VwGH vom 16.11.1994, 93/12/0324
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde der XY in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom , Zl. 128.740/11-III/16/93, betreffend Leiterzulage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht seit als Direktorin i. R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Zuvor war sie - im gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraum - (ernannte) Direktorin der Bundesfachschule für wirtschaftliche Berufe in N (kurz: Schule A). Weiters war die Beschwerdeführerin ab mit der Leitung der höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe und Bundesfachschule für Fremdenverkehr ebenfalls in N (kurz: Schule B - Der Verwaltungsgerichtshof geht vorläufig, im übrigen in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Beurteilung der Behörde, davon aus, daß es sich dabei um EINE Schule handelt) und sodann im Jahr 1981 überdies mit der Leitung der Bundes-Gastgewerbefachschule N (kurz: Schule C) betraut worden.
Mit Wirkung vom wurde Mag. Ruth Ankerl (kurz: Mag. R. A.) zur Direktorin der Schule B ernannt und - soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich - ebenfalls mit Wirksamkeit vom überdies (unter anderem) mit der Leitung der Schule C betraut.
Mit Schreiben vom teilte der Landesschulrat der Beschwerdeführerin in Beantwortung eines (nicht aktenkundigen) Schreibens vom mit, die mit der Sache befaßte belangte Behörde vertrete die Rechtsmeinung, daß durch die Ernennung von Mag. R. A. als Direktorin "an der höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Bundes-Gastgewerbefachschule N mit Wirksamkeit vom , automatisch Ihre seinerzeitigen Betrauungen mit Leitungsgeschäften an dieser Anstalt (HBLW und Gastgewerbefachschule) erloschen sind und die Leiterzulage neu zu berechnen ist." Die Kürzung der Leiterzulage mit Wirksamkeit vom sei mit der Absicht erfolgt, den bis zur Erledigung "der obzitierten Eingabe" durch die belangte Behörde entstehenden Übergenuß "nicht zu hoch werden zu lassen". Die nunmehrige Neuberechnung der Leiterzulage der Beschwerdeführerin ab ergebe einen näher bezifferten Übergenuß (es folgten Vorschläge zur Hereinbringung des Übergenusses).
Hieraus ergab sich zwischen der (rechtsfreundlich) vertretenen Beschwerdeführerin und dem Landesschulrat ein (nur teilweise aktenkundiger) Schriftverkehr, in welchem die Beschwerdeführerin der Rechtsauffassung der Behörde entgegentrat und schließlich beantragte, daß ihr ab "die Leiterzulage" gebühre (wie auch, auszusprechen, daß von einer Rückforderung zuviel bezahlter Leiterzulage Abstand genommen werde, welches Begehren nicht Gegenstand dieses Administrativverfahrens war).
Hierauf hat der Landesschulrat mit Bescheid vom wie folgt entschieden (zitiert nach dem Inhalt der Verwaltungsakten):
"Es wird festgestellt, daß Ihnen gem. § 57 Abs. 1, 2 und 4 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54/1956, im Zusammenhalt mit den §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 8 der Schulleiterzulagenverordnung 1966, BGBl. Nr. 192/1966 ab eine Leiterzulage in der Höhe von S 3.348,80 gebührt."
Aus der Begründung ergibt sich, daß es sich um die Leiterzulage für die Schule A handelt (auch wird die Berechnung näher dargestellt). Festzuhalten ist, daß die Schulen B und C in diesem Bescheid nicht (in der Begründung ebensowenig wie im Spruch) genannt werden.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie vorbrachte, daß ihr mit dem bekämpften Bescheid lediglich die Leiterzulage für die Schule A zuerkannt werde, sie aber tatsächlich überdies auch Leiterin der Schulen B und (wie sich aus den weiteren Vorbringen ergibt) C gewesen sei, sodaß ebenfalls darauf Bedacht zu nehmen gewesen wäre (wird näher ausgeführt).
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung abgewiesen. Zusammenfassend führte sie begründend aus, daß durch die Bestellung von Mag. R. A. zur Direktorin der Schule B per und mit deren Betrauung mit der Leitung der Schule C ebenfalls per die Betrauung der Beschwerdeführerin mit der Leitung dieser beiden Schulen "automatisch" erloschen sei. Die Beschwerdeführerin habe daher ab nur mehr Anspruch auf die Leiterzulage für die Schule A, dies im Hinblick auf ihre dienstrechtliche Stellung als ernannte Direktorin dieser Anstalt (es folgen nähere Ausführungen zur Berechnung der Leiterzulage). Weiters sei festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin aufgrund ihres "damaligen Krankenstandes" seit ihre zusätzlichen Leitergeschäfte an den Schulen B und C nicht habe wahrnehmen können. Da § 59 Abs. 1 GG 1956 für die provisorische Leitung einer Unterrichtsanstalt den Anfall einer Dienstzulage für ein- und dieselbe Schule nur einmal zulasse, sei - da diese Zulage kraft Gesetzes gebühre - im Hinblick auf den Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen die Dienstzulage (soweit dies die Erhöhung aufgrund der Mitbetreuung der Schulen B und C betreffe) ab einzustellen gewesen. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt sei es somit nicht erforderlich gewesen, die Beschwerdeführerin von diesen Umständen gesondert in Kenntnis zu setzen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Schulleiterzulage nach § 57 GG 1956 und gemäß den Bestimmungen der Schulleiter-Zulagenverordnung 1966 durch unrichtige Anwendung dieser Normen iVm §§ 38 und 201 ff BDG 1979, sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, §§ 37, 39, 60 AVG) verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten (wenngleich unvollständig) vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 57 Abs. 1 GG 1956 gebührt den Leitern von Unterrichtsanstalten (mit Ausnahme der pädagogischen Institute) eine Dienstzulage, die durch die Verwendungsgruppe, die Dienstzulagengruppe und die Gehaltsstufe bestimmt wird. Die Dienstzulagengruppe richtet sich nach Bedeutung und Umfang der Anstalt. Die Einreihung der Anstalten in die Dienstzulagengruppe ist vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler durch Verordnung festzusetzen.
