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VwGH vom 15.11.1995, 93/13/0224

VwGH vom 15.11.1995, 93/13/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1250/93, betreffend Haftung für Umsatzsteuer für die Jahre 1988 und 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Wie einer in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten befindlichen, vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift vom über eine anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der T. GmbH - einem Speditionsunternehmen - durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung zu entnehmen ist, wurden bei einer Hausdurchsuchung am "diverse Firmenunterlagen (auch von verbundenen Unternehmen)" beschlagnahmt. Es habe sich dabei um Treuhandverträge der ausländischen Konzerngesellschaften, konsolidierte Konzernbilanzen sowie Jahresabschlüsse der in- und ausländischen Konzerngesellschaften, Fahrzeugunterlagen, Dispositionsbücher und Schriftverkehr über den gesamten Konzernbereich gehandelt. Der Prüferin seien daneben die vom Masseverwalter der Konzerngesellschaft F. GmbH vorgelegten Belege zur Verfügung gestanden. In einem auf dem Gelände eines fremden Speditionsunternehmens in S. aufgestellten Behälter befänden sich weitere Buchhaltungsunterlagen. Im Zuge einer Besichtigung sei von der Prüferin festgestellt worden, daß es sich dabei "um völlig ungeordnetes und weitgehend verschmutztes Belegmaterial verschiedenster Jahre (auch den Vorprüfungszeitraum betreffend)" handelte, wodurch weder eine systematische noch eine umfangmäßige Erfassung des vorhandenen Materials möglich gewesen sei. Der Aufforderung der Prüferin, die entsprechenden Unterlagen in geeigneten Räumlichkeiten zur Einsichtnahme vorzulegen, sei nicht nachgekommen worden. Trotz mehrmaliger Urgenzen habe der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt. Weiters wurde in der Niederschrift ausgeführt, daß die T. GmbH zu einer internationalen Speditionsgruppe mit sechs namentlich angeführten inländischen Kapitalgesellschaften sowie sechs ausländischen Unternehmungen mit dem Sitz in Luxemburg, Schweiz, Guernsey, Frankreich und Spanien gehöre.

Bereits mit Bescheid vom hatte das Finanzamt den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der T. GmbH zur Haftung für Umsatzsteuer dieser GmbH für die Jahre 1988 und 1989 sowie für Juni 1991 herangezogen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vorgebracht, die im angefochtenen Bescheid angeführte Umsatzsteuer, die für Lieferungen oder Leistungen in Rechnung gestellt worden sei, sei nicht bezahlt worden. "Die diesbezüglichen finanziellen Mittel" seien dem Geschäftsführer nicht zur Verfügung gestanden.

Nach einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt. In dieser Eingabe wurde ausgeführt, "die Unterlagen" befänden sich auf Grund einer bei der T. GmbH und der F. GmbH durchgeführten Steuerfahndungsaktion beim Finanzamt und beim Masseverwalter im Konkurs der F. GmbH. Der Beschwerdeführer werde bemüht sein, die notwendigen Unterlagen bis Ende Mai 1993 zur Verfügung zu stellen.

In einem Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, "substantielle Einwendungen" gegen den angefochtenen Haftungsbescheid bis zum zu erheben. Der Vorhalt blieb nach der Aktenlage unbeantwortet.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung sinsoweit, als sie die Haftung für Umsatzsteuer 1988 und 1989 betraf, als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer habe weder das Fehlen ausreichender Mittel, noch den Umstand nachgewiesen, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die Geldmittel nicht benachteiligt habe.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Uneinbringlichkeit der in Haftung gezogenen Abgaben bei der Gesellschaft ist nicht strittig. In einem solchen Fall ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/15/0176).

Die Erklärungen des Beschwerdeführers im Abgabenverfahren hinsichtlich der Erfüllung der ihm obliegenden abgabenrechtlichen Pflichten erschöpften sich in der Behauptung, die Umsatzsteuer für die - somit für alle - in den Jahren 1988 und 1989 ausgeführten Lieferungen und Leistungen sei von den Vertragspartnern nicht bezahlt worden. Die darüber hinaus erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dem Beschwerdeführer seien "auch sonst" keine finanziellen Mittel zur Entrichtung der fälligen Umsatzsteuer zur Verfügung gestanden, stellt demgegenüber ein neues Vorbringen dar und ist somit unbeachtlich.

Trotz mehrfacher Aufforderungen der Abgabenbehörde hat es der Beschwerdeführer unterlassen, an der Feststellung des aus der Sicht der Haftungsverpflichtung maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, geschweige denn, einen Nachweis darüber zu erbringen, daß ihm keine Mittel zur Abgabenentrichtung zur Verfügung gestanden seien. Wie auch immer das - in der Beschwerde wiederholte - Vorbringen, die Geschäftspartner hätten die Umsatzsteuer für (sämtliche) Geschäftsvorfälle der Jahre 1988 und 1989 nicht bezahlt, zu verstehen ist, widerspricht es jeglicher Lebenserfahrung, daß sämtliche Kunden eines Speditionsunternehmens durch zwei Jahre hindurch den Rechnungsbetrag vermindert um die darin enthaltene Umsatzsteuer entrichtet hätten. Mit einem solchen Vorbringen aber wird nicht einmal behauptet, daß dem Beschwerdeführer die für die Abgabenentrichtung notwendigen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung gestanden wären. Sollte der Beschwerdeführer entgegen dem Wortsinn seines Vorbringens aber gemeint haben, es hätte keiner der Geschäftspartner der Jahre 1988 und 1989 die ihnen in Rechnung gestellten Beträge entrichtet - eine Behauptung, die im Hinblick auf den Unternehmensumfang gleichfalls der Lebenserfahrung zuwiderläuft - so ist auch eine solche Behauptung nicht als Vorbringen zu erkennen, wonach dem Beschwerdeführer "auch sonst" keinerlei Mittel zur Entrichtung der Abgaben zur Verfügung gestanden seien.

Daß dem Beschwerdeführer - trotz erheblicher in den Jahren 1988 und 1989 ausgeführten Lieferungen oder sonstigen Leistungen - keine finanziellen Mittel zur Entrichtung der Abgaben zur Verfügung gestanden seien, wurde von ihm im Abgabenverfahren somit nicht tauglich behauptet. Die belangte Behörde hat daher zu Recht eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers angenommen (vgl. z.B. Ritz, BAO-Kommentar, Rz 21 zu § 9).

Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf die Ausführungen des Beschwerdeführers über die von ihm behauptete mangelnde Zugänglichkeit der im Zuge von strafrechtlichen Ermittlungen beschlagnahmten Unterlagen näher einzugehen, zumal er in keiner Weise dargelegt hat, welche Umstände durch die beschlagnahmten Aufzeichnungen und Belege - die nach der vom Beschwerdeführer mitunterfertigten Niederschrift der Betriebsprüferin Rückschlüsse auf bestimmte Sachverhalte nicht zugelassen haben - erwiesen werden sollten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war dabei aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.