VwGH vom 24.04.2002, 98/13/0135

VwGH vom 24.04.2002, 98/13/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , Zl. 15-94/1176/01, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung im Jahre 1993 wurde im darüber erstellten Bericht hinsichtlich eines Mietrechtes bezüglich eines Geschäftslokales in 1030 Wien, "AEZ", folgende Sachverhaltsdarstellung festgehalten: Das Mietrecht sei im Jahr 1989 von Paul G. um 400.000,-- S (exklusive Umsatzsteuer) erworben und an Michael R. um 500.000,-- S (exklusive Umsatzsteuer) weiterverkauft worden. Michael R. habe das Mietrecht an die für die Absiedlung der Mieter verantwortliche Gesellschaft (in der Folge: P.-F.) laut einer undatierten Rechnung, unterschrieben von Dr. F. im Vollmachtsnamen des Michael R., um 7.950.000,-- S (exklusive Umsatzsteuer) verkauft. Da das Finanzamt den Umstand, dass nicht der Beschwerdeführer selbst den hohen Veräußerungserlös lukriert habe, für ungewöhnlich gehalten habe, seien weitere Erhebungen zur Feststellung des Sachverhaltes durchgeführt und dabei folgende Fakten festgestellt worden: Der behauptete Erwerber des Mietrechtes Michael R. sei an der (unter anderem in der Vollmacht) angegebenen Adresse in Wien, S-Gasse 1, nie gemeldet bzw. wohnhaft gewesen. Die Unterschrift des Vollmachtgebers Michael R. auf der Vollmacht für Dr. F. vom stimme mit den Unterschriften auf den Gästebuchblättern eines Hotels, in welchem sich Michael R. am 5., 6., 8. und aufgehalten hatte, nicht überein. Michael R. sei nach den Angaben im Gästebuch des Hotels israelischer Staatsbürger. Nach Auskunft der israelischen Steuerbehörden sei der vom Beschwerdeführer dargestellte Verkauf durch Michael R. den israelischen Steuerbehörden nicht angezeigt worden. Bei einer UVA-Prüfung durch das Finanzamt bei der P.-F. sei der Vorsteuerabzug (1,590.000,-- S) für den Erwerb des Mietrechtes von Michael R. mit der Begründung aberkannt worden, dass der Rechnungsaussteller nicht ausreichend identifizierbar sei. Die P.-F. habe in der Folge Klage gegen den Beschwerdeführer beim Bezirksgericht erhoben. Nachdem der strittige Vorsteuerbetrag an die klagende Partei retourniert worden sei, habe die P.-F. die Berufung gegen die Aberkennung der Vorsteuer zurückgenommen. Nach Aussage des Prokuristen der P.-F., Franz H., habe die P.-F. mit dem Beschwerdeführer im Herbst 1989 Verhandlungen hinsichtlich der Abtretung der Mietrechte geführt. Weiters habe Franz H. ausgesagt, dass er am eine Verzichtserklärung des Beschwerdeführers zu Gunsten des Michael R. erhalten habe. Am selben Tag seien die Barschecks an den Bevollmächtigten Dr. F. übergeben worden. Aus einem Aktenvermerk gehe hervor, dass der Beschwerdeführer als Verkaufspreis eine Summe vom 9 Millionen S genannt habe. Nach Vorhalt dieser Feststellungen durch die Prüfungsorgane habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er bei den Verkaufsverhandlungen mit der P.-F. anwesend gewesen sei, um eine Spende an die jüdische Gemeinde in Wien durch Michael R. in Höhe von 330.000,-- S zu vermitteln. Hinsichtlich der unterschiedlichen Unterschriften des Michael R. habe der Beschwerdeführer zu Bedenken gegeben, dass dieser möglicherweise einmal in hebräischer und einmal in lateinischer Schrift unterschrieben habe. Die Prüfer vertraten in der Folge die Ansicht, dass der Verkauf des Mietrechts durch den Beschwerdeführer an Michael R. fingiert worden sei. Der Verkaufserlös sei dem Beschwerdeführer steuerlich zuzurechnen. Der vom Beschwerdeführer behauptete Verzicht zu Gunsten des Michael R. um 500.000,-- S sowie die sofortige Weitergabe (am selben Tag) an die P.-F. um 7,950.000,-- S sei eine im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unverständliche Transaktion, da nicht nachvollziehbar sei, warum der Beschwerdeführer auf einen Gewinn von 7,450.000,-- S verzichtet habe. Die Erklärung des Beschwerdeführers, er habe an die jüdische Gemeinde eine Spende vermittelt, sei im Hinblick auf die Höhe der Spende (330.000,-- S als Gegenleistung für einen Verlust von 7,450.000,-- S) sowie den Zeitpunkt der Zahlungen (zwischen 20. Februar und ) unglaubhaft. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer von der P.-F. wegen Rückerstattung der vom Finanzamt aberkannten Vorsteuer geklagt worden sei, spreche dafür, dass der Beschwerdeführer als wirtschaftlicher Eigentümer des Kaufpreises betrachtet worden sei. Die Unterschriften, die den Prüfungsorganen zum Vergleich zur Verfügung gestanden seien, seien beide in lateinischer Schrift ausgeführt. Da es ungewöhnlich sei, dass eine Person in zwei völlig verschiedenen Schriftzügen paraphiere, sei zu schließen, dass von zwei Personen Unterschriften geleistet worden seien. Eine am vorgelegte "Vereinbarung vom , unterzeichnet von Michael R. und dem Beschwerdeführer" werde daher nicht als Beweismittel anerkannt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüfer und erließ für das Jahr 1989 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid.