Diese Einordnung der Anstalten erfolgte in der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom zur Durchführung des § 57 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 192 (Schulleiter-Zulagenverordnung 1966).
Gemäß § 2 Z. 5 leg. cit. werden zugewiesen:
Dienstzulagengruppe
I II III IV V
mit mehr als 9-12 8 Klassen 4-7 1-3 Klassen
12 Klassen Klassen Klassen
Mittlere und
höhere Schulen
§ 4 der Verordnung trifft für die Einreihung der Schulen in die Dienstzulagengruppen besondere Bestimmungen (insbesondere für die Anrechnung von bestimmten Einrichtungen als Klassen)
Die Beschwerdeführerin zieht die Richtigkeit der Berechnungen der belangten Behörde nicht in Zweifel, führt aber aus, daß die Annahme der belangten Behörde, ihr stünde die Leiterzulage nur bezüglich der Schule A zu, unzutreffend sei. Sie sei vielmehr bis zu ihrer Ruhestandsversetzung Leiterin aller drei Schulen (A, B und C) gewesen, weil ihr gegenüber bis zu diesem Zeitpunkt kein ihre Leiterfunktionen beendender Akt gesetzt worden und seit diesem Zeitpunkt ein solcher Akt vermöge seiner konstitutiven und nur für die Zukunft denkbaren Wirksamkeit nicht mehr möglich sei. Es könne keineswegs genügen, daß einem ANDEREN Beamten (gemeint ist Mag. R. A.) gegenüber "IRGENDETWAS erklärt oder entschieden" werde (wird eingehend näher ausgeführt). Sie habe daher für die Aktivdienstzeit Anspruch auf die Leiterzulagen und für die Ruhestandszeit Anspruch auf deren Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuß.
Dem ist folgendes zu entgegnen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 90/12/0245 = Slg. NF Nr. 13485/A, näher ausgeführt hat, stehen einem Lehrer, der mit der Leitung mehrerer Unterrichtsanstalten betraut wird, auch entsprechend viele Dienstzulagen zu.
Im Beschwerdefall ist völlig ungeklärt geblieben, ob die Betrauung der Beschwerdeführerin mit der Leitung der "Schulen" A, B und C den Anspruch auf bloß EINE Dienstzulage nach § 57 Abs. 1 GG 1956 auslöste bzw. wegen Untrennbarkeit hätten auslösen können. Dies wäre dann der Fall, wenn diese Schulen auf Grund ihrer organisatorischen Verbindung als EINE Unterrichtsanstalt im Sinne des § 57 Abs. 1 GG 1956 aufzufassen wären, wobei dann unter Zusammenzählung aller Klassen (einschließlich der als Klassen gewerteten sonstigen Einrichtungen) die Dienstzulagengruppe für eine Dienstzulage zu ermitteln wäre (in diese Richtung deuten die Ausführungen in der Berufung). Handelte es sich hingegen um drei verschiedene, das heißt nicht in einem Organisationsverbund stehende Unterrichtsanstalten, hätte dies einen Anspruch auf drei Dienstzulagen ausgelöst (Trennbarkeit).
Die Klärung dieser Frage, die von weiteren Ermittlungen abhängt, ist im Beschwerdefall aber von Bedeutung:
Der erstinstanzliche Bescheid hat nämlich NUR über die Leiterzulage für die Schule A abgesprochen, nicht aber darüber, ob der Beschwerdeführerin für die Schulen B und C weitere Leiterzulagen zustehen oder ob die Leitung dieser Schulen für die Bemessung der ihr für die Schule A jedenfalls gebührenden (und auch zuerkannten) Leiterzulage von rechtlicher Bedeutung ist oder nicht. Die Behörde 1. Instanz hat damit die strittige Auswirkung der Leitung der "Schulen" B und C für den (die) Zulagenanspruch (Zulagenansprüche) der Beschwerdeführerin völlig ausgeklammert.
Bei dieser Ausgangssituation konnte die belangte Behörde aber unter Beachtung des § 66 Abs. 4 AVG nur dann über die hier strittige Frage absprechen, wenn Untrennbarkeit im obigen Sinne gegeben ist, weil sie nur in diesem Fall die fehlerhafte Entscheidung der Behörde 1. Instanz korrigieren konnte und auch mußte. Im Falle der Trennbarkeit (im obigen Sinne) wäre hingegen die Berufung der Beschwerdeführerin zurückzuweisen gewesen, hätte doch damit die Beschwerdeführerin die Behandlung einer Sache verlangt, über die noch keine Entscheidung der Behörde 1. Instanz vorlag und für deren Erledigung nach wie vor diese Behörde zuständig ist.
Da die Frage, von welchem Verfahrensgegenstand die belangte Behörde auszugehen hatte, auf Grund fehlender Ermittlungen zur organisatorischen Stellung der Schulen A, B und C zueinander nicht beantwortet werden kann, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.