien. Nicht erfaßbar und nicht kontrollierbar seien jedoch Auswirkungen eventueller Veränderungen der touristischen Beunruhigung des Wildes.

1.2. Die belangte Behörde holte nunmehr zu den Gegendarstellungen des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein ergänzendes Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt ein.

1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 35 Abs. 2 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 in der Fassung BGBl. Nr. 576/1987 (im folgenden: ForstG), ab.

Nach der Begründung sei Zweck der Waldsperre die Untersuchung des Einflusses von waldbaulichen Maßnahmen auf die Lebensraumqualität für Rehwild, wobei sämtliche Einflußfaktoren während des Untersuchungszeitraumes von 10 Jahren weitgehend konstant gehalten werden sollten. Dadurch sollten Auswirkungen der zu untersuchenden Einflußgröße (Veränderung der Waldstruktur) auf bestimmte Zielgrößen wie Wildverbißbelastung, Wildverbißverteilung, Futterverbrauch, Bejagbarkeit usw. möglichst genau untersucht werden. Die belangte Behörde pflichtete dabei der beschwerdeführenden Partei insofern bei, als auch sie die Auffassung vertrat, daß Einflußgrößen wie forstliche, jagdliche oder forschungsbedingte Aktivitäten leichter erfaßbar bzw. möglichst konstant zu halten und daher auch leichter kalkulierbar seien als touristische Aktivitäten. Insofern vertrat auch die belangte Behörde die Auffassung, daß eine Waldsperre grundsätzlich eine sinnvolle Möglichkeit darstelle, den Einfluß touristischer Aktivitäten konstant zu halten. Bei der Untersuchung der Frage, ob der Einfluß touristischer Aktivitäten in einem solchen Maß gegeben sei, daß die Errichtung der Sperre zur Erreichung des Zweckes unumgänglich sei bzw. der wissenschaftliche Zweck ohne Sperre nicht erreicht werden könne, ging die belangte Behörde anhand der vorgelegten Unterlagen und Aussagen des Institutes für Wildtierforschung davon aus, daß Rehwild durch plötzliche Störungen durch Waldbesucher, wie Joggen oder Reiten, ebenso wie durch sonstige kulturbedingte Störungen wie Mechanisierung, Motorisierung usw. beunruhigt werde. Die Aussage des in erster Instanz befragten jagdlichen Sachverständigen (der sich gegen die Sperre des Waldes ausgesprochen hatte), Rehwild sei gegen Störungen durch Waldbesucher nicht empfindlich, werde allerdings dadurch relativiert, daß dieser auch auf die besonderen Gegebenheiten des gegenständlichen Reviers hinweise, wonach angesichts der im unbeschränkten Ausmaß gerade in diesem Jagdgebiet vorhandenen Deckungsmöglichkeiten ein von Waldbesuchern gestörtes Rehwild nur sehr wenig flüchten und in unmittelbarer Nähe wieder einen ruhigen Einstand finden werde. Diese Aussage werde durch das Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt unterstrichen, wonach das gegenständliche Revier auf Grund zahlreicher Schläge, Kulturen, Dickungen und Stangenhölzer, aber auch durch den durch unterwuchsreiche Waldhölzer charakterisierten Altersklassenwald, geschickte Verteilung gut gepflegter Wildwiesen und Wildäcker als nahezu idealer Rehwildlebensraum erscheine. Auf Grund dieser Einschränkungen werde eine Störung des Rehwildes durch touristische Aktivitäten zwar grundsätzlich als möglich anzunehmen sein, jedoch nicht in dem Ausmaß, wie dies seitens des Instituts für Wildtierkunde dargestellt werde.

