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VwGH vom 15.07.1998, 93/13/0048

VwGH vom 15.07.1998, 93/13/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom , Zl. 6/2 - 2324/91-06, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988 (mitbeteiligte Partei: RK AG in G), vertreten durch Dr. Egon Sattler, Rechtsanwalt in Wien I, Stallburggasse 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Stichtag wurden alle Aktiva und Passiva der K.L. AG im Wege einer "verschmelzenden Umwandlung" unter Ausschluß der Liquidation auf die mitbeteiligte AG als Nachfolgeunternehmen übertragen. Da die Mitbeteiligte die einzige Aktionärin der übertragenden AG war, entfiel jegliche Abfindung anderer Aktionäre.

Die K.L. AG verfügte zum Zeitpunkt der "verschmelzenden Umwandlung" über Verlustvorträge und gewerbesteuerliche Fehlbeträge ab 1981, deren Geltendmachung durch die Mitbeteiligte als Gesamtrechtsnachfolgerin in Streit steht. Der beschwerdeführende Präsident vertritt die Auffassung, es liege eine Umwandlung im Sinne der Bestimmungen der §§ 1 ff des Umwandlungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 187, vor, die nur im Zeitraum zwischen dem und dem sowie für Fälle des Art. IV der GesmbHG-Novelle 1980, BGBl. Nr. 320, gemäß Art. II des Strukturverbesserungsgesetzes bis begünstigt war; von der Mitbeteiligten könnten daher weder die Verlustvorträge noch die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge der übertragenden AG geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde geht demgegenüber vom Vorliegen einer Verschmelzung im Sinne des Art. I StruktVG aus, ohne die rechtliche Qualifikation der strukturändernden Maßnahme, die im Rechtsmittelverfahren außer Streit stand, näher zu untersuchen. Strittig war im Verwaltungsverfahren nämlich nur, ob zu den bei der Veranlagung für das Jahr 1988 zu berücksichtigenden Verlustvorträgen und gewerbesteuerlichen Fehlbeträgen auch das im Jahr der Übertragung erwirtschaftete negative Jahresergebnis der übertragenden AG gehöre, oder ob dieses negative Jahresergebnis erst in den Folgejahren zu vortragsfähigen Verlusten (Fehlbeträgen) führen könne. Diese Streitfrage ist Gegenstand einer von der mitbeteiligten Partei eingebrachten, unter 93/13/0054 protokollierten Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde.

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem die rechtliche Qualifikation der strukturändernden Maßnahme in Streit steht, hat die Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde des Präsidenten beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes und des Umwandlungsgesetzes lauten:

1. Strukturverbesserungsgesetz, BGBl. Nr. 69/1969 i.d.F.

BGBl. Nr. 563/1980:

"Art. I

Verschmelzung von Körperschaften

§ 1.(1) Werden Kapitalgesellschaften nach den Bestimmungen des neunten Teiles des Aktiengesetzes 1965, BGBl. Nr. 98, oder des § 96 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, oder nach den Bestimmungen eines anderen Bundesgesetzes verschmolzen, so ist § 19 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1966, BGBl. Nr. 156, auch dann anzuwenden, wenn und soweit bei der übernehmenden Gesellschaft eine Kapitalerhöhung unterbleibt, weil ...

...

(5) Bei Verschmelzungen und Einbringungen im Sinne des Abs. 1 und 2 tritt die übernehmende Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft ein. Der Abzug von Verlusten gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440, und von Fehlbeträgen gemäß § 6 Abs. 3 des Gewerbesteuergesetzes 1953, BGBl. Nr. 2/1954, die bei der übertragenden Gesellschaft vor der Verschmelzung oder Einbringung entstanden sind, kann von der übernehmenden Gesellschaft insoweit in Anspruch genommen werden, als jene Vermögensteile, Betriebe oder Teilbetriebe, die die Verluste oder Fehlbeträge verursacht haben, übertragen werden; ...

Art. II

Umwandlung einer Kapitalgesellschaft

in eine Personengesellschaft

oder Einzelfirma

§ 3.(1) Beschließt eine Kapitalgesellschaft in der Zeit zwischen dem und dem ihre Umwandlung nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Umwandlung von Handelsgesellschaften vom , BGBl. Nr. 68, durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter (Nachfolgeunternehmer) oder auf eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft (Nachfolgeunternehmen), so unterbleibt bei der umgewandelten Kapitalgesellschaft, wenn ihre Buchwerte weitergeführt werden, eine Besteuerung gemäß den §§ 18 und 19 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1966. Bei den Anteilseignern löst eine solche Umwandlung keine Besteuerung vom Einkommen und Ertrag aus. ..."

