VwGH vom 27.08.1998, 93/13/0218
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des LP in W, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat Ia) vom , Zl. 6/1 - 1274/91-02, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei dem Beschwerdeführer, einem Verleger, fand für die Jahre 1985 bis 1987 eine abgabenbehördliche Prüfung statt; der Prüfer traf dabei u. a. folgende Feststellungen:
Die vorgelegten Aufzeichnungen und Belege seien unvollständig. Autorenverträge, Rechnungen über Anlagenzugänge, das Anlagenverzeichnis, Unterlagen über die erklärten Autorenkautionen und Autorenanzahlungen, Bankbelege, die Originalrechnungen der getätigten Buchverkäufe sowie die Belege über die Einnahmen aus Tantiemen fehlten. Für das Jahr 1985 seien keine Unterlagen beigebracht worden. Der Beschwerdeführer habe in den Jahren 1983 bis 1987 lediglich Verluste, zum Teil von beträchtlicher Höhe erklärt. Es stelle sich daher die Frage, aus welchen Mitteln der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt decke. Der Beschwerdeführer habe erklärt, dies durch Lombardierung von Wertpapieren bewerkstelligt zu haben. Es handle sich dabei um ein Volumen von knapp S 400.000,--. Zu Beginn des Prüfungszeitraumes seien die Kreditrahmen bereits ausgeschöpft gewesen. Die tatsächlichen Betriebsergebnisse seien daher im Wege einer Vermögensdeckungsrechnung geschätzt worden. Dabei seien monatliche Lebenshaltungskosten in Höhe von S 5.000,-- zugrunde gelegt worden. Unter Berücksichtigung der Verlustabdeckungserfordernisse habe die Schätzung zu Hinzurechnungsbeträgen von S 667.625,-- (1985), S 731.412,-- (1986) und S 443.529,-- (1987) geführt. Im Bereich der Umsatzsteuer seien Nettoerlösdifferenzen von S 617.609,32 (1985), S 667.875,20 (1986) und S 403.208,18 (1987) festgestellt worden.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ (zum Teil nach Wiederaufnahme der Verfahren) entsprechende Abgabenbescheide.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Sein Steuerberater habe stets ordnungsgemäße Steuererklärungen verfaßt. Die von Autoren hinterlegten Kautionen unterlägen beim Beschwerdeführer weder der Umsatzsteuer noch der Einkommensteuer. Dasselbe gelte für die Erlöse aus Buchverkäufen, die im Namen der Autoren erfolgt seien. Buchverkäufe an ausländische Autoren und Tantiemen von ausländischen Autoren seien umsatzsteuerfrei. Die Buchverkäufe an in- und ausländische Autoren seien als Einnahmen verrechnet worden. "Allfällige Defizite" seien durch "Ausleihen von den Kautionen und Guthaben der Autoren abgedeckt" worden. Zu Einnahmen seien diese Ausleihungen erst mit der Abrechnung geworden.
In seiner Stellungnahme zur Berufung wies der Betriebsprüfer darauf hin, daß der Beschwerdeführer mit Schreiben vom aufgefordert worden sei, die steuerlichen Aufzeichnungen vorzulegen. Bei Nichtbefolgung dieser Aufforderung sei ihm eine Schätzung der Abgabenbemessungsgrundlagen in Aussicht gestellt worden. Da der Beschwerdeführer bis zur Schlußbesprechung am für das Jahr 1985 keine und für die Jahre 1986 und 1987 lediglich unvollständige Aufzeichnungen vorgelegt habe, sei die in Aussicht gestellte Schätzung vorzunehmen gewesen. Mangels entsprechender Aufzeichnungen könne auf die Ausführungen in der Berufung betreffend Buchverkäufe, Tantiemen und Kautionen nicht eingegangen werden.
Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers erstattete zu der Stellungnahme des Betriebsprüfers eine schriftliche Äußerung, in der er im wesentlichen darauf hinwies, daß der Beschwerdeführer die Verluste und Lebenshaltungskosten mit Hilfe von Bankdarlehen finanziert habe. Im übrigen sei er "zur Erkenntnis gekommen, daß nur in Zusammenarbeit mit dem Finanzamt es möglich sein wird, die gegenständliche Berufung im Sinne einer objektiven Besteuerung zu erledigen". Angeschlossen an diese Äußerung waren die Bestätigungen zweier Kreditinstitute betreffend die Gewährung von Darlehen im Ausmaß von S 203.000,-- (1985), S 41.000,-- + S 353.762,-- (1986) und S 40.000,-- (1987).
Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung teilweise statt, indem es die Darlehen bei der Vermögensdeckungsrechnung berücksichtigte. Dies führte dazu, daß für die Streitjahre weder Einkommensteuer noch Gewerbesteuer vorgeschrieben wurde; bei der Umsatzsteuer ergab sich ein Überschuß von Vorsteuern in Höhe von S 116.656,-- (1985), S 49.570,-- (1986) und S 680.684,-- (1987).
Der Beschwerdeführer beantragte ausdrücklich nur betreffend Umsatzsteuer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Da ihm nur ein Teil der Entgelte für die Lieferung von Büchern nach Art einer Provision verbleibe und der Rest an die Autoren weiterzugeben sei, dürfe auch nur der ihm verbleibende Teil des Entgeltes (50 %) umsatzsteuerlich erfaßt werden. Darüber hinaus sei noch "auf die Frage hingewiesen", inwieweit es sich bei den Entgelten um solche für Lieferungen an ausländische Auftraggeber handle.
In einer weiteren Stellungnahme teilte der Betriebsprüfer mit, daß die vom Beschwerdeführer an die Autoren weitergeleiteten Zahlungen bereits im Zuge der Betriebsprüfung als Fremdgelder ausgeschieden worden seien und daher in den umsatzsteuerlich erfaßten Entgelten nicht enthalten seien. Bei den Fremdgeldern handle es sich um folgende Beträge:
Für Autoren vereinnahmte Beträge:
S 690.383,72 (1985),
S 610.179,34 (1986) und
S 742.135,82 (1987).
Nach Abrechnung zurückbezahlte Autorenanzahlungen:
S 434.143,97 (1985)
S 712.714,96 (1986) und
S 612.499,34 (1987).
Der Beschwerdeführer habe folgende Entgelte erklärt:
S 345.191,05 (1985),
S 344.592,14 (1986) und
S 548.378,02 (1987).
Die von der Betriebsprüfung vorgenommenen Hinzuschätzungen seien auf die Vermögensdeckungsrechnung zurückzuführen, die im Antrag des Beschwerdeführers auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht mehr bekämpft werde.
In einer neuerlichen Äußerung zu dieser Stellungnahme des Betriebsprüfers brachte der Beschwerdeführer vor, die von ihm erklärten Entgelte seien entsprechend seinen Steuererklärungen um S 65.442,80 (1985), S 92.788,15 (1986) und S 235.119,23 (1987) zu kürzen. Bei diesen Beträgen handle es sich nämlich um Ausfuhrlieferungen bzw. um Leistungen für ausländische Auftraggeber, die gemäß § 6 Z. 1 bzw. § 6 Z. 3 UStG 1972 steuerfrei seien. Im übrigen hätten die vom Finanzamt im Rahmen der Berufungsvorentscheidung bei der Einkommensteuer und Gewerbesteuer berücksichtigten Darlehen auch bei der Umsatzsteuer Berücksichtigung finden müssen; weiters hätte berücksichtigt werden müssen, daß dem Beschwerdeführer zur Deckung seiner Aufwendungen auch die Autorenanzahlungen als Fremdgelder (bis zur Abrechnung) zur Verfügung gestanden seien und daß auch "die laufenden Bankkonti kreditmäßig ausgeschöpft und überzogen worden" seien. Die Vermögensdeckungsrechnung sei daher zu Unrecht vorgenommen worden. Selbstverständlich werde sie "auch bei der Gewinnermittlung bekämpft".
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als dies bereits mit Berufungsvorentscheidung geschehen war. Soweit die Berufung Einkommensteuer und Gewerbesteuer betraf, wurde sie "als nicht fristgerecht eingebracht" zurückgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzustellen, daß die grundsätzliche Schätzungsberechtigung, die sich aus dem Fehlern von Aufzeichnungen und Belegen ergibt, vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird. Ausdrücklich wird "die Vorgangsweise der buchhalterischen Adaptierung im Sinne einer Geldrechnung sowie einer Lebenshaltungsrechnung von S 5.000,-- nicht bekämpft". Der Beschwerdeführer rügt jedoch, daß dabei nicht alle von ihm behaupteten Fremdmittelfinanzierungen Berücksichtigung gefunden hätten.