Im Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt werde weiters ausgeführt, daß Kondition und Ernährungszustand der Tiere in hohem Maße der optimalen Fütterung zuzuordnen seien, wodurch sich der mögliche Einfluß von Touristen als negierbare Größe herausstelle. Zu diesem Ergebnis komme auch der jagdliche Sachverständige, der bezweifle, daß bei Vorlage derartig großer Kraftfuttermengen und Rüben die Bestandsumwandlungen überhaupt einen Einfluß auf Rehwild haben würden. Im Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt werde darüber hinaus ausgeführt, daß das hohe Kraft- und Saftfutterangebot zu einer derartigen Konkurrenzierung der verbleibenden Äsung führe, daß der mögliche Einfluß von Touristen nicht in jenem Maß gegeben sei, der eine Sperre zur Erreichung des Forschungszweckes unumgänglich mache.

Zu den Feststellungen des Instituts für Wildtierkunde bezüglich der Beunruhigung des Wildes bei der Fütterung verwies die belangte Behörde neuerlich auf das Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt, wonach - dies werde auch durch das Gutachten des jagdlichen Sachverständigen bestätigt - Rübenhaufen zumeist entlang von Wegen aufgeschüttet würden, die für Touristen ohnedies offen stünden. Die belangte Behörde halte es in Anlehnung an die Ausführungen der Forstlichen Bundesversuchsanstalt für unschlüssig, daß einerseits genau dort gefüttert werde, wo der Einfluß der Touristen zwangsweise gegeben sei, andererseits die Touristen mit der Begründung, sie störten die Rehe bei der Futteraufnahme, gerade dort ausgeschlossen werden sollten, wo in weitaus geringerem Ausmaß gefüttert werde.

Zu den touristischen Aktivitäten bemerkte die belangte Behörde, daß die Mehrzahl davon, wie z.B. Joggen oder Reiten, gegen die Rehwild allenfalls empfindlich reagiere, erfahrungsgemäß im Regelfall auf Wegen ausgeübt würden. Die Tätigkeit der Schwammerlsucher sei naturgemäß auf relativ kurze Zeiträume im Jahr beschränkt. Auch bestehe insoweit, ebenso wie bei sonstigen Tätigkeiten, die an Intensität über das in § 33 Abs. 1 ForstG festgelegte Betretungsrecht hinausgingen (dies gelte auch für das Reiten), die Möglichkeit des Waldeigentümers, seine Zustimmung zur Ausübung solcher Aktivitäten zu verweigern. Es bestehe somit aus diesem Grund keine Veranlassung, "die Nichtausübung derartiger Tätigkeiten an eine Waldsperre zu knüpfen".

Damit ergebe sich aber in Verbindung mit den Aussagen der Forstlichen Bundesversuchsanstalt, daß einem Einfluß touristischer Aktivitäten - mit oder ohne Waldsperre- weit weniger Bedeutung zukommt, als dem seitens der beschwerdeführenden Partei beigemessen werde.

Die belangte Behörde kam daher zur Auffassung, daß für die vom Forschungsprojekt unter anderem angestrebten Ergebnisse, nämlich die Erforschung des Zusammenhanges zwischen waldbaulichen Maßnahmen und Kondition, Ernährungszustand und Gesundheit von Rehwild, der mögliche Einfluß von Touristen nicht in jenem Maß gegeben sei, der eine Sperre für die Erreichung des Forschungszweckes unumgänglich mache. Dies gelte auch für die Erforschung der Auswirkungen waldbaulicher Maßnahmen auf die Bejagbarkeit von Rehwild, weil sich die Jagdeinrichtungen in erster Linie an den - von der Sperre ohnedies ausgenommenen - Wegen befänden. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, daß das Revier von einem dichten Wegenetz erschlossen sei.

Die belangte Behörde vertrat auch die Auffassung, daß eine Forschung unter weitgehender Ausschaltung des Beunruhigungsfaktors Mensch im Hinblick auf die im ForstG normierte Waldöffnung tatsächlich wenig zielführend erscheine.

