VwGH vom 13.10.1999, 93/13/0170
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde
1. des N und 2. der B, beide in W, beide vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien VI, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl. 6/3 - 3199/93-05, betreffend Umsatzsteuer, Gewerbesteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater der Zweitbeschwerdeführerin. Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die belangte Behörde zu Recht zwischen den beiden Beschwerdeführern das Bestehen einer Mitunternehmerschaft nach Art einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Jahr 1984 als erwiesen angesehen hat.
Dem Beschwerdefall liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom wurden die Beschwerdeführer u.a. für schuldig erkannt, das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB begangen zu haben. Dabei handelt es sich um gefälschte Weiterversandzeugnisse der Handelskammer Hamburg sowie um Scheinfakturen, die im Zusammenhang mit illegal nach Österreich verbrachtem Kaffee standen. Im Urteil wurde dazu festgestellt, dass die Beschwerdeführer namens einer nicht existenten Firma mit (angeblichem) Sitz in der Schweiz aufgetreten seien, und den Kaffee bei einer deutschen Firma bestellt hätten. Die gefälschten Urkunden seien von der Zweitbeschwerdeführerin den Zolldeklaranten übergeben worden, was zur Erteilung der Einfuhrbewilligung durch die österreichischen Zollbehörden geführt habe. In weiterer Folge habe die Zweitbeschwerdeführerin den Verkauf an verschiedene österreichische Kaffeeröstereien mittels von ihr ausgestellter Scheinfakturen organisiert. Die Bezahlung sei mittels Verrechnungsschecks erfolgt, die an die Zweitbeschwerdeführerin ausgehändigt worden seien. Diese habe die Schecks ihrem Konto gutschreiben lassen. Der weitere Geldfluss habe nicht mehr festgestellt werden können. Die Initiative für die Kaffeegeschäfte sei vom Erstbeschwerdeführer ausgegangen. Neben der Verhängung von Freiheitsstrafen wurden beide Beschwerdeführer zur ungeteilten Hand für schuldig erkannt, gemäß § 18 Abs. 1 Außenhandelsgesetz eine Wertersatzstrafe im Betrag von S 32,058.105,-- zu bezahlen.
In der Folge wurde bei den Beschwerdeführern über Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gemäß § 197 FinStrG eine Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG betreffend das Jahr 1984 vorgenommen.
Dabei wurden vom Prüfer nachstehende Feststellungen getroffen:
Das Gericht habe zu Recht erkannt, dass beide Beschwerdeführer an der Durchführung des Kaffeeschmuggels beteiligt gewesen seien. Die Beschwerdeführer hätten zwar stets bestritten, dass ihnen der wirtschaftliche Erfolg aus dem Kaffeeschmuggel zugekommen sei und einen "Herrn Huber" als jene Person namhaft gemacht, der das Unternehmen zuzurechnen sei. Es sei ihnen jedoch nicht gelungen, diese Angaben glaubhaft zu machen. (Der Sachverhaltsfeststellung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (Urteil vom ), dass dieser "Herbert Huber" nie existiert habe, gehört zu den aus den Verfahrensergebnissen gezogenen Schlüssen, die vom Oberlandesgericht als "überzeugend" bezeichnet wurden.) Der Prüfer gehe somit davon aus, dass beide Beschwerdeführer zu gleichen Teilen am Erfolg des Kaffeeschmuggels beteiligt gewesen seien und dass sie diese Tätigkeit im Rahmen einer Personenvereinigung (Mitunternehmerschaft) ausgeübt hätten.
