VwGH vom 22.12.2004, 2002/08/0232
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der K in N, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Lugeck 7/14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 15-II-G 49/2001, betreffend Begünstigung gemäß §§ 500 ff ASVG (mitbeteiligte Partei:
Pensionsversicherungsanstalt, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Vorgeschichte dieses Beschwerdefalls ist dem Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0228, 0229, zu entnehmen; daraus ist für den vorliegenden Beschwerdefall Folgendes noch von Bedeutung:
Der nach der Aktenlage zumindest seit 1914 in Österreich lebende britische Staatsbürger Ernest Albert M. führte schon 1922 in K eine Teppicherzeugung und ab 1937 in W einen Betrieb der Erzeugung von Garnen, Watte und Reißwolle. Im April 1938 kehrte Ernest Albert M. mit seiner Familie nach England zurück. Der Beschwerdeführerin ist seine Tochter. Sie wurde im Jahre 1926 geboren.
Unbestritten ist, dass die Eltern der Beschwerdeführerin nicht jüdischer Abstammung waren.
Mit Bescheid vom wies die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Begünstigung gemäß §§ 500 ff ASVG für die Zeit vom bis ab. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass sie nicht dem gemäß § 500 ASVG zu begünstigenden Personenkreis angehöre, weil sie keinen Nachteil in seinen sozialversicherungsrechtlichen Verhältnissen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen erlitten habe. Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch.
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.
Mit dem eingangs erwähnten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid (und einen weiteren, den Bruder der Beschwerdeführerin betreffenden Bescheid) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Er hat das Unterbleiben der Einvernahme der Beschwerdeführerin und die in der Begründung des Einspruchsbescheides erfolgte Verweisung auf den Inhalt von anderen Bescheiden, die Geschwister der Beschwerdeführerin betrafen und ihr nicht zugestellt worden waren, als wesentliche Verfahrensmängel beurteilt und sich dann in der Rechtsfrage wie folgt geäußert:
"Sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Auffassung der belangten Behörde, konkrete Verfolgungshandlungen gegen ihren Vater seien nicht nachgewiesen worden. Es sei ihnen wohl nicht zuzumuten gewesen, dass ihre Familie so lange zugewartet hätte, bis Repräsentanten des NS-Regimes an die Tür geklopft hätten und eine Flucht dann wohl nicht mehr möglich gewesen wäre. Auf Grund der historischen Tatsachen könne davon ausgegangen werden, dass im Falle der unterbliebenen Flucht die Familie der Beschwerdeführer als englische Staatsbürger bei Kriegsausbruch interniert worden wären. Die behauptete aktuelle und unmittelbar drohende Verfolgung ihrer Familie sei durch den Zeitungsartikel aus dem Jahr 1938 belegt. Darüber hinaus werde gerügt, dass die belangte Behörde mangels eigener Spezialkenntnisse einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Zeitgeschichte beizuziehen gehabt hätte.
...
Soweit ... die Frage, ob ein Begünstigungstatbestand vorliegt, auch in den vorliegenden Beschwerdefällen von der in der bisherigen Rechtsprechung noch nicht beantworteten Frage abhängt, ob einer Person englischer Staatsangehörigkeit nach dem und im weiteren Verlauf des Frühjahrs 1938 ganz allgemein wegen dieser Staatsangehörigkeit Verfolgungsmaßnahmen drohten, sei es, dass sie Gefahr lief, gezielt boykottiert und damit ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt zu werden, sei es auf andere Weise, gleichen diese den mit Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0197, 0198 behandelten Beschwerdefällen der Geschwister der Beschwerdeführer. Die belangte Behörde wird daher auch in den vorliegenden Fällen die zur Klärung dieser Frage notwendigerweise zu berücksichtigenden historischen Gegebenheiten zu recherchieren und die Ergebnisse ihrer Ermittlungen in ihre Erledigung im zweiten Rechtsgang einzubeziehen haben."
