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VwGH vom 22.06.1993, 90/08/0195

VwGH vom 22.06.1993, 90/08/0195

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 124.183/2-7/90, betreffend Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern (mitbeteiligte Partei: S in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt fest, daß die Mitbeteiligte als Pächterin der Liegenschaft G 49 (EZ 219) auch nach dem gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 sowie Abs. 2 und 3 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) in der Pensionsversicherung pflichtversichert bleibe. Nach der Begründung sei die Mitbeteiligte Alleinpächterin der genannten Liegenschaft, deren Einheitswert mit Bescheid des Finanzamtes vom mit S 45.000,-- festgesetzt worden sei. In diesem Betrag seien Zuschläge wegen überdurchschnittlicher Tierhaltung inbegriffen. Die Mitbeteiligte habe mit eine Fremdzupachtung zurück- und die überdurchschnittliche Tierhaltung aufgegeben. Der am vom Finanzamt ausgestellte Hauptfeststellungsbescheid zum "1. Jänner 1988/89" und der ebenfalls im Rahmen der Einheitswerthauptfeststellung am erlassene Feststellungsbescheid (Wertfortschreibung) zum (betreffend Einheitswert der Liegenschaft ohne intensive Tierhaltung) würden jedoch nach den Bestimmungen der 14. Novelle zum BSVG sozialversicherungsrechtlich erst mit wirksam. Bis dahin sei am Einheitswert in der Höhe von S 45.000,-- festzuhalten.

Die Mitbeteiligte erhob Einspruch, in dem sie im wesentlichen vorbrachte, die Fremdzupachtung von Grundstücken zum aufgelöst zu haben. Im Laufe des Jahres 1989 habe sie auch die Tierhaltung laufend vermindert; dem habe das Finanzamt durch Bescheid vom insofern Rechnung getragen, als der Einheitswert ihres landwirtschaftlichen Betriebes nunmehr nur noch S 13.000,-- betrage.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde dem Einspruch Folge gegeben und in Abänderung des Bescheides der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt ausgesprochen, daß die Mitbeteiligte seit gemäß § 2 BSVG in der Pensionsversicherung nicht pflichtversichert sei. Nach der Begründung habe die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe in Art. III der 14. Novelle zum BSVG bewußt sämtliche im Rahmen der Einheitswerthauptfeststellung maßgeblichen Sachverhalte für Zwecke der Sozialversicherung vor dem nicht berücksichtigt wissen wollen; da im gegenständlichen Fall die Wertfortschreibung zum auch aus den Ergebnissen der Hauptfeststellung resultiere, sei eine Berücksichtigung vor dem nicht möglich. Demgegenüber vertrat die Einspruchsbehörde die Auffassung, daß in Art. III lediglich von der "Hauptfeststellung" die Rede sei. Daraus sei zu schließen, daß nur Änderungen der Einheitswerte anläßlich der Hauptfeststellung zum für die Zeit vor dem nicht zu berücksichtigen seien. Änderungen der Einheitswerte durch Wertfortschreibungsbescheide seien jedoch schon vor dem sozialversicherungsrechtlich wirksam. Somit sei der nach dem Hauptfeststellungsbescheid vom ergangene Wertfortschreibungsbescheid vom auch schon für die Zeit vor dem zu berücksichtigen. Da der Einheitswert nach diesem Bescheid im Beschwerdefall nur mehr S 13.000,-- betrage, sei die Mitbeteiligte ab in der Pensionsversicherung nicht mehr pflichtversichert.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt erhob Berufung, in der sie im wesentlichen die Ansicht vertrat, der Begriff "anläßlich der Hauptfeststellung " in Art. III der 14. Novelle zum BSVG meine nicht nur den Hauptfeststellungsbescheid, sondern auch alle Änderungsbescheide, Nachfeststellungen und Zurechnungen, also alle Bescheide zum und .

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes bestätigt. In ihrer Begründung vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen außerhalb der Hauptfeststellung gemäß § 23 Abs. 5 BSVG wirksam würden. Die Mitbeteiligte habe die Fremdzupachtungen mit aufgegeben. Diese Änderung würde nach der genannten Bestimmung mit dem ersten Tag des Kalendermonates wirksam, der der Änderung folge, somit mit . Die Aufgabe der intensiven Tierhaltung stelle eine sonstige Änderung des Einheitswertes im Sinne des § 23 Abs. 5 BSVG dar, die mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam werde, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde folge. Ein Nachweis über die Zustellung des Wertfortschreibungsbescheides vom habe im Beschwerdefall nicht vorgelegt werden können. Laut Mitteilung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung sei der Wertfortschreibungsbescheid wahrscheinlich noch am vom Rechenzentrum in Wien zur Post gegeben worden, weil nach dem Rechtskraftvermerk im Akt die einmonatige Berufungsfrist am geendet habe. Gemäß § 26 Abs. 2 des Zustellgesetzes gelte das zuzustellende Schriftstück als mit dem dritten Werktag nach der Übergabe an den behördlichen Zusteller bewirkt, weshalb im vorliegenden Fall die Zustellung dieses Bescheides an die Mitbeteiligte am erfolgt sei. Die Aufgabe der intensiven Tierhaltung sei deshalb ebenfalls mit wirksam geworden, dem ersten Tag des Kalendervierteljahres, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde am gefolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die Mitbeteiligte hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, unter anderem in der Pensionsversicherung pflichtversichert, Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.

