TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 21.02.1991, 90/09/0191

VwGH vom 21.02.1991, 90/09/0191

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , GZ 30/20-DOK/90,

betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1944 geborene Beschwerdeführer stand als Amtssekretär in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Finanzamt für den

n. Bezirk (Großbetriebsprüfungsabteilung).

Das Landesgericht R hatte den Beschwerdeführer mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom , 17 Vr 831/87, Hv 7/88, des Verbrechens der versuchten Erpressung unter Ausnützung einer Amtsstellung nach §§ 15, 144 Abs. 1 i.V.m.

§ 313 StGB und des Vergehens der Geschenkannahme nach § 304 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

In dem sich daran anschließenden sachgleichen Disziplinarverfahren hatte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen nach durchgeführter mündlicher Verhandlung den Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 1. Feber 1990 schuldig befunden, er habe vorsätzlich durch die gesetzwidrige Vornahme einer gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG von der Finanzstrafbehörde erster Instanz des Finanzamtes R angeordneten Betriebsprüfung bei dem Wäschereiunternehmer T und durch die im Zuge dieser Betriebsprüfung begangenen und gerichtlich abgeurteilten Straftaten in den Jahren 1975 bis Frühjahr 1987 unter Ausnützung seiner Amtsstellung den Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), zuwidergehandelt und dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 dieses Gesetzes begangen. Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 war über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt worden.

Die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt als Disziplinarbehörde zweiter Rechtsstufe gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom nach mündlicher Verhandlung der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die (zusätzliche) Verhängung einer Disziplinarstrafe deshalb als rechtswidrig bezeichnete, weil sich die Dienstpflichtverletzungen in der Verwirklichung der strafbaren Tatbestände erschöpften und die Höhe der Strafe und die Art der Strafbemessung mit dem Hinweis auf seinen gesundheitlichen Zusammenbruch bekämpfte, keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Erkenntnis. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, den Ausführungen des Beschwerdeführers zum Sachverhalt selbst käme im Disziplinarverfahren keine Bedeutung zu, weil die Disziplinarbehörde gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an die dem rechtskräftigen Urteil zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen gebunden sei. Was die Frage des sogenannten "disziplinären Überhanges" betreffe, so sei zu prüfen gewesen, ob sich die Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers in der Verwirklichung der gerichtlich strafbaren Tatbestände erschöpfen und daher eine zusätzliche disziplinarrechtliche Verfolgung i.S.d. § 95 Abs. 1 BDG 1979 nicht erforderlich erscheine, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Im Beschwerdefall habe das Strafgericht nur einen Teil des disziplinären Sachverhaltes, nämlich das Verbrechen der versuchten Erpressung und das Vergehen der Geschenkannahme abgeurteilt, den Gesichtspunkten, die den vom Beschwerdeführer begangenen Verfehlungen aus disziplinarrechtlicher Sicht ihr besonderes Gewicht verliehen, aber nicht Rechnung getragen. Der Beschwerdeführer habe nämlich durch sein Verhalten auch ihm obliegende Dienstpflichten, nämlich die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 verletzt, wobei bei der disziplinarrechtlichen Beurteilung insbesondere auf die entstandene Vertrauensschädigung und den Ansehensverlust Bedacht zu nehmen gewesen sei. Den Ausführungen des Beschwerdeführers, die Dienstpflichtverletzungen erschöpften sich in der Verwirklichung der gerichtlich strafbaren Tatbestände, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen, zumal mit der gerichtlichen Verurteilung in keiner Weise der Verletzung dienstlichen Interessen Rechnung getragen worden sei, deren Ahndung das Funktionieren der Verwaltung gewährleisten solle. Hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit der Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe nach § 95 Abs. 3 BDG 1979, die der Beschwerdeführer ebenso für nicht gegeben erachte, sei die belangte Behörde der Ansicht, daß allein der Umstand der Verhängung einer gerichtlichen Strafe nicht dazu führen könnte, das Erfordernis der Disziplinarstrafe zu verneinen. Vielmehr würde bei einer rein spezialpräventiven Betrachtungsweise ein vom Strafgericht verurteilter Beamter disziplinär unter Umständen günstiger behandelt werden als ein Beamter, bei dem dies nicht der Fall sei. Wesentliches Element der disziplinären Bestrafung sei demnach, auch der Schädigung dienstlicher Interessen Rechnung zu tragen, die im Falle des Beschwerdeführers durch die Beeinträchtigung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben eines Beamten gegeben erscheine. Der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt sei als erwiesen anzunehmen und er sei hiefür gemäß § 91 BDG 1979 disziplinär zur Verantwortung zu ziehen. Bei der Beurteilung der Straffrage sei die belangte Behörde davon ausgegangen, daß gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 grundsätzlich die Schwere der Dienstpflichtverletzung das Maß für die Höhe der Strafe bilde. Das disziplinär zu ahndende Fehlverhalten des Beschwerdeführers stelle sich als eine äußerst schwerwiegende Dienstpflichtverletzung dar, die den dienstlichen Interessen gravierend entgegenstehe. Von einem Prüfungsorgan sei im Interesse der Verwaltung größte Objektivität und Unbestechlichkeit zu erwarten. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, sei zu gewärtigen, daß die Verwaltung klaglos funktioniere. Ein Beamter des Prüfungsdienstes, der sich derart schwere Verfehlungen zu schulden kommen lasse, zerstöre das Vertrauen, das zwischen ihm und der Verwaltung bestehe, und werde daher für die Verwaltung untragbar. Die mit dem Verhalten des Beschwerdeführers verbundene tiefgreifende Vertrauensschädigung und der Ansehensverlust bewirkten nach Ansicht der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer nicht mehr weiter im öffentlichen Dienst verwendet werden könne. Die Entlassung sei - was ihre Auswirkungen betreffe - die schwerste Disziplinarstrafe gegen aktive Bedienstete und soll nur dann verhängt werden, wenn keine andere Strafart der Schwere der als erwiesen angenommenen Dienstpflichtverletzung entspreche. Naturgemäß komme hier zum Unterschied von anderen Strafmitteln keine Erziehungsfunktion in bezug auf den Beschuldigten in Betracht, sondern es sei die Entlassung als Instrument des sogenannten "Untragbarkeitsgrundsatzes" zu sehen. Zweck dieser Strafe sei, daß sich die Dienstbehörde von einem untragbar gewordenen Bediensteten unter Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses trennen könne. Dem in der Berufung gestellten Antrag, auch eine geringere Disziplinarstrafe würde den spezialpräventiven Gesichtspunkten, den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, gerecht werden, habe somit nicht gefolgt werden können. An dieser Beurteilung könnten auch die erkennbaren Milderungsgründe nichts ändern. Der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes folgend, sei die belangte Behörde der Meinung, daß bei Vorliegen besonders schwerwiegender Dienstvergehen und der daraus entstehenden gravierenden Nachteile für den Dienstgeber andere Kriterien, so etwa das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers, für die Strafbemessung nicht ausschlaggebend sein könnten (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/09/0079).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Disziplinarakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Nichtverhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung verletzt.

