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VwGH vom 15.09.1999, 98/13/0145

VwGH vom 15.09.1999, 98/13/0145

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

98/13/0136 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt , über die Beschwerde des ME in W, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien I, Goldschmiedgasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ 15-96/1182/13, betreffend Feststellung von Einkünften für 1993 und 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Teilhaber einer Hausgemeinschaft in Wien, R-Straße 17. Ebenso wie die Miteigentümerin Gillian P. (gegen den entsprechenden Bescheid für das Jahr 1993) erhob auch der Beschwerdeführer gegen die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte dieser Hausgemeinschaft aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1993 und 1994 Berufung. Darin wurde ausgeführt, nach dem am erfolgten Tod von Elisabeth St. seien die steuerfreien Beträge iSd § 28 Abs 5 EStG 1988 dem Beschwerdeführer als (anteiligem) Übernehmer des Hausanteiles zugerechnet worden. Dementsprechend seien die Einkünfte der Jahre 1993 und 1994 um von Elisabeth St. (1984 und 1985) gebildete steuerfreie Beträge (1993 S 138.433,-- und 1994 S 147.165,--) erhöht worden. Auf Grund "umfangreicher Ermittlungen" sei der Beschwerdeführer zu der Überzeugung gelangt, dass Elisabeth St. von der am verstorbenen Hilda-Maria S. zur Vorerbin bestimmt worden sei. Nach dem Ableben von Elisabeth St. sei Philipp S. bzw dessen Rechtsnachfolger - der Beschwerdeführer und Gillian P. - zum Nacherben bestimmt worden. Es müsse von einer fideikommissarischen Substitution ausgegangen werden, obwohl "auf Wunsch" von Elisabeth St. diese nach außen hin als "unbeschränkte" Eigentümerin der Hausanteile deklariert worden sei. Daraus ergebe sich, dass eine Rechtsbeziehung zwischen dem Beschwerdeführer als Nacherben und Elisabeth St. nicht bestanden habe. Vielmehr habe der Beschwerdeführer seinen Hausanteil, dem Wesen der fideikommissarischen Substitution entsprechend, von Hilda-Maria S. geerbt. Wenn keine Rechtsbeziehung zwischen Elisabeth St. und dem Beschwerdeführer bestehe, könne auch die Fortführung (und Auflösung) der von Elisabeth St. steuerfrei gebildeten Beträge beim Beschwerdeführer nicht erfolgen. Die Erben nach Elisabeth St. hätten auch im zivilrechtlichen Sinn die für Instandhaltungen bereit zu haltenden Rücklagen übernommen. Der Beschwerdeführer sei daher verpflichtet, mit der Bildung der Mietzinsrücklage nach dem Mietrechtsgesetz neuerlich zu beginnen.

Der Berufung war unter anderem eine "Aktennotiz " über eine Besprechung mit Elisabeth St. und einem Bevollmächtigten des Philipp S. vom angeschlossen. Danach übernehme Elisabeth St. den in Rede stehenden Hausanteil als "Eigentümerin". Es bestehe Übereinstimmung, dass die letztwillige Verfügung (der Erblasserin Hilda-Maria S.) so auszulegen sei, als ob Elisabeth St. die Rechtsstellung einer Vorerbin zukäme. Im Hinblick auf die den Dachbodenausbau betreffende Vereinbarung mit Dr. N. sollte jedoch vermieden werden, nach außen mit einer "Vorerbschaftskonstruktion" aufzutreten. Um Philipp S. bei Ableben der Elisabeth St. - wie wirtschaftlich gewollt und dem letzten Willen entsprechend - in die Eigentumsrechte an diesem Anteil zu versetzen, sollte ein unwiderruflicher Schenkungsvertrag auf den Todesfall auszuarbeiten sein.

