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VwGH vom 16.03.1994, 93/13/0213

VwGH vom 16.03.1994, 93/13/0213

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom , GZ. 6/3-3192/93-01, betreffend Gewerbesteuer 1985 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Gewerbesteuer 1985 und 1986 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines privaten Kindergartenbetriebes. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung erließ das Finanzamt unter Bezugnahme auf § 187 BAO Bescheide über die Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für 1985 bis 1989. Gleichzeitig ergingen Gewerbesteuerbescheide ebenfalls für die Jahre 1985 bis 1989.

In einem von einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft verfaßten Schriftsatz vom wurde als Gegenstand der Eingabe "Berufung gegen die Gewerbesteuerbescheide 1985 bis 1989" angeführt. Die ersten beiden Absätze der Eingabe hatten folgenden Wortlaut:

"Als die mit der Steuervollmacht des Herrn Prof. Richard W. ausgestatteten Vertreter bringen wir innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist das Rechtsmittel der Berufung gegen die Gewerbesteuerbescheide 1985, 1986, 1987, 1988 und 1989 vom , zugestellt am , mit nachfolgender Begründung ein:

Die mit dieser Berufung bekämpften Gewerbesteuerbescheide 1985 - 1989 wurden auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung im Betriebsprüfungsverfahren über die Jahre 1985 - 1989 mit der Begründung erlassen, daß der Abgabenpflichtige, Herr Prof. Richard W., nicht überwiegend unmittelbar erzieherisch tätig gewesen sei."

Nach umfangreichen Einwendungen gegen die von der Abgabenbehörde vorgenommene Qualifikation der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb wurde im Schlußsatz der Berufung ausgeführt:

"Auf Grund des dargelegten Sachverhalts ersuchen wir daher um Aufhebung der vom Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung erlassenen Gewerbesteuerbescheide 1985 - 1988 und Ansetzung einer mündlichen Berufungsverhandlung gem. § 284 BAO."

Die Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung unter Bezugnahme auf § 252 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung. In dieser Eingabe wurde die Meinung vertreten, aus dem Wortlaut der Berufung gehe hervor, daß sich diese auch gegen die Feststellungsbescheide richtete. Überdies wurde vorgebracht, daß sich hinsichtlich der Jahre 1979 bis 1984 ein vortragsfähiger Verlust aus Gewerbebetrieb von insgesamt


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S 2,333.698,-- ergeben habe. Diese Fehlbeträge seien mit den durch die Betriebsprüfung für die Jahre 1985 und 1986 ermittelten Gewerbeerträgen zu verrechnen. Alle vier Voraussetzungen für die Vortragsfähigkeit der Verluste
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Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, Nichterschöpfung des Vortragszeitraumes, Subjektsidentität und Objektsidentität - seien hinsichtlich dieser Verluste gegeben.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde beschränkte sich darauf, in der Begründung auf die Bestimmung des § 252 Abs. 1 BAO hinzuweisen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich zunächst in seinem Recht verletzt, eine "sachliche Entscheidung über seine, auch gegen die Feststellungsbescheide der Jahre 1985 - 1989, gerichtete Berufung" zu erhalten. Hierauf ist zu erwidern: Bei der Beurteilung von Anbringen kommt es zwar nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel, eines Parteischritts an. Bei einem eindeutigen Inhalt des Anbringens ist aber eine davon abweichende, nach außen auch andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/13/0127). Im Beschwerdefall ist die von einem befugten Parteienvertreter verfaßte Berufung sowohl durch die Bezeichnung im Rubrum als auch im Einleitungs- und im Schlußsatz des Schriftsatzes in völliger Klarheit und Deutlichkeit ausschließlich gegen die Gewerbesteuerbescheide 1985 bis 1989 gerichtet. Eine dem Beschwerdeführer allenfalls vorschwebende Umdeutung des Urkundeninhaltes kommt daher nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es dabei auch auf den Inhalt des "Vorlageantrages" (richtig: Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz) nicht an, weil ein solcher Antrag lediglich bewirkt, daß die Berufung selbst wiederum als unerledigt gilt.

Überdies verkennt der Beschwerdeführer, daß die von ihm geltend gemachte Rechtsverletzung nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit der im Instanzenzug ergangenen Gewerbesteuervorschreibung zu erweisen. Solange nämlich die Feststellungsbescheide dem Rechtsbestand angehören, ist ihr Inhalt zwingende Grundlage der abgeleiteten Bescheide (vgl. das auch vom Beschwerdeführer zur Stützung seines Standpunktes herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/13/0193). Mit anderen Worten gesagt, würde dann, wenn dem Beschwerdeführer in seiner Meinung, es liege eine Berufung gegen die Feststellungsbescheide 1985 bis 1989 vor, zuzustimmen wäre, eine letztinstanzliche und damit vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfbare Entscheidung der Abgabenbehörde (noch) nicht vorliegen, sodaß eine Beschwerdelegitimation hinsichtlich der Gewinnfeststellung nicht gegeben wäre.

Hingegen macht der Beschwerdeführer der belangten Behörde zu Recht den Vorwurf, daß sie im angefochtenen Bescheid keine Entscheidungsgründe für die Versagung von Fehlbeträgen angeführt hat. Obgleich sowohl im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz als auch - nach einem Vorhalt der diesbezüglichen Stellungnahme der Betriebsprüferin - in einem die Berufung ergänzenden Schriftsatz umfangreiche Ausführungen über das Begehren um Anerkennung von Fehlbeträgen im Sinne des § 6 Abs. 2 GewStG 1953 bei Ermittlung der Gewerbeerträge für 1985 und 1986 enthalten waren, blieb dieses Berufungsbegehren im angefochtenen Bescheid unerwähnt. Die Nachholung der Begründung in der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift - die im übrigen mangels Vorlage der Bezug habenden Akten der Verlustjahre an den Verwaltungsgerichtshof nicht nachprüfbar ist - ersetzt dabei nicht die Verpflichtung der Behörde, den Bescheid zu begründen. Durch diese Begründungslücke kann aber der angefochtene Bescheid - soweit darin über die Streitjahre 1985 und 1986 abgesprochen worden ist - nicht auf seine Gesetzmäßigkeit überprüft werden. Die belangte Behörde hat damit aber Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Soweit im angefochtenen Bescheid über Gewerbesteuer 1985 und 1986 entschieden wurde, war er somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. I Z. A 1., wonach der Schriftsatzaufwand S 11.120,-- beträgt. Da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen ist, war als Ersatz der Beilagengebühr nur ein Betrag von S 30,-- zuzusprechen.