VwGH vom 27.08.1998, 93/13/0179

VwGH vom 27.08.1998, 93/13/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Ö V Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfried Seist und Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwälte in Wien IX, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2 - 2359/92-12, betreffend Sonderabgabe von Kreditunternehmungen für die Jahre 1982 bis 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Kreditunternehmung und unterliegt als solche der Sonderabgabe von Kreditunternehmungen, Bundesgesetz BGBl. Nr. 553/1980 (B-SAG).

Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob der im § 3 Abs. 2 Z. 4 des zitierten Gesetzes verwendete Begriff "Forderungen in ausländischer Währung" im Sinne des Bürgerlichen Rechts auszulegen ist und daher auch in Wertpapieren verbriefte Forderungen umfaßt (Auffassung der Beschwerdeführerin) oder ob dies nicht zutrifft, weil Wertpapiere nach den Bilanzgliederungsvorschriften (§ 24 KWG) als eigene, von den sonstigen Forderungen getrennte Bilanzpositionen auszuweisen sind (Auffassung der belangten Behörde).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dementsprechend die Bemessungsgrundlage für die Sonderabgabe von Kreditunternehmungen für die Jahre 1982 bis 1985 nicht um jene Verbindlichkeiten in ausländischer Währung gekürzt, denen die Bilanzwerte von Forderungswertpapieren in ausländischer Währung gegenüberstanden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG lautet:

"(2) Die Bilanzsumme ist zu kürzen um

...

4. Verbindlichkeiten in ausländischer Währung, soweit ihnen Forderungen in ausländischer Währung gegenüberstehen

..."

Mit der Frage, ob auch verbriefte Fremdwährungsforderungen unter den Begriff "Forderungen in ausländischer Währung" fallen, hat sich der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , 94/13/0177, befaßt. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß auch Wertpapiere und Wechsel (als eine Wertpapierform) unter den Begriff "Forderungen in ausländischer Währung" nach § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG fallen, soweit sie im Rahmen von Auslandsbeziehungen erworbene Forderungen in ausländischer Währung verbriefen und nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung als Aktivum in die Bilanz einzustellen sind. Dies deshalb, weil weder der Gesetzeswortlaut des B-SAG noch das Kreditwesengesetz eine Unterscheidung zwischen verbrieften und unverbrieften Forderungsarten dergestalt vorsieht, daß daraus der Schluß gezogen werden könnte, unter "Forderungen in ausländischer Währung" fielen nur unverbriefte Forderungen.

Weder die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid noch jene in ihrer Gegenschrift, die zum Großteil auf Rechtsvorschriften Bezug nehmen, die in den streitgegenständlichen Zeiträumen noch nicht in Geltung standen (z.B. KWG-Novelle 1986 und Rechnungslegungsgesetz), sind geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einer Änderung seiner Rechtsprechung zu veranlassen. Denn auch auf dem Boden der von der belangten Behörde herangezogenen Bilanzlehre, wonach zwischen Forderungen und Wertpapieren unterschieden wird, ist dem Begriff "Forderung" ein weiterer und ein engerer Inhalt beizumessen. Dies zeigt schon die Unterscheidung in verbriefte und unverbriefte Forderungen. Forderungen im weitesten Sinn umfassen zweifelsfrei auch Forderungswertpapiere. § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG enthält nun keinen Hinweis dafür, daß unter Forderungen nur solche angesprochen sein sollen, die einen engeren Begriffsinhalt aufweisen. Ganz im Gegenteil: Die Verbindung bzw. Gegenüberstellung der ganz allgemein gehaltenen Begriffe "Verbindlichkeiten" und "Forderungen" lassen auf einen weiten Begriffsinhalt schließen, denn ebenso wie unter den Begriff "Verbindlichkeiten" verschiedenste Passivposten subsumierbar sind, umfaßt auch der Begriff "Forderungen" eine Vielzahl verschiedener Aktivposten. Geht man vom Gesetzeszweck aus, wie er auch den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (476 BlgNR 15. GP) entnommen werden kann, so spricht dieser ebenfalls dafür, daß die im § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG verwendeten Begriffe "Verbindlichkeiten" und "Forderungen" lediglich durch das beiden gemeinsame zusätzliche Merkmal des Bestehens in ausländischer Währung einschränkend determiniert wird. Die betreffenden Ausführungen in den Erläuterungen lauten:

"Zu § 3:

...

Auslandsbeziehungen sollen überdies insoweit unberücksichtigt bleiben, als sie sich in der Bilanzsumme der Kreditunternehmung als Fremdwährungsverbindlichkeiten darstellen und ihnen entsprechende Fremdwährungsforderungen gegenüberstehen. Der Abzug sämtlicher Fremdwährungsverbindlichkeiten ist somit für jenen Fall vorgesehen, daß die Fremdwährungsforderungen mindestens diesen Betrag erreichen. Sind die Fremdwährungsforderungen kleiner als die Fremdwährungsverbindlichkeiten, dann soll nur der kleinere Betrag aus der Bilanzsumme ausgeschieden werden. ..."

Der Abzug sämtlicher Fremdwährungsverbindlichkeiten macht deutlich, daß der Begriff "Verbindlichkeiten" umfassend zu verstehen ist, was aber dann ebenso für den gegenübergestellten Begriff "Forderungen" gelten muß.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz betreffend den als Beilage angeschlossenen angefochtenen Bescheid war nur im Ausmaß von S 60,-- zuzusprechen, weil die Vorlage des angefochtenen Bescheides nur in einfacher Ausfertigung erforderlich war.