Einen weiteren Grund für die Unzulässigkeit der gegenständlichen Sperre sah die belangte Behörde darin gelegen, daß der Bedarf für Erholung offensichtlich nicht gedeckt sei und dies auch durch Gestaltungseinrichtungen (§ 37 Abs. 5 ForstG) nicht ausgeglichen werden könne. Sie verwies dabei auf die Ausführungen des in erster Instanz beigezogenen forsttechnischen Sachverständigen, wonach das Revier ein traditionelles Erholungsgebiet für die Bevölkerung von Melk und der sonstigen Anrainergemeinden darstelle. Dies werde auch durch den Waldentwicklungsplan, wonach der gegenständlichen Waldfläche die Kennzahl "122" - somit eine erhöhte Wohlfahrts- und Erholungsfunktion - zukomme, unterstrichen. Diese Aussage werde weiters durch die Stellungnahme der Gemeinden L und Sch, die auch im Hinblick auf Äußerungen des Fremdenverkehrsverbandes, des Verkehrsvereines und der Fremdenverkehrsbetriebe in der Errichtung einer Sperre eine nachteilige Beeinflussung des Fremdenverkehrs erblickten, bestätigt.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 34 Abs. 2 lit. e ForstG in der Fassung der Forstgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 576, sind befristete Waldsperren nur zulässig für Waldflächen, wenn und solange sie wissenschaftlichen Zwecken dienen und diese ohne Sperre nicht erreicht werden können.

§ 34 Abs. 4 ForstG in der genannten Fassung bestimmt:

"(4) Beabsichtigt der Waldeigentümer eine befristete Sperre von Waldflächen, deren Dauer vier Monate übersteigt, oder eine dauernde Sperre von Waldflächen, deren Ausmaß 5 ha übersteigt, so hat er hiefür bei der Behörde eine Bewilligung zu beantragen. In diesem Antrag, dem eine Lageskizze anzuschließen ist, sind die Grundstücksnummer, der Sperrgrund und die beabsichtigte Dauer der Sperre und gegebenenfalls die Größe der zu sperrenden Waldfläche anzugeben. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn dies zur Erreichung des Zweckes der Sperre unumgänglich ist."

Gemäß § 35 Abs. 1 lit. b ForstG in der Fassung der Forstgesetz Novelle 1987 hat die Behörde Sperren, deren Bewilligung gemäß § 34 Abs. 4 beantragt wurde, auf ihre Zulässigkeit zu prüfen.

§ 35 Abs. 2 ForstG hat folgenden Inhalt:

"(2) Ergibt die Überprüfung die Zulässigkeit der Sperre, so hat die Behörde in den Fällen des Abs. 1 lit. a dies mit Bescheid festzustellen, in den Fällen des Abs. 1 lit. b die Bewilligung zu erteilen. Ergibt die Überprüfung die Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung, so hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die erforderlichen Maßnahmen, wie die Errichtung von Überstiegen oder Toren oder die Beseitigung der Sperre oder der Sperreinrichtung, mit Bescheid aufzutragen. Ergibt die Überprüfung, daß nur das Ausmaß der gesperrten Fläche überschritten wurde, so hat die Behörde das zulässige Ausmaß mit Bescheid festzulegen und dem Waldeigentümer mit Bescheid aufzutragen, bestehende Sperreinrichtungen, soweit sie der Sperre über das festgelegte Ausmaß hinaus dienen, zu beseitigen."

Nach § 35 Abs. 3 lit. b ForstG ist die Sperre unzulässig, wenn in den Fällen des § 34 Abs. 4 durch sie der nach den örtlichen Verhältnissen nachweisbare Bedarf für Erholung nicht mehr gedeckt und dies auch durch Gestaltungseinrichtungen (§ 36 Abs. 5) nicht ausgeglichen werden kann.

