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VwGH vom 05.11.2003, 2002/08/0099

VwGH vom 05.11.2003, 2002/08/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. Hans Kaska und Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS8-9766-2001, betreffend Erstattungsantrag (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90, und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am stellte der Beschwerdeführer bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einen Antrag auf Erstattung von Beiträgen gemäß Art. 6 des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung betreffend die soziale Sicherheit der Angestellten dieser Organisation (UNIDO), BGBl. Nr. 424/1971 (in der Folge: UNIDO-Abkommen). Der Beschwerdeführer gab an, am aus der österreichischen Pensionsversicherung ausgeschieden zu sein. In den gemeinsamen Pensionsfonds für das Personal der Vereinten Nationen (im Folgenden: Pensionsfonds) sei er ab übernommen worden.

Mit Schreiben vom gab die Bundespolizeidirektion Wien der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bekannt, dass der Beschwerdeführer mit ohne Anspruch auf Ruhegenuss aus dem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis zur Bundespolizeidirektion Wien ausgeschieden sei. Die effektive Bundesdienstzeit des Beschwerdeführers als Beamter habe 118 Monate in der Zeit vom bis betragen. Dafür sei gemäß § 311 ASVG ein Überweisungsbetrag in der Höhe von S 329.076,80 (EUR 23.914,94) zu leisten.

Mit Schreiben vom teilte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten der Bundespolizeidirektion Wien mit, dass der Beschwerdeführer mit in den Pensionsfonds übernommen worden sei und einen Antrag auf Entfertigung seiner Versicherungszeiten gestellt habe. Es werde daher um vorzeitige Leistung des Überweisungsbetrages gemäß § 311 ASVG ersucht.

Nach einer im Akt befindlichen Kopie eines Kontoauszuges vom wurde ein Überweisungsbetrag gemäß § 311 ASVG in der Höhe von S 329.076,80 von der Bundespolizeidirektion Wien an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten geleistet, der sich aus der Rückzahlung eines seinerzeitigen Überweisungsbetrages im Sinne des § 308 ASVG von (aufgewertet) S 20.637,78 und dem für den Zeitraum vom bis zum gebührenden Überweisungsbetrag von S 308.439,02 zusammensetzte. Dem Beschwerdeführer wurden hiefür für den Zeitraum vom bis zum Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach dem ASVG vorgemerkt.

In der Folge teilte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten dem Beschwerdeführer schriftlich mit, dass ihm auf seinen Antrag vom hin die von ihm für anrechenbare Beitragsmonate bzw. zur Höherversicherung entrichteten Beiträge zur Pensionsversicherung im Gesamtbetrag von S 16.720,42 überwiesen werden. Als anrechenbare Beitragsmonate wurden die Zeiten vom bis , vom bis , vom bis und vom bis genannt.

Mit Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer um Richtigstellung des Erstattungsbetrages und um Überweisung des fehlenden Betrages der anrechenbaren Beitragsmonate aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis im Ausmaß von 118 Monaten.

Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom bezüglich der Beitragszeiten vom bis gemäß § 225 Abs. 1 Z 4 ASVG "abgelehnt". Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, eine Erstattung komme nicht in Betracht, da keine vom Beschwerdeführer entrichteten Beiträge zum ASVG vorlägen, zumal der Überweisungsbetrag zur Gänze von der Bundespolizeidirektion Wien entrichtet worden sei.

In seinem Einspruch gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er als Beamter im Zeitraum seiner Beschäftigung bei der Bundespolizeidirektion Wien Pensionsbeiträge entrichtet habe. Ob diese Beiträge seinerzeit nach dem ASVG geleistet worden seien oder nicht, sei unerheblich. Die Bundespolizeidirektion Wien habe jedenfalls gemäß § 311 ASVG einen Überweisungsbetrag an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bezahlt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Der Begründung ist im Wesentlichen zu entnehmen, der Beschwerdeführer habe im Zeitraum vom bis selbst keine Beiträge zur Pensionsversicherung der Angestellten geleistet. Der für diesen Zeitraum der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten geleistete Überweisungsbeitrag sei auch nicht von ihm, sondern von seinem öffentlich-rechtlichen Dienstgeber (Bundespolizeidirektion Wien) entrichtet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und (ebenso wie die mitbeteiligte Partei) eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des UNIDO-Abkommens lauten:

"...

