VwGH vom 27.03.2002, 98/13/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Gunther Gahleithner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom , Zl. GA 15-93/1337/07, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau führten jeder für sich in Wien ein Taxiunternehmen. Bereits für die Jahre 1980 bis 1985 wurden die Besteuerungsgrundlagen nach Maßgabe einer abgabenbehördlichen Prüfung im Schätzungsweg ermittelt. Die damals gegen die abweisende Berufungserledigung (Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1985) erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom , 89/13/0281, (im Folgenden: Vorerkenntnis), als unbegründet ab. Im Vorerkenntnis teilte der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, wonach Schätzungsberechtigung gegeben gewesen sei (so seien sämtliche Grundaufzeichnungen - Abrechnungen der Taxilenker - vernichtet worden). Zu der bei der Schätzung angenommenen Fahrleistung pro Taxi und "Fahrtag" von 200 km hielt der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis fest, dazu falle u. a. ins Gewicht, dass die Betriebsprüfung an Hand von ihr ausgewerteter Unterlagen (z.B. Schadensakte der Versicherung und Begutachtungsprotokolle) eine Tagesfahrtstrecke von regelmäßig mehr als 200 km je Kraftfahrzeug ermittelt, ihrer Schätzung aber nur eine tägliche Fahrtstrecke von 200 km zu Grunde gelegt habe. Der Beschwerdeführer selbst habe in der Berufung eine Tagesfahrleistung von 190 km als realistisch bezeichnet. Der Unterschied zwischen diesen beiden Werten (200 und 190 km) halte sich durchaus im Rahmen jenes Spielraumes, der mit einer Schätzung notwendigerweise verbunden sei und von demjenigen in Kauf genommen werden müsse, der zur Schätzung Anlass gebe. Auch in dem in etwa dieselbe Größe und denselben Fuhrpark aufweisenden Taxiunternehmen der Ehefrau sei anhand des vorhandenen Kontrollmaterials eine durchschnittliche Tagesfahrtstrecke von 222 km je Kraftfahrzeug ermittelt worden, was den Schätzwert von 200 km pro Tag als im Schätzungsrahmen liegend erhärte.
Mit Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom erstattete der Beschwerdeführer beim Finanzamt eine Selbstanzeige, in der er bekannt gab, dass die "Abschreibzettel", die von den Chauffeuren bei Übergabe der Kraftfahrzeuge geschrieben worden seien, auch in der Zeit ab Jänner 1986 nicht aufbewahrt worden seien. Neben Angaben über die wechselweise Beschäftigung von Chauffeuren im Betrieb des Beschwerdeführers bzw. seiner Ehefrau zeigte der Beschwerdeführer auch an, dass die in den Losungsbüchern in der Spalte "Cheflosungen" angeführten Beträge jene Losungen beinhalteten, die von kurzfristig tätigen, nicht angemeldeten Aushilfskräften erzielt worden seien.
In der daraufhin für die Jahre 1986 bis 1989 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung (Prüfungsbericht vom ) wurden die Besteuerungsgrundlagen ebenfalls im Schätzungsweg in Anlehnung an die Berechnung der vorangegangenen Betriebsprüfung ermittelt. Der gegen die auf der Grundlage des Betriebsprüfungsberichtes ergangenen Abgabenbescheide eingebrachten Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, im Betriebsprüfungsbericht sei u.a. festgestellt worden, Erhebungen bei der Versicherungsgesellschaft des Beschwerdeführers sowie der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge hätten ergeben, dass nicht gemeldete Taxilenker in Unfälle (Schadensfälle) verwickelt gewesen und deren Einnahmen nicht in den Losungsbüchern aufgefunden worden seien. Die Erhebungen bei der Versicherungsgesellschaft und die Einsichtnahme in Begutachtungsprotokolle hätten eine durchschnittliche Kilometerleistung pro Tag von 199,83 ergeben. Die Schätzung habe unter Ansatz von 200 km pro "Fahrtag" (und Abzug von "Stehzeiten") zu einer Kilometerleistung pro Taxi von 1986 rd. 59.000, 1987 55.000, 1988 52.000 und 1989 52.000 geführt. Diese Jahreskilometerleistung habe jeweils vervielfacht mit der Anzahl der Taxis und multipliziert mit dem Kilometerertrag lt. Erklärung den Betrag der Bruttoeinnahmen ergeben. Seitens der Betriebsprüfung sei bei der Gewinnzurechnung der Lohnaufwand und der Treibstoffverbrauch an die angenommenen höheren Fahrleistungen angepasst worden.