2. Umwandlungsgesetz, BGBl. Nr. 187/1954, in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 68:

"...

Zweiter Abschnitt.

Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter.

§ 2.(1) Die Hauptversammlung (Generalversammlung) der Kapitalgesellschaft kann die Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter beschließen, wenn ihm Anteilsrechte an mindestens 9/10 des Grundkapitals (Stammkapitals) gehören und er für die Umwandlung stimmt. Hiebei werden eigene Aktien der Kapitalgesellschaft den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Anteilsrechte zugerechnet. ..."

Während die Bestimmungen des Art. I StruktVG und des Umwandlungsgesetzes 1954 im Zeitraum, in dem der beschwerdegegenständliche Sachverhalt verwirklicht wurde, noch anzuwenden waren, war Art. II StruktVG im allgemeinen nur für Umwandlungen bis und für Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter bestimmten Voraussetzungen auch noch ab dem bis letztmals für Umwandlungen anzuwenden, bei denen der Umwandlungsbeschluß längstens bis zum Handelsregister angemeldet worden war (vgl. Art. IV der GesmbHG-Novelle 1980, BGBl. Nr. 320).

Der Notariatsakt, mit dem die "verschmelzende Umwandlung" beurkundet wurde, lautet auszugsweise wie folgt:

"Verschmelzungs- und Umwandlungsvertrag

Erstens: Die R.K. AG (= mitbeteiligte Partei) ist

Eigentümerin aller Aktien der K.L. AG, welche das ganze

Grundkapital der Gesellschaft ... repräsentieren.

Die K.L. AG, als übertragende und umwandelnde Gesellschaft

wird hiemit durch Übertragung des Unternehmens auf die

Alleinaktionärin ... als Nachfolgeunternehmen umgewandelt und

mit der R.K. AG verschmolzen. Diese verschmelzende

Umwandlung ... erfolgt gemäß den Bestimmungen des

Paragrafen eins fortfahrend (§ 1 ff) des Umwandlungsgesetzes

und des Paragrafen eins (§ 1) des

Strukturverbesserungsgesetzes. ... Die übertragende und

umwandelnde K.L. AG erlischt.

...

Drittens: Da die R.K. AG Alleineigentümerin aller Aktien

der K.L. AG war, entfällt jegliche Abfindung anderer Aktionäre.

...

Sechstens:

Die gegenständliche verschmelzende Umwandlung erfolgt in Anwendung der Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Befreiungs- und Begünstigungsbestimmungen.

Bei der übernehmenden R.K. AG unterbleibt eine Kapitalerhöhung, weil die verschmelzende Umwandlung gegen die Aufgabe von Aktien (Anteilen) an der übertragenden Gesellschaft erfolgt.

..."

Es trifft zu, daß der "Verschmelzungs- und Umwandlungsvertrag" ausdrücklich auf die Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes 1954 Bezug nimmt; dies steht jedoch einer Deutung als Verschmelzung im Sinne des Art. I StruktVG nicht entgegen, weil diese Bestimmung ausdrücklich nicht nur auf Verschmelzungen nach den Bestimmungen des 9. Teiles des Aktiengesetzes oder des § 96 GmbHG, sondern auch auf solche "eines anderen Bundesgesetzes" Bezug nimmt. Eine verschmelzende Umwandlung einer Aktiengesellschaft mit einer anderen Aktiengesellschaft stellt somit sachlich nur den Sonderfall einer Verschmelzung dar (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0217).

Daß eine derartige Verschmelzung auch dem erklärten Willen der vertragsschließenden Parteien entsprach, zeigt der ausdrückliche Hinweis auf § 1 StruktVG. Im übrigen sei auf das eben zitierte Erkenntnis vom auch insoweit verwiesen, als dort der Gerichtshof ausgesprochen hat, daß auch in Fällen, in denen eine verschmelzende Umwandlung ausdrücklich auf das Umwandlungsgesetz gestützt wird, zwingend die Vorschriften des Art. I StruktVG zur Anwendung gelangen.

Da die im vorliegenden Beschwerdefall allein strittige Frage der Anwendbarkeit des Art. I StruktVG somit durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt ist, genügt gemäß § 43 Abs. 2 VwGG deren Anführung.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Kosten im begehrten Ausmaß gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.