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VwGH vom 21.02.1991, 90/09/0181

VwGH vom 21.02.1991, 90/09/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , GZ 50/6-DOK/90, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die unter Punkt 2. im Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerim für Finanzen vom umschriebene Dienstpflichtverletzung und die Diziplinarstrafe der Entlassung bestätigt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen (Bestätigung des Schuldspruches 1.) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1951 geborene Beschwerdeführer stand als Bezirksinspektor der Zollwache in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Hauptzollamt K.

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Landesgericht K den Beschwerdeführer mit Urteil vom , 35 EVr 2762/88, 35 EHv 103/88, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Nach den Feststellungen des - vom Oberlandesgericht B mit Urteil vom , 9 Bs 65/89, im Schuldspruch bestätigten - Strafurteiles war der Schuldspruch deshalb erfolgt, weil der Beschwerdeführer am in K den Robert Z vorsätzlich durch Versetzen eines Schlages in das Gesicht, was einen Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchstücke und Nasenbluten, also eine an sich schwere Körperverletzung, zur Folge gehabt hatte, am Körper verletzt hatte. Er war hiefür nach dem § 84 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Tage) verurteilt worden. Der Strafausspruch war von der Berufungsinstanz dahin abgeändert worden, daß die Höhe des einzelnen Tagessatzes (von 350 S) auf 100 S herabgesetzt und weiters ausgesprochen wurde, daß unter zusätzlicher Anwendung der §§ 43 Abs. 1, 43a Abs. 1 StGB ein Teil der Geldstrafe, und zwar 60 Tagessätze unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werde.

In dem sich daran anschließenden Disziplinarverfahren würdigte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen auf Grund ihrer Bindung an die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen dieses vom strafgerichtlichen Schuldspruch erfaßte Verhalten in disziplinärer Hinsicht als eine Verletzung der Dienstpflichten iSd § 43 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) und erkannte den Beschwerdeführer weiters schuldig, er habe einer Ladung, vor dem Spruchsenat beim Zollamt K im Zusammenhang mit einer von ihm bearbeiteten Finanzstrafsache als Zeuge auszusagen, nicht Folge geleistet. Dadurch habe er gegen die in § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 iVm § 102 Abs. 1 FinStrG normierten Pflichten verstoßen. Die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe verhängte über den Beschwerdeführer nach durchgeführter mündlicher Verhandlung mit Erkenntnis vom gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 dieses Gesetzes die Disziplinarstrafe der Entlassung.