In einer dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer zur Klarstellung des Sachverhaltes insbesondere aus, dass Paul G., vormaliger Inhaber der betreffenden Mitrechte, diese im Jahr 1983 an den Beschwerdeführer verkauft habe. Mit Vereinbarung vom habe der Beschwerdeführer seine Mietrechte an dem genannten Lokal wiederum an Paul G. (um 400.000,- - S) abgetreten. Die Übergabe sei zum erfolgt. In der Vereinbarung sei jedoch ein Optionsrecht dergestalt eingeräumt worden, dass der Beschwerdeführer berechtigt gewesen sei, vom Übernehmer (gegen Bezahlung von ebenfalls 400.000,-- S) die Rückübertragung der Mietrechte an dem betreffenden Geschäftslokal bis zum zu begehren. Der Optierende habe durch Geltendmachung seines Gestaltungsrechtes somit wieder in den Besitz der Mietrechte kommen können, um als Hauptmieter neuerlich ein Unternehmen zu führen. In der Zeit von 1986 bis zur Geltendmachung des Optionsrechts durch den Beschwerdeführer im November 1989 habe Paul G. die Mietrechte genutzt. In dieser Zeit sei es jedoch zu Schwierigkeiten mit der Hausinhabung gekommen, da diese der Übertragung der Mietrechte nicht habe zustimmen wollen. Der Beschwerdeführer habe zum damaligen Zeitpunkt noch kein eigenes Unternehmen im "AEZ" betreiben wollen. Es habe somit die Gefahr bestanden, dass bei endgültiger Nichtzustimmung der Hausinhabung zur Übertragung der Mietrechte an Paul G. eine Rückübertragung insofern zu Schwierigkeiten hätte führen können, als der Beschwerdeführer "nicht rechtzeitig von seinem Optionsrecht Gebrauch macht". Da eine eigene Verwertung zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich erschienen sei, habe der Beschwerdeführer versucht, einen anderen Interessenten an den Mietrechten zu finden. Dies sei ihm in der Person der Michael R. gelungen. Es sei daher am eine Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und Michael R. getroffen worden, wonach sich der Beschwerdeführer verpflichtet habe, die Hauptmietrechte im genannten Lokal an Michael R. zu übertragen. Der in diesem "Vorvertrag" genannte Preis für die Übertragung der Mietrechte sei mit 500.000,-- S fixiert worden. Dies schien angemessen, da die vormalige Übertragung und Rückübertragung zu jeweils 400.000,-- S vereinbart worden sei. Der "Vorvertrag" sei mit terminisiert worden, weil auch bis zu diesem Zeitpunkt der Beschwerdeführer von seinem Optionsrecht gegenüber Paul G. Gebrauch habe machen müssen. Unter dem Blickwinkel der damaligen Situation sei es also durchaus vernünftig gewesen, dass der Beschwerdeführer diesen Lösungsweg eingeschlagen habe, da einerseits bei Geltendmachung des Optionsrechtes gegenüber Paul G. eine weitere Übertragung gesichert gewesen sei und darüber hinaus ein wirtschaftlicher Vorteil habe erzielt werden können. Die P.-F. sei dem Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. Ein diesbezügliches "Interesse" habe sich erst zu einem späteren Zeitpunkt ergeben, zu welchem der Beschwerdeführer aber bereits vertraglich gegenüber Michael R. gebunden gewesen sei. Als der Beschwerdeführer erkannt habe, dass er sich durch sein Optionsrecht gegenüber Paul G. einerseits und seinem "Vorvertrag" gegenüber Michael R. andererseits in einer Art Pattstellung befunden habe, aus welcher eine bessere Verwertung der Mietrechte nicht mehr möglich gewesen sei, habe er versucht, durch Unterstützung des Michael R. insofern noch einen Vorteil daraus zu ziehen, dass er Michael R. dazu bewogen habe, bei einem erfolgreichen Weiterverkauf eine Spende an die jüdische Gemeinde in Wien zu bewirken. Der Beschwerdeführer habe also noch den bestmöglichen Vorteil aus der Situation geholt. Der Umstand, dass die Unterschriften des Michael R. auf verschiedenen Schriftstücken nicht identisch seien, könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden. Es sei unzulässig, den wirtschaftlichen Erfolg aus der Verwertung der Mietrechte dem Beschwerdeführer zuzurechnen, da dieser sich in einer vertraglichen Bindung befunden habe, aus welcher er sich nicht habe lösen können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die belangte Behörde schloss sich der Beurteilung der Prüfer an, wonach Michael R. nur vorgeschoben worden sei, um beim Beschwerdeführer nicht nur die Versteuerung der vollen Ablöse zu vermeiden, sondern auch noch die Abfuhr der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer zu umgehen. Für diese Würdigung erschien der belangten Behörde im Wesentlichen maßgebend, dass

