VwGH vom 16.12.1998, 93/13/0029

VwGH vom 16.12.1998, 93/13/0029

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der A GmbH in W, vertreten durch Dr. Georg Döcker, Rechtsanwalt in Wien I, Hoher Markt 8-9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom , Zl. 6/2-2142/91-05, betreffend Umsatzsteuer 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer Umsatzsteuernachschau über die Voranmeldungszeiträume 10/88 bis 9/89 wurden von der Prüferin die Verbuchung und umsatzsteuerliche Behandlung von zwei ihr vorliegenden Ausgangsrechnungen der Beschwerdeführerin, einer Immobilienmaklergesellschaft, an die V. GmbH geprüft. Es handelte sich dabei um die Rechnung vom über S 372.000,-- (3 Bruttomonatsmieten), zuzüglich 20 % Umsatzsteuer (S 74.000,--), betreffend das "vereinbarte Honorar für die erfolgreich abgeschlossene Vermittlung" eines bestimmten Objektes, sowie vom über S 208.333,33, zuzüglich 20 % Umsatzsteuer (S 41.666,67), in welcher "nach unserer nun abgeschlossenen Tätigkeit" bezüglich desselben Objektes ebenfalls ein vereinbartes Honorar (Provision) in Rechnung gestellt wurde. Beide Rechnungen seien nach den Feststellungen der Prüferin im Zeitpunkt der Prüfung nicht in der Belegsammlung enthalten gewesen. Der Umsatzsteuer seien lediglich zwei Anzahlungen von je S 41.666,67 vom 7. und unterzogen und gemeldet worden. Nach den Angaben des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin sei die Rechnung vom storniert worden, da ein Mietvertrag nicht zustande gekommen sei. Dazu stellte die Prüferin fest, daß eine Stornierung der ersten Rechnung weder durch einen entsprechenden Belegaustausch erfolgt sei noch habe sich auf der zweiten Rechnung ein Bezug auf die erste Rechnung gefunden. Die V. GmbH habe für beide Rechnungen einen Vorsteuerabzug geltend gemacht.

Das Finanzamt erließ für Oktober 1988 einen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid, in welchem es den unversteuerten Teil der Rechnung vom in Höhe von S 125.000,-- der Umsatzsteuer unterzog und die in der Rechnung vom ausgewiesene Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1972 vorschrieb.

In einer dagegen erhobenen Berufung räumt die Beschwerdeführerin ein, daß beide Rechnungen über dasselbe Geschäft errichtet worden seien. Allerdings sei die erste Rechnung noch von der ordnungsgemäßen Abwicklung des Geschäftes ausgegangen und habe demzufolge die volle Provision gemäß den Ausübungsregeln für Immobilienmakler in Rechnung gestellt. Da sich im Zuge der Abwicklung des Geschäftes Probleme ergeben hätten, sei diese erste Rechnung vom von der V. GmbH nicht anerkannt und auch niemals bezahlt worden. Vielmehr hätte sich die Beschwerdeführerin mit der V. GmbH in der Folge auf eine Reduktion der Vermittlungsprovision auf den Betrag der zweiten Rechnung vom geeinigt. Die erste Rechnung vom sei damit gegenstandslos geworden. Die von der Betriebsprüfung wiederholt urgierte Stornierung einer ordnungsgemäßen Rechnung sei dem Umsatzsteuergesetz völlig fremd. Der herangezogene § 11 Abs. 14 UStG könne keinesfalls zur Anwendung kommen, da nach dieser Gesetzesstelle eine Steuerschuld nur dann entstehen könne, wenn eine Lieferung oder sonstige Leistung durch einen Unternehmer überhaupt nicht ausgeführt worden sei, oder der Aussteller der Rechnung nicht Unternehmer sei. Diese Vorschrift betreffe den Fall, daß Lieferungen oder sonstige Leistungen, die tatsächlich gar nicht ausgeführt worden seien, in einer Rechnung bloß vorgetäuscht werden. Dies treffe im Fall der Beschwerdeführerin keineswegs zu, die sonstige Leistung sei ausgeführt, mit dem verminderten Betrag anerkannt und auch bezahlt worden. Demzufolge bleibe für die Anwendung des § 11 Abs. 14 UStG keinerlei Raum. Dem § 16 UStG sei mit Ausnahme des Spezialfalles des § 16 Abs. 5 UStG keinerlei Bestimmung zu entnehmen, wonach eine uneinbringlich gewordene - weil nicht anerkannte - Rechnung dem Rechnungsempfänger gegenüber durch Belegaustausch zu stornieren sei. Gerade bei Uneinbringlichkeit des Entgeltes werde von Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 46 zu § 16 UStG die Ansicht vertreten, daß die diesbezügliche Mitteilung an den Schuldner wirtschaftlich unzumutbar sei. § 16 sei grundsätzlich nur für nachträgliche Änderungen der Bemessungsgrundlage von Bedeutung. Änderungen, die noch vor Versteuerung eingetreten seien, ließen sich bereits bei der Steuerberechnung für den jeweiligen Voranmeldungszeitraum berücksichtigen. Deshalb sei auch die erste Rechnung erst gar nicht in die Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober/88 aufgenommen worden, da bereits am die Uneinbringlichkeit des Entgeltes bekannt gewesen sei.