2.2. Die beschwerdeführende Partei bringt im wesentlichen vor, daß die gegenständlichen Waldflächen auf Grund ihrer Größe und Struktur optimal für die vorliegende wissenschaftliche Untersuchung geeignet seien. Bei wildökologischen Forschungen in der freien Wildbahn sei es besonders schwierig, den Ansprüchen wissenschaftlicher Methodik gerecht zu werden. Das gegenständliche Revier erscheine in diesem Zusammenhang für das Forschungsvorhaben besonders gut geeignet, da hier - abgesehen von der für die Fragestellung optimalen waldbaulichen Ausgangslage - bedingt durch die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit mit der lokalen Forstverwaltung und den Jagdausübungsberechtigten während des Untersuchungszeitraumes eine Vielzahl von Einflußfaktoren bestmöglich erfaßt werden könne. Nicht kontrollierbar und deshalb auch nicht meßbar seien jedoch die Auswirkungen des Tourismus auf das Wild. Um den Einfluß der waldbaulichen Maßnahmen im Revier abklären zu können, müßten sämtliche anderen Einflußfaktoren während der Untersuchung weitgehend konstant gehalten werden. Eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung dieser Untersuchung sei deshalb die Vermeidung der Beunruhigung des Wildes, wie sie z. B. durch Waldbesucher, deren räumliches und zeitliches Auftreten nicht kalkulierbar sei, entstehe. Soferne diese Beunruhigungsfaktoren nicht weitgehend ausgeschaltet werden könnten, sei eine Zuordnung der Untersuchungsergebnisse (Kondition, Ernährungszustand und Gesundheit der Tiere, Verbißbelastung der Vegetation, Bejagbarkeit der Rehe etc.) auf spezielle Ursachen (in diesem Fall den Einfluß waldbaulicher Maßnahmen auf die Lebensraumqualität für Rehwild) nicht möglich, wodurch das Ziel der Untersuchung nicht erreichbar wäre. Die belangte Behörde bezweifle zu Unrecht die praktische Verwendbarkeit der Untersuchungsergebnisse. Im Gegensatz zu der im Bescheid vertretenen Meinung erwarte die Praxis von der Wissenschaft, daß aus der Fülle der örtlich gleichzeitig wirkenden Einflußfaktoren der Einfluß der einzelnen Faktoren gezielt herausgearbeitet werde, damit die solcherart gewonnenen Ergebnisse dann als Entscheidungshilfen für die in der Praxis zu setzenden Maßnahmen dienen könnten. Zahlreiche für die Praxis grundlegende wildbiologische Forschungsergebnisse hätten nur unter solchen weitgehend kontrollierten Bedingungen und unter Ausschluß touristischer Störfaktoren, teilweise sogar nur innerhalb eingezäunter Gatterflächen, gewonnen werden können.

Bezüglich der Ausführungen zu der Fütterung und den Jagdeinrichtungen stütze sich der angefochtene Bescheid auf das Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt, ohne sich auch nur im entferntesten mit den bestreitenden Ausführungen des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde auseinanderzusetzen. Die belangte Behörde sei zwar der Auffassung, daß eine Waldsperre grundsätzlich eine sinnvolle Möglichkeit darstelle, den Einfluß touristischer Aktivitäten konstant zu halten, und komme zu der Auffassung, daß eine Gesamtbetrachtung der vorgebrachten Argumente durchaus ergebe, daß eine generelle Öffnung der Waldflächen Auswirkungen haben werde. Sie folgere daraus jedoch ohne jede Begründung, daß sich diese Auswirkungen in einem eingeschränkten Rahmen bewegen würden und keinen schwerwiegenden Einfluß auf das Forschungsprojekt hätten. Der Bescheid entkräfte diese unbegründete Prognose jedoch mit der unmittelbar anschließenden Behauptung, in welcher der hohe Erholungsbedarf als Argument gegen die Sperre der Waldflächen benützt werde. Da die nicht öffentlichen Forstwege ohnedies von der Waldsperre nicht erfaßt seien, hätte sich der Bescheid kritisch mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwieweit das außerhalb der Wege befindliche Waldgebiet zur Befriedigung von Erholungsbedürfnissen dienen könne. Dazu komme, daß bereits der in erster Instanz befragte Sachverständige die Ansicht vertreten habe, daß bei einem Betretungsverbot der bestockten Waldflächen die Erholungswirkung des Waldes im vollen Umfang gewahrt sei. Die belangte Behörde habe sich über diesen Widerspruch ohne nähere Begründung hinweggesetzt und den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf die Meinung der Forstlichen Bundesversuchsanstalt gegründet.