Nach § 2 Abs. 3 besteht die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung für die im Abs. 1 Z. 1 genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, in der jeweils geltenden Fassung festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von S 33.000,-- übersteigt.

Gemäß § 2 Abs. 2 letzter Satz BSVG ist § 23 Abs. 3 und 5 entsprechend anzuwenden.

§ 23 BSVG in der Fassung der 11. Novelle zum BSVG, BGBl. Nr. 611/1987, lautet auszugsweise:

"§ 23. (1) Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung ist für die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 Pflichtversicherten, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der Versicherungswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes (monatliche Beitragsgrundlage).

(2) Der Versicherungswert ist ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt festgestellten Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen; ...

....

(5) Änderungen des Einheitswertes gemäß Abs. 3 lit. b, c, d und f sowie durch sonstige Flächenänderungen werden mit dem ersten Tag des Kalendermonates wirksam, der der Änderung folgt. Sonstige Änderungen des Einheitswertes werden mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt. Im übrigen ist Abs. 3 entsprechend anzuwenden."

Art. III Abs. 2 der 13. Novelle zum BSVG, BGBl. Nr. 752/1988, hatte folgenden Inhalt:

"(2) Soweit nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften Einheitswerte land(forst)wirtschaftlicher Betriebe heranzuziehen sind, sind hiebei Änderungen dieser Einheitswerte anläßlich der Hauptfeststellung zum für die Zeit vor dem nicht zu berücksichtigen."

Diese Bestimmung trat gemäß Art. IV. leg. cit. rückwirkend mit in Kraft.

Art. III Abs. 1 der 14. Novelle zum BSVG, BGBl. Nr. 644/1989, bestimmte:

"(1) Soweit nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften Einheitswerte land(forst)wirtschaftlicher Betriebe heranzuziehen sind, sind hiebei Änderungen dieser Einheitswerte anläßlich der Hauptfeststellung zum für die Zeit vor dem nicht zu berücksichtigen."

Diese Bestimmung trat mit in Kraft.

Nach Lage der Verwaltungsakten ist die Mitbeteiligte Alleinpächterin des elterlichen Betriebes im Ausmaß von 0,9766 ha. Eine Fremdzupachtung im Ausmaß von 2,6 ha wurde von der Mitbeteiligten mit Wirkung vom aufgegeben. Unbestritten ist dabei, daß auch der verbleibende Einheitswert des elterlichen Betriebes den im § 2 Abs. 3 BSVG genannten Wert übersteigt. Strittig ist ausschließlich, ob die Aufgabe der intensiven Tierhaltung - wie die belangte Behörde meint - als eine "sonstige Änderung" des Einheitswertes im Sinne des § 23 Abs. 5 BSVG bereits mit dem ersten Tag des Kalendervierteljahres wirksam wird, das der Zustellung des Bescheides der Finanzbehörde erster Instanz folgt.

Nach dem insofern klaren Wortlaut des Art. III Abs. 2 der 13. Novelle bzw. Art. III Abs. 1 der 14. Novelle zum BSVG sind, soweit nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften Einheitswerte land(forst)wirtschaftlicher Betriebe heranzuziehen sind, Änderungen dieser Einheitswerte anläßlich der Hauptfeststellung zum für die Zeit vor dem bzw. nicht zu berücksichtigen. Auch nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (vgl. 784 BlgNr 17. GP., S. 9) sind dabei lediglich die auf das BEWERTUNGSÄNDERUNGSGESETZ 1987, BGBl. Nr. 649, zurückzuführende Änderungen der Einheitswerte für die Zeit vor dem bzw. nicht zu berücksichtigen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0346). Nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers soll dem Ergebnis der Hauptfeststellung für den Bereich der Bauern-Sozialversicherung erst dann Geltung zukommen, wenn die überwiegende Mehrheit der Eigentümer land(forst)wirtschaftlicher Liegenschaften die Ergebnisse der neuen Hauptfeststellung zugestellt erhalten haben. Auf die Änderung des Einheitswertes durch Wertfortschreibungsbescheide haben die genannten Bestimmungen jedoch keinen Einfluß. Diese Änderungen sind vielmehr als "sonstige Änderungen" des Einheitswertes (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 82/08/0113, und vom , Zl. 90/08/0069) nach den Regelungen des § 23 Abs. 5 BSVG zu berücksichtigen. Dabei wird eine "sonstige Änderung" des Einheitswertes mit Wirksamkeit der Hauptfeststellung zum nicht hinfällig, sondern ist weiterhin zu berücksichtigen.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Fundstelle(n):
KAAAE-48594