VwGH vom 21.07.1998, 98/14/0029
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der P GmbH & Co KG in P, vertreten durch DDr. Heinz Mück, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 2/13/1-BK/Hd-1992, betreffend u.a. einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine gewerblich tätige GmbH & Co KG. Zu ihren Kommanditisten gehören u.a. Andreas, Judith und Bernhard P, die Kinder von Susanne P. Susanne P war das bis zum (Tag der Volljährigkeit des jüngsten Kindes) befristete Fruchtgenußrecht an den Kommanditanteilen ihrer Kinder eingeräumt; sie war auch als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH tätig, war aber nicht Gesellschafterin der Beschwerdeführerin. Der Gewinn der Beschwerdeführerin wird nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 30. Juni ermittelt.
Im Zuge einer die Veranlagungsjahre 1987 bis 1989 umfassenden Buch- und Betriebsprüfung traf die Prüferin die Feststellung, es sei vom Gewinnanteil der Susanne P der Jahre 1984 bis 1986 eine Rücklage für nichtentnommenen Gewinn gemäß § 11 EStG 1972 gebildet worden, mit Wegfall des Fruchtgenußrechtes im Wirtschaftsjahr 1986/87 sei die Rücklage (S 518.214,--) aufzulösen und dem Gewinnanteil der Susanne P zuzuschlagen.
Die Beschwerdeführerin berief gegen die aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1987 bis 1989. Neben anderen, für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht relevanten Streitpunkten betrifft die Berufung die gewinnerhöhende Auflösung der auf Susanne P entfallenden Rücklage nach § 11 EStG 1972. Die Kommanditanteile der Kinder sowie die entsprechenden Einkünfte seien in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Susanne P zugerechnet worden, diese sei sohin steuerlich als Gesellschafterin behandelt worden. Der Vertrag über die Bestellung bzw. über das Erlöschen des Fruchtgenußrechtes besage, daß dieses Recht mit der Volljährigkeit des jüngsten Kindes erlösche. Der Vertrag sehe somit einen unentgeltlichen Übergang auf die Kinder vor. In steuerlicher Hinsicht liege eine unentgeltliche Übertragung eines Betriebes (Mitunternehmeranteile) im Sinne des § 11 Abs. 6 EStG 1972 vor, sodaß die Rechtsnachfolger die Rücklage zu übernehmen und fortzuführen hätten. Eine Auflösung der Rücklage in der Bilanz zum sei nicht möglich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zum Gewinnanteil der Susanne P für das Veranlagungsjahr 1987 wird ausgeführt: Der Fruchtnießer eines Anteiles an einer gewerblichen Personengesellschaft beziehe in der Regel Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der "Betrieb" der Susanne P sei das Fruchtgenußrecht am Kommanditanteil ihrer Kinder. Das Fruchtgenußrecht sei mit der Volljährigkeit des jüngsten Kindes erloschen, damit habe der "Betrieb-Fruchtgenuß" zu bestehen aufgehört. Von einer "Rechtsnachfolge" von Susanne P an ihre Kinder als Kommanditisten könne nicht die Rede sein. Ein Kommanditist könne hinsichtlich seines eigenen Kommanditanteiles nicht die Rechtsstellung eines Rechtsnachfolgers einnehmen.
Gegen diesen Bescheid, soweit er 1987 betrifft, wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 11 Abs. 6 EStG 1972 vorletzter und letzter Satz lauten:
"Wird ein Betrieb unentgeltlich übertragen, so hat der Rechtsnachfolger die Rücklage in seine Eröffnungsbilanz zu übernehmen (§ 6 Z. 9); in diesem Fall sind die vorstehenden Bestimmungen auf den Rechtsnachfolger anzuwenden. Wird ein Betrieb veräußert oder aufgegeben, so sind die steuerfrei gebildeten Rücklagen für diesen Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen."
Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der wirtschaftlich über die Einkunftsquelle disponieren und so die Art der Nutzung bestimmen kann. Einer Person ist dann ein Anteil am Gewinn einer Mitunternehmerschaft zuzurechnen, wenn ihr die Stellung eines Mitunternehmers im Sinn des § 23 Z. 2 EStG zukommt. Die wesentlichen Elemente eines Mitunternehmers sind die Übernahme eines Unternehmerrisikos und das Entwickeln einer Unternehmerinitiative (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0192).
Das Unternehmerrisiko besteht im wesentlichen in der Haftung für Gesellschaftsschulden, der Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und am Firmenwert (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 95/15/0192 mwH).
Beim Fruchtgenußberechtigten liegt in der Regel nur ein eingeschränktes Unternehmerrisiko vor, weil die eingesetzten Wirtschaftsgüter nicht in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehen. Die Zurechnung von Einkünften an ihn hat daher zur Vorausetzung daß die anderen Elemente eines Mitunternehmers umso ausgeprägter vorliegen.
Im gegenständlichen Fall gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß Susanne P bis zum Wirtschaftjahr 1986/87 ein Anteil des Gewinnes der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. Aufgrund der Aktenlage bietet sich für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlaß zu Zweifeln an der Mitunternehmerstellung von Susanne P (bis zum Wirtschaftsjahr 1986/87).
Der Bestellung eines Fruchtgenußrechtes an einem Betrieb kommt Ähnlichkeit mit der Verpachtung eines Betriebes zu. Zwar setzt der Pächter im Rahmen seiner Gewinnermittlung den Pachtzins als Betriebsausgabe ab und hat der Verpächter die Pachteinnahmen einkommensteuerlich zu erfassen, während derjenige, dem unentgeltlich ein Fruchtgenußrecht eingeräumt ist, keine entsprechenden Betriebsausgaben und der Fruchtgenußbesteller keine Einkünfte ansetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/13/0006
Slg. Nr. 6724/F). Im einen wie im anderen Fall werden aber vom Berechtigen betriebliche Einkünfte aus der Bewirtschaftung eines fremden Betriebes erzielt. Die betriebliche Tätigkeit des Pächters wie auch jene des Fruchtgenußberechtigten findet mit dem Auslaufen des jeweiligen Rechtsverhältnisses ihr Ende. Es kommt dabei aber nicht zu einer Betriebsübergabe an den Eigentümer des Betriebes (im Sinn des § 6 Z. 9 EStG), weil diesem das wirtschaftliche Eigentum am Betrieb niemals abhanden gekommen ist. Vielmehr liegt eine Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des Berechtigten vor. Entsprechendes gilt bei Einräumung eines solchen Fruchtgenußrechtes an einem Gesellschaftsanteil, das zu Einkünften beim Berechtigten führt.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist sohin in der Beendigung des Fruchtgenußverhältnisses keine unentgeltliche Betriebsübertragung (Übertragung eines Mitunternehmeranteiles) zu erblicken. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Beendigung des Fruchtgenußverhältnisses aus der Sicht der Fruchtgenußberechtigten als Aufgabe ihrer betrieblichen Tätigkeit angesehen und die entsprechenden, in § 11 Abs. 6 letzter Satz EStG 1972 vorgesehenen steuerlichen Konsequenzen gezogen hat. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.