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VwGH vom 02.08.1995, 93/13/0197

VwGH vom 02.08.1995, 93/13/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom , GZ 6/3-3131/93-04, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Beschwerdeführer wurde im Jahre 1992 eine abgabenbehördliche Prüfung vorgenommen. Dabei wurden vom Prüfer die im Jahre 1990 angefallenen Aufwendungen für ein Werkstättengebäude in Höhe von S 936.055,76 nicht als im Jahre des Aufwandes absetzbarer Erhaltungsaufwand, sondern als Herstellungsaufwand angesehen.

In den Akten erliegt ein Baubewilligungsbescheid vom , wonach ein bestehendes Lager durch Schaffung eines entsprechenden Fußbodens mit Wärmedämmung und einer hochbrandhemmenden Deckenverkleidung als Werkstätte gewidmet werden sollte. Weiters befinden sich in den Akten diverse Rechnungen über Bauarbeiten, Zimmermannsarbeiten, Schlosserarbeiten und Installationsarbeiten sowie Photos über den Zustand des gegenständlichen Gebäudes vor und nach 1990.

Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für 1990 wurde Berufung erhoben. Darin wurde eingewendet, daß die 1990 sanierten Räumlichkeiten seit Jahrzehnten ausschließlich betrieblich genutzt gewesen seien. In den letzten Jahren hätten diese Räumlichkeiten wegen ihres schlechten Bauzustandes nur eingeschränkt für den Betrieb genutzt werden können. Ein ständiger Einsatz von Dienstnehmern sei nicht mehr zugelassen gewesen. Der Beschwerdeführer sei damit den Auflagen des Arbeitsinspektorates, wie Trockenlegung der Wände und des Fußbodens bei gleichzeitigem Anheben des Fußbodenniveaus, Verbesserung der Belichtung, Modernisierung der Installation und Schaffung einer angemessenen Heizung nachgekommen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde am niederschriftlich an, im Jahre 1960, als der Beschwerdeführer den Betrieb übernahm, sei das in Rede stehende Gebäude als Lagerraum genutzt worden. Wegen des desolaten Zustandes habe es nicht voll als Arbeitsraum verwendet werden können. Reste einer alten Zentralheizung seien vorhanden, die Heizung sei aber praktisch nicht benützbar gewesen. Der alte Fußboden sei uneben, Betonstücke seien ausgebrochen gewesen. Gerade Stellflächen zur Aufstellung von Maschinen hätten gefehlt. Dadurch, daß der alte Kanal nicht funktionierte, seien die Mauern durchnäßt gewesen. Es sei ein neuer Kanal errichtet worden. Die Verbesserung der Belichtung sei durch den Einbau größerer Fenster und die Installierung von Neonröhren erfolgt. Die Eisenfenster seien durch Kunststoffenster ersetzt worden. Die Wärmedämmung und die Feuerschutzdecke seien von der Baubehörde vorgeschrieben worden. Vorher sei eine einfache Deckenkonstruktion (Holzstaffeln mit Blechdach) vorhanden gewesen. Die Durchgangsmöglichkeit zum anschließenden Gebäude Z. Nr. 37 habe sich durch die Kanalarbeiten ergeben. Wegen des Niveauunterschiedes hätten neun Stufen hergestellt werden müssen. Dadurch sei ein witterungsunabhängiger Durchgang geschaffen worden. Neben dem Durchgang befinde sich die eine Hebebühne. Die zweiflügelige feuerhemmende Türe sei bei der Hebebühne eingebaut, die einflügelige beim Durchgang. Die früheren Zwischenwände seien im Zuge der Sanierungsarbeiten entfernt worden. Im gegenständlichen Gebäude seien nunmehr drei Gummispritzmaschinen, eine Gefriermaschine und Werkschränke aufgestellt. Auch Warenmaterial werde dort gelagert. Der Tisch und die Sessel dienten vornehmlich für die Arbeiter zum Essen. Der installierte Gebläsekonvektor sei an die Zentralheizungsanlage des Gebäudes Z. Nr. 37 angeschlossen worden. Ringförmig innerhalb der Außenmauern verlaufe ein Installationsschacht, worin sich die Kaltwasserleitung sowie Abwasser-, Strom-, Vakuum- und Preßluftleitungen befinden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat dabei die Auffassung, daß ein Umbau des Lagers in eine Werkstätte stattgefunden habe, wodurch eine Änderung der Wesensart des Gebäudes eingetreten sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Herstellungsaufwand liegt vor, wenn bauliche Maßnahmen die Wesensart des Gebäudes ändern, wie dies z.B. bei einem Anbau, einem Umbau größeren Ausmaßes oder bei einer Gebäudeaufstockung der Fall ist. Hingegen bilden regelmäßig erforderliche Ausbesserungsarbeiten auch dann Erhaltungsaufwand, wenn sie den Gebäudewert steigern oder wenn es sich um eine Großreparatur handelt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/14/0248). Dabei führt der Umstand, daß im Zuge der Instandsetzung besseres Material oder eine modernere Ausführung gewählt wird, noch nicht zu Herstellungsaufwand, solange nicht die Wesensart des Gebäudes verändert wird oder das Gebäude ein größeres Ausmaß erhält. Eine für die Annahme von Herstellungsaufwand erforderliche Änderung der Wesensart eines Gebäudes kann in diesem Sinne nur aus den vorgenommenen baulichen Maßnahmen abgeleitet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/13/0167).