1) Michael R. in Wien, S-Gasse 1, nie gemeldet gewesen sei und auch nie gewohnt habe;

2) Michael R. an den Verhandlungen (bezüglich der Ablöse für die Mietrechte) nie teilgenommen habe. Bis zur letzten Verhandlung seien der P.-F. entweder der Beschwerdeführer und/oder dessen Angestellter B. gegenüber getreten. Nach außen sei für Michael R. stets der Rechtsanwalt Dr. F., der laut Zeugenaussage auch den Beschwerdeführer vertreten habe bzw. vertrete, in Erscheinung getreten;

3) die Unterschriften auf der Vollmacht für Dr. F. und im Gästebuch des Hotels, in welchem sich Michael R. aufgehalten habe, sich ganz erheblich voneinander unterschieden hätten. Der diesbezügliche Erklärungsversuch des Beschwerdeführers, Michael R. habe möglicherweise teils in lateinischer, teils in hebräischer Schrift unterschrieben, gehe angesichts der Tatsache, dass beide Schriftstücke in lateinischer Schrift unterzeichnet seien, ins Leere;

4) der vom Beschwerdeführer angeführte Grund, er habe deswegen bis zuletzt an den Kaufpreisverhandlungen mitgewirkt, um für die jüdische Gemeinde in Wien eine großzügige Spende erreichen zu können, angesichts der Höhe und des Zeitraumes, in welchen die Zahlungen geleistet worden seien, wenig überzeugend erscheine;

5) Michael R. den Verkaufserlös gegenüber den israelischen Steuerbehörden nicht einbekannt habe.

