VwGH vom 26.11.1991, 90/08/0227

VwGH vom 26.11.1991, 90/08/0227

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der W Gen.m.b.H. in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5 - 226 Wa 163/5 - 90, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8010 Graz, Josef Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom verpflichtete die Mitbeteiligte die Beschwerdeführerin, für die in der angeschlossenen Beitragsnachverrechnung, die einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilde, angeführten Dienstnehmer und Zeiträume Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 4.795,66 nachzuentrichten.

In der Begründung des Bescheides legte die Mitbeteiligte im wesentlichen dar, bei einer Beitragsprüfung seien Differenzen bei der Entrichtung von Sonderbeiträgen auf der Grundlage der gemäß § 49 Abs. 2 ASVG in Verbindung mit Abs. 1 gebührenden Sonderzahlungen (Urlaubszuschuß und Weihnachtsgeld) festgestellt worden. § 19 des Mantelvertrages für Forstarbeiter in der Privatwirtschaft enthalte die kollektivvertragliche Regelung für die Gewährung des Urlaubszuschusses und des Weihnachtsgeldes. Nach Z. 1 und Z. 2 der zitierten Vorschrift hätten vollbeschäftigte Dienstnehmer das 170-fache der Bemessungsgrundlage zu erhalten. Nach § 19 Z. 5 des Kollektivvertrages seien jene Dienstnehmer vollbeschäftigt, die im jeweiligen Bemessungsjahr mindestens 240 Arbeitstage oder 1600 Arbeitsstunden erreichten. Im Sinne dieser Begriffsdefinition vollbeschäftigte Dienstnehmer erhielten somit jedenfalls die volle Sonderzahlung. Im zweiten Satz der zuletzt zitierten Vorschrift werde ausgesprochen, daß alle anderen Dienstnehmer, das heiße, alle Dienstnehmer, die nicht als vollbeschäftigt im Sinne des ersten Satzes einzuschätzen seien, den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlung erhielten, den sie bei Vollbeschäftigung im Sinne des ersten Satzes erhalten würden. § 19 Z. 4 des Kollektivvertrages enthalte schließlich die Regelung, daß während des Jahres eintretende oder ausscheidende Dienstnehmer den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlung erhielten. Damit werde wohl ausgesprochen, daß eine Aliquotierung grundsätzlich zu erfolgen habe; die Berechnungsregeln für die Aliquotierung enthalte jedoch ausschließlich § 19 Z. 5 zweiter Satz des Kollektivvertrages. Diese Aliquotierungsregel gelte für alle nicht Vollbeschäftigten, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Vollbeschäftigung nicht erreicht werde. Als Grundlage für die Aliquotierung bei den Sonderzahlungen seien somit grundsätzlich 240 Arbeitstage bzw. 1600 Arbeitsstunden anzunehmen. Im Falle des Dienstnehmers K. seien im Bemessungszeitraum

696 Arbeitsstunden geleistet worden. Die Berechnung der Sonderzahlung sei daher wie folgt vorzunehmen: der Stundenlohn von S 60,-- sei mit 170 zu vervielfachen und durch den Faktor 1600 zu dividieren. Das sich daraus ergebende Produkt (richtig: der Quotient) sei mit der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden (im vorliegenden Fall somit mit 696) zu vervielfachen. Da Urlaubszuschuß und Weihnachtsgeld in gleicher Weise zu berechnen seien, sei das entstandene Produkt schließlich zu verdoppeln. Beim Dienstnehmer W. sei die Berechnung der Sonderzahlungen nach denselben Grundsätzen vorzunehmen, wobei von einem Stundenlohn von S 63,47 und 1595 geleisteten Arbeitsstunden auszugehen sei.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, § 19 Z. 5 des Mantelvertrages sei für den gegenständlichen Fall nicht anwendbar. § 19 des Mantelvertrages enthalte zwei verschiedene Aliquotierungsbestimmungen. Zunächst werde in Z. 4 die für den Normalfall geltende Aliquotierung eines "ganzjährig ohne Unterbrechung beschäftigten Dienstnehmers bei Ein- bzw. Austritt während des Jahres" geregelt. In Z. 5 werde unter Rücksichtnahme auf die besonderen Verhältnisse in der Forstwirtschaft eine Sonderregelung normiert, in der berücksichtigt werde, daß Forstarbeiter in einem Forstbetrieb üblicherweise witterungsbedingt nicht das ganze Jahr hindurch beschäftigt werden könnten. Für sie gelte daher die Ausnahmebestimmung, daß sie schon bei einer Beschäftigungszeit von 1600 Stunden und darüber als vollbeschäftigt gelten würden. Für diese Sonderfälle werde in Z. 5 auch eine besondere Aliquotierung normiert, wenn diese Dienstnehmer