Der Umsatz sei mit ca. S 69,000.000,-- und der gemeinsam erzielte Gewinn mit ca. S 17,000.000,-- aufgrund der vom Gericht zur Verfügung gestellten Unterlagen ermittelt worden.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide bzw. einen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 1984.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Bei der von der Abgabenbehörde unterstellten Personenvereinigung könne es sich mangels Vorliegens irgendwelcher Formalerfordernisse nur um eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (§ 1175 ABGB) handeln. Eine solche Gesellschaft entstehe durch Vertrag. Das Vorhandensein eines derartigen Vertrages sei jedoch nicht festgestellt worden; ein Vertrag existiere auch nicht. Allerdings sei es denkbar, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch stillschweigend begründet werde. Die Abgabenbehörde habe es aber unterlassen, die Beschwerdeführer darüber zu befragen, ob sie einen gemeinsamen Geschäftszweck verfolgt und ihre Mühe eingesetzt hätten. Tatsächlich habe der Erstbeschwerdeführer an den Urkundenfälschungen seiner Tochter nicht teilgenommen und für diese nur Hilfstätigkeiten erfüllt. Dies werde durch das Vorbringen des R.B. bestätigt, der vor der Bundespolizeidirektion ausgesagt habe, im Wesentlichen nur mit der Zweitbeschwerdeführerin Kaffeegeschäfte getätigt zu haben. In dieselbe Richtung wiesen die Angaben der R.Sch. sowie die der Zweitbeschwerdeführerin selbst. Lediglich G.K. habe den Erstbeschwerdeführer beschuldigt, an den Kaffeegeschäften mitgewirkt zu haben. Das Gericht habe zwar festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer an den Kaffeelieferungen beteiligt gewesen sei, "dies bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass er an einem möglicherweise entstandenen Gewinn beteiligt war oder gar eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zwischen ... (ihm) und ... (der Zweitbeschwerdeführerin) bestanden hat".
Es sei "äußerst merkwürdig", wenn sich die Abgabenbehörde ausschließlich auf die gerichtlichen Ermittlungen und Urteile stütze, selbst aber keine eigenen Überlegungen anstelle. Beide Beschwerdeführer seien vermögenslos und finanziell ruiniert. Hätten sie tatsächlich "einen Gewinn von rund S 20,000.000,-- erzielt, so erscheint der geschäftliche und persönliche Niedergang als logisch nicht nachvollziehbar". Außerdem hätten sich die Beschwerdeführer in einem solchen Fall "längst aus Österreich zurückgezogen".
In einer Stellungnahme zur Berufung bestritt der Betriebsprüfer, keine eigenen Erhebungen durchgeführt zu haben. Er habe mit beiden Beschwerdeführern gesprochen, doch sie hätten nur auf ihre Aussagen vor Gericht verwiesen, denen nichts hinzuzufügen sei. Aus diesen Gründen sei die Betriebsprüfung ausschließlich auf die vom Gericht zur Verfügung gestellten Unterlagen angewiesen gewesen. Durch die gemeinsam durchgeführten Kaffeegeschäfte seien die Beschwerdeführer nach außen als Gesellschaft in Erscheinung getreten. Es liege daher eine Mitunternehmerschaft vor. Auf den Vorhalt, es sei beabsichtigt, beiden Beschwerdeführern den wirtschaftlichen Erfolg des Kaffeeschmuggels zu gleichen Teilen zuzurechnen, sei lediglich mit den Worten reagiert worden: "Machen Sie doch was Sie wollen." Sollten die Beschwerdeführer den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Aktivitäten tatsächlich nicht lukriert haben, so müsse zumindest davon ausgegangen werden, dass ihnen der wahre Nutznießer der Geschäfte bekannt gewesen sei. Solange aber dieser "unbekannte Dritte" nicht namhaft gemacht werde, sei der wirtschaftliche Erfolg der Kaffeegeschäfte den beiden Beschwerdeführern zuzurechnen. Mit der Behauptung der völligen Mittellosigkeit könne die Absicht verfolgt werden, die Forderungen der öffentlichen Hand im Ausmaß von ca. S 50,000.000,-- nicht erfüllen zu müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Da die Beschwerdeführer auf die Stellungnahme des Betriebsprüfers, die ihnen vorgehalten worden sei, nicht reagiert hätten und "von der berufungswerbenden Seite, durch welche Unterlagen immer, Untermauertes nicht vorliegt", habe die Berufung nur abgewiesen werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer rügen zunächst, dass die belangte Behörde auf ihre Einwendungen im Berufungsverfahren nicht eingegangen sei. Diese Einwendungen erschöpften sich jedoch darin, die Sachverhaltsfeststellungen im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, die vom Oberlandesgericht als "überzeugend" bezeichnet worden waren, in Zweifel zu ziehen, ohne konkret Neues vorzubringen. Lediglich Vermutungen, die bei ihrer Verifizierung zu einer anderen Sachverhaltsannahme hätten führen können, wurden vorgebracht; auf die Stellungnahme des Betriebsprüfers wurde nicht reagiert.
