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VwGH vom 09.11.1994, 93/13/0199

VwGH vom 09.11.1994, 93/13/0199

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungsentscheidung) vom , GZ GA 5-1886/1/93, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer 1991 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, daß von den Österreichischen Bundesbahnen jene Bezüge an Dienstnehmer, die auf die Zeit von Waffenübungen des Dienstnehmers beim Bundesheer entfielen, nicht in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen einbezogen worden waren.

Gegen den Bescheid, mit dem aus diesem Grunde Dienstgeberbeiträge für die Zeiträume Jänner 1983 bis Dezember 1988 vorgeschrieben wurden, wurde Berufung erhoben. Dazu wurde die Aufassung vertreten, für die Zeit des Präsenzdienstes der Dienstnehmer sei der Bund als Dienstgeber anzusehen, weil er nach den Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes den Österreichischen Bundesbahnen die aus der Fortzahlung der Bezüge während der Dauer des Präsenzdienstes entstandenen Kosten ersetze.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat darin die Auffassung, daß Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen auch während der Zeit, in der sie als Wehrpflichtige eine Waffenübung ableisten, als ihre Dienstnehmer anzusehen seien.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen

inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz haben den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung ist als Dienstnehmer der Arbeitnehmer im Sinne des § 47 EStG 1992 anzusehen. Danach ist auch zu beurteilen, ob ein Dienstverhältnis vorliegt. Nach § 47 Abs. 3 EStG 1972 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, während der Dauer von Waffenübungen sei Dienstgeber des Präsenzdienstpflichtigen der Bund. Während des Präsenzdienstes trete der Wehrpflichtige in ein Abhängigkeitsverhältnis eigener Art zum Bund. Diesen direkten Rechtsbeziehungen zum Wehrdiener stehe ein "bloß dem Bande nach bestehendes Rechtsverhältnis" zu den Österreichischen Bundesbahnen gegenüber. Der Bedienstete habe keine Arbeitsleistung gegenüber den Österreichischen Bundesbahnen zu erbringen; er sei auch der Weisungs- und Kontrollbefugnis sowie jeglicher Eingliederung in den Betrieb entzogen. Das bloße Auszahlen von Geld, also die manipulative Tätigkeit der Entgeltleistung als Zahlstelle löse die einkommensteuerrechtliche Dienstgeberfunktion nicht aus.

Diese Auffassung der Beschwerdeführerin steht jedoch nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes (im folgenden HGG 1956) BGBl. Nr. 152/1956 (wiederverlautbart als HGG 1985, BGBl. Nr. 87/1985). Nach § 27 Abs. 1 Z. 3 HGG 1956 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 285/1982 bzw. § 36 Abs. 1 HGG 1985 gebührt Wehrpflichtigen, die freiwillige Waffenübungen leisten, für die Dauer eines solchen Präsenzdienstes eine bestimmte Pauschalentschädigung. Nach § 30 Abs. 1 HGG 1956 bzw. § 39 Abs. 1 HGG 1985 haben Wehrpflichtige, die in einem Dienstverhältnis zum Bund stehen, anstelle eines solchen Entschädigungsanspruches für die Dauer eines im § 27 HGG 1956 bzw. § 36 Abs. 1 Z. 1 bis 6 HGG 1985 genannten Präsenzdienstes Anspruch auf Fortzahlung ihrer nach den Dienstrechtsvorschriften gebührenden Monatsbezüge zuzüglich allfälliger Nebengebühren (Dienstbezüge). Jeweils nach Abs. 5 dieser Gesetzesstellen hat der Bund unter anderem den Bundesbetrieben - wozu im Streitzeitraum auch die Österreichischen Bundesbahnen zählten - die ihnen aus der Fortzahlung der Dienstbezüge an ihre Bediensteten während der Dauer des Präsenzdienstes entstandenen Kosten zu ersetzen.

Aus diesen Bestimmungen geht mit hinlänglicher Deutlichkeit hervor, daß der Gesetzgeber von einem Fortbestand des Dienstverhältnisses des Wehrpflichtigen zum Bund bzw. zu dem vom Bund geführten Betrieb ausgegangen ist. Der Wehrpflichtige tritt somit für die Zeit des Präsenzdienstes keinesfalls anstelle eines Dienstverhältnisses zum Bundesbetrieb in ein solches zum Bund (Bundesheer) ein. Aus dem Umstand, daß während der Zeit des Präsenzdienstes des Wehrpflichtigen das grundsätzliche Weisungsrecht des Dienstgebers von diesem nicht ausgeübt werden kann, kann nicht auf eine Beendigung - allenfalls Unterbrechung - des Dienstverhältnisses geschlossen werden. Eine solche Einschränkung der Rechte des Dienstgebers ist dabei auch für andere Fälle denkbar, in denen es naturgemäß nicht zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses kommt (Urlaub, sonstige Dienstfreistellungen aller Art).

Durch Abs. 5 des § 30 HGG 1956 bzw. § 39 HGG 1985 wird deutlich zum Ausdruck gebracht, daß dem Bundesbetrieb von seinem Betreiber nur die Kosten ERSETZT werden, die durch den Präsenzdienst seines Dienstnehmers entstanden sind. Davon, daß die Beschwerdeführerin damit während der Dauer des Präsenzdienstes lediglich eine Zahlstelle (gemeint hinsichtlich eines Entgelts für den Wehrpflichtigen) darstellte, kann somit keine Rede sein.

Aus der der Beschwerde in Ablichtung angeschlossenen Note des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 68.380-2a/64, in dem zu einem ähnlich gelagerten Fall die Auffassung vertreten wurde, Arbeitgeber des Wehrpflichtigen sei der Bund, kann für die Beschwerdeführerin schon deswegen nichts gewonnen werden, weil dieser Note nicht der Charakter einer generellen Norm beigemessen werden kann.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.