1600 Arbeitsstunden im Jahr nicht erreichten. Mit dieser Ausnahmebestimmung solle gewährleistet werden, daß Dienstnehmer, die wegen witterungsbedingter Unterbrechung nicht das ganze Jahr hindurch beschäftigt werden könnten, nicht benachteiligt würden. Eine derartige Begünstigung sei aber für Dienstnehmer, die ohnedies das ganze Jahr hindurch beschäftigt würden, nicht notwendig. Für diese gelange somit die "normale Aliquotierungsbestimmung" im Sinne der Z. 4, wie sie für alle Dienstnehmer in der Wirtschaft gelte, zur Anwendung. Diese Vorschrift besage, daß Dienstnehmer, die während des Jahres in den Betrieb eintreten oder aus dem Betrieb ausscheiden, den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlungen erhielten. Für im Jahr des Ein- und Austrittes ganzjährig beschäftigte Dienstnehmer sei daher für die Aliquotierung allein die tatsächliche Dauer der Beschäftigung in diesem Jahr ausschlaggebend. Die Sonderzahlungen seien daher für einen vier Monate Beschäftigten mit vier Zwölftel der Sonderzahlung, für einen zehn Monate Beschäftigten mit zehn Zwölftel der Sonderzahlung zu errechnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den Bescheid der Mitbeteiligten. Nach Darlegung des Verfahrensganges vertrat die belangte Behörde unter Bezugnahme auf § 19 Z. 5 des Mantelvertrages die Auffassung, aus dem Wortlaut dieser Vorschrift gehe zweifelsfrei hervor, daß bei einer Aliquotierung nicht von 52 Wochen, sondern von 40 Wochen (= Vollbeschäftigung) auszugehen sei. Eine andere Auslegung würde zu unbilligen Benachteiligungen jener Dienstnehmer führen, die die für die Annahme einer Vollbeschäftigung festgelegte Mindestanzahl von 240 Arbeitstagen nur knapp nicht erreichten. Es seien somit 240 Arbeitstage bzw. 1600 Arbeitsstunden (= 40 Wochen) als Basis der Aliquotierung zu nehmen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Mitbeteiligte nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Bemessung der Beiträge im Sinne des § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist nicht lediglich das tatsächlich gezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich bezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand. Ob aber ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0239, und die dort zitierte Vorjudikatur). Auch bei der Bemessung von Sonderbeiträgen (§ 54 Abs. 1 ASVG) auf der Grundlage von Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG kommt es auf den Anspruchslohn oder das (höhere) tatsächlich geleistete Entgelt an; diese Frage ist ebenfalls nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Gesichtspunkten zu beantworten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/08/0140, und vom , Zl. 88/08/0237).

Im vorliegenden Fall ist mangels einzelvertraglicher Regelung in der strittigen Frage der Bemessung der Sonderzahlungen von § 19 des zwischen dem Arbeitgeberverband der Land- und Forstwirtschaft in Steiermark und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (Gewerkschaft Land-Forst-Garten) abgeschlossenen und nach seinem § 2 Z. 1 mit in Kraft getretenen "Mantelvertrag für Forstarbeiter in der Privatwirtschaft" auszugehen. Die Hinterlegung des Mantelvertrages bei der Obereinigungskommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung wurde am ordnungsgemäß kundgemacht. Es handelt sich um einen Kollektivvertrag im Sinne der §§ 40 ff des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287/1984.

§ 19 des Mantelvertrages hat in seinen für den Beschwerdefall wesentlichen Teilen folgenden Wortlaut:

"§ 19 Sonderzahlungen

1. In der Zeit vom 1. bis 15. Juli erhalten vollbeschäftigte Dienstnehmer einen Urlaubszuschuß. Dieser beträgt das 170-fache der Bemessungsgrundlage. Der Urlaubszuschuß ist jeweils für die innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate zurückgelegten Dienstzeiten zu berechnen.

2. Vollbeschäftigte Dienstnehmer erhalten für das laufende Jahr ein Weihnachtsgeld in der Höhe des 170-fachen der Bemessungsgrundlage.

...

3. Bemessungsgrundlage im Sinne der Zl. 1 und 2 ist

a) für Dienstnehmer, für die gemäß § 15a Zl. 5 ein Stundensatz zu ermitteln ist, dieser Stundensatz, höchstens jedoch 125 % des kollektivvertraglichen Zeitlohnes der jeweiligen Lohnkategorie;

b) für alle anderen Dienstnehmer der zum Fälligkeitstermin der jeweiligen Sonderzahlungen für eine Arbeitsstunde gebührende Lohn, höchstens jedoch 125 % des kollektivvertraglichen Zeitlohnes der jeweiligen Lohnkategorie.