Nun lag aber der rechtskräftigen Verurteilung der beiden Beschwerdeführer durch das Oberlandesgericht Wien (Urteil vom ) die Sachverhaltsfeststellung zugrunde, dass die Beschwerdeführer namens einer nicht existierenden schweizer Firma bei einer deutschen Firma Kaffee bestellt, diesen mit Hilfe gefälschter Urkunden nach Österreich eingeführt und hier an verschiedene Kaffeeröstereien verkauft hätten. Auch der entsprechende Geldfluss sei bis zur Zweitbeschwerdeführerin festgestellt worden; die Initiative für die Geschäfte sei vom Erstbeschwerdeführer ausgegangen.
An diese einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde gelegte Sachverhaltsfeststellung war die belangte Behörde gebunden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 90/13/0281, und vom , 95/13/0214).
Der abgabenrechtlich aus diesem Sachverhalt gezogene Schluss, dass mit den Kaffeegeschäften ein Gewinn angestrebt und auch tatsächlich erwirtschaftet wurde, sowie die Zurechnung dieses Gewinnes an die Beschwerdeführer, auf deren gemeinsame Aktivitäten der Gewinn zurückzuführen war, als gemeinschaftlich erzielte Einkünfte im Sinne des § 188 Abs. 1 lit. b BAO, verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen menschliches Erfahrungsgut.
Mangels jedweder Bereitschaft der Beschwerdeführer, im Rahmen der Betriebsprüfung an der Aufklärung jener Fragen mitzuwirken, die allenfalls zu einem anderen Ergebnis betreffend das Ausmaß des Gewinnes und dessen Zurechnung hätte führen können, vermag der Gerichtshof auch keine sonstigen wesentlichen Verfahrensmängel zu erkennen. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang die vom Betriebsprüfer wiedergegebene und unwidersprochen gebliebene Äußerung: "Machen Sie doch was Sie wollen", sowie die ebenfalls unwidersprochen gebliebene Aussage des Betriebsprüfers, beide Beschwerdeführer hätten im Zuge der Betriebsprüfung deponiert, sie hätten ihren Aussagen vor Gericht nichts mehr hinzuzufügen.
Das vage Vorbringen in der Berufung betreffend die Mitwirkung anderer Personen an den Geschäften und die Möglichkeit, dass diesen die daraus erwirtschafteten Erträge zugeflossen sein könnten, kann nicht als substantielles Vorbringen gewertet werden. Der Herr "Huber", der von den Beschwerdeführern ursprünglich als hinter den Kaffeegeschäften stehende Person bezeichnet worden war, existierte nach den gerichtlichen Feststellungen nicht (vgl. die Feststellung im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, S. 30 oben:
"Auch 'Herbert Huber' gibt es nicht").
In der Berufung wird zwar auf Seite 8 unten angedeutet, R.B. könnte als Nutznießer der Kaffeegeschäfte in Betracht kommen; unmittelbar anschließend wird aber ausgesagt, man wolle R.B. nicht "als Initiator oder gar Nutznießer der gesamten Manipulationen darstellen oder beschuldigen".
Wenn sich die belangte Behörde mit derart nebulosen Ausführungen nicht näher auseinander gesetzt hat, sondern die Feststellungen der Betriebsprüfung, die ihrerseits wiederum auf jenen des Gerichtes basierten, als erwiesen angenommen hat, so kann ihr keine Rechtswidrigkeit angelastet werden, die die Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Folge hätte.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am