Unter Bedachtnahme auf diese Umstände erschienen die Bedenken der Prüfer und diesen folgend des Finanzamtes gegen die Echtheit der Vereinbarung vom als voll berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde. In Erfüllung ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung wäre sie verpflichtet gewesen, einen Schriftsachverständigen zur Klärung der Frage heranzuziehen, ob die Unterschriften des Michael R. identisch seien, bzw. inwiefern sie sich voneinander unterschieden. Diese Rüge ist schon deshalb verfehlt, weil die Unterschiedlichkeit der Unterschriften vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren weder angezweifelt noch diesbezüglich ein Antrag auf Beiziehung eines Schriftsachverständigen gestellt worden war. Die belangte Behörde durfte daher, ohne gegen Verfahrensvorschriften zu verstoßen, davon ausgehen, dass die Unterschriften nicht identisch sind. Auch die erst in der Beschwerde aufgeworfene Frage, inwiefern sich die Unterschriften voneinander unterscheiden, ist aus den aktenkundigen Schriftstücken zu beantworten und bedarf keiner Mitwirkung durch einen Sachverständigen. Die von der belangten Behörde aus dem Umstand der Unterschiedlichkeit der Unterschriften gezogenen Schlussfolgerungen blieben in der Beschwerde unwidersprochen.

Soweit der Beschwerdeführer eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung insofern behauptet, als die belangte Behörde auf Seite 6 oben des angefochtenen Bescheides die Vereinbarung vom zwischen Michael R. und dem Beschwerdeführer als Beweismittel nicht anerkenne, diese Urkunde aber der Sachverhaltsfeststellung (auf Seite 16 des angefochtenen Bescheides) "als Beweisergebnis zu Grunde" lege, ist vor den tatsächlichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid eine Unschlüssigkeit oder Widersprüchlichkeit nicht zu erkennen: Auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides gibt die belangte Behörde die Würdigung der Prüfer zur Frage der Echtheit der Vereinbarung wieder, auf Seite 16 bringt sie zum Ausdruck, dass ihr die Bedenken der Prüfer gegen die Echtheit der Vereinbarung unter Bedachtnahme auf die davor angeführten Umstände als "voll berechtigt" erscheinen. Da damit eine vom Beschwerdeführer im Übrigen nicht angegriffene Würdigung dieser Vereinbarung erfolgte, ist auch die in der Folge erhobene Rüge, die belangte Behörde habe diese Vereinbarung nicht gewürdigt und die auf die behaupteterweise unterbliebene Würdigung der Vereinbarung gestützte Unschlüssigkeit der Annahme, es sei eine im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unverständliche Transaktion, auf einen Gewinn von 7,450.000,-- S zu verzichten, verfehlt.

Entgegen dem nicht näher begründeten Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch durchaus nachvollziehbar, dass Spenden des Michael R., die mehrere Monate nach den in Rede stehenden Zahlungen für den Verzicht auf die Mietrechte erfolgten, keinen ausreichenden Beweis für die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Erklärung bilden, weshalb er und nicht Michael R. die Verhandlungen über die Höhe der Zahlungen geführt habe.

Inwiefern das ohne nähere Ausführungen gerügte Fehlen einer Auseinandersetzung mit dem im Jahr 1986 zwischen dem Beschwerdeführer und Paul G. vereinbarten Optionsrecht durch die belangte Behörde einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellen soll, bringt der Beschwerdeführer nicht zur Darstellung und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund, dass der diesbezüglich vom Beschwerdeführer vorgetragene Sachverhalt mit den Feststellungen der Prüfer im Wesentlichen in Einklang steht und mit dieser Vereinbarung nur die Grundlage für die Verfügungsmöglichkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich der in Rede stehenden Mietrechte geschaffen wurde, nicht zu erkennen.

Da das Beschwerdevorbringen somit insgesamt nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am