4. Dienstnehmer, die während des Jahres in den Betrieb eintreten oder aus dem Betrieb ausscheiden, erhalten den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlungen. Der Anspruch auf diese Sonderzahlungen besteht nicht, wenn der Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt.

5. Als vollbeschäftigt gelten Dienstnehmer, die im jeweiligen Bemessungsjahr mindestens 240 Arbeitstage (1600 Arbeitsstunden) erreichen. Alle anderen Dienstnehmer erhalten den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlungen, den sie bei Vollbeschäftigung im Sinne des ersten Satzes erhalten würden.

6. Zeiten eines Präsenzdienstes oder eines Karenzurlaubes sind bei der Bemessung dieser Sonderzahlungen nicht zu berücksichtigen.

7. Der Anspruch auf diese Sonderzahlungen entsteht erst nach einer Beschäftigungsdauer von mindestens 60 Arbeitstagen."

Die bereits im Verwaltungsverfahren vertretene und im Beschwerdeverfahren wiederholte Auffassung der Beschwerdeführerin, § 19 Z. 4 des Mantelvertrages gelte nur für "ganzjährig Beschäftigte, die während des Jahres eingetreten oder ausgeschieden sind", ist schon vom Ansatz her widersprüchlich und daher verfehlt, weil es sich bei einem während des Jahres eingetretenen oder ausgeschiedenen Dienstnehmer - jedenfalls in Beziehung auf das zu beurteilende Bemessungsjahr - nicht um einen "ganzjährig beschäftigten Dienstnehmer" handeln kann. Bei der im Rahmen des Beschwerdepunktes wahrzunehmenden Prüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Richtigkeit erweist sich die Beschwerde jedoch aus folgenden Gründen als im Ergebnis berechtigt:

Für die Auslegung von Kollektivverträgen sind die §§ 6 ff ABGB maßgebend. Der normative Teil eines Kollektivvertrages ist danach wie ein Gesetz auszulegen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/08/0029, und vom , Zl. 88/08/0237). Zu den bei der systematisch-logischen Auslegung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten zählt der Erfahrungssatz, wonach im allgemeinen niemand zweck- und funktionslose, weil praktisch unanwendbare Anordnungen treffen will (vgl. Bydlinski in Rummel, ABGB I2 § 6 Rz 18 mwN). Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, eine überflüssige Norm geschaffen zu haben. Im Zweifel darf daher eine Norm nicht so verstanden werden, daß sie überflüssig ist, weil sich ihre Rechtsfolgen praktisch bereits aus einer anderen Norm ergeben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. 10402/A).

Die belangte Behörde vertritt im Ergebnis die Auffassung, daß bei jeder Aliquotierung - gleichgültig, ob sie aus dem in § 19 Z. 5 zweiter Satz des Mantelvertrages (Unterschreiten einer Jahresarbeitszeit von 240 Arbeitstagen bzw. 1600 Arbeitsstunden) oder dem in Z. 4 der zitierten Vorschrift genannten Grund (Eintritt bzw. Ausscheiden während des Jahres) zu erfolgen hat - nach der durch Z. 5 zweiter Satz angeordneten Berechnungsmethode vorzugehen, d.h. die Sonderzahlungen entsprechend dem Verhältnis der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit zu der für die "Vollbeschäftigung" im Sinne der Z. 5 erster Satz maßgebenden Arbeitszeit von 240 Tagen (1600 Stunden) zu berechnen wäre. Dies führt im Ergebnis (das Ausmaß der Sonderzahlungen betreffend) zu einer völligen Gleichstellung jener Dienstnehmer, die während des Jahres eingetreten bzw. ausgeschieden sind, mit anderen Dienstnehmern, bei denen das in Z. 4 angeführte Tatbestandsmerkmal nicht vorliegt. Nach der Auffassung der belangten Behörde stünde einem während des Jahres eingetretenen bzw. ausgeschiedenen Dienstnehmer, der im "Restbemessungsjahr" eine Arbeitszeit von mindestens 240 Arbeitstagen (1600 Arbeitsstunden) erreicht hat, im Hinblick auf "Vollbeschäftigung" im Sinne der Z. 5 ungeachtet seiner "unterjährigen" Beschäftigung - und somit im Widerspruch zur offenbar zwingenden Aliquotierungsanordnung in Z. 4 - die volle Sonderzahlung zu. Diese Dienstnehmer wären somit jenen Dienstnehmern gleichgestellt, deren Beschäftigung sich über das gesamte Bemessungsjahr erstreckte und die infolge Erreichens oder Überschreitung der in Z. 5 erster Satz genannten Mindestarbeitszeit als "vollbeschäftigt" im Sinne der zuletzt zitierten Vorschrift gelten. Während des Jahres eingetretene bzw. ausgeschiedene Dienstnehmer, die

