VwGH vom 16.05.2002, 98/13/0182
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl GA 16-96/3359/07, betreffend Feststellung der Einkünfte für 1993 (mitbeteiligte Partei: "DI XY und Mitges.", Architektengemeinschaft in W, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und Dr. Peter Karlberger, Rechtsanwälte in Wien 1010, Nibelungengasse 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der mitbeteiligten Partei, einer aus mehreren Architekten gebildeten "Arbeitsgemeinschaft Planung Neubau A.", wurde unter anderem festgestellt, dass das geprüfte Unternehmen im Jahr 1993 einen Übergangsgewinn (Übergang von § 4 Abs 1 EStG 1988 auf § 4 Abs 3 EStG 1988) in Höhe von rund 8,4 Mio S erklärt und dafür die Begünstigung des § 37 EStG 1988 beantragt habe. Der Prüfer vertrat die Ansicht, dass diese Begünstigung nicht zustehe, weil das Merkmal der Außergewöhnlichkeit mangels einer Zusammenballung von Einkünften fehle.
Das Finanzamt folgte im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte im Sinne des § 188 BAO für das Jahr 1993 dieser Ansicht.
Mit dem im Jahr 1998 an die "DI X., Y. und Mitges." zu Handen deren steuerlichen Vertreter ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einer dagegen erhobenen Berufung Folge. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass es bei fortgedachter Gewinnermittlung nicht zu einer den Übergangsgewinn überwiegend verursachenden Auflösung der Gewährleistungsrückstellung gekommen wäre, weshalb eine Außerordentlichkeit der Einkünfte gegeben sei. In der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides wird unter anderem ausgeführt, die Berufungswerberin sei eine Arbeitsgemeinschaft, welche "mit aufgelöst und durch eine Haftungsgemeinschaft ersetzt" worden sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Präsident der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gemäß § 292 BAO Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die mit der "Personsumschreibung" getroffene Wahl des Normadressaten ist wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges Inhaltserfordernis eines individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal (vgl. den hg. Beschluss vom , Slg. Nr. 6881/F).
Der Feststellungsbescheid ergeht gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO in den Fällen des § 188 an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.
§ 191 Abs. 2 BAO lautet:
"Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid an diejenigen zu ergehen, die in den Fällen des Abs. 1 lit. a am Gegenstand der Feststellung beteiligt waren oder denen in den Fällen des Abs. 1 lit. c gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind".
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt aus § 191 Abs. 1 lit. c BAO in Verbindung mit § 191 Abs. 2 leg. cit., dass dort, wo der Abgabenbehörde nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse als Gemeinschaften (Vereinigungen) gegenübertreten, der Feststellungsbescheid an eben diese Gemeinschaft (Vereinigung) zu richten ist, solange diese besteht; unzulässig ist es im Hinblick auf § 191 Abs. 2 BAO jedoch, den Bescheid an eine Gemeinschaft zu richten, die nicht mehr besteht (vgl. den hg Beschluss vom , 93/15/0080). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 96/15/0118, ausgesprochen, dass ein Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO, der nach Beendigung der Personengesellschaft an diese ergeht, keine Rechtswirkungen entfaltet.
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Arbeitsgemeinschaft "mit aufgelöst und durch eine Haftungsgemeinschaft ersetzt" worden sei.
Folgte man der Ansicht der belangten Behörde hinsichtlich der Auflösung der Arbeitsgemeinschaft zum , so hätte ein nach Beendigung der Personengesellschaft an diese ergangener "Feststellungsbescheid" gemäß § 188 keine Rechtswirkungen entfaltet.
Der beschwerdeführende Präsident vertritt - wiewohl er erwähnt, dass für den Fall einer tatsächlichen Betriebsaufgabe der Bescheid der belangten Behörde im Hinblick auf § 191 Abs 2 BAO ins Leere gegangen wäre - die auch näher begründete Auffassung, dass ein Ansatzpunkt für das tatsächliche Vorliegen einer Betriebsaufgabe im Sinne des § 24 EStG 1988 nicht zu erkennen sei. Folgte man dementsprechend der Ansicht des beschwerdeführenden Präsidenten, so wäre der angefochtene Bescheid zu Recht an die noch bestehende Arbeitsgemeinschaft gerichtet gewesen.
Ob aber nun die Ansicht der belangten Behörde über die Auflösung der mitbeteiligten Partei oder die des beschwerdeführenden Präsidenten über deren Fortbestehen zutrifft, kann mangels ausreichender Darstellung des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes (und der hiefür ausschlaggebenden Gründe) nicht abschließend beurteilt werden. Dem angefochtenen Bescheid ist diesbezüglich - wie erwähnt - nur die Bemerkung zu entnehmen, die Arbeitsgemeinschaft sei "aufgelöst und durch eine Haftungsgemeinschaft ersetzt" worden, wobei nicht ersichtlich ist, welche Rechtsfigur die belangte Behörde hinsichtlich der "Ersetzung" der aufgelösten Arbeitsgemeinschaft durch eine Haftungsgemeinschaft vor Augen hatte und von welchen Sachverhaltsfeststellungen sie diesbezüglich ausgegangen ist.
Enthält ein Bescheid aber schon die zur Beurteilung der Beschwerdeberechtigung erforderliche Sachverhaltsdarstellung nicht, so erweist sich dieser Bescheid durch den diesbezüglichen Begründungsmangel schon deshalb als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am