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VwGH vom 01.07.2003, 98/13/0214

VwGH vom 01.07.2003, 98/13/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde der R GenmbH, vertreten durch Dr. Michael Buresch und Dr. Ilse Korenjak, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Fichtegasse 2A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom , Zl. GA 11-96/2180/04, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1992 und 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer bei der beschwerdeführenden Genossenschaft durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung vertraten die Prüfer unter anderem die Ansicht, dass die Aufwendungen anlässlich der (erstmalig im Jahr 1992) erfolgten Bildung von Rückstellungen für Jubiläums- (rund S 700.000,--) und Urlaubsgelder (rund S 2,8 Mio) unter Berücksichtigung des bei der steuerlichen Gewinnermittlung zu beachtenden so genannten Nachholverbotes, welches sich aus dem Prinzip der Periodenrichtigkeit der Gewinnermittlung ableite, den steuerlichen Gewinn nur insoweit mindern dürften, als die Zuführung wirtschaftlich auf das betreffende Wirtschaftsjahr entfalle. Dies habe unabhängig von der Handelsbilanz, also auch in der durch die Bestimmungen des Art X Abs. 1 des (erstmalig für 1992 geltenden) Rechnungslegungsgesetzes (RLG) vorgeschriebenen Aufstockungsphase, zu gelten. Es seien daher die auf Vorperioden entfallenden Beträge außerbilanzmäßig auszuscheiden. Die Prüfer verweigerten überdies die Zustimmung zu einer im Hinblick auf die Gewinnerhöhung durch die unterbliebene Anerkennung von Teilen der Dotierungen der Jubiläumsgeld- und Urlaubsgeldrückstellung geltend gemachten Bilanzänderung betreffend eine zusätzliche Dotierung einer Rücklage gemäß § 12 EStG, weil die bei der Veräußerung eines Mühlenrechtes aufgedeckten stillen Reserven bereits zum Zeitpunkt der Bilanzierung zur Gänze (und nicht nur teilweise) hätten übertragen werden können, das Unternehmen sein Wahlrecht aber anders ausgeübt habe. Der Antrag auf Bilanzänderung diene lediglich der Steuerersparnis.

Das Finanzamt folgte der Ansicht der Prüfer und erließ entsprechende Bescheide.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung - abgesehen von im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittigen Punkten - abgewiesen.

Hinsichtlich der Jubiläumsgeldrückstellung stützte sich die belangte Behörde unter anderem auf das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0015, in welchem der Verwaltungsgerichtshof - ausgehend von seiner Rechtsprechung zu einer Verpflichtung zur Bildung einer Rückstellung für Zuwendungen anlässlich von Arbeitnehmerjubiläen in einem gleich gelagerten (ebenfalls das Jahr 1992 betreffenden) Fall - zum Ausdruck gebracht hat, dass die bisher unterlassene Rückstellungsbildung jedenfalls unter das Nachholverbot fällt. Hinsichtlich der Urlaubsgeldrückstellung vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass das Prinzip der periodengerechten Gewinnabgrenzung bei der Passivierung rückständiger Urlaube eine gewinnmindernde Erfassung nicht verbrauchter Urlaubsansprüche aus den Vorjahren ausschließe. Das Verbot, eine Passivierung rückständiger Urlaube aus den Vorjahren nachzuholen, gelte auch in Fällen, in denen der Steuerpflichtige im Rahmen des früheren Passivierungswahlrechtes erstmals von der Möglichkeit einer Rückstellungsbildung für nicht verbrauchte Urlaube Gebrauch mache oder auf Grund des Rechnungslegungsgesetzes auf die Rückstellungsbildung habe übergehen müssen. In solchen Fällen könnten die auf den Urlaubsrückstand der Vorjahre entfallenden Rückstellungsteile nur steuerneutral gebildet werden. Das Nachholverbot könne in den genannten Fällen nicht dazu führen, dass die steuerneutral gebildeten Rückstellungsteile im Zuge des späteren Urlaubsverbrauches gewinnerhöhend aufgelöst würden. Die Auflösung der steuerneutral gebildeten Rückstellungsteile habe hier ebenfalls nur steuerneutral zu erfolgen. Soweit hinsichtlich der beiden in Rede stehenden Rückstellungen in Zusammenhang mit dem Nachholverbot in der Berufung eingewandt worden sei, dass der Gesetzgeber für den Fall des Ausschlusses der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz Vorkehrungen in Form von Sondervorschriften hätte treffen müssen, sei dem entgegenzuhalten, dass eine von den das Prinzip der Periodenreinheit manifestierenden Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und § 5 EStG abweichende steuerrechtliche Regelung nicht beabsichtigt gewesen sei und daher kein Bedarf nach einer steuerrechtlichen Ausnahmebestimmung hinsichtlich der Rückstellungsbildung bestanden habe.