In seinem - Geschwister der Beschwerdeführerin betreffenden - Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0197, 0198, auf welches er im Vorerkenntnis vom im soeben wiedergegebenen Zusammenhang verwiesen hat, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu Folgendes ausgeführt:
"(Es) ...wird behauptet, dem Vater der Beschwerdeführer sei wegen seiner Weigerung, sich naturalisieren zu lassen, d.h. die hiesige Staatsbürgerschaft anzunehmen, gedroht worden und es sei wegen seiner ausländischen Staatsangehörigkeit sein Betrieb boykottiert worden. Diese Repressalien wären aber nur unter der Voraussetzung begünstigungsrechtlich relevant, wenn in der Zeit vom bis zur Auswanderung eine allgemeine Verfolgungsgefahr für Ausländer, insbesondere Engländer bestand. Ob deshalb eine solche allgemeine Verfolgungsgefahr angenommen werden kann, ist klärungsbedürftig. Es hängt somit das Problem, ob ein Begünstigungstatbestand vorliegt, von der in der bisherigen Rechtsprechung - soweit ersichtlich - noch nicht beantworteten Frage ab, ob einer Person englischer Staatsangehörigkeit nach dem und im weiteren Verlauf des Frühjahrs 1938 ganz allgemein wegen dieser Staatsangehörigkeit Verfolgungsmaßnahmen drohten, sei es, dass sie Gefahr lief gezielt boykottiert und damit ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt zu werden, sei es auf andere Weise. In dieser Hinsicht erweist sich die Rüge als berechtigt: die belangte Behörde hat aus ihren Tatsachenfeststellungen über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Vaters der Beschwerdeführer die Schlussfolgerung gezogen, dass eine ‚konkrete, objektiv begründete Verfolgungsgefahr des Vaters ... aus politischen Gründen nicht bestanden hat'. Sie hat aber in diesem Zusammenhang die Frage der allgemeinen Verfolgungsgefahr außer Acht gelassen und auch keine geeigneten Ermittlungen (z.B. durch Nachfrage bei einer mit der Geschichte dieser Zeit befassten Institution, wie z.B. dem 'Dokumentationsarchiv des österr. Widerstandes' oder bei einem Universitätsinstitut für Zeitgeschichte) angestellt. Selbst wenn nämlich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Vaters der Beschwerdeführer für dessen Entschluss zur Ausreise maßgeblich gewesen sein sollte, würde dies (nicht anders als im Falle der Ausreise von Personen jüdischer Abstammung, die sich infolge der Ereignisse des in bereits längere Zeit bestandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben) dann nicht schaden, wenn auch eine allgemeine Verfolgungsgefahr für Personen mit englischer Staatsangehörigkeit zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hätte. Ob dies der Fall war, ist dem Verwaltungsgerichtshof aus eigenem nicht bekannt. Da die Forschungen auf diesem Gebiet gerade in den letzten Jahren besonders intensiviert worden sind, kann diese Frage ohne Befassung zuständiger Fachleute jedenfalls nicht von vornherein verneint werden. Die belangte Behörde hätte daher die Aufgabe gehabt, die zur Klärung dieser Frage notwendigerweise zu berücksichtigenden historischen Gegebenheiten zu recherchieren."
Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren zunächst Stellungnahmen der Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes vom und des Institutes für Zeitgeschichte der Universität Wien vom eingeholt. Der Inhalt dieser Stellungnahmen - sie sind im Erkenntnis betreffend den Bruder der Beschwerdeführerin vom heutigen Tag. Zl. 2002/08/0231 im Wortlaut wiedergegeben - läuft auf das Wesentliche zusammengefasst übereinstimmend darauf hinaus, dass im fraglichen Zeitraum für Personen englischer Staatsangehörigkeit auf dem Gebiet der so genannten "Ostmark" keine allgemeine Verfolgungsgefahr bestanden hat.
Der Beschwerdevertreter legte mit Schreiben vom eine Erklärung der Beschwerdeführerin und ihres Bruders in englischer Sprache vor, worin im Wesentlichen über (fremdenfeindliche und) brutale körperliche Belästigungen durch Mitschüler auf dem Schulweg berichtet wird. Beide bezeichnen ihre letzten Schultage in Österreich als ängstigend.
Auf Grund eines Rechtshilfeersuchens der belangten Behörde teilte das Österreichische Generalkonsulat in London mit, dass eine Anreise der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen sei, diese aber eine schriftliche Stellungnahme übermittelt habe. In dieser Stellungnahme vom beklagt die Beschwerdeführerin die unfaire Behandlung ihres Vaters durch die lokalen Behörden, welche seine geschäftlichen Aktivitäten hintertrieben hätten. Im März oder April 1938 sei ihrem Vater offen gesagt worden, dass seine Weigerung, die Staatsbürgerschaft (gemeint offenbar: des damaligen Deutschen Reichs) anzunehmen, würde die Dinge für ihn und seine Familie "sehr schwierig" machen.