Wie im Beschwerdefall aus den vorgelegten Bauplänen, den Rechnungen des Bauunternehmens und der Professionisten sowie insbesondere der mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift ersichtlich ist, wurden im Jahr 1990 an dem vordem als Lagerraum genutzten, garagenähnlichen Nebengebäude zum Gebäude Z. Nr. 37 Baumaßnahmen durchgeführt. So wurde mittels eines Mauerdurchbruches eine bis dahin nicht vorhandene Verbindung zum Nachbargebäude hergestellt, wobei zur Überwindung des Niveauunterschiedes sowohl eine Stiege hergestellt als auch eine Hebebühne aufgestellt wurden. An diesen Verbindungen zum Nachbargebäude wurden feuerhemmende Türen (eine zweiflügelige am Platz der Hebebühne, eine einflügelige am Stiegenaufgang) angebracht. Weiters wurde an den Außenmauern des Gebäudes ein ringförmiger Installationskanal geschaffen, in dem Wasser-, Abwasser-, Strom-, Vakuum- und Preßluftleitungen Aufnahme fanden. Die früheren Zwischenwände wurden im Zuge der Umbauarbeiten entfernt. Sowohl der für die Aufstellung von Maschinen ungeeignete Fußboden als auch die einfache Dachkonstruktion wurden durch einen feuerhemmenden Estrich bzw. eine hochbrandhemmende Decke ersetzt. Größere Fenster wurden eingebaut, was entsprechende bauliche Maßnahmen erforderte. Die Errichtung einer neuen Kanalanlage diente der Trockenlegung der durchnäßten Wände. Anstelle der nicht mehr benützbaren Reste einer alten Zentralheizungsanlage wurde eine neue Heizung installiert bzw. an die Anlage des Nebenhauses angeschlossen. Diese Umbauarbeiten haben somit das gesamte Gebäude betroffen; vom vormaligen Bestand weiter verwendet wurden im wesentlichen allein die Außenmauern des Gebäudes. Zweifellos handelte es sich dabei also um einen Umbau größeren Ausmaßes. Durch diesen Umbau wurde auch die Wesensart des Gebäudes baulich geändert, sodaß es durch die Aufstellung von Spritzmaschinen als Produktionsstätte geeignet wurde. Dabei kommt es entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob das Gebäude tatsächlich zur Produktion oder - wie in der Beschwerde erstmals vorgebracht wird - auf Grund der schlechten Auftragslage nunmehr überwiegend als Lager genutzt wird. Die Behörde war daher auch nicht gehalten, Erhebungen über die tatsächliche Nutzung des Gebäudes vorzunehmen.

Ebensowenig ist für die Beurteilung, ob Herstellungsaufwand anzunehmen ist, entscheidend, daß mit den Umbauarbeiten den dem Beschwerdeführer vom zuständigen Arbeitsinspektorat erteilten Auflagen entsprochen worden ist.

Unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels rügt der Beschwerdeführer schließlich, die belangte Behörde habe lediglich "den Titel des Einreichplanes" herangezogen. Wenn auch der angefochtene Bescheid anstatt einer zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung lediglich einen Hinweis auf von ihr verwendetes "Aktenmaterial" enthält, so ist die Begründung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die einzelnen Erwägungen der belangten Behörde dennoch nachvollziehbar. Aus diesen Erwägungen ist aber ersichtlich, daß sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung keineswegs allein auf den Titel des Einreichplanes gestützt hat.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.