Zur beantragten Bilanzänderung führte die belangte Behörde aus, ein wirtschaftlicher Grund für eine solche sei in dem Vorbringen, die Bildung der Rücklage gemäß § 12 EStG wäre anders erfolgt, hätte man die steuerlichen Auswirkungen des von den Prüfern festgestellten Nachholverbotes in Betracht gezogen, nicht zu sehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

1) Jubiläumsgeldrückstellung:

In seinem Erkenntnis vom , 97/14/0015, hat der Verwaltungsgerichthof ausgesprochen, dass im Hinblick auf die bereits vor Inkrafttreten des RLG (für Unternehmen, die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln) bestehende Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich von Arbeitnehmerjubiläen, zu deren Bezahlung der Arbeitgeber verpflichtet ist (vgl das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0073) die bisher unterlassene Rückstellung jedenfalls und ungeachtet des Art. X Abs. 1 RLG unter das Nachholverbot fällt. Der Beschwerdeführerin ist diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach dem Beschwerdevorbringen bekannt, sie deponiert jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof "angesichts der vorgebrachten Argumente" noch einmal seine in den "bisherigen Erkenntnissen zu Jubiläumsgeldern" geäußerte Rechtsansicht überdenken möge. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aber auch unter Berücksichtigung der diesbezüglich angesprochenen Argumente nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung abzugehen, weil die Beschwerdeführerin weitgehend das Bestehen der steuerrechtlichen Pflicht zur Bildung einer entsprechenden Rückstellung vernachlässigt.

2) Urlaubsgeldrückstellung:

Diesbezüglich geht die Beschwerdeführerin - wie auch die belangte Behörde - davon aus, dass hinsichtlich der Bildung einer Rückstellung für nicht verbrauchte Urlaube jedenfalls bis einschließlich des Jahres 1991 (auch für Unternehmen, die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln) steuerlich ein Wahlrecht bestand. Erst mit Inkrafttreten des RLG sei eine Verpflichtung zur Bildung einer solchen Rückstellung entstanden.

Es trifft zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 1138/72, (Slg. Nr. 4635/F), in einem Fall, in welchem das Urlaubsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni des folgenden Jahres dauerte (Bilanzstichtag war der 31. 12.), zum Ausdruck gebracht hat, dass man davon werde ausgehen müssen, dass eine Verpflichtung zur Abgrenzung der Urlaubsansprüche nicht besteht, weil sich in der Regel die zu aktivierenden und zu passivierenden Beträge weitgehend ausgleichen und die Berechnung dieser Abgrenzungsposten meist einen großen Zeitaufwand erfordert, der zu dem wirtschaftlichen Ergebnis in keinem angemessenen Verhältnis steht. Wenn sich der Steuerpflichtige aber zu einer solchen Periodengewinnabgrenzung entschließe, sei die Abgrenzung in aktiver und passiver Hinsicht vorzunehmen. Auch in seinem Erkenntnis vom , 88/13/0241, sah sich der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in welchem die Frage strittig war, ob in der Bildung einer Urlaubsgeldrückstellung eine Bilanzänderung oder eine Bilanzberichtigung zu sehen ist, nicht veranlasst, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Zutreffend wies allerdings Hofians, Steuerliche Behandlung von Urlaubsrückstellungen, ÖStZ 1986, 253, darauf hin, dass eine solche Abgrenzung nur bei unwesentlichen Ergebnisänderungen unterbleiben könne. Führe der nicht periodengerechte Anfall von Nichtleistungsentgelten zu wesentlichen Ergebnisverzerrungen, sei eine Abgrenzung im Sinne der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung durchzuführen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt vor dem Hintergrund seiner Erwägungen im zitierten Erkenntnis vom diese Ansicht.

