VwGH vom 22.01.2004, 98/14/0009
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der B GesmbH in E, vertreten durch die Hausmaninger Herbst Wietrzyk, Rechtsanwälte - Partnerschaft in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV/001/1-08/Se-1997, betreffend Lohnsteuer 1993 bis 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In dem zwischen der beschwerdeführenden GmbH (als Arbeitgeber) und Mag. G abgeschlossenen Dienstvertrag ist u.a. festgehalten, dass der Dienstnehmer zusätzlich zum Jahresbezug - in Abhängigkeit von der Erreichung unternehmerischer Ziele, insbesondere betrieblicher Kennziffern - einen Jahresbonus von höchstens 30 % des jeweiligen Jahresbezuges erhalte. Derartige Ziele bzw. Kennziffern seien - so die Vereinbarung im Dienstvertrag - anlässlich der Erstellung des jährlichen Budgets für die Beschwerdeführerin zu definieren. Der Grad der Zielerreichung bestimme die Höhe des Bonus, wobei ein Schwellenwert überschritten werden müsse.
Im Zuge einer für den Zeitraum 1993 bis 1995 durchgeführten Lohnsteuerprüfung traf der Prüfer die Feststellung, Mag. G habe Jahr für Jahr eine Gewinnbeteiligung erhalten. Diese sei mit dem Belastungsprozentsatz nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 versteuert worden, zumal nach Ansicht der Beschwerdeführerin eine Nachzahlung für abgelaufene Kalenderjahre, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhe, vorliege. Nach Ansicht des Prüfers entstehe der Anspruch auf Gewinnbeteiligung stets erst nach Ablauf des für die Gewinnbeteiligung in Frage kommenden Jahres anlässlich der Erstellung der Bilanz. Die Gewinnbeteiligung stelle somit keine Nachzahlung, sondern einen anderen sonstigen Bezug desjenigen Kalenderjahres dar, in welchem die Auszahlung erfolge. Für die Gewinnbeteiligungen der Jahre 1993 bis 1995 (S 376.000,--, S 300.000,--, S 395.940,--) sei daher ein der Progression entsprechender Steuersatz (und nicht der Steuersatz des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988) anzuwenden, sodass sich eine Lohnsteuernachforderung von S 13l.272,-- ergebe.
In der Berufung gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, nach der dienstvertraglichen Vereinbarung habe Mag. G Anspruch auf Bezug eines Jahresbonus in Höhe von maximal 30 % des jeweiligen Jahresbezuges. Dieser Jahresbonus sei abhängig von der Erreichung unternehmerischer Ziele, die anlässlich der Erstellung der jährlichen Budgets definiert würden. Ob diese Ziele erreicht worden seien, werde nach Vorliegen des jeweiligen Jahresabschlusses durch die Konzernleitung beurteilt, sodass der Bonus im Juni des jeweiligen Folgejahres ausbezahlt werden könne. Der Bonus sei - entgegen den Feststellungen des Prüfers - keine Gewinnbeteiligung. Er bemesse sich nicht vom Gewinn, sondern vom Jahresbezug des Dienstnehmers. Die unternehmerischen Ziele, deren Erreichung mit dem Jahresbonus honoriert würden, könnten u.a. in der Erzielung eines bestimmten Umsatzes, der Einsparung von Kosten, der Realisierung neuer Marketingkonzepte oder der Erschließung neuer Märkte gelegen sein. Der Bonus sei mit der Erzielung von Unternehmenszielen in einem bestimmten Kalenderjahr verbunden, sodass die Auszahlung im Folgejahr eine Nachzahlung für das abgelaufene Kalenderjahr bedeute.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, dass der Jahresbonus von der Erzielung unternehmerischer Ziele abhängig sei, wobei erst nach Vorliegen des jeweiligen Jahresabschlusses im Folgejahr beurteilt werden könne, ob eine Zielerreichung gegeben sei. Mag. G habe in den Jahren 1993, 1994 und 1995 einen entsprechenden Jahresbonus erhalten. Dieser stelle jedoch keinen Bezug im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 dar, nach welcher Bestimmung Zahlungen von Arbeitslohn zu erfassen seien, deren Besonderheit darin bestehe, dass sie nicht zeitgerecht zur Auszahlung gelangt seien. Im gegenständlichen Fall seien beide Vertragsteile übereingekommen, dass der vereinbarte Jahresbonus erst bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen, deren Beurteilung erst im Folgejahr möglich sei, anfalle. Es könne daher nicht von einer Nachzahlung von Arbeitslohn in einem nachfolgenden Jahr gesprochen werden.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte die Beschwerdeführerin vor, Mag. G habe Anspruch auf den vertraglich fixierten Jahresbonus. Zur Festlegung des Jahresbonus bedürfe es lediglich einer formlosen Zustimmung durch die Konzernleitung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im gegenständlichen Fall gehe es um einen Jahresbonus, welcher erst auf Grund der Daten des Vorjahres (aus der Bilanz) ermittelt werde. Es handle sich somit nicht um eine Nachzahlung bzw. nachträgliche Zahlung von Arbeitslohn. In diesem Sinn sei auch eine in Form einer Gratifikation geleistete zusätzliche Entlohnung für zurückliegende Jahre ein normaler sonstiger Bezug, nicht hingegen ein solcher im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988, weil das Betriebsergebnis des Vorjahres und die im vorangegangenen Jahr erbrachte Arbeitsleistung des Dienstnehmers lediglich Motiv und Anknüpfungspunkt für die Zahlung der Belohnung darstellten. Dies rechtfertige es aber nicht, einen derartigen Bezug, auf den erst bei Zustimmung durch die Konzernleitung ein Anspruch des Dienstnehmers bestehe, steuerrechtlich auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zurückzubeziehen.