Im Sachverhaltsteil der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, über Anweisung der belangten Behörde seien in der Berufungsschrift beantragte Taxilenker als Zeugen einvernommen worden. Aus deren - näher dargestellten - Angaben lasse sich eine durchschnittliche Tageskilometerleistung von 215 km errechnen (nach den hauptsächlichen Angaben der Lenker seien die Taxis Tag und Nacht besetzt gewesen). In einer Stellungnahme zu den übermittelten Zeugeneinvernahmen habe der Beschwerdeführer den Antrag "auf Einvernahme der 33 ehemaligen Beschäftigten als Zeugen" gestellt.
Der Beschwerdeführer habe - so die belangte Behörde im Erwägungsteil der Begründung des angefochtenen Bescheides - die der Schätzung zu Grunde liegenden Mängel lt. Selbstanzeige nicht bestritten. Nach den Angaben der in der Berufung vom genannten Zeugen seien die durchschnittlich gefahrenen Tageskilometer bei rd. 215 km (dies entspreche einer Jahreskilometerleistung von durchschnittlich 63.000 km) gelegen gewesen, sodass die bei der Betriebsprüfung gewonnenen Ergebnisse der Erhebungen bei der Versicherungsanstalt (199,83 km) bestätigt seien. Nach der im Berufungsverfahren für die Vorjahre eingeholten Auskunft der Taxiinnung ergebe sich eine durchschnittliche Jahresfahrleistung eines Taxis im Tages- und Nachteinsatz von
67.500 bis 81.000 km. Auch in Würdigung der Zeugenaussagen sei die Schätzung auf Basis einer Tageskilometerleistung von 200 km sohin keinesfalls als überhöht zu beurteilen. Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Gewinn- und Umsatzschätzung habe der Beschwerdeführer im Rahmen des Prüfungsverfahrens schriftlich auf eine Gegenäußerung verzichtet. Eine in der Berufung aufgestellte "Deckungsbeitragsrechnung" sei steuerlich nicht maßgeblich. Die Notwendigkeit der Beiziehung eines vom Beschwerdeführer beantragten Sachverständigen habe nicht bestanden. Der Beschwerdeführer habe in einem ergänzenden Schriftsatz vom zum "Beweis der Unrichtigkeit der von der Abgabenbehörde erster Instanz angenommenen Schätzungsgrundlagen" den Antrag gestellt, die ehemaligen Mitarbeiter des Beschwerdeführers als Zeugen zu vernehmen. Die belangte Behörde habe über Antrag des Beschwerdeführers bereits Zeugeneinvernahmen durchgeführt, welche letztlich das Prüfungsergebnis bestätigt hätten. Dem neuerlich gestellten Beweisantrag, sämtliche Dienstnehmer als Zeugen zu vernehmen, sei wegen Verschleppungsabsicht nicht zu entsprechen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist u.a. dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Die Beachtlichkeit eines Beweisantrages nach § 183 Abs. 3 BAO setzt die ordnungsgemäße (konkrete und präzise) Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll, voraus. Beweisanträgen, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkrete Tatsachenbehauptung im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll, braucht die Abgabenbehörde im Grunde des § 183 Abs. 3 BAO ebenso nicht zu entsprechen wie solchen Beweisanträgen, die auch eine abstrakte Tauglichkeit des Beweismittels zur Beweisführung über das Beweisthema nicht einsichtig machen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0091).
In der Beschwerde zieht der Beschwerdeführer die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde wegen Vorliegens formeller Mängel (vor allem des Fehlens von Grundaufzeichnungen) nicht mehr in Zweifel.