In der Folge reichte die Beschwerdeführerin beim Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung für 1988 ein, in welcher sie hinsichtlich des betreffenden Geschäftes den Umsatz laut der zweiten Rechnung in Höhe von S 208.333,33 erklärte.

Das Finanzamt veranlagte die Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuer 1988, wobei hinsichtlich der entsprechenden ersten Rechnung die darin gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ebenfalls gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1972 vorgeschrieben wurde. Die Berufung gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für Oktober/88 wurde im Hinblick auf diesen Veranlagungsbescheid zurückgewiesen.

Gegen den Umsatzsteuerbescheid 1988 erhob die Beschwerdeführerin abermals Berufung, in welcher sie auf ihre Berufung gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid verwies.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1988 ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß Immobilienmakler nach der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom über Ausübungsregeln für Immobilienmakler, BGBl. Nr. 323/1978, Provisionen oder sonstige Vergütungen nur für den Fall, daß Vermittlungen erfolgreich seien bzw. in den in § 9 der Verordnung angeführten Fällen vereinbaren dürften. Eine Vermittlung nach § 8 Abs. 2 der Verordnung sei nur dann als erfolgreich anzusehen, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Auftraggeber und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustande gekommen sei. Gegenständlich sei nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung vom ein ordentlicher Mietvertrag nicht zustande gekommen, weshalb die V. GmbH sich auch geweigert habe, die Rechnung zu bezahlen. Der Rechnung vom sei aber somit auch noch keine Vermittlungsleistung im Sinn des § 8 der zitierten Verordnung und daher auch keine durchsetzbare Forderung gegenüber der V. GmbH zugrunde gelegen. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Uneinbringlichkeit von Forderungen sei daher nicht weiter einzugehen, weil eine zivilrechtlich durchsetzbare Forderung nie entstanden sei. Da der Rechnung im Zeitpunkt ihrer Ausstellung keine erbrachte Leistung der Beschwerdeführerin zugrunde gelegen sei, schulde die Beschwerdeführerin den darin ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag nach § 11 Abs. 14 UStG 1972. Ein Bezug der Rechnung vom zu der Rechnung vom , der unbestrittenermaßen eine Vermittlungsleistung zugrunde gelegen sei, sei mangels eines entsprechenden Schriftverkehrs oder sonstiger Aufzeichnungen bzw. eines Vermerkes auf der Rechnung vom nicht ersichtlich. In der Folge verwies die belangte Behörde darauf, daß eine Berichtigungsmöglichkeit für die Tatbestände des § 11 Abs. 14 UStG 1972 im Umsatzsteuergesetz nicht vorgesehen sei, eine Berichtigung der Rechnung vom sei aber nach den vorliegenden Unterlagen auch gar nicht erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, daß die belangte Behörde zu Unrecht von einer zum Zeitpunkt der ersten Rechnung nicht erbrachten Leistung ausgegangen sei, weil gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 der genannten Verordnung der Immobilienmakler für den Fall, daß die Vermittlung trotz der zweckentsprechenden auf Vermittlung gerichteten Tätigkeit des Immobilienmaklers nicht als erfolgreich anzusehen ist, eine dem § 8 Abs. 1 entsprechende Provision zu verlangen berechtigt ist, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft nur deshalb nicht zustande komme, weil es vom Auftraggeber gegen Treu und Glauben vereitelt werde, z.B. wenn der Auftraggeber entgegen dem bisherigen Verhandlungslauf ohne wichtigen Grund auf einen für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes erforderlichen bevorstehenden Rechtsakt verzichtet. Im Beschwerdefall sei ein solcher Fall vorgelegen, weil die Vermieterin Denise B. sich entgegen ihren schriftlichen Verpflichtungen der Mietvertragsunterzeichnung entzogen habe.