Die bekämpfte Disziplinarstrafe der Entlassung des Beschwerdeführers ist auf die oben dargestellte rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung gestützt.

Wird von einer Verfolgung nach § 95 Abs. 1 BDG 1979 mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht abgesehen, dann ist nach der Anordnung des § 95 Abs. 3 BDG 1979, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Disziplinarstrafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Diese Bestimmung regelt die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine der im § 92 Abs. 1 Z. 1 bis 4 BDG 1979 abschließend aufgezählten Disziplinarstrafen auch dann noch ausgesprochen werden darf, wenn gegen den Beamten zuvor wegen desselben Sachverhaltes (Tatidentität) eine gerichtliche Strafe verhängt worden war.

Die Richtlinien, nach denen bei der Strafbemessung vorzugehen ist, enthält § 93 Abs. 1 BDG 1979, wonach das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Bei der Strafbemessung ist nach der oben wiedergegebenen Gesetzesbestimmung des § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 vor allem die Schwere der Dienstpflichtverletzung, insbesondere die Bedeutung der verletzten Pflicht, entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgeblich, in welchem objektiven Ausmaß gegen (Standes- oder) Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird (vgl. das zur DP ergangene Erkenntnis VwSlg. 8853/A).

Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes (VwSlg. 10060/A). Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine solche Unvereinbarkeit lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, in die ohnehin auch jeder Straftäter gehört, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis.