Selbst wenn diese Auffassung nicht geteilt würde, wäre der Berufung der Beschwerdeführerin aus einem anderen Grund der Erfolg zu versagen. Es läge ein Bezug vor, dessen Auszahlung willkürlich verschoben worden sei. Eine willkürliche Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes stehe aber der Anwendung des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 entgegen. Eine willkürliche Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes liege bereits vor, wenn es der Arbeitgeber in der Hand gehabt hätte, durch eine entsprechende innerbetriebliche Organisation Vorkehrungen gegen Verspätungen bei der Lohnberechnung und Lohnauszahlung zu treffen, und daher Nachzahlungen von Arbeitslohn hätten vermieden werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind Nachzahlungen und nachträgliche Zahlungen von laufenden und sonstigen Bezügen für abgelaufene Kalenderjahre, die neben laufendem Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber geleistet werden und nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, mit dem Steuersatz zu versteuern, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht.
Lohnnachzahlungen nach § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 stellen Zahlungen von Normalarbeitslohn dar, deren Besonderheit darin besteht, dass sie nicht zeitgerecht als laufender Arbeitslohn zur Auszahlung gelangen, weil besondere Umstände einer zeitgerechten Auszahlung entgegenstehen. Es handelt sich um die Zahlung von Arbeitslohn, der bei einem normalen Lauf der Dinge bereits in früheren Lohnzahlungszeiträumen ausbezahlt hätte werden sollen, wobei die rechtzeitige Auszahlung aber aus Gründen, die nicht im Belieben des Arbeitgebers gestanden sind, unterblieben ist (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 67 Tz 74 f).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, bei dem an Mag. G ausbezahlten Jahresbonus handle es sich um eine Nachzahlung für das abgelaufene Kalenderjahr, weil sie für dieses abgelaufene Kalenderjahr und abhängig von der Erreichung von bestimmten vorweg konkretisierten Unternehmenszielen des abgelaufenen Kalenderjahres gewährt werde.
In der Beschwerde wird mehrfach betont, der Jahresbonus könne nicht im betreffenden Wirtschaftsjahr, für welches die Zielerreichung zu beurteilen sei, ausbezahlt werden. Der Jahresbonus könne nur - aus nicht im Belieben der Beschwerdeführerin gelegenen Gründen - nach Ablauf jenes Jahres ausbezahlt werden. Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber bereits entschieden. Aus diesem mit der dienstvertraglichen Vereinbarung betreffend die Gewährung des in Rede stehenden Bezugsteiles übereinstimmenden Vorbringen ergibt sich, dass nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres das Erreichen von Zielvorgaben für das abgelaufene Kalenderjahr geprüft wird und im Falle bzw. im Ausmaß der Zielerreichung der Anspruch auf den Jahresbonus besteht. Solcherart entspricht es dem exakten Vollzug der dienstvertraglichen Vereinbarung, dass der Jahresbonus im Jahr nach Ablauf des bezughabenden Jahres ausbezahlt wird. Eine Zahlung, die nicht erst nach dem von vornherein vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt gezahlt wird, ist nicht als Nachzahlung bzw. nachträgliche Zahlung im Sinn des § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 anzusehen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am