Der Beschwerdevertreter erstattete eine Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin erneut abgewiesen. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens begründet die belangte Behörde (unter weitgehender Verwendung der sprachlich nicht an das Geschlecht der Beschwerdeführerin angepassten Begründung des Bescheides in der Rechtssache ihres Bruders) ihren Bescheid im Wesentlichen wie folgt:
"Auch nach dem nunmehr durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren ist eine konkrete, individuelle Verfolgung des Vaters des Begünstigungswerbers aus politischen Gründen - auch von lokalen Funktionären und Parteimitgliedern der (Beschwerdeführerin) NSDAP - nicht nachgewiesen. Das Vorbringen von Ernest M, einem Bruder (der Beschwerdeführerin), in seinem Schreiben vom , dass der Vater (der Beschwerdeführerin) auf Grund seiner Geschäftsverbindungen mit Juden, seiner freundschaftlichen Beziehung mit dem Bürgermeister, der der christlichen Partei angehört habe und auf Grund seiner Weigerung, die inländische Staatsbürgerschaft anzunehmen, von den Behörden der damaligen Machthaber im Staat bedroht worden sei, war bereits im Vorverfahren bekannt und ist nach wie vor durch nichts bewiesen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Ernest M nach eigener Aussage anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme in der österreichischen Botschaft in London vom über eine konkrete Verfolgung seines Vaters aus eigener Wahrnehmung keine Auskunft geben konnte. Ebenso konnte Theresia B, eine Schwester (der Beschwerdeführerin), anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme in der österreichischen Botschaft in London vom über konkrete Maßnahmen der damaligen Behörden gegen ihren Vater keine Auskunft gegeben. Da sich somit beide Geschwister an konkrete Verfolgungshandlungen der damaligen Machthaber nicht erinnern konnten, sah die angerufene Behörde keine Notwendigkeit, die beiden Genannten noch einmal im Amtshilfeweg einzuvernehmen.
Zu der Behauptung des Begünstigungswerbers, dass Schikanen und Bedrohungen von einigen Lehrern und Mitschülern sowie Boykottmaßnahmen von einigen Lebensmittelhändlern erfolgt seien, ist festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei einer Begünstigung aus politischen Gründen die Notwendigkeit besteht, dass konkrete Verfolgungshandlungen aus politischer Motivation durch die damaligen Träger der Macht im Staate als Bewahrer der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung gesetzt wurden oder zu fürchten waren. Die ... geltend gemachten Übergriffe wurden jedoch nach der Aktenlage von Staatsorganen weder veranlasst noch bewusst geduldet.
Das neue Vorbringen, bei dem offensichtlich der entsprechende Hinweis im Gutachten des Institutes für Zeitgeschichte der Universität Wien vom aufgegriffen wurde, dass die Bedrohungen und Schikanen gegenüber der Familie des Begünstigungswerbers allenfalls auch auf dem Vornamen der Großmutter (der Beschwerdeführerin), die Sarah hieß, beruht hätten, weil dies auf eine mögliche jüdische Herkunft schließen ließ, ist ebenfalls durch nichts belegt. Insbesondere liegt kein Nachweis dafür vor, dass den damaligen Behörden dieser Vorname überhaupt bekannt war. Auch lässt der Name Sarah nicht zwingend auf eine jüdische Abstammung schließen, sondern ist in England ein durchaus gebräuchlicher Vorname.
Die angerufene Behörde geht nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens unverändert davon aus, dass der Vater des Begünstigungswerbers aus wirtschaftlichen Gründen im April 1938 Österreich mit seiner Familie verlassen hat.
Nach den eingeholten Gutachten des Institutes für Zeitgeschichte der Universität Wien vom und der Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes vom ist nun aber auch geklärt, dass in der Zeit vom bis zur Auswanderung der Familie (der Beschwerdeführerin), keine allgemeine Verfolgungsgefahr für Ausländer, insbesondere Engländer, in Österreich bestanden hat. Demnach war auch für die in Österreich mit britischer Staatsbürgerschaft lebende Familie M keine allgemeine Gefährdung aus politischen Gründen gegeben gewesen, da eine jüdische Abstammung der Familie nicht behauptet wird.
Somit liegt im vorliegenden Fall weder eine konkrete Verfolgung noch eine allgemeine Verfolgungsgefahr aus politischen Gründen vor, weshalb kein begünstigungsfähiger Tatbestand gegeben ist und dem Einspruch der Erfolg versagt bleiben musste."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 500 ASVG werden Personen, die in der Zeit vom bis aus politischen Gründen - außer wegen nationalsozialistischer Betätigung - oder religiösen Gründen oder aus Gründen der Abstammung in ihren sozialversicherungsrechtlichen Verhältnissen einen Nachteil erlitten haben, nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 501, 502 Abs. 1 bis 3 und 5 und 506 ASVG, Personen, die aus den angeführten Gründen ausgewandert sind, nach den §§ 502 Abs. 4 bis 6, 503 und 506 ASVG begünstigt. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich strittig, ob der Vater der Beschwerdeführerin - und damit auch diese - im April 1938 aus politischen Gründen aus Österreich ausgewandert ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0197, 0198, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0102, bekräftigt hat, umfassen die politischen Gründe des § 500 ASVG auch die Gründe der Nationalität. Unter den in § 500 Abs. 1 ASVG genannten politischen Gründen kann nicht schon eine politische Überzeugung oder die Mitgliedschaft zu einer bestimmten politischen Partei verstanden werden, sondern nur eine konkrete politische Verfolgung oder die begründete Gefahr einer solchen. Dies bedeutet zwar nicht, dass die Annahme einer konkreten politischen Verfolgung oder der begründeten Gefahr einer solchen überhaupt nur dann in Betracht kommen kann, wenn die betreffende Person konkrete, also im weitesten Sinne als politisch anzusehende Handlungen gegen die NS-Machthaber gesetzt hat. Eine Verfolgung aus politischen Gründen - so schloss der Verwaltungsgerichtshof diesen Teil seiner Begründung im genannten, den Bruder der Beschwerdeführerin betreffenden Vorerkenntnis vom - konnte daher nur dann vorliegen, wenn entweder der Vater der Beschwerdeführerin konkret verfolgt worden wäre oder wenn für sie eine - wenn auch noch nicht konkretisierte - allgemeine Verfolgungsgefahr bestanden hätte.