Die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt als Disziplinarbehörde zweiter Rechtsstufe gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom nach mündlicher Verhandlung der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Annahme von Dienstpflichtverletzungen deshalb als rechtswidrig bezeichnete, weil in bezug auf die strafgerichtlich abgeurteilte Handlung kein "disziplinärer Überhang" iSd § 95 Abs. 1 BDG 1979 vorliege und in dem Nichtfolgeleisten einer vom Spruchsenat als Organ der Finanzstrafbehörde erster Instanz angeordneten Zeugenvorladung begrifflich keine Verletzung von Dienstpflichten gelegen sein könne, sowie den Eintritt der Verjährung geltend machte und die Höhe der Strafe und die Art der Strafbemessung bekämpfte, keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Erkenntnis. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, zum Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verjährungsfrage, wonach der Verhandlungsbeschluß weit außerhalb der sechsmonatigen Frist gefaßt worden sei, sei zunächst darauf hinzuweisen, daß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 lediglich bestimme, daß innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt sei, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet werden müsse, um den Eintritt der Verjährung auszuschließen. Eine Erlassung des Einleitungsbeschlusses nach Ablauf dieser gesetzlichen Frist sei auch vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet worden. Was den Verhandlungsbeschluß anlange, so bestehe keine gesetzliche Verpflichtung, diesen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu fassen. Vielmehr handle es sich beim Disziplinarverfahren um eine von Amts wegen durchzuführendes Verfahren, sodaß die Behörde grundsätzlich auch eine Entscheidungspflicht nach § 73 AVG 1950 - ausgenommen den hier nicht gegebenen Fall, daß der Beschuldigte die Einstellung des Verfahrens beantragt habe - nicht treffen könne. Bei der Beurteilung des sogenannten "disziplinären Überhanges", dessen Vorliegen der Beschwerdeführer beim Schuldspruch 1. in Abrede stelle, habe die belangte Behörde zu prüfen gehabt, ob sich die Dienstpflichtverletzung des Beschwerdeführers in der Verwirklichung des gerichtlich strafbaren Tatbestandes erschöpfe und daher die zusätzliche disziplinarrechtliche Verfolgung iSd § 95 Abs. 1 BDG 1979 nicht erforderlich erscheine, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Im vorliegenden Falle habe das Strafgericht nur einen Teil des disziplinären Sachverhaltes, nämlich das Vergehen der schweren Körperverletzung abgeurteilt, den Gesichtspunkten, die den vom Beschwerdeführer begangenen Verfehlungen aus disziplinarrechtlicher Sicht ihr besonderes Gewicht verliehen, aber nicht Rechnung getragen. Der für die disziplinäre Verfolgung wesentliche Gesichtspunkt, das Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, werde bei der Verhängung einer gerichtlichen Strafe in keiner Weise berücksichtigt, weil das Verhalten des beschuldigten Beamten hiebei nur an jenen Maßstäben gemessen werde, die für alle Normunterworfenen zu gelten hätten. Daraus folge aber, daß gerichtliche Verurteilungen in jenen Fällen, in denen das strafbare Verhalten zugleich eine Verletzung des im § 43 Abs. 2 BDG 1979 geregelten Tatbestandsmerkmales des "Vertrauens der Allgemeinheit" beinhalte, dem mit der Disziplinarstrafe verfolgten Zweck, den Beamten an die ihm auf Grund seines Beamtenstatus obliegenden besonderen Pflichten zu mahnen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, nicht miterfüllen und daher objektiv auch nicht die mit der Disziplinarstrafe beabsichtigte Wirkung auf den betroffenen Beamten entfalten könne (VwSlg. 12256/A). Das Vorbringen des Beschwerdeführers habe hinsichtlich der näheren Umstände der Tatbegehung (provokatives Verhalten durch das Opfer) oder der Persönlichkeit des Beschwerdeführers (bisherige korrekte Dienstverrichtung, langjährige Dienstzeit) eine Änderung der Beurteilung des "disziplinären Überhanges" nicht bewirken können. Hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit der Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe nach § 95 Abs. 3 BDG 1979 sei die belangte Behörde der Ansicht, daß allein der Umstand der Verhängung einer gerichtlichen Strafe nicht dazu führen könne, das Erfordernis der Disziplinarstrafe zu verneinen. Vielmehr würde bei einer rein spezialpräventiven Betrachtungsweise ein vom Strafgericht verurteilter Beamter disziplinär unter Umständen günstiger behandelt werden als ein Beamter, bei dem dies nicht der Fall sei (VwSlg. 