2.3. Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kommt Berechtigung zu.

Bei einander widersprechenden Gutachten ist es der Behörde gestattet, sich dem einen oder anderen Gutachten anzuschließen. Sie hat aber die Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlaßt haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 85/18/0061).

2.4. Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides nunmehr mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auseinandergesetzt, wobei sie dabei im wesentlichen dem Gutachten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt gefolgt ist. Sie hat jedoch nicht im Sinne der unter Punkt 2.3. wiedergegebenen Rechtsprechung dargelegt, welche Erwägungen dafür maßgebend waren, diesem Beweismittel gegenüber dem von entsprechendem Fachwissen getragenen Äußerungen des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde der Veterinärmedizinischen Universität Wien den Vorzug zu geben. Nicht gefolgt werden kann der belangten Behörde, wenn sie die Auffassung vertritt, daß eine Forschung unter weitgehender Ausschaltung des Beunruhigungsfaktors Mensch im Hinblick auf die im Forstgesetz normierte Waldöffnung tatsächlich wenig ziehlführend erscheint". Dieser Ansicht hat bereits die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren durch die Stellungnahme des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde vom widerlegt, wonach von der Wissenschaft erwartet werde, daß aus der Fülle der örtlich gleichzeitig wirkenden Einflußfaktoren der Einfluß einzelner Faktoren gezielt herausgearbeitet werde. Nicht nachvollziehbar ist auch die Vorgangsweise der belangten Behörde, einerseits zwar eine Störung des Wildes durch touristische Aktivitäten als möglich anzunehmen, diese jedoch andererseits wegen der Art des gegenständlichen Reviers (vorhandene Deckungsmöglichkeit durch zahlreiche Schläge, Kulturen, Dickungen, Stangenhölzer und dgl.) nicht in dem Ausmaß anzunehmen, weil dies vom Institut für Wildtierkunde dargestellt wurde, wodurch sich der mögliche Einfluß von Touristen als "negierbare Größe" herausstellen solle. So fehlen etwa im Hinblick auf die dabei im Verwaltungsverfahren widersprechend beantworteten Fragen aus dem Bereiche des Jagdwesens (z.B. Rehwildbestand, Fütterung und Beunruhigung der Tiere) entsprechende sachverständige Äußerungen.

Soweit die belangte Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung auf die bisher für Touristen geöffneten Forststraßen verweist, ist ihr entgegenzuhalten, daß sich aus dem Akteninhalt ergibt, daß ein so gestalteter Antrag von der beschwerdeführenden Partei in der Absicht gestellt wurde, die unter diesen Voraussetzungen begonnene Untersuchung unter Aufrechterhaltung dieser Bedingungen fortzuführen.

Richtig ist, daß eine Waldsperre unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 lit. b ForstG unzulässig ist. Soweit die belangte Behörde den nachweisbaren Bedarf für Erholung nicht mehr als gedeckt erachtet, ist jedoch darauf zu verweisen, daß auf eine Unzulässigkeit der beantragten Sperre aus diesem Grund ausreichende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (z.B. Ausmaß und Umfang der beantragten Sperre, Verhältnis zum übrigen Gebiet, Anzahl der erholungsuchenden Bevölkerung etc.) - sieht man von den negativen Äußerungen der Gemeinden L und Sch ab - nicht vorhanden sind. Auch darin ist ein Verfahrensmangel gelegen, der dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf seine materielle Rechtmäßigkeit verwehrt.

2.5. Auf Grund der dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der maßgebende Sachverhalt noch immer in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben ist.

2.6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Der Kostenspruch hatte dabei im Rahmen des gestellten Antrages zu erfolgen, weshalb Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 nicht zur Anwendung kam.

2.7. Im Hinblick auf die Entscheidung in der Hauptsache erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.