Artikel 2

(1) Angestellte, die bei Beginn ihrer Beschäftigung bei der UNIDO nicht dem Pensionsfonds angehören, haben nach Maßgabe der Bestimmungen des Art. 10 das Recht, jedem einzelnen Zweig der Sozialversicherung nach dem ASVG. sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG. 1958 beizutreten.

(2) Angestellte, die bei Beginn ihrer Beschäftigung bei der UNIDO dem Pensionsfonds angehören, haben nach Maßgabe der Bestimmungen des Art. 10 das Recht, der Kranken- und der Unfallversicherung nach dem ASVG. sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG. 1958 beizutreten.

(3) Die Versicherung nach den Absätzen 1 und 2 hat in jedem gewählten Zweig die gleichen Rechtswirkungen wie eine Pflichtversicherung.

Artikel 3

(1) Die Versicherung nach Art. 2 beginnt in dem gewählten Zweig mit dem der Abgabe einer entsprechenden Erklärung nächstfolgenden Tag.

...

Artikel 5

Die Zeit der Zugehörigkeit eines Angestellten zum Pensionsfonds gilt nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des ASVG. als "neutrale" Zeit in der österreichischen Pensionsversicherung.

Artikel 6

(1) Wird ein Angestellter in den Pensionsfonds aufgenommen, so werden ihm über seinen Antrag die von ihm


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
für anrechenbare Beitragsmonate und
b)
zur Höherversicherung für anrechenbare Beitragsmonate
geleisteten Beiträge zur Pensions(Renten)versicherung erstattet. Der Antrag ist binnen achtzehn Monaten nach der Aufnahme in den Pensionsfonds bei dem Träger der Pensionsversicherung zu stellen, an den die Beiträge gezahlt wurden.

(2) Für die Feststellung der Anrechenbarkeit der Beitragszeiten ist Stichtag der Zeitpunkt der Aufnahme in den Pensionsfonds, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der der Aufnahme in den Pensionsfonds folgende Monatserste.

(3) Die zu erstattenden Beiträge sind sechs Monate nach Einlangen des Antrages beim Träger der Pensionsversicherung fällig. Sie sind bei verspäteter Flüssigmachung zum jeweils geltenden Wechselzinsfuß der Oesterreichischen Nationalbank zu verzinsen.

(4) Mit der Erstattung der Beiträge erlöschen alle Ansprüche und Berechtigungen aus der Pensionsversicherung, die aus den Beitragsmonaten erhoben werden können, für die die Beiträge erstattet wurden; ebenso erlischt ein Anspruch auf eine laufende Leistung ohne weiteres Verfahren, wobei die Pension und allfällige Zuschüsse noch für den Monat gebühren, der dem Einlangen des Antrages nach Abs. 1 beim Versicherungsträger folgt.

Artikel 7

(1) Scheidet ein Angestellter aus dem Dienstverhältnis bei der UNIDO ohne Anspruch für sich oder seine Hinterbliebenen auf laufende Leistungen aus dem Pensionsfonds aus, so können der ausgeschiedene Angestellte oder seine anspruchsberechtigten Hinterbliebenen dem Träger der Pensionsversicherung, der zuletzt aus dem Dienstverhältnis zuständig gewesen wäre, innerhalb von achtzehn Monaten nach dem Ausscheiden einen Überweisungsbetrag leisten. Innerhalb der gleichen Frist können der Angestellte oder seine anspruchsberechtigten Hinterbliebenen auch die Beiträge, die dem Angestellten nach Art. 6 erstattet wurden, an den Träger der Pensionsversicherung zurückzahlen.

(2) Der Überweisungsbetrag beträgt für jeden in einem Dienstverhältnis zur UNIDO zugebrachten Monat, in dem der ausgeschiedene Angestellte dem Pensionsfonds angehört hat, 7 vH des auf den Monat entfallenden Bruttobezuges, auf den der Angestellte im letzten Monat vor seinem Ausscheiden Anspruch gehabt hat, höchstens vom 30fachen der im Zeitpunkt des Ausscheidens in Geltung gestandenen Höchstbeitragsgrundlage in der österreichischen Pensionsversicherung. Die rückzuzahlenden Beiträge nach Abs. 1 zweiter Satz sind mit dem im Zeitpunkt des Ausscheidens für das Jahr der Beitragserstattung geltenden Aufwertungsfaktor aufzuwerten.

