VwGH vom 17.09.1997, 93/13/0080
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der F GmbH in W, vertreten durch Dr. Georg Walderdorff, Rechtsanwalt in Wien III, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-771/93, betreffend Abgabennachsicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde ein Nachsichtsansuchen der beschwerdeführenden GmbH betreffend einen Säumniszuschlag im Ausmaß von S 838.057,-- abgewiesen. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß die (unbestritten rechtmäßige) Vorschreibung des Säumniszuschlages unbillig sei, und bekämpft mit diesem Argument den angefochtenen Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.
Die belangte Behörde vertritt den gegenteiligen Rechtsstandpunkt und beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin begründet ihre Rechtsansicht im wesentlichen wie folgt:
Aufgrund eines Veräußerungsgeschäftes "Ende 1991" zwischen der Beschwerdeführerin (als Verkäuferin) und ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft (Käuferin) sei es bei der Beschwerdeführerin zu einer Umsatzsteuernachforderung im Ausmaß von S 41,902.833,-- gekommen. (Der diesbezügliche Umsatzsteuerbescheid wurde am auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin verbucht.) Bei der Tochtergesellschaft habe sich durch den Vorsteuerabzug eine "die Vorauszahlungen übersteigende Gutschrift" im Ausmaß von insgesamt
S 44,107.540,-- ergeben. (Wirksam wurde diese Gutschrift mit der Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 1991 betreffend die Tochtergesellschaft.)
Bereits mit Schreiben vom sei ein Antrag auf Überrechnung eines Betrages von S 44,099.674,34 vom Abgabenkonto der Tochtergesellschaft auf jenes der Beschwerdeführerin gestellt worden. Da zu diesem Zeitpunkt noch kein entsprechendes Guthaben auf dem Abgabenkonto der Tochtergesellschaft bestanden habe, sei diesem Antrag jedoch nicht entsprochen worden. Die Überrechnung sei schließlich mit Wirkung vom vorgenommen worden.
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren zu Recht darauf hingewiesen, die Vorschreibung des Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO sei darauf zurückzuführen, daß "übersehen" worden sei, daß das Wirksamwerden der Gutschrift aus der Umsatzsteuererklärung der Tochtergesellschaft und die Fälligkeit der Nachforderung aus der Umsatzsteuererklärung der Beschwerdeführerin "auseinanderfallen". Sie erblickt die Unbilligkeit der Einhebung des Säumniszuschlages jedoch in der "abnormalen Belastungswirkung", die "eine konfiskatorische Besteuerung" zur Folge habe. Die Einhebung des Säumniszuschlages stehe in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen, die sich für den Steuerpflichtigen daraus ergeben. Es sei nämlich zu beachten, daß der Abgabengläubiger durch die Säumnis nicht geschädigt worden sei, weil der Nachforderung an Umsatzsteuer ein im selben Konzern wirksames Vorsteuerguthaben gegenübergestanden sei. Der Umstand, daß dieses Guthaben zunächst nur "theoretisch" bestanden habe, weil es erst mit dem Wirksamwerden des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1991 für die Tochtergesellschaft verfügbar geworden sei, sei zwar seiner zeitgerechten Verwendung zur Entrichtung der Umsatzsteuernachforderung der Beschwerdeführerin entgegengestanden; dies hindere aber nicht die Annahme einer Unbilligkeit im Einzelfall. Da der Säumniszuschlag ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht darstelle, sei seine Einhebung im vorliegenden Fall unbillig, weil dem Abgabenanspruch das zinslos zur Verfügung stehende Steuerguthaben - als solches bezeichnet die Beschwerdeführerin den latenten Anspruch auf Vorsteuerabzug seitens der Tochtergesellschaft - gegenübergestanden sei.
Die Beschwerdeführerin übersieht zweierlei:
Zum ersten handelt es sich bei der Beschwerdeführerin und ihrer Tochtergesellschaft um zwei unterschiedliche Steuersubjekte. Daran vermag auch ihre konzernmäßige Verflechtung nichts zu ändern. Eine gleichsam saldierende Betrachtungsweise kommt daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht. Denn bei verschiedenen durch wechselseitige Geschäfte verbundenen Unternehmen stehen regelmäßig
Umsatzsteuer-Zahlungsverpflichtungen
Vorsteuerabzugsberechtigungen einander gegenüber, ohne daß deswegen gesagt werden könnte, Säumniszuschläge, die auf nicht fristgerecht zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtete Umsatzsteuerzahlungen zurückzuführen sind, seien mit Rücksicht auf einen gleichzeitig einem anderen Unternehmen zustehenden aber noch nicht geltend gemachten bzw. realisierten Vorsteuerabzug unbillig.
Zum zweiten übersieht die Beschwerdeführerin, daß der Gesetzgeber bei der Regelung des § 217 BAO betreffend die Vorschreibung eines 2 %igen Säumniszuschlages offensichtlich bewußt und gewollt keine Limitierung des absoluten Ausmaßes nach oben hin vorgesehen hat. Von einer gesetzlich nicht beabsichtigten "abnormalen" bzw. der Säumnis in unangemessener Weise Rechnung tragenden Belastung kann daher keine Rede sein (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 93/13/0049). Die Beschwerdeführerin zeigt keine Umstände auf, die darauf hinweisen würden, daß in ihrem Fall ein vom Gesetzgeber nicht gewolltes Ergebnis eingetreten wäre. Insbesondere bringt sie keine Erklärung dafür vor, warum sie und ihre Tochtergesellschaft es verabsäumt haben, das Veräußerungsgeschäft dem Gesetz entsprechend bereits im letzten Voranmeldungszeitraum für das Kalenderjahr 1991 steuerlich zu erfassen. Bei Vermeidung dieses Fehlverhaltens wäre es unschwer möglich gewesen, durch einen zeitgerecht gestellten Überrechnungsantrag die ordnungsgemäße Entrichtung der Umsatzsteuer und damit die vorliegenden Säumnisfolgen hintanzuhalten.
Da die Beschwerdeführerin somit keine Unbilligkeit betreffend die Einhebung des Säumniszuschlages aufgezeigt hat, erweist sich ihre Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung, BGBl. Nr. 416/1994.