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VwGH vom 02.08.1995, 93/13/0167

VwGH vom 02.08.1995, 93/13/0167

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 10 - 133/1/93, betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , 90/13/0201, ÖStZB 1992, 848, verwiesen, mit welchem die Beschwerde der Ehegattin des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die im Instanzenzug ergangenen Bescheide über Einkommensteuer der Jahre 1979 bis 1986 sowie Einkommensteuervorauszahlungen 1989 abgewiesen worden ist. Der Abgabenbehörde war durch eine Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen in Bonn bekannt geworden, daß der Ehegattin des nunmehrigen Beschwerdeführers in den Jahren 1978 bis 1982 Geldmittel in der Höhe von rund S 5,000.000,-- zugeflossen waren, was die Ehegattin des Beschwerdeführers auch nicht bestritt. Die auf der Basis der zugeflossenen Gelder vorgenommene Schätzung der Einkünfte der Ehegattin des nunmehrigen Beschwerdeführers aus Kapitalvermögen durch Veranlagung zur Hälfte in tagfälligen Geldern und zur anderen Hälfte in Wertpapieren einschließlich gleichartiger Veranlagung der Zinsenerträge hat der Gerichtshof im genannten Erkenntnis als unbedenklich erachtet und die behördliche Beweiswürdigung als schlüssig angesehen, mit welchem dem Vorbringen der Ehegattin des nunmehrigen Beschwerdeführers, kostspielige Aufwendungen für Haus, Einrichtung und Auslandsreisen hätten die zugeflossenen Mittel aufgezehrt und ihre Veranlagung nicht zugelassen, kein Glauben geschenkt worden war. Der Gerichtshof hat es im genannten Erkenntnis auch nicht als rechtswidrig angesehen, daß die Abgabenbehörde vom Vorliegen hinterzogener Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO ausgegangen ist, und dazu darauf verwiesen, daß die Ehegattin des nunmehrigen Beschwerdeführers das ihr zugeflossene Geldvermögen in beträchtlicher Höhe zur Gänze nicht offengelegt und über ausdrückliches Befragen jedes Vorhandensein von ertragbringend angelegtem Geldvermögen geleugnet hatte, woraus die Abgabenbehörde zutreffend darauf schließen durfte, daß die Ehegattin des nunmehrigen Beschwerdeführers ihr Verhalten gegenüber den Abgabenbehörden darauf ausgerichtet hatte, die abgabenrechtlich maßgebenden Tatsachen vor diesen zu verbergen.

Nach dem Ergehen des genannten Erkenntnisses erließ das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin entsprechende Nachforderungen enthaltende Vermögensteuerbescheide, beginnend für den Veranlagungszeitraum des Jahres 1980, welche der Aktenlage nach in Rechtskraft erwachsen sind.