240 Arbeitstage (1600 Arbeitsstunden) erreichen, wären, berechnete man die ihnen zustehenden Sonderzahlungen ebenfalls ausschließlich nach der in Z. 5 zweiter Satz enthaltenen Vorschrift, ebenfalls jenen Dienstnehmern gleichgestellt, die nicht während des Bemessungsjahres eingetreten bzw. ausgeschieden sind, sondern die für die Vollbeschäftigung im Sinne der Z. 5 erster Satz maßgebliche Mindestarbeitszeit aus anderen Gründen - etwa wegen Teilzeitbeschäftigung oder Unterbrechungen der Arbeit im Sinne des § 5 Z. 3 Mantelvertrag - nicht erreicht haben. Ein solches Auslegungsergebnis hätte zur Folge, daß die Anordnung in § 19 Z. 4 erster Satz des Mantelvertrages ohne Anwendungsbereich bliebe, weil sich ihre Rechtsfolgen bereits aus Z. 5 zweiter Satz der zitierten Vorschrift ergäben; Z. 4 erster Satz wäre daher eine überflüssige Norm. Dafür, daß es sich bei § 19 Z. 4 erster Satz lediglich um eine der besseren Übersichtlichkeit wegen vorgenommene "Wiederholung" der aus Z. 5 zweiter Satz hervorgehenden allgemeinen Regel handelte, liegt - auch im Hinblick auf den noch zu erörternden Unterschied in der Formulierung der beiden Vorschriften - keinerlei Anhaltspunkt vor.

Das nach dem oben Gesagten grundsätzlich nicht zu billigende Ergebnis, daß der Vorschrift des § 19 Z. 4 erster Satz Mantelvertrag kein Anwendungsbereich zukäme, wird durch eine mit dem Wortlaut und dem Zweck der Vorschriften im Einklang stehende systematische Auslegung vermieden, die Z. 4 einen auf Dienstnehmer, die während des Jahres eingetreten oder ausgeschieden sind, und Z. 5 einen auf alle anderen Dienstnehmer beschränkten Anwendungsbereich zuweist. Dieses Ergebnis nimmt auch auf den Umstand Bedacht, daß nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, mit zwei verschieden formulierten Anordnungen sollten identische Rechtsfolgen ausgelöst werden. Wenn somit Dienstnehmer in einem Fall (Z. 5 zweiter Satz) "den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlungen, den sie bei Vollbeschäftigung im Sinne des ersten Satzes erhalten würden", im anderen Fall (Z. 4) "den ihrer Beschäftigung entsprechenden Teil der Sonderzahlungen" erhalten sollen, ist der Schluß gerechtfertigt, daß damit voneinander verschiedene Berechnungsweisen angeordnet werden.

Aus all dem folgt, daß für Dienstnehmer, auf die das in Z. 4 normierte Tatbestandsmerkmal zutrifft, die in Z. 5 letzter Satz angeordnete Berechnungsregel jedenfalls dann nicht zum Tragen kommt, wenn - wie bei den im Beschwerdefall in Rede stehenden Dienstnehmern - das Verhältnis der geleisteten Arbeitstage (Arbeitsstunden) zum Beschäftigungszeitraum mindestens dem Verhältnis von 240 (1600) zur entsprechenden Bezugsgröße im vollen Bemessungsjahr entspricht. Die zeitliche Lagerung des Bemessungszeitraumes ergibt sich für den Urlaubszuschuß gemäß § 19 Z. 1 zweiter Satz mit den dem Fälligkeitstag vorangegangenen zwölf Monaten, für das Weihnachtsgeld gemäß § 19 Z. 2 mit dem Kalenderjahr (arg.: "für das laufende Jahr"). Die unterschiedliche Beschäftigungsdauer läßt Differenzierungen bei den Sonderzahlungen zwischen solchen Dienstnehmern, die während des Jahres eintreten bzw. ausscheiden und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, auch nicht als unsachlich erscheinen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der gesonderte Ersatz der Umsatzsteuer neben dem Schriftsatzaufwand kommt nicht in Betracht (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686 Abs. 4 zitierte hg. Rechtsprechung). Im Hinblick auf Art. III Abs. 2 der zuletzt zitierten Verordnung und die Geltendmachung eines Schriftsatzaufwandes, der insgesamt den derzeit geltenden Pauschalbetrag übersteigt (vgl. hiezu Dolp, aaO 687 Abs. 5), war der Beschwerdeführerin ein Schriftsatzaufwand von S 11.120,-- zuzusprechen. Der Ersatz von Stempelgebühren kommt im Hinblick auf die sachliche Gebührenfreiheit nach § 110 ASVG nicht in Betracht.