10.008/A). Wesentliches Element der disziplinären Bestrafung sei demnach, auch der Schädigung dienstlicher Interessen Rechnung zu tragen, die im Falle des Beschwerdeführers durch die Beeinträchtigung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten gegeben erscheine. Den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstand, daß das Strafgericht bereits auf seine Beamteneigenschaft Bedacht genommen habe, sei entgegenzuhalten, daß dies, wie aus dem obzitierten Urteil des Oberlandesgerichtes B ersichtlich sei, nur bei den Erwägungen über die Zuerkennung der bedingten Strafnachsicht, nicht aber bei der Strafbemessung selbst erfolgt sei. Eine unzulässige Doppelbestrafung liege damit nicht vor. Hinsichtlich des Schuldspruches 2. sei, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, den Berufungsausführungen insofern beizutreten, als ein provokatives Verhalten des Beschwerdeführers infolge der Unterlassung diesbezüglicher Zeugenvernehmungen im Verfahren vor der Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe nicht als erwiesen angenommen werden könne. Die belangte Behörde hielt eine entsprechende Ergänzung des Beweisverfahrens aber für entbehrlich, zumal einerseits das provokative Verhalten des Beschwerdeführers nicht Gegenstand der Anschuldigung im Spruch des Erkenntnisses sei, anderseits aber die Tatsache des Nichterscheinens des Beschwerdeführers vor dem Spruchsenat beim Zollamt K - somit der Umfang der disziplinären Anschuldigung - unbestritten geblieben sei. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe auf die Ladung vergessen, erscheine aber nicht geeignet, ihn zu exkulpieren, zumal einen Beamten bei Erfüllung seiner Zeugenpflicht über die Wahrnehmung dienstlicher Vorgänge eine besondere Sorgfaltsverpflichtung treffe. Ein Beamter, der einfach auf den Termin einer Zeugenladung vergesse, erfülle diese besondere Verpflichtung jedenfalls nicht. Wenn hiebei auch nur ein geringer Grad des Verschuldens, nämlich Fahrlässigkeit, vorliegen könne, sei dennoch zufolge der Bestimmung des § 91 BDG 1979 eine disziplinäre Verfolgung zulässig. Zweifelsfrei gehöre die Ablegung einer Zeugenaussage über dienstliche Wahrnehmungen zu den dem Beamten obliegenden Dienstpflichten, zumal er hiebei als Beamter und als Organ jener Behörde auftrete, der er angehöre, sodaß auch der Einwand, das Verhalten des Beschwerdeführers könne nicht der Bestimmung des § 43 Abs. 1 BDG 1979 unterstellt werden, ins Leere gehen müsse. Ebenso versage die Argumentation, daß der Spruchsenat nicht als Dienstbehörde des Beschwerdeführers anzusehen sei. In diesem Falle komme es keineswegs darauf an, welche Behörde für die Ausfolgung der Zeugenladung verantwortlich sei, sondern daß der Beschwerdeführer in seiner Funktion als Beamter und als Organ des Zollamtes K zu einer Aussage verhalten worden sei. Aus diesen Gründen sei der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich beider Schuldsprüche der Erfolg zu versagen und der Beschwerdeführer hiefür gemäß § 91 BDG 1979 disziplinarrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Bei der Beurteilung der Straffrage sei, so führte die belangte Behörde abschließend aus, davon auszugehen, daß die unter Punkt 1. des Schuldspruches angeführte Dienstpflichtverletzung als die weitaus schwerwiegendere anzusehen sei, nach der gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe zu bemessen gewesen sei, wobei die weitere Verfehlung erschwerend gewirkt habe. Die dem Beschwerdeführer unter Punkt 1. zur Last gelegte und als erwiesen anzunehmende Dienstpflichtverletzung stelle zweifelsfrei eine besonders schwerwiegende und verwerfliche Verfehlung dar, zumal er damit ein Vorsatzdelikt gegen das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit begangen habe. Er habe hiedurch zweifelsfrei zu erkennen gegeben, daß er sich über strafgesetzlich geschützte Werte leichtfertig hinwegsetze. Hinzu komme noch, daß der Beschwerdeführer die strafbare Handlung in Ausübung seines Dienstes gegenüber einer dienstlich mit ihm in Kontakt tretenden Person gesetzt habe. Derartige Übergriffe würden keineswegs zu Unrecht als besonders verwerflich beurteilt, insbesondere wenn man das Abhängigkeitsverhältnis des Opfers in Betracht ziehe. Bedenklich erschiene überdies, daß der Beschwerdeführer sich schon auf Grund einer relativ geringfügigen Provokation zu dem inkriminierten Verhalten hinreißen habe lassen. Hieraus sei zu schließen, daß ihm jenes