Weiters war der Berufung ein Notariatsakt vom über eine zwischen Elisabeth St. und Philipp S. abgeschlossene Schenkung auf den Todesfall hinsichtlich der in Rede stehenden Liegenschaftsanteile angeschlossen. In dieser Urkunde wurde auch darauf hingewiesen, dass Elisabeth St. wohl grundbücherlich die Rechtsstellung einer Eigentümerin der Liegenschaftsanteile, gemäß der tatsächlichen und wirtschaftlichen Betrachtungsweise jedoch im Sinne einer fideikommissarischen Substitution die Rechte und Pflichten einer Vorerbin habe.

In einer Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom wurde abhandlungsbehördlich bestätigt, dass der dem am verstorbenen Philipp S. auf Grund des Schenkungsvertrages auf den Todesfall zustehende Anspruch auf Übergabe der Elisabeth St. zugeschriebenen Miteigentumsanteile (an der gegenständlichen Liegenschaft) an die beiden Erben Gillian P. und den Beschwerdeführer übergegangen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Berufung des Beschwerdeführers sowie die von der Miteigentümerin Gillian P. gleichfalls erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. Dabei vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass es sich bei einem Erwerb auf Grund einer Schenkung auf den Todesfall um einen Erwerb von Todes wegen iSd § 28 Abs 5 Z 5 EStG handelt. Den Einwendungen des Beschwerdeführers, es habe sich nicht um eine Schenkung auf den Todesfall, sondern um eine fideikommissarische Substitution gehandelt, hielt die belangte Behörde entgegen, aus der Aktennotiz vom gehe hervor, dass eine Vorerbschaft aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In dem im Beschwerdefall noch anzuwendenden Abs 5 des § 28 EStG 1988 war bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Bildung steuerfreier Beträge vorgesehen. Nach Z 4 dieser Gesetzesstelle waren die steuerfreien Beträge, die nicht innerhalb von neun Jahren mit näher bezeichneten Aufwendungen verwendet worden sind, zu diesem Zeitpunkt einkünfteerhöhend aufzulösen. Nach Z 5 des § 28 Abs 5 EStG 1988 waren die steuerfreien Beträge bei Erwerben von Todes wegen vom Rechtsnachfolger fortzuführen.

Zu der mit § 28 Abs 5 EStG 1988 vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 28 Abs 3 EStG 1972 - welche Bestimmung keine Regelung für den Fall der Übertragung des Mietobjektes enthalten hatte - hatte der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass durch eine Gesamtrechtsnachfolge eine Nachversteuerung nicht ausgelöst werde (vgl das hg Erkenntnis vom , 83/14/0171, Slg 5847/F). Für den Fall entgeltlicher Übertragung der Liegenschaft, die nicht Gesamtrechtsnachfolge bewirkte, hat der Gerichtshof hingegen die Fortführung und Verwendung des steuerfreien Betrages durch den Rechtsnachfolger für unvertretbar angesehen, würde dies doch dazu führen, dass Werbungskosten, die vom Rechtsnachfolger wirtschaftlich getragen werden, nicht bei diesem Berücksichtigung fänden, sondern infolge der vorläufigen Steuerfreistellung bereits beim Rechtsvorgänger, oder, dass der Rechtsnachfolger mangels widmungsgemäßer Verwendung des steuerfreien Betrages nach Ablauf der Verwendungsfrist sogar zur Nachversteuerung jenes Betrages herangezogen werde, von dessen Besteuerung der Rechtsvorgänger befreit gewesen sei (vgl das hg Erkenntnis vom , 84/13/0291, Slg 6010/F).