Mit Bescheid vom wurde gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes eingeleitet, daß er als Abgabepflichtiger vorsätzlicher unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch Abgabe unzutreffend erstellter Vermögensteuererklärungen zu den jeweils maßgebenden Stichtagen, in denen vorhandenes Kapitalvermögen keine oder nur zu geringe Berücksichtigung gefunden habe, bewirkt oder zu bewirken versucht habe, daß Vermögensteuer für die Veranlagungsjahre 1980 bis 1991 in jeweils noch festzustellender Höhe verkürzt festgesetzt worden sei, und hiedurch das Finanzvergehen der teilweise vollendeten, teilweise versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 FinStrG begangen habe. In der Begründung dieses Bescheides verwies das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz auf den sich aus dem hg. Erkenntnis vom , 90/13/0201, ergebenden Sachverhalt über das Verfügen der Ehegattin des Beschwerdeführers über Kapitalvermögen in Höhe von ursprünglich etwa S 5,000.000,--, welches den österreichischen Abgabenbehörden nicht einbekannt worden sei. In den Vermögensteuererklärungen zum jeweils 1. Jänner der Jahre 1980, 1981, 1983, 1984 und 1986 seien in der Rubrik "Kapitalvermögen" entweder keine, keine bestimmten oder zu geringe Beträge aufgelistet worden, sodaß es bei erklärungsgemäßer Veranlagung jeweils zu keiner Steuervorschreibung gekommen wäre; für das Jahr 1983 sei die Vermögensteuer tatsächlich mit S 0,-- festgesetzt worden. Die sich auf Grund der nunmehrigen Vermögensteuerveranlagung für die Jahre 1980 bis 1991 ergebenden Abgabenforderungen in Höhe von S 284.880,-- seien sowohl objektiv als auch subjektiv als hinterzogen anzusehen, da die Veranlagung nicht erklärungsgemäß vorgenommen habe werden können; für das Jahr 1983 liege angesichts der erklärungsgemäß erfolgten Veranlagung vollendete Abgabenhinterziehung vor, ansonsten sei es beim Versuch geblieben. Da dem Beschwerdeführer aus seinen eigenen Abgabenverfahren die Problematik einer Vermögensdeckungsrechnung bekannt gewesen sein mußte, müsse davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer von der Existenz des Kapitalvermögens seiner Ehegattin Kenntnis gehabt und auch über die Höhe der Freibeträge Bescheid gewußt habe. Aus einer trotz eines diesbezüglichen Bedenkenvorhaltes des Finanzamtes in die Vermögensteuererklärungen des Beschwerdeführers zu den Stichtagen und am vorgenommenen Aufnahme längst veräußerter Liegenschaften in Deutschland unter das Grundvermögen leuchte hervor, daß der Beschwerdeführer im vollen Wissen um die Unrichtigkeit seiner Angaben angesichts eines bereits im September 1986 gegebenen Wissensstandes die Abgabenbehörde dahin bestimmen habe wollen, die Vermögenswerte seiner Ehegattin aus der Bemessungsgrundlage der inländischen Besteuerung herauszunehmen. Gezeichnet war dieser Bescheid für den Vorstand durch den auch als Sachbearbeiter aufscheinenden Bediensteten des Finanzamtes Dr. X.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter eine als "Berufung" bezeichnete Administrativbeschwerde, welche er mit einem Ablehnungsantrag gegen den Organwalter des Finanzamtes Dr. Y. verband.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde als unbegründet ab. Begründend verwies die belangte Behörde erneut auf den Inhalt des hg. Erkenntnisses vom , 90/13/0201, und erachtete den Hinweis des Beschwerdeführers auf einen gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des betroffenen Abgabenverfahrens nicht dazu geeignet, die vorliegenden Verdachtsmomente zu entkräften, weil die Schlüssigkeit der als neu hervorgekommenen behaupteten Beweismittel im Rahmen des fortgesetzten Untersuchungsverfahrens zu klären sein werde und der Wortlaut des bekämpften Einleitungsbescheides diesem Umstand durch die Formulierung "in jeweils noch festzustellender Höhe" auch entsprechend Rechnung trage. Den von der Finanzstrafbehörde erster Instanz zum Vorliegen der Voraussetzungen der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer angestellten Erwägungen sei beizutreten. Ob dem Beschwerdeführer bei der Abgabe seiner Vermögensteuererklärungen, wie er nunmehr behaupte, ein entschuldbarer Rechtsirrtum unterlaufen sei, müsse den Ergebnissen des Untersuchungsverfahrens vorbehalten bleiben. Die Ablehnung des Organwalters der Finanzstrafbehörde erster Instanz Dr. Y. gehe ins Leere, weil Dr. Y. sofort nach Verständigung der Strafsachenstelle des Finanzamtes vom Verdacht des betroffenen Finanzvergehens seine Vertretung durch den Organwalter Dr. X. in die Wege geleitet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Abspruch über einen Ablehnungsantrag und auf Unterbleiben der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hiefür verletzt zu sein.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 72 Abs. 1 lit. e FinStrG haben sich die Organe der Finanzstrafbehörden der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 73 FinStrG steht dem Beschuldigten in jeder Lage des Verfahrens das Recht zu, am Verfahren beteiligte Organe der Finanzstrafbehörde mit der Begründung abzulehnen, daß Umstände der im § 72 bezeichneten Art vorliegen.

Nach dem letzten Halbsatz der Bestimmung des § 74 Abs. 2 FinStrG obliegt die Entscheidung über die Ablehnung des Vorstandes der Finanzstrafbehörde erster Instanz dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion.

Der Beschwerdeführer räumt ein, daß der von ihm bekämpfte erstinstanzliche Einleitungsbescheid vom Organwalter Dr. X. gezeichnet wurde und diesen auch als Sachbearbeiter ausweist. Er befürchtet aber, daß der von ihm abgelehnte Organwalter Dr. Y. "jedenfalls hinter dem behördlichen Willen" stehe; da der Beschwerdeführer schon einmal erwirken habe können, daß ein Finanzstrafverfahren an ein anderes Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz abgetreten worden sei, vermisse er eine ähnlich korrekte Vorgangsweise im vorliegenden Fall, weshalb er ein "vitales Interesse am Abspruch über seinen Befangenheitsantrag" habe.

Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß nur ein Organwalter, nicht aber eine Behörde befangen sein kann, sodaß sich auch die von einer Partei erklärte Ablehnung nur auf einen Organwalter und nicht die Behörde zu beziehen hat (vgl. die bei Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Anm. 7 zu §§ 72 - 74 FinStrG, wiedergegebene Judikatur). Der Beschwerdeführer hat richtigerweise auch nicht das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz, sondern nur dessen Organwalter Dr. Y. abgelehnt. Die gegen diesen Organwalter gerichtete Ablehnung ging aber, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, deswegen ins Leere, weil der betroffene Organwalter der gegen seine Person gerichteten Ablehnung zuvorgekommen und von sich aus in der im § 72 Abs. 1 lit. e FinStrG vorgesehenen Weise vorgegangen ist. Der nunmehr in der Beschwerde geäußerten Befürchtung, der abgelehnte Organwalter stehe "jedenfalls hinter dem behördlichen Willen", hätte der Beschwerdeführer durch Ablehnung sämtlicher Organwalter der betroffenen Finanzstrafbehörde erster Instanz rechtzeitig Ausdruck verleihen können. Dies hat er aber nicht getan. Daß ein Abspruch über seinen zufolge zuvoriger Vorgangsweise des abgelehnten Organwalters nach § 72 Abs. 1 lit. e FinStrG obsolet gewordenen Ablehnungsantrag bescheidmäßig nicht getroffen wurde, hat eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers ebensowenig bewirkt wie eine solche Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (vgl. dazu etwa auch das hg. Erkenntnis vom , 87/14/0134).

Die Anforderungen an Spruch und Begründung eines Bescheides über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens und die hiefür zu fordernden Voraussetzungen im Vorliegen hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte, welche die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände rechtfertigen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen bereits klargestellt (vgl. die bei Fellner, a. a.O., Anm. 7b und 7c zu §§ 80 - 84 FinStrG, wiedergegebene hg. Judikatur, sowie aus jüngster Zeit etwa die

hg. Erkenntnisse vom , 93/15/0071, und vom , 95/13/0112, auf welche Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Daß es dem Konkretisierungsgebot eines Einleitungsbescheides nicht widerspricht, die Höhe der dem Beschuldigten allenfalls vorzuwerfenden Abgabenverkürzung dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 f FinStrG vorzubehalten, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im letztgenannten Erkenntnis ausdrücklich ausgesprochen. Für die Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer das im Einleitungsbescheid genannte Finanzvergehen in der Begehungsform der Vollendung des Deliktes oder nur in jener des Versuches gegebenenfalls vorgeworfen werden kann, hat angesichts der Bestimmung des § 13 Abs. 1 FinStrG nichts anderes zu gelten; im Beschwerdefall konnte diese Frage dem Beschwerdeführer angesichts der unmißverständlichen Darlegungen in der Begründung der Bescheide beider Instanzen im übrigen nicht unklar sein. Das Vorbringen des Beschwerdeführers schließlich, mit welchem er die behördliche Beweiswürdigung über das Vorliegen eines ausreichenden Tatverdachtes in objektiver und subjektiver Hinsicht als unschlüssig darzustellen versucht, ist nicht geeignet, dem verfolgten Zweck zu dienen. Daß der Beschwerdeführer das aus den Mitteln seiner Ehegattin seiner Behauptung nach angeschaffte Haus mit ihr bewohnt und an den aus den Mitteln seiner Ehegattin finanzierten Reisen teilgenommen hat, spricht nicht gegen, sondern für die Annahme vorsätzlicher Erstattung unrichtiger Vermögensteuererklärungen, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend bemerkt, weil dem Beschwerdeführer gerade aus seiner Nutznießung der behaupteten Verwendung der Mittel seiner Ehegattin über deren Vorhandensein zwangsläufig Bescheid wissen mußte; daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom , 90/13/0201, im übrigen jene Beweiswürdigung der Abgabenbehörde für schlüssig gehalten hat, in welcher die Abgabenbehörde der vom Beschwerdeführer auch nunmehr ins Treffen geführten Verwendung der Mittel seiner Ehegattin nicht geglaubt hat, ist zudem noch in Erinnerung zu rufen. Es begegnet somit auch die im nunmehrigen Beschwerdefall vorgenommene behördliche Beweiswürdigung, welche zur Annahme eines für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer ausreichenden Tatverdachtes geführt hat, keinen vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm aufgetragenen Schlüssigkeitskontrolle aufzugreifenden Bedenken.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.