besondere Maß an Selbstkontrolle fehle, das von einem Angehörigen eines bewaffneten Exekutivkörpers verlangt werden müsse. Durch dieses Verhalten habe der Beschwerdeführer das zwischen ihm und der Verwaltung bestehende Vertrauensverhältnis nachteilig beeinträchtigt und sowohl sein eigenes Ansehen, als auch das der Beamtenschaft im allgemeinen und seines Exekutivkörpers im besonderen schwerstens beeinträchtigt. Gerade ein Exekutivbeamter benötige aber zur Ausübung seines schwerwiegenden Dienstes die Achtung und die Unterstützung der Bevölkerung. Auch aus diesen Überlegungen heraus sei das Verhalten des Beschwerdeführers scharf zu mißbilligen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; von der ihr eingeräumten Möglichkeit, zur Beschwerde eine Gegenschrift zu erstatten, machte sie keinen Gebrauch.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 91 ff BDG 1979, insbesondere der §§ 93 bis 95 dieses Gesetzes disziplinär schuldig gesprochen und mit der Disziplinarstrafe der Entlassung belegt zu werden, durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, nach § 27 Abs. 1 StGB sei mit der durch ein inländisches Gericht erfolgten Verurteilung wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bei einem Beamten der Verlust des Amtes verbunden. Korrespondierend bestimme § 20 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979, daß damit auch das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis ende. Es sei daher nur in diesem Fall keine weitere Prüfung vorzunehmen, ob die zugrundeliegende Verfehlung die Auflösung des Dienstverhältnisses rechtfertige. Gehe es um eine Verfehlung ohne derartige strafgerichtliche Verurteilung, so habe sich die Disziplinarbehörde der individuellen Sachverhaltsklärung und Wertung zu unterziehen. Es stelle daher auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit dar, wenn sich die belangte Behörde dieser auf den konkreten Einzelfall abgestellten Beurteilung entziehe. Mit ihrer Unterstellung, daß "ein", d.h. hier jeder Beamte zu entlassen sei, der in Uniform und im Dienst eine vorsätzliche schwere Körperverletzung begangen habe, versuche die belangte Behörde die Position des Gesetzgebers einzunehmen. Hätte dieser eine derartige Rechtsfolge irgendeines Tatbestandes gewollt, so hätte er es angeordnet, und zwar sinnvollerweise nicht einmal durch ein entsprechendes Tatbild im Disziplinarrecht, sondern als unmittelbare Gesetzesfolge entsprechend den vorzitierten Bestimmungen, weil die Durchführung eines Disziplinarverfahrens überflüssig und sinnwidrig wäre, wenn in einem solchen Falle doch nur das eine Ergebnis der Entlassung herauskommen könnte. Die Auffassung der belangten Behörde sei daher zweifelsfrei gesetzwidrig. Ein einmaliger Aggressionsausbruch könne jedenfalls nicht von vorneherein die Annahme rechtfertigen, daß ein Charakterzug oder eine Persönlichkeitskomponente zu Tage getreten sei, die mit einer Beamtentätigkeit ihrer Natur nach als unvereinbar anzusehen wäre. Entscheidend für einen solchen Ausbruch sei das Versagen der Hemmechanismen. Für die Frage der Auswirkung auf das Vertrauen in ein künftiges Wohlverhalten sei es daher absolut unerläßlich, die Verfassung des Täters (diesbezüglich hätte die belangte Behörde zur Frage seines am psychisch stark beeinträchtigten und damit deutlich vermindert belastbaren Zustandes ein psychiatrisches Gutachten einholen müssen) und die Voraussetzungen seiner Handlungsweise nachzuvollziehen. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte die belangte Behörde demgemäß auch die geltend gemachten Milderungsgründe berücksichtigen müssen. Es wäre zu beachten gewesen, daß er gemäß strafgerichtlicher Verurteilung keineswegs mit direkter Verletzungsabsicht, sondern nur mit Eventualvorsatz gehandelt habe. Jedenfalls wären die Milderungsgründe in Rechnung zu stellen gewesen, die ihm schon laut den obzitierten Gerichtsurteilen zugerechnet worden seien, nämlich Unbescholtenheit, Geständnis und Provokation, weil § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 ausdrücklich die Maßgeblichkeit der nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe statuiere. Vor allem aber wäre im Sinne des zweiten Satzes der vorzitierten Norm sowie nach § 95 Abs. 1 und 3 BDG 1979 die Frage zu prüfen gewesen, inwieweit nach spezialpräventiven Gründen eine Strafe überhaupt bzw. zusätzlich zur gerichtlich verhängten Strafe als erforderlich erscheine. Infolge ihrer verfehlten Rechtsansicht habe die belangte Behörde all dies unterlassen.