Im vorliegenden Falle hat die belangte Behörde, die gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an die dem Spruch eines rechtskräftigen Strafurteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen gebunden ist, nach der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zu einem wesentlichen Grade die Auswahl der Strafart, nämlich die Entlassung, darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer durch das vom Schuldspruch 1. erfaßte Verhalten für die Dienstbehörde untragbar geworden sei (sogenannter "Untragbarkeitsgrundsatz" vgl. aus der bisherigen Judikatur unter Berücksichtigung der Stellung des jeweiligen Beschwerdeführers und den Umständen des Falles VwSlg. 10008/A:

schwerer Betrug nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB; VwSlg. 10027/A: Vergehen der Verleumdung von Kollegen nach § 297 Abs. 1 StGB; VwSlg. 10060/A: Mißbrauch der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und Vergehen des teils versuchten und teils vollendeten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 15 StGB; VwSlg. 10910/A: Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den §§ 209 und 15 StGB sowie Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB; VwSlg. 11385/A:

Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB; VwSlg. 11873/A: Vergehen des schweren Betruges nach § 146 und § 147 Abs. 2 StGB; VwSlg. 12.256/A: Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB; Erkenntnis vom , Zl. 86/09/0220: Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 87/09/0208: Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs. 2 StGB und Vergehen der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach § 289 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 86/09/0178: Vergehen der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB und Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 und 105 Abs. 1 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 89/09/0017: Vergehen der Geschenkannahme nach § 304 Abs. 1 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 89/09/0092: Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 86/09/0200: Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB, Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und Vergehen der Sachbeschädigung nach § 84 Abs. 1 StGB und Erkenntnis vom , Zl. 90/09/0088: Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB).

Der von der Rechtsprechung des erkennenden Senates in den oben dargestellten Fällen angewandte Maßstab für die objektive Untragbarkeit eines Beamten stellt darauf ab, daß die allein durch den Unrechtsgehalt der Pflichtverletzung begründete Gefährlichkeit des Beamten so groß ist, daß auch eine günstige Persönlichkeitsprognose, d.h. eine geringe Wiederholungsgefahr, nicht mehr das Verbleiben des Beamten im Dienst rechtfertigen kann. Hat diese Gefährlichkeit ein solches Ausmaß erreicht, daß im Interesse der sachgerechten Funktionserfüllung dem Dienstgeber eine Weiterbeschäftigung des Beamten nicht mehr zugemutet werden kann, dann ist es nicht rechtswidrig, über ihn die Höchststrafe, nämlich die Disziplinarstrafe der Entlassung, zu verhängen.

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, das Verhalten des Beschwerdeführers habe das Vertrauen der Allgemeinheit gegen öffentlich Bedienstete derart erschüttert, daß es nicht wieder herzustellen ist, und hat angenommen, daß ein Weiterbelassen des Beschwerdeführers im Dienst daher nicht mehr zu rechtfertigen sei. Dieser Rechtsansicht pflichtet der Verwaltungsgerichtshof bei dem im Beschwerdefall unbestrittenermaßen gegebenen Sachverhalt bei. Die Finanzverwaltung ist auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit gerade ihrer Betriebsprüfer in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Betriebsprüfers, der noch dazu im Außendienst tätig ist, nicht möglich ist. Das Abgabenverfahren insgesamt und das Betriebsprüfungsverfahren insbesondere ist auf ein Zusammenwirken zwischen Abgabenbehörde und Abgabepflichtigen angelegt. Darum fordert auch die Verpflichtung des Betriebsprüfers zu Neutralität und Objektivität, daß der Prüfungsstil nicht auf Konfrontation, sondern auf Kooperation und Offenheit angelegt ist. Wer sich als Beamter über die hiernach aus leicht erkennbarer Notwendigkeit begründete Pflicht zur Vertrauenswürdigkeit aus materiell eigennützigen Gründen hinwegsetzt, beweist damit ein so hohes Maß an Pflichtvergessenheit und Vertrauensunwürdigkeit, daß er mit der Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses rechnen muß. Dies deshalb, weil die Unbestechlichkeit eines Beamten zu den unabdingbaren Voraussetzungen für eine geordnete Amtstätigkeit gehört (vgl. dazu VwSlg. 10.007/A und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/09/0017). Dies hat umsomehr dann zu gelten, wenn ein Beamter der Steuerprüfung einen Abgabenpflichtigen vorsätzlich zur Herausgabe eines Geldbetrages in Höhe von S 200.000,-- als Gegenleistung für sein eigenes pflichtwidriges Verhalten zu nötigen versucht, um sich hiedurch unrechtmäßig zu bereichern.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer zunächst, im angefochtenen Bescheid komme zu Unrecht zum Ausdruck, daß er bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde durch einen Rechtsanwalt "vertreten" gewesen sei.

