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VwGH vom 24.01.1996, 93/13/0169

VwGH vom 24.01.1996, 93/13/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. L in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom , Zl. 6/3 - 3312/92-05, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Im Ergebnis einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung des im Handel und der Reparatur von Fernsehgeräten bestehenden Einzelhandelsunternehmens des Beschwerdeführers rechnete der Prüfer vom Beschwerdeführer in den Streitjahre getätigte Einlagen den im Unternehmen erwirtschafteten Umsätzen und Gewinnen mit der Begründung zu, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, die Herkunft der für die Einlagen verwendeten Mittel aufzuklären. Daß diese Mittel aus der Verwertung eines Vermögens des Beschwerdeführers in Rumänien stammten, habe der Beschwerdeführer nach Auffassung des Prüfers nicht ausreichend glaubhaft gemacht, weshalb angenommen werden müsse, daß die für die Einlagen verwendeten Mittel aus nicht erklärten Umsätzen und Gewinnen aus der gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers herrührten.

Gegen die daraufhin nach Wiederaufnahme des Verfahrens über Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1986 und 1987 ergangenen Abgabenbescheide der Streitjahre erhob der Beschwerdeführer Berufung. In dieser stellte er unter Vorlage von Urkunden die Geschichte des Erwerbes seines Vermögens in Rumänien dar und brachte vor, daß es ihm aus Anlaß seiner im Jahre 1981 gelungenen Ausreise aus Rumänien im Hinblick auf die strengen Überprüfungen der rumänischen Behörden nicht möglich gewesen sei, einen mehr als geringfügigen Geldbetrag aus Rumänien mitzuführen. Er habe einen Großteil des aus der Verwertung seines Vermögens in US-Dollar, Deutschen Mark und Schmuckstücken bestehenden Realisates bei Freunden und Bekannten zurücklassen müssen, wobei es ihm schließlich doch gelungen sei, in kleinen Schritten durch Mittelsmänner, so auch rumänische Staatsbürger, denen die Ausreise bewilligt worden sei, Vermögen im Gegenwert von ca. S 900.000,-- nach Österreich zu bringen. Zum Beweis für diese Behauptung beantragte der Beschwerdeführer die Vernehmung eines unter einer Wiener Anschrift wohnhaften Zeugen M.S. und eines unter einer Bukarester Anschrift wohnhaften Zeugen A.C., dessen Stelligmachung er der Behörde anbot. Des weiteren berief er sich auf Bankbelege aus dem Jahre 1982 und einen Beleg der Ö. aus dem Jahre 1984. Schon im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung hatte der Beschwerdeführer eine in rumänischer Sprache abgefaßte Erklärung eines M.M. vom samt beglaubigter Übersetzung vorgelegt, in welcher die Weitergabe entsprechender Vermögenswerte durch Mittelsmänner an den Beschwerdeführer im Zeitraum der Jahre zwischen 1982 und 1987 bestätigt worden war.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Der Begründung des angefochtenen Bescheides läßt sich entnehmen, daß die belangte Behörde "unter Beachtung des gesamten Akteninhaltes" erwog, daß es für ihre Entscheidung "unwesentlich" sei, "wie weit" die "ununterschriebene" Erklärung des M.M., "dessen Existenz durch nichts erwiesen" sei, "der Wahrheit entspricht und wie weit dies die vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen M.S. und A.C. (beide in Bukarest) bestätigen können". Denn daß das nach dem Beschwerdeführer in sein Unternehmen eingelegte Geld aus diesem Vermögen stamme, sei "trotz gebotener Gelegenheit unbewiesen". Die schriftlichen Belege des Beschwerdeführers seien für die Streitjahre nicht aussagekräftig. Die Herkunft der Mittel, die als Einlagen verwendet worden seien, sei demnach unbewiesen und die Annahme des Prüfers, daß sie aus dem geprüften Unternehmen stammten, naheliegend, zumal "die nicht unbeträchtliche Nichtordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen" unbestritten sei. Somit habe die Berufung nur abgewiesen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde seiner Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder jener seines Inhaltes begehrt; dem Inhalt seines Vorbringens nach erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben der Zuschätzungen zu Umsätzen und Gewinnen der Streitjahre mangels Vorliegens des von der belangten Behörde angenommenen Grundes zur Schätzungsberechtigung der Behörde als verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hielt es für unerheblich, ob die Behauptung des Beschwerdeführers zutrifft, daß er in der von ihm dargestellten Weise wieder in den Besitz seines in Rumänien zurückgelassenen Vermögens gelangt sei, weil damit nämlich noch nicht bewiesen wäre, daß die vom Beschwerdeführer in sein Unternehmen getätigten Einlagen aus diesem Vermögen stammten. Diese Begründung ist denkgesetzwidrig. Die Zurechnung der vom Beschwerdeführer getätigten Einlagen zu den im Unternehmen erwirtschafteten Umsätzen und Gewinnen aus dem Grunde ungeklärter Herkunft der für die Einlagen verwendeten Mittel steht zur Annahme des Vorhandenseins solcher Mittel aus den vom Beschwerdeführer behaupteten Umständen in einem logisch unauflöslichen Widerspruch. Verfügte der Beschwerdeführer über das ihm aus Rumänien zugekommene Vermögen, dann war die Herkunft der Mittel für die getätigten Einlagen nicht ungeklärt, sodaß der von der belangten Behörde gesehene Grund zur Schätzungsberechtigung nach § 184 Abs. 2 BAO diesfalls nicht bestand.

Sollte die belangte Behörde den Bekundungen des Beschwerdeführers über die Herkunft der Mittel für die Einlagen in sein Unternehmen in Wahrheit aber nicht geglaubt haben, dann wäre eine solche Beweiswürdigung Ergebnis eines grob mangelhaften Verfahrens gewesen. Für die Abstandnahme von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Beweise für die Wiedererlangung seines Vermögens aus Rumänien hätte ein gesetzlicher Grund im Sinne des § 183 Abs. 3 BAO nicht bestanden. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß der im angefochtenen Bescheid getroffene Hinweis auf den Wohnsitz BEIDER angebotener Zeugen in Bukarest ebenso aktenwidrig ist wie die Behauptung, daß die von M.M. erstattete Erklärung nicht unterfertigt worden sei, und daß auch die im angefochtenen Bescheid angedeuteten Zweifel über die Existenz des M.M. jeglicher Grundlage eines gesetzmäßigen Ermittlungsverfahrens entbehren.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, was der Verwaltungsgerichtshof, da die Rechtsfrage besonders einfach war, in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich darauf, daß der Schriftsatzaufwand nur in Höhe des verordneten Pauschalbetrages zugesprochen werden konnte, in welchem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist; an Stempelkosten stand lediglich ein Betrag von S 360,-- für die Beschwerde und ein solcher von S 60,-- für die in einfacher Ausfertigung erforderliche Vorlage des angefochtenen Bescheides zu, während die Vorlage der übrigen Beilagen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Umfang des Verfahrens über die Beschwerde nicht erforderlich war.