Die belangte Behörde hat diese Frage nach Verfahrensergänzung im zweiten Rechtsgang neuerlich verneint und sich dabei auf die von ihr eingeholten Stellungnahmen des DÖW und des Institutes für Zeitgeschichte gestützt.
Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, dass diese Äußerungen unschlüssig wären, und sie trat ihnen im Verfahren vor der belangten Behörde der Sache nach auch nicht entgegen. Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, dass im fraglichen Zeitraum des Jahres 1938 keine allgemeine Gefahr einer Verfolgung für Personen ausländischer, insbesondere englischer Staatsangehörigkeit auf dem Gebiet des heutigen Österreich festgestellt werden kann.
In der Beschwerde wird in diesem Zusammenhang zunächst darauf verwiesen, dass in der Stellungnahme des Institutes für Zeitgeschichte unter Hinweis auf den Vornamen der Großmutter "Sarah" auf eine "mögliche jüdische Herkunft" aufmerksam gemacht worden sei, ohne allerdings weitere Schlussfolgerungen aus diesem Hinweis zu ziehen.
In der Beschwerde wird ferner - auf das Wesentliche zusammengefasst, teils unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften, teils der Rechtswidrigkeit des Inhaltes - aber auch gerügt, die Behörde habe Einvernahmen der Geschwister der Beschwerdeführerin mit der Begründung unterlassen, diese hätten schon bei früheren Einvernahmen im Jahre 1997 nichts zur Frage der Verfolgung ihres Vaters beitragen können. Als Beweisthema, dem diese Einvernahmen hätten dienen sollen, nennt die Beschwerdeführerin die Boykotmaßnahmen, Bedrohungen einzelner Familienmitglieder sowie feindselige Handlungen, vor allem in der Schule durch Mitschüler und Lehrer. Die Beschwerdeführerin äußert auch die Vermutung, die Behörden hätten wegen des Vornamens der Großmutter die Beschwerdeführerin "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" für jüdisch halten können, wobei sie den "präsumptiven Bildungshorizont eines Nazifunktionärs im Weinviertel des Jahres 1938" in Rechnung gestellt wissen möchte.
Mit der damit aufgeworfenen Frage der Umschreibung des durch die §§ 500 ff ASVG begünstigten Personenkreises hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem die Rechtssache des Bruders der Beschwerdeführerin betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2002/08/0231, ausführlich beschäftigt: Danach setzt eine zu einer Entschädigung führende Auswanderung im Sinne des § 502 Abs. 4 ASVG voraus, dass sie entweder auf eine gleichsam typisierte (dh. ohne dass eine Untersuchung der jeweils konkreten und individuellen Motive stattfinden muss) und allgemeine, wenngleich noch nicht verwirklichte Gefahr der Verfolgung durch staatliche Organe (zB für Personen jüdischer Abstammung oder für Funktionäre politischer Parteien) zurückgeführt werden kann oder wenn sie in Reaktion auf die dem Betreffenden oder seiner Familie aus einem der Gründe des § 500 ASVG entweder konkret drohenden oder sich bereits manifestiert habenden Handlungen erfolgt, die Funktionsträgern der staatlichen Gewalt zurechenbar sind.
Die genannten Voraussetzungen treffen für die von der Beschwerdeführerin geschilderten Belästigungen und Übergriffe, einschließlich des behaupteten geschäftlichen Boykotts aber nicht zu, mögen diese von ihr und ihrer Familie auch zu Recht als Verfolgungshandlungen empfunden und zum Anlass genommen worden sein, das Land zu verlassen. Auf die nähere Begründung des erwähnten Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2002/08/0231, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Die Unterlassung der neuerlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin und ihres Bruders konnte daher für das Ergebnis des Verfahrens nicht von Relevanz sein.
Da sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis als frei von Rechtsirrtum erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am