Die belangte Behörde hat entsprechend der Vorgangsweise der Betriebsprüfung der Schätzung eine tägliche Fahrtstrecke der Taxis von 200 km zu Grunde gelegt. Bereits im Vorerkenntnis wurde diese Annahme als zulässig angesehen. Eine wesentliche Änderung im Betrieb des Beschwerdeführers für die Streitjahre gegenüber den vom Vorerkenntnis betroffenen Jahren 1980 bis 1985 behauptet der Beschwerdeführer auch in der vorliegenden Beschwerde nicht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag damit schon deshalb nicht zu erkennen, dass der Ansatz einer Fahrtstrecke von 200 km pro Tag und Taxi unberechtigt wäre, zumal die belangte Behörde im nunmehrigen Verwaltungsverfahren ihre Feststellungen über die tägliche Kilometerleistung der Fahrzeuge ebenfalls auf Erhebungen bei der Versicherungsgesellschaft bzw. Begutachtungsprotokolle stützen konnte.
Der Beschwerdeführer hat in der Berufungsschrift vom die Einvernahme verschiedener Zeugen zur "Verifizierung" der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage beantragt.
Obwohl dieser Beweisantrag ein Beweisthema nicht konkret bezeichnete, hat die belangte Behörde die Einvernahme der genannten Personen - soweit noch erreichbar - veranlasst. Im angefochtenen Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass diese Aussagen die bereits bisher angenommenen täglichen Fahrtleistungen von 200 km pro Taxi bestätigt hätten (vorwiegende Angaben über einen Tag- und Nachteinsatz der Taxis; durchschnittlich abzuleitende Kilometerleistung von 215 km). Relevante Widersprüche in den Zeugenaussagen zeigt die Beschwerde unter Bedachtnahme auf die aus den Zeugenangaben ohnehin nur zu gewinnende Durchschnittsbetrachtung nicht auf.
Da die Kilometerleistung der Taxis nach den der belangten Behörde vorliegenden Beweismitteln hinreichend belegt war, war es entgegen den Beschwerdeausführungen nicht "unumgänglich", zumindest "einige weitere Dienstnehmer" zu befragen. Dem Beweisantrag vom auf Einvernahme 33 ehemaliger Mitarbeiter des Beschwerdeführers brauchte die belangte Behörde schon deshalb nicht zu entsprechen, weil das dazu angegebene Beweisthema "Beweis der Unrichtigkeit der von der Abgabenbehörde erster Instanz angenommenen Schätzungsgrundlagen" keine unter Beweis zu stellende konkrete Tatsachenbehauptung enthielt.
Bei der Gewinnzurechnung hat die Betriebsprüfung Erhöhungen im Lohnaufwand und Treibstoffverbrauch entsprechend den angenommenen höheren Fahrtleistungen berücksichtigt (der Beschwerdeführer hat unbestritten im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahrens einen schriftlichen Verzicht zur Gegenäußerung zu diesen Berechnungen abgegeben). Warum die in der Berufung vom vom Beschwerdeführer angestellten Berechnungen "die von der Erstbehörde vorgenommene Berechnung ad absurdum geführt" hätten, kann nicht nachvollzogen werden. Abgesehen davon, dass der in dieser Berechnung angesetzte Wert von 144 km ("lt. BP pro Tag") nicht der bei der Schätzung durch die Betriebsprüfung angesetzten Kilometerleistung von 200 km entsprach, besagt der in der Berufung nach Abzug bestimmter anteilsmäßiger Kosten errechnete "jährliche Deckungsbeitrag" von
24.970 S, mit dem "noch anfallende Reparaturen, die Amortisation, ein allfälliger Zinsenaufwand, sowie die Beiträge für die Berufsvertretung udgl. abzugelten" seien, nicht, dass die von der Betriebsprüfung ermittelten Besteuerungsgrundlagen, die ohnehin für die einzelnen Streitjahre jeweils - teils beträchtliche - Gewinne ergaben, unschlüssig ermittelt worden wären.
Da die belangte Behörde ausgehend von den von ihr ermittelten Berechnungsgrundlagen unbedenklich die Schätzung durchführen konnte, war sie schließlich nicht gehalten, einen Sachverständigen beizuziehen. Der Beschwerdeführer hatte die Beiziehung eines Sachverständigen in seiner Berufung ohnedies nur "zwecks Verifizierung seiner o.a. Berechnungen" beantragt, womit aber kein relevantes Beweisthema genannt war.
Zusammenfassend ist die Beschwerde, die auch mit ihrer allgemeinen Begründungsrüge des angefochtenen Bescheides keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzeigt, unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am