Dieses Vorbringen vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil der Beschwerdeführer nach Ausweis der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom (§ 124 Abs. 13 BDG 1979) ohne seinen durch Vollmacht ausgewiesenen Rechtsfreund erschienen ist und ausdrücklich erklärt hat, daß er ohne Rechtsanwalt, den er sich nicht mehr leisten könne, verhandeln möchte. Dies hatte zur Folge, daß der Beschwerdeführer während der gesamten Berufungsverhandlung als sich selbst verteidigend i.S.d. § 107 Abs. 1 BDG 1979 anzusehen ist.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer weiters darin, daß der erkennende Berufungssenat nicht in jener Zusammensetzung entschieden habe, die ihm in der Ladung vom bekanntgegeben worden sei und er auch von seinem Ablehnungsrecht nach § 124 Abs. 3 BDG 1979 nicht habe Gebrauch machen können. Dem ist entgegenzuhalten, daß nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens die dem Rechtsfreund des Beschwerdeführers am zugestellte Ladung zur mündlichen Verhandlung vom jene Senatszusammensetzung enthält, in der auch in der Folge entschieden wurde. Von seinem im § 124 Abs. 3 BDG 1979 normierten Ablehnungsrecht hat der Beschwerdeführer im übrigen nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens zu Beginn der für angesetzt gewesenen mündlichen Verhandlung Gebrauch gemacht, die in der Folge auf unbestimmte Zeit vertagt werden mußte.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen, welche die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung nicht als rechtswidrig erkannen lassen, kommt der weiteren Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die ihr obliegenden Pflichten zur materiellen Wahrheitsfindung und zur hinreichenden Begründung verletzt, jedenfalls nicht die erforderliche Wesentlichkeit für die Entscheidungsfindung zu.

Zu dem letztlich in der Beschwerdeergänzung vom gestellten Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 73/89, mit welchem § 268 ZPO als verfassungswidrig aufgehoben worden war, beim Verfassungsgerichtshof eine Überprüfung des § 95 Abs. 2 BDG 1979 "einleiten", ist auszuführen, daß beim Verwaltungsgerichtshof deshalb keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des § 95 Abs. 2 BDG 1979, wonach die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis) gebunden ist, bestehen, weil das die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers einengende Verfassungsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK auf ein rechtliches Gehör, welches einzig und allein rechtlicher Maßstab für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes war, nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR (EuGRZ 1978, 406 und 1979, 267; NJW 1979, 477) und der EKMR (Entscheidung vom über die Beschwerde Nr. 12873/87 gegen Österreich, ÖJZ 1990, 126) im Disziplinarverfahren gegen Beamte nicht anwendbar ist. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung lehnt der Verfassungsgerichtshof die Behandlung von an ihn unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 MRK herangetragenen Beschwerden grundsätzlich ab (vgl. hiezu in jüngster Zeit die Beschlüsse je vom , Zl. B 1464/88 und Zl. B 189/89). Im übrigen war bei dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes maßgebend, daß die Bindung auch gegenüber einem nicht am Verfahren Beteiligten zum Tragen gekommen war, dieser also nicht die Möglichkeit entsprechenden rechtlichen Gehörs hatte. Dies trifft im Beschwerdefall jedenfalls auf den Beschwerdeführer, der im gerichtlichen Straf- und im anschließenden Disziplinarverfahren hinreichende Verteidigungsmöglichkeiten hatte, nicht zu.

Dazu kommt, daß diese Bindungswirkung im Disziplinarverfahren nicht bloß aus der Bestimmung des § 95 Abs 2 erster Satz BDG 1979, sondern aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft überhaupt folgt, wie sie unanfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen eigen ist. Diese Bestimmung dient den rechtsstaatlichen Anliegen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, weil durch die grundsätzliche Bindungswirkung sichergestellt werden soll, daß zu einem sachgleichen historischen Geschehensablauf nicht unterschiedliche tatsächliche Feststellungen in verschiedenen Verfahren rechtskräftig getroffen werden. Das gerichtliche Strafverfahren ist mit den strengsten rechtsstaatlichen Garantien ausgestattet; das gilt in besonderem Maße für das Zustandekommen der tatsächlichen Feststellungen. Deshalb muß auch gemäß § 114 Abs. 1 BDG 1979 das Disziplinarverfahren unterbrochen und der Ausgang eines sachgleichen Strafverfahrens abgewartet werden, womit zugleich das Ziel verfolgt wird, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Die Disziplinarkommissionen können keine Überprüfungsinstanz für gerichtliche Strafurteile darstellen.

Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung vom , BGBl. Nr. 206.