Durch das EStG 1988 wurde mit der ausdrücklichen Regelung des § 28 Abs 5 Z 5 für (jeden) Fall eines Erwerbes von Todes wegen die Fortführung des steuerfreien Betrages durch den Rechtsnachfolger angeordnet. Nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage ist damit bei "sämtlichen Übergängen von Todes wegen" der steuerfreie Betrag fortzuführen; bisher sei dies nur beim Erben als Gesamtrechtsnachfolger möglich gewesen (621 BlgNR 17. GP). Der Gesetzgeber des EStG 1988 hat somit die Fortführung der steuerfreien Beträge auch für Fälle einer (todeswegigen) Einzelrechtsnachfolge angeordnet, obgleich in der angeführten Rechtsprechung zum EStG 1972 auf die Folgerungen der Fortführung - Nichtberücksichtung von Werbungskosten des Nachfolgers bzw Übernahme der dem Vorgänger quasi gestundeten Steuer - hingewiesen worden ist. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese beim Rechtsnachfolger eintretenden Folgen für den Fall der todeswegigen Einzelrechtsnachfolge als einen mit der Erbfolge als Gesamtrechtsnachfolge vergleichbaren Vorgang bewusst in Kauf genommen hat.

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die von der belangten Behörde aus ihren Sachverhaltsfeststellungen gezogene Folgerung, er habe die in Rede stehenden Liegenschaftsanteile - hinsichtlich derer von Elisabeth St. steuerfreie Beträge iSd § 28 Abs 5 EStG 1988 gebildet worden waren - durch eine Schenkung auf den Todesfall erworben.

Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern es ist die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Dabei ist unter Absicht der Parteien nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss (vgl zB das hg Erkenntnis vom , 89/13/0098). Auch für unentgeltliche Verträge ist dabei die Vertrauenstheorie maßgeblich (vgl das hg Erkenntnis vom , 96/16/0148, 0149).

Im Beschwerdefall geht aus dem Schenkungsvertrag vom und einem gleichzeitig abgeschlossenen Übereinkommen, mit dem Elisabeth St. Philipp S. ein Vorkaufsrecht an den Liegenschaftsanteilen einräumte, hervor, dass Elisabeth St. als Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens nach Hilda-Maria S. Eigentümerin der Liegenschaftsanteile war. (Die Akten der Verlassenschaft nach Hilda-Maria S. wurden dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt.) Als Grund für den Abschluss des Schenkungsvertrages wird in diesem selbst, aber auch in einer "Aktennotiz" vom der Wille der seinerzeitigen Erblasserin Hilda-Maria S. angegeben, Elisabeth St. sollte (nur) die Stellung einer Vorerbin zukommen. Diese Ausführungen können aber nur als Darstellung des Motivs für den Abschluss des Schenkungsvertrages angesehen werden; keinesfalls kann daraus geschlossen werden, dass - offenkundig entgegen der Einantwortung nach Hilda-Maria S. - eine fideikommissarische Substitution vorgelegen war. Aus der Aktennotiz vom war dabei deutlich ersichtlich, dass die Parteien des Schenkungsvertrages von der Durchsetzung des behaupteten Willens der Erblasserin Hilda-Maria S. betreffend eine fideikommissarische Substitution schon wegen des Verhältnisses zu den anderen Miteigentümern der Liegenschaft abgesehen hatten. Die belangte Behörde ist demnach zu Recht davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe die Liegenschaftsanteile auf Grund einer Schenkung auf den Todesfall erworben.

Im Übrigen hätte sich auch dann, wenn eine fideikommissarische Substitution vorgelegen wäre, am Ergebnis der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung nichts geändert, da die steuerfreien Beträge nach § 28 Abs 5 Z 5 EStG 1988 - wie ausgeführt - bei sämtlichen Übergängen von Todes wegen fortzuführen sind.