Ein Sachverhalt, wie er dem zitierten Erkenntnis zu Grunde lag, liegt im Beschwerdefall, in welchem im Jahr 1992 erstmals eine Urlaubsgeldrückstellung im Ausmaß von rund S 2,8 Mio gebildet wurde, nicht vor. Auch der außerbilanzmäßig hinzugerechnete, auf Vorperioden entfallende Wert von rund S 1,1 Mio zeigt deutlich auf, dass im Beschwerdefall Urlaube in bedeutendem Umfang nicht konsumiert wurden und insofern bedeutende Ergebnisverzerrungen verursachten, welche im Sinne der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bereits vor dem Jahr 1992 zu berücksichtigen gewesen wären. Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene Bescheid auch in diesem Punkt als nicht rechtswidrig, weil damit auch hinsichtlich der nicht konsumierten Urlaubsansprüche von einer Verpflichtung zur Berücksichtigung bereits vor dem Inkrafttreten des RLG auszugehen ist.

3) Bilanzänderung:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine nach § 4 Abs. 2 EStG 1988 erforderliche Zustimmung zur Bilanzänderung vor allem dann gerechtfertigt, wenn stichhaltige, im Unternehmen, das den Gegenstand der Bilanzierung bildet, gelegene wirtschaftliche Gründe für die Bilanzänderung sprechen. Demgegenüber wird eine Bilanzänderung insbesondere dann zu Recht versagt, wenn dadurch in erster Linie Steuernachforderungen auf der Basis entsprechender Berichtigungen der Besteuerungsgrundlage ausgeglichen werden sollen.

In der Beschwerde wird - neben umfangreichen Ausführungen zum gegebenen Investitionsbedarf der Beschwerdeführerin - ausgeführt, dass es für den Fall der "Anerkennung des Nachholverbotes" bei den Jubiläums- und Urlaubsgeldrückstellungen durch den Wegfall der Betriebsausgabenwirkung zu einem hohen positiven Ergebnis und damit zu einer Steuernachzahlung in Höhe von rund S 700.000,-- kommen würde. Die Erhöhung der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage könnte durch eine nachträgliche Änderung der Bilanz in Form einer vollen Dotierung der § 12 Rücklage im Jahr 1992 kompensiert werden.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin auf, dass das Ziel ihres Bilanzänderungsbegehrens in erster Linie war, Steuernachforderungen auf der Basis entsprechender Berichtigungen der Besteuerungsgrundlage auszugleichen. Hinsichtlich des als wirtschaftlichen, im Unternehmen gelegenen Grundes behaupteten Investitionsbedarfes gelingt es der Beschwerdeführerin zudem nicht, aufzuzeigen, dass es hinsichtlich der Beurteilung dieses Investitionsbedarfes zwischen dem Zeitpunkt der Bilanzerstellung und dem Zeitpunkt des Bilanzänderungsantrages - mit Ausnahme der Erhöhung der Abgabenbemessungsgrundlagen aus Anlass der abgabenbehördlichen Prüfung - zu einer Änderung des Sachverhaltes gekommen wäre. Damit ist das Beschwerdevorbringen aber nicht geeignet, eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch die Verweigerung der Zustimmung zur Bilanzänderung durch die belangte Behörde darzutun.

Die Beschwerderüge, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Beschwerdeführerin durch die steuerliche Nichtanerkennung einer Bilanzberichtigung für die Jahre 1990 und 1991, Verweigerung der nach § 303 BAO beantragten Wiederaufnahme der Körperschaft-und Gewerbesteuerverfahren und durch die Nichtstattgabe einer gemäß § 236 beantragten Abgabennachsicht in ihren Rechten verletzt habe, ist schon deswegen verfehlt, weil der angefochtene Bescheid ausschließlich über Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge der Jahre 1992 und 1993 abspricht.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am