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, daß eine dem § 9 Abs. 1 Z. 2 der genannten Verordnung entsprechende Provision oder sonstige Vergütung nach dem Inhalt dieser Bestimmung nur vom treuwidrig handelnden Auftraggeber gefordert werden kann. Nach dem Beschwerdevorbringen hat sich aber nur Denise B. der Mietvertragsunterzeichnung entzogen. Unter der Annahme, daß Denise B. die Auftraggeberin gewesen ist, war die Beschwerdeführerin danach nur berechtigt, eine Provision von dieser zu fordern. Aber auch für den gegenständlich - es ist weder dem Beschwerdevorbringen noch den von der belangten Behörde vorgelegten Akten zweifelsfrei zu entnehmen, wer gegenständlich tatsächlich Auftraggeber gewesen ist - in Betracht zu ziehenden Fall, daß die V. GmbH Auftraggeberin war, kann von einer berechtigten Forderung der Beschwerdeführerin im Sinn des § 9 Abs. 1 Z 2 der genannten Verordnung gegenüber jener nicht gesprochen werden, weil sich nach dem Beschwerdevorbringen nicht die V. GmbH, sondern Denise B. "treuwidrig" der Vertragsunterzeichnung entzogen hat.

Unbestritten geblieben ist auch nach dem Beschwerdevorbringen, daß eine erfolgreiche Vermittlung bezüglich des betreffenden Objektes im Sinn des § 8 Abs. 2 der genannten Verordnung jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Legung der Rechnung vom - aber auch danach - nicht erfolgt ist. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin in der Rechnung vom eine nicht erbrachte Leistung mit Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt hat, zumal die darin umschriebene Leistung im Sinn des § 11 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 als "erfolgreich abgeschlossene Vermittlung" bezüglich des betreffenden Objektes bezeichnet wird.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einer im Spruch anders lautenden Entscheidung hätte gelangen können, zeigt die Beschwerdeführerin weder mit ihrer Behauptung, die belangte Behörde hätte die amtswegige Ermittlungspflicht verletzt, noch mit ihrem Vorwurf, die belangte Behörde habe sich erstmals im angefochtenen Bescheid auf die Ausübungsregeln für Immobilienmakler entsprechend der zitierten Verordnung gestützt, aus den angeführten Gründen nicht auf. Aber auch der Hinweis auf § 161 Abs. 3 BAO ist nicht geeignet, eine Belastung des angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheides mit einem Verfahrensmangel darzutun.

Da gemäß § 11 Abs. 14 UStG jemand, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, diesen Betrag schuldet, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Vorschreibung der in dieser Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 14 leg. cit. bestätigt hat. Unter den gegebenen Umständen kann auch nicht von einer uneinbringlich gewordenen Forderung gesprochen werden, weshalb sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, wonach das Umsatzsteuergesetz an keiner Stelle das Erfordernis der Berichtigung oder Stornierung einer zur Gänze oder teilweise uneinbringlichen Rechnung manifestiere, erübrigt.

Da die Beschwerde somit nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am