(3) Die im Überweisungsbetrag berücksichtigten vollen Monate gelten als Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der österreichischen Pensionsversicherung. Mit der Beitragsrückzahlung leben die durch Beitragserstattung (Art. 6 Abs. 4) erloschenen Beitragszeiten einschließlich einer allenfalls bestandenen Höherversicherung wieder auf.

...

Artikel 10

Angestellte können

1. das Recht nach Artikel 2 Absätze 1 und 2 nur binnen drei Monaten ab Beschäftigungsbeginn,

2. das Recht nach Artikel 3 Absatz 5 nur binnen zwei Wochen nach ihrer Verständigung von der Aufnahme in den Pensionsfonds,

3. das Recht nach Artikel 3 Absatz 6 Buchstabe a nur vor ihrer Entsendung,

4. das Recht nach Artikel 3 Absatz 6 Buchstabe b nur binnen einem Monat nach dem Ende ihrer Entsendung

bei der Wiener Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte schriftlich geltend machen.

..."

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, dass ihm während der Dauer seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses von jeder Gehaltszahlung ein Pensionsbeitrag abgezogen worden sei. Der Abzug des Pensionsbeitrages setze voraus, dass dem Beschwerdeführer auf diesen Betrag ein entsprechender Entgeltanspruch zugestanden sei, dass es sich also um einen von ihm ins Verdienen gebrachten Betrag gehandelt habe. Der Bund hätte diesen (inhaltlich einem Pensionsversicherungsbeitrag gleich) als Pensionsbeitrag verwenden sollen. Nun sei er aus einem nach dem ASVG pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis ausgeschieden, ohne dass ihm aus diesem ein Anspruch auf einen laufenden Ruhegenuss erwachsen wäre. Der abgezogene Pensionsbeitrag sei auf Grund verfassungskonformer Auslegung als Pensionsversicherungsbeitrag im Sinne des UNIDO-Abkommens zu behandeln. Der Bund habe der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einen Überweisungsbetrag bezahlt. Dabei handle es sich um einen zu erstattenden Beitrag im Sinne des Art. 6 Abs. 3 des genannten Abkommens. Da der Beschwerdeführer nunmehr seine Ruhegenussansprüche gegen den Pensionsfonds richte, wäre die Pensionsversicherungsanstalt um die ihr bezahlten Pensionsbeiträge bereichert.

Dem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 6 des UNIDO-Abkommens nur vom jeweiligen Angestellten der UNIDO geleistete Beiträge zur Pensionsversicherung erstattet werden. Der Beschwerdeführer hat solche Beiträge aber nicht entrichtet. Lediglich sein ehemaliger Dienstgeber leistete einen Überweisungsbetrag, wodurch die Voraussetzungen des Art. 6 des UNIDO-Abkommens nicht erfüllt wurden. Die Erstattung von Beiträgen des Dienstgebers sieht das UNIDO-Abkommen im Übrigen in keinem Fall vor.

Das somit auf Grund des Wortlautes des UNDIO-Abkommens erzielte Ergebnis, dass der Überweisungsbetrag zu keiner Erstattung an den Beschwerdeführer führt, widerspricht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schließlich schon deshalb nicht der Verfassung, weil dem Beschwerdeführer für den Zeitraum, auf den sich der Überweisungsbetrag bezog, dem Gesetz entsprechend (vgl. § 313 ASVG) Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach dem ASVG vorgemerkt wurden. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0039, mit Verweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausgesprochen hat, besteht selbst dann keine verfassungsrechtliche Bedenklichkeit, wenn solche Versicherungszeiten zu keinem Pensionsanspruch führen können, solange eine allfällige Pensionsleistung nicht im Prinzip ausgeschlossen ist. Ein prinzipieller Ausschluss ist auch im vorliegenden Fall nicht gegeben (vgl. § 7 des UNIDO-Abkommens). Außerdem bestand während des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zum Bund eine Absicherung für die Fälle der Berufsunfähigkeit und des Todes, sodass nicht gesagt werden kann, seine Pensionsbeiträge wären ohne jede sachliche Rechtfertigung entrichtet worden und mangels jeglichen Äquivalents nunmehr zu erstatten (vgl. für die Versicherungsfälle des Tode und der Berufsunfähigkeit das soeben genannte hg. Erkenntnis).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am