Dem Umstand, dass der Nacherbe Erbe nach dem (ursprünglichen) Erblasser ist, kommt dabei aus der Sicht der angeführten Gesetzesstelle keine Bedeutung zu. Der Vorerbe kann die Erbschaft - wenn auch unter Schonung der Substanz - unbeschränkt nutzen (vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II 10, 352). Der Vorerbe ist daher auch berechtigt, die im Zusammenhang mit der Nutzung der ererbten Liegenschaft stehenden steuerfreien Beträge nach § 28 Abs 5 EStG 1988 zu bilden. Im Falle der Übertragung des Gebäudes sind die steuerfreien Beträge im Falle der entgeltlichen Veräußerung oder im Falle der unentgeltlichen Übertragung unter Lebenden (einkünfteerhöhend) aufzulösen, im Falle der Übertragung von Todes wegen sind sie vom Erwerber fortzuführen

(vgl Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, § 28, Rz 72.4). Der Erwerb des Nacherben stellt ohne jeden Zweifel eine Übertragung von Todes wegen dar. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann aus dem Wort "Fortführung" nicht geschlossen werden, dass der Nacherbe nur einen vom Erblasser, nicht aber einen solchen vom Vorerben gebildeten steuerfreien Betrag fortzuführen hat. Dem Sinn des Gesetzes ist vielmehr zu entnehmen, dass der steuerfreie Betrag entweder mit bestimmten Aufwendungen zu verrechnen oder nach spätestens neun Jahren einkünfteerhöhend aufzulösen ist, wodurch also der Effekt einer Steuerstundung erzielt wird. Dabei tritt bei einem todeswegigen Erwerb nicht nur der Gesamtrechtsnachfolger, sondern eben auch der Einzelrechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Vorgängers ein.

Wenn dabei vom Beschwerdeführer eingewendet wird, es sei höchst unbillig, dass die Erben des Vorerben sämtliche durch die Inanspruchnahme der steuerfreien Beträge entstandenen Vorteile übernähmen, während der Nacherbe nur die Nachteile zu vertreten habe, so übersieht er, dass vergleichbare Konstellationen auch bei allen anderen Fällen einer todeswegigen Einzelrechtsnachfolge eintreten können. Auch der Vermächtnisnehmer hat die steuerfreien Beträge mit tatsächlichen Aufwendungen zu verrechnen oder nachzuversteuern, während die beim Erblasser eingetretene Steuerersparnis letztendlich den Erben zugute gekommen ist.

Der Beschwerdeführer vertritt weiters auch die Auffassung, der Erwerb auf Grund einer Schenkung auf den Todesfall, sei kein Erwerb von Todes wegen. Es trifft dabei zwar zu, dass es sich bei der Schenkung um einen Vertrag, also um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden handelt, jedoch wird sie nach dem Tod des Erblassers als Vermächtnis behandelt (vgl Koziol/Welser, aaO, 374; vgl weiters zB die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 2029/96b, SZ 69/108 und das hg Erkenntnis vom , 84/15/0117). Sie wird daher als ein Geschäft von Todes wegen betrachtet (vgl Koziol/Welser, aaO, 375). Der Beschwerdeführer verkennt mit seiner Argumentation, dass das EStG 1988 nicht von einem Rechtsgeschäft, sondern vielmehr von einem Erwerb von Todes wegen spricht. Nach den angeführten Erläuterungen zur Regierungsvorlage des EStG 1988 sollten damit sämtliche "Übergänge" von Todes wegen erfasst werden. Da die Schenkung auf den Todesfall ihre Wirkung erst mit dem Tod des Übergebers entfaltet, erfolgt der Übergang des Vermögensgegenstandes von Todes wegen. Ebenso wie ein Vermächtnis stellt somit auch eine Schenkung auf den Todesfall einen todeswegigen Erwerb iSd § 28 Abs 5 Z 5 EStG 1988 dar.

Bei dieser Rechtslage geht die Rüge, die belangte Behörde habe sich auf eine Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Finanzen gestützt, ohne sie dem Beschwerdeführer zugänglich zu machen, ins Leere. Auch eine Beischaffung der Verlassenschaftsakten nach Hilda-Maria S. - ein derartiger Beweisantrag war entgegen den Behauptungen in der Beschwerde im Verwaltungsverfahren nicht, insbesondere auch nicht in der einen bloßen Hinweis auf diese Akten enthaltenden Berufung, gestellt worden - war damit nicht erforderlich.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr 416/1994.

Wien, am