Dazu ist folgendes zu sagen:
Die belangte Behörde hat - der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes folgend - bei der Vermögensdeckungsrechnung sämtliche Darlehen berücksichtigt, die der Beschwerdeführer unter Anführung des Darlehensgebers und des Darlehensbetrages bekanntgegeben hat. Daß die völlig unbestimmt gebliebenen Ausführungen, der Beschwerdeführer habe auch noch andere Konten überzogen, von der belangten Behörde mangels jedweden konkreten Vorbringens nicht als Nachweis bzw. Glaubhaftmachung des Vorhandenseins weiterer Geldmittel gewertet wurden, vermag der Gerichtshof weder aus der Sicht amtswegiger Ermittlungspflicht noch aus jener einer schlüssigen und den Denkgesetzen entsprechenden Beweiswürdigung als rechtswidrig zu erkennen.
Der Beschwerdeführer wiederholt sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren, wonach die an Autoren weitergeleiteten Entgelte und die von Autoren geleisteten Anzahlungen zu Unrecht bei ihm der Umsatzbesteuerung unterzogen worden seien. Er übersieht, daß der Prüfer in seiner zweiten Stellungnahme unter detaillierter Darstellung des gesamten Zahlenmaterials darauf hingewiesen hat, daß diese "Fremdgelder" von Anfang an nicht in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage einbezogen worden waren. Diese Stellungnahme ist dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgehalten worden, ohne daß er zu den ziffernmäßig untermauerten Feststellungen eine ebenso konkrete Gegendarstellung gegeben hätte. Durch das bloße Wiederholen allgemein gehaltener, von der Abgabenbehörde bereits widerlegter Behauptungen wird kein Tatsachenvorbringen erstattet, das geeignet ist, die gegenteilige Sachverhaltsfeststellung der Abgabenbehörde in Zweifel zu ziehen. Der Gerichtshof hat somit keine Bedenken bezüglich der Richtigkeit der auch im angefochtenen Bescheid ausdrücklich getroffenen Feststellung, daß weder für Autoren bestimmte Entgelte noch von Autoren geleistete Anzahlungen (vor ihrer Abrechnung) in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage einbezogen wurden.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde habe die von ihm beantragte Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen bzw. Leistungen für ausländische Auftraggeber rechtwidrigerweise nicht zuerkannt. Dazu ist folgendes zu sagen:
Gemäß § 7 Abs. 3 UStG 1972 setzt die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen einen Ausfuhrnachweis voraus; dasselbe gilt gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. für Leistungen für ausländische Auftraggeber. Der Betriebsprüfer hat in seinem Bericht festgehalten, daß derartige Ausfuhrnachweise vom Beschwerdeführer nicht beigebracht worden waren (Tz. 11 des Berichtes). Der Beschwerdeführer ist dieser Feststellung nicht entgegengetreten. Er hat in seiner Gegenäußerung vom lediglich die bereits in seinen Steuererklärungen enthaltenen Beträge, für die er die in Rede stehende Umsatzsteuerbefreiung beansprucht hat, neuerlich beziffert. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer verfüge über Unterlagen, die geeignet seien, den vom Gesetz geforderten Ausfuhrnachweis zu erbringen, zutreffen oder nicht. Jedenfalls handelt es sich nämlich bei diesem Vorbringen um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (§ 41 VwGG).
Abschließend sei noch folgendes festgestellt:
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz bezog sich ausdrücklich nur auf Umsatzsteuer, sodaß der belangten Behörde zunächst auch nur in diesem Umfang Entscheidungskompetenz zukam. Die belangte Behörde hat jedoch die Äußerung des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom "Die Zurechnungen werden von mir selbstverständlich auch bei der Gewinnermittlung bekämpft" als neuerliche, wenn auch verspätet erhobene Berufung gegen die Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide gewertet und diese zurückgewiesen. Es kann auf sich beruhen, ob die belangte Behörde den zitierten Satz zutreffend als neuerliche Berufung gedeutet hat, zumal der Beschwerdeführer zu einem früheren Zeitpunkt ausdrücklich eine gegenteilige Prozeßerklärung abgegeben hat und ein "gewollter Widerruf" dieser Prozeßerklärung schon mit Rücksicht darauf unwahrscheinlich war, daß dem Beschwerdeführer weder Einkommensteuer noch Gewerbesteuer vorgeschrieben worden waren. Jedenfalls wurde der Beschwerdeführer aber durch die Zurückweisung der Berufung betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer in keinem subjektiven Recht verletzt.
Da der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt hat, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am