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VwGH vom 27.06.1996, 96/06/0150

VwGH vom 27.06.1996, 96/06/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der S in Södingberg, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12.10 S 54-96/4, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Södingberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde in Verbindung mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ n1, KG X, und besitzt dort einen ca. 13 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb. Mit Bescheid vom bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Errichtung eines landwirtschaftlichen Wohnhauses in der Mitte des landwirtschaftlichen Besitzes. Die Einbeziehung der Abwässer war dabei in die ohnehin bei den landwirtschaftlichen Gebäuden (Stallgebäuden) bestehende Sammelgrube vorgesehen. Der Bezug des Hauses erfolgte im Laufe des Jahres 1993. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin verpflichtet, die Schmutzwässer ihres Bauwerkes auf eigene Kosten in die öffentliche Kanalanlage einzuleiten. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Berufung erhoben, der mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde mit der Begründung keine Folge gegeben wurde, daß die Entfernung des Bauwerkes der Beschwerdeführerin von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m betrage und daher das Objekt im gesetzlichen Anschlußpflichtbereich liege.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung führte die Beschwerdeführerin aus, ihr Objekt liege mehr als 100 m von dem in Betracht kommenden Anschlußstrang entfernt. Die Vorstellungsbehörde hat dieses Vorbringen zum Anlaß genommen, Erhebungen über die genaue Entfernung zwischen dem Kanalschacht und dem Objekt der Beschwerdeführerin vorzunehmen. Durch Vermessung wurde festgestellt, daß der bestehende Kanalschacht HB 9 von der nordöstlichen Ecke des beschwerdegegenständlichen Objektes rund 87 m entfernt ist. Dieser Erhebungsbericht wurde der Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und die Beschwerdeführerin teilte daraufhin mit, daß das Wohnhaus von beiden Seiten mehr als 100 m (nämlich 110 m) vom geplanten Kanalanschluß HB 8 bzw. HB 9 entfernt liege und sie daher nicht verpflichtet sei, ihr Gebäude an das gegenständliche Kanalnetz anzuschließen. Die Vorstellungsbehörde gelangte aber zu dem Schluß, daß aufgrund der eingehenden Vermessungen feststehe, daß der kürzeste Abstand 87 m zum Kanalschacht HB 9 betrage, der Umstand, daß die Abwässer allenfalls in den Schacht HB 8 eingeleitet würden, und dadurch die Hausanschlußleitung eine Länge von 110 m aufweise, vermöge an der grundsätzlichen Kanalanschlußpflicht, die aufgrund der kürzeren Entfernung, nämlich von 87 m, zum Anschlußschacht HB 9 gegeben sei, nichts zu ändern. Dies vor allem deshalb, da durch die erforderliche größere Länge der Leitung der Beschwerdeführerin keine Nachteile erwüchsen, da die Anschlußverpflichtete lediglich die Kosten für 