Die Beschwerde ist begründet.

Die bekämpfte Disziplinarstrafe der Entlassung des Beschwerdeführers ist auf die oben dargestellte rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung gestützt, wobei die belangte Behörde, die gemäß § 95 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 an die dem Spruch dieses Strafurteiles zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen gebunden war (vgl. dazu die Ausführungen im Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 90/09/0191), die daraus abgeleitete Dienstpflichtverletzung als schwerwiegendere qualifiziert hat, nach der gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe zu bemessen war, wobei die weitere Dienstpflichtverletzung als Erschwerungsgrund gewertet wurde.

Wird von einer Verfolgung nach § 95 Abs. 1 BDG 1979 mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht abgesehen, dann ist nach der Anordnung des § 95 Abs. 3 BDG 1979, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Disziplinarstrafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Diese Bestimmung regelt die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine der im § 92 Abs. 1 Z. 1 bis 4 BDG 1979 abschließend aufgezählten Disziplinarstrafen auch dann noch ausgesprochen werden darf, wenn gegen den Beamten zuvor wegen desselben Sachverhaltes (Tatidentität) eine gerichtliche Strafe verhängt worden war.

Die Richtlinien, nach denen bei der Strafbemessung vorzugehen ist, enthält § 93 Abs. 1 BDG 1979, wonach das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Bei der Strafbemessung ist nach der oben wiedergegebenen Gesetzesbestimmung des § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 vor allem die Schwere der Dienstpflichtverletzung, insbesondere die Bedeutung der verletzten Pflicht, entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgeblich, in welchem objektiven Ausmaß gegen (Standes- oder) Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird (vgl. das zu DP ergangene Erkenntnis, VwSlg. 8853/A).

Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes (VwSlg. 10060/A). Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine solche Unvereinbarkeit lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, in die ohnehin auch jeder Straftäter gehört, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis.

Im vorliegenden Falle hat die belangte Behörde nach der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zu einem wesentlichen Grade die Auswahl der Strafart, nämlich die Entlassung, darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer durch das vom Schuldspruch 1. erfaßte Verhalten für die Dienstbehörde untragbar geworden sei (sogenannter "Untragbarkeitsgrundsatz" vgl. aus der bisherigen Judikatur unter Berücksichtigung der Stellung des jeweiligen Beschwerdeführers und den Umständen des Falles VwSlg. 10008/A: schwerer Betrug nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB; VwSlg. 10027/A: Vergehen der Verleumdung von Kollegen nach § 297 Abs. 1 StGB;

VwSlg. 10060/A: Mißbrauch der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und Vergehen des teils versuchten und teils vollendeten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 15 StGB;

VwSlg. 10910/A: Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den §§ 209 und 15 StGB sowie Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB; VwSlg. 11385/A: Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB; VwSlg. 11873/A: Vergehen des schweren Betruges nach § 146 und § 147 Abs. 2 StGB; VwSlg. 12.256/A: Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB; Erkenntnis vom , Zl. 86/09/0220: Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 87/09/0208: Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs. 2 StGB und Vergehen der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach § 289 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 86/09/0178: Vergehen der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB und Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 und 105 Abs. 1 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 89/09/0017: Vergehen der Geschenkannahme nach § 304 Abs. 1 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 89/09/0092: Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB; Erkenntnis vom , Zl. 86/09/0200: Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB, Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und Vergehen der Sachbeschädigung nach § 84 Abs. 1 StGB und Erkenntnis vom , Zl. 90/09/0088: Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB).

Der von der Rechtsprechung des erkennenden Senates in den oben dargestellten Fällen angewandte Maßstab für die OBJEKTIVE Untragbarkeit eines Beamten stellt darauf ab, daß die allein durch den Unrechtsgehalt der Pflichtverletzung begründete Gefährlichkeit des Beamten so groß ist, daß auch eine günstige Persönlichkeitsprognose, d.h. eine geringe Wiederholungsgefahr, nicht mehr das Verbleiben des Beamten im Dienst rechtfertigen kann. Hat diese Gefährlichkeit ein solches Ausmaß erreicht, daß im Interesse der sachgerechten Funktionserfüllung dem Dienstgeber eine Weiterbeschäftigung des Beamten nicht mehr zugemutet werden kann, dann ist es nicht rechtswidrig, über ihn die Höchststrafe, nämlich die Disziplinarstrafe der Entlassung, zu verhängen.

Diese Voraussetzungen sind aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdefalle nicht gegeben:

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß ein uniformierter Zollwachebeamter, der im Dienst ohne gesetzliche Grundlage (vgl. hiezu § 23a ZollG) einer Partei des Abgabenverfahrens gegenüber Gewalt anwendet, das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben (§ 43 Abs. 2 BDG 1979) in so erheblichem Maße gefährdet, daß es über die strafgerichtliche Verurteilung hinaus einer gewichtigen Disziplinarstrafe bedarf, um ihn an seine dienstlichen Pflichten zu erinnern.

Die belangte Behörde verhängte mit dem angefochtenen Bescheid über den Beschwerdeführer mit der Entlassung die schwerste der von der Rechtsordnung (§ 92 Abs. 1 BDG 1979) vorgesehenen Disziplinarstrafen und begründete dies nach der floskelhaften Wiedergabe von Rechtssätzen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lapidar damit, daß der Beschwerdeführer wegen des oben dargestellten Vorfalles vom für die Dienstbehörde untragbar geworden sei. Diese allgemeinen Ausführungen genügen, worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist, nicht dem Konkretisierungsgebot, dem eine Bescheidbegründung überhaupt und umsomehr dann zu entsprechen hat, wenn sie tragfähige Grundlage für eine so schwerwiegende Maßnahme wie die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein soll. Hiefür sind erhebliche, sowohl in den Umständen des Falles als auch in der Persönlichkeit des Beschwerdeführers begründete Umstände, die er in seiner Berufungsschrift darlegte und auf die die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage im angefochtenen Bescheid nicht einging, maßgebend: So fällt ganz entscheidend ins Gewicht, daß der Beschwerdeführer durch den von ihm körperlich mißhandelten Robert Z, wie der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Niederschrift der Bundespolizeidirektion K vom entnommen werden kann, provoziert worden ist ("... gegen 17.30 Uhr traf ich N zufällig im Lager. Ich sagte zu ihm: 'Ich bedanke mich recht schön, daß sie mir dies nicht gemacht haben.' Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen uns, wobei er mich als 'Rotzlöffel' bezeichnete, was ich mit 'Idiot' od. 'Trottel' beantwortete.") Auch der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß die Anwendung körperlicher Gewalt in einem Rechtsstaat ohne gesetzliche Grundlage nicht geduldet werden kann. Dessen ungeachtet läßt die beleidigende Provokation des Robert Z in gewissem Maße die Attacke des Beschwerdeführers in einem besonderen Lichte erscheinen. Zudem ist der Beschwerdeführer nach seinem unwidersprochen gebliebenen Berufungsvorbringen bisher unbescholten, vor allem noch nie durch Neigung zu Gewalttätigkeit aufgefallen, wobei er zur Tatzeit seit 16 Jahren als Exekutivbeamter Dienst versah und nach seinem eigenen von der belangten Behörde nicht bestrittenen Vorbringen zehn Jahre lang mit "ausgezeichnet" beurteilt war.

Treffen diese Berufungsausführungen, die auch in der Beschwerde wiederholt werden, zu, dann vermag die objektive Schwere des Dienstvergehens vom allein nicht die Disziplinarstrafe der Entlassung zu rechtfertigen.

Anderseits ist offensichtlich, daß die Art der Verfehlung des Beschwerdeführers den zusätzlichen Ausspruch einer Disziplinarstrafe neben der strafgerichtlichen Verurteilung unerläßlich macht, weil sich die Tat des Beschwerdeführers nicht nur auf die Verwirklichung des von den Bestimmungen des Strafgesetzbuches inkriminierten Tatbestandes beschränkte, sondern im Zug einer behördlichen Amtshandlung und in Uniform begangen wurde. Die von der Beschwerde vermißte weitere Prüfung der Frage, ob eine Disziplinarstrafe überhaupt zusätzlich erforderlich scheint, war angesichts dieser Tatsache entbehrlich. Denn gerade sie war geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Beamtenschaft und die durch diese repräsentierte staatliche Verwaltung zu erschüttern. Um dies dem Beschwerdeführer für die Zukunft mit Nachdruck zum Bewußtsein zu bringen und ihn zur Bewahrung seiner Selbstbeherrschung auch in heiklen Situationen anzuhalten, wird die Verhängung einer empfindlichen Disziplinarstrafe dem Sinngehalt des § 95 Abs. 3 leg. cit. entsprechend nicht zu vermeiden sein.

Zu dem vom Schuldspruch 2. erfaßten disziplinären Vorwurf, er habe einer vom Spruchsenat des Hauptzollamtes K als Finanzstrafbehörde erster Instanz angeordneten Zeugenvorladung nicht Folge geleistet, trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, es stehe fest, daß er dieser Vorladung nur aus einem Versehen nicht Folge geleistet habe. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei daher die Annahme eines Verschuldens im disziplinarrechtlichen Sinne unzulässig.

Auch dieses Vorbringen ist begründet.

Spruchsenate sind jeweils bei einem bestimmten Finanzamt jeder Landeshauptstadt (Ausnahme: Feldkirch für Vorarlberg) als Organe sämtlicher Finanzämter des jeweiligen Bundeslandes sowie bei den Zollämtern Wien, Linz, Salzburg, Graz, Klagenfurt und Feldkirch als deren Organe eingerichtet (§§ 65 Abs. 1 iVm 58 Abs. 1 lit. a FinStrG).

Gemäß § 102 Abs. 1 FinStrG ist, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, jedermann verpflichtet, als Zeuge über alle ihm bekannten für ein Finanzstrafverfahren maßgebenden Tatsachen auszusagen. Wenn die Finanzstrafbehörde das persönliche Erscheinen des Zeugen für erforderlich erachtet, hat sie ihn vorzuladen. In der Vorladung ist anzugeben, was den Gegenstand der Vernehmung bildet und welche Beweismittel und Gegenstände mitzubringen sind. Die Bekanntgabe des Gegenstandes der Vernehmung hat insoweit zu unterbleiben, als besondere Umstände die Befürchtung rechtfertigen, daß hiedurch die Untersuchung erschwert werden könnte (§ 102 Abs. 2 FinStrG).

Gemäß § 105 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde einem Zeugen, der einer Vorladung, ohne durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder ein sonstiges begründetes Hindernis entschuldigt zu sein, nicht Folge leistet, abgesehen von Zwangsstrafen, den Ersatz aller durch seine Säumnis oder Weigerung verursachten Barauslagen durch Bescheid auferlegen.

Kommt ein Vorgeladener, der nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse abgehalten ist, der Vorladung nicht nach, kann er zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten werden. Die Verhängung von Zwangsstrafen ist nur zulässig, wenn sie in der Vorladung betragsmäßig angedroht und die Zustellung zu eigenen Handen erfolgt war. Die Zwangsstrafe ist ein Mittel zur Erzwingung nicht vertretbarer Verpflichtungen, also solcher Leistungen, die nur der Verpflichtete, z.B. der Zeuge, persönlich erbringen kann. Die Finanzstrafbehörde kann zur Erzwingung der Zeugnispflicht Zwangsstrafen festsetzen, den Ersatz der Kosten auferlegen oder den Zeugen zwangsweise vorführen lassen.

Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. des 9. Abschnittes des Gesetzes) zur Verantwortung zu ziehen. Niemand darf bestraft werden, wenn seine Schuld nicht erwiesen ist ("nulla poena sine culpa"; vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/09/0023).

Schuldhaft verletzt ein Beamter seine Pflichten nur dann, wenn er ihnen entweder vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt. Zur Feststellung einer Dienstpflichtverletzung gehört der Nachweis, der Beamte habe mit Bewußtsein (Wissen), pflichtwidrig zu handeln oder unter Außerachtlassung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt gegen seine ihm auferlegten Pflichten verstoßen. Dazu kommt, daß die Feststellung der Schuldform (Grad des Verschuldens) vor allem für die Schwere der Dienstpflichtverletzung und damit für die Bemessung der Strafe (§ 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979) entscheidend ist.

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid ausdrücklich fest, daß die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe auf die Ladung vergessen, nicht geeignet sei, ihn zu exkulpieren, weil einen Beamten bei Erfüllung seiner Zeugenpflicht über die Wahrnehmung dienstlicher Vorgänge eine besondere Sorgfaltsverpflichtung treffe.

Abgesehen davon, daß das von der belangten Behörde als erwiesen angenommene "Vergessen" über die Schuld des Beschwerdeführers nichts aussagt, verkennt die belangte Behörde mit ihrer Rechtsansicht, daß es, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 90/09/0171, dargelegt hat, nicht Aufgabe des Disziplinarrechtes ist, einen Beamten in moralischer und ethischer Hinsicht zu einem perfekt und fehlerfrei arbeitenden "Mustermenschen" zu erziehen, sondern es sind nur dann disziplinäre Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen, wenn sein Verhalten im Dienst oder in der Öffentlichkeit geeignet ist, Anstoß zu erregen oder sonst Dienstpflichten schuldhaft verletzt werden. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß mit dem einmaligen "Vergessen" eines Termines zur Zeugenvorladung die Schwelle zur disziplinarrechtlichen Erheblichkeit überschritten wäre.

Was letztlich auch den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Einwand anlangt, es sei bezüglich beider Dienstpflichtverletzungen Verfolgungsverjährung eingetreten, ist darauf hinzuweisen, daß nach den mit der Aktenlage übereinstimmenden Feststellungen der belangten Behörde sowohl der Einleitungsbeschluß vom betreffend den Anschuldigungspunkt 1. als auch der am gefällte Beschluß auf Ausdehnung des Disziplinarverfahrens (Anschuldigungspunkt 2. innerhalb der in § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG normierten Frist von sechs Monaten nach "Kenntnis" der Dienstbehörde erlassen wurden. Damit hat die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen rechtzeitig im Sinne der Regelung über die Verfolgungsverjährung eine den Eintritt der Verjährungsfrist für die Verfolgung ausschließende Handlung gesetzt. Diesem Einwand kommt daher keine Berechtigung zu.

Als Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde hätte zur Frage seines am in einem psychisch stark beeinträchtigten und damit deutlich vermindert belastbaren Zustandes ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einholen müssen.

Da, wie oben dargelegt, die bindende Wirkung eines in Rechtskraft erwachsenen Strafurteiles im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, sich auch auf die Feststellungen zum inneren (subjektiven) Tatbestand einer strafbaren Handlung erstreckt (vgl. VwSlg. 10899/A und 11383/A) kommt der Verfahrensrüge keine Berechtigung zu.

Da die belangte Behörde aber aus den oben dargelegten Gründen die Rechtslage insoweit verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid im Umfang der Bestätigung des Schuldspruches 2. und des Strafausspruches als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG der Aufhebung verfallen mußte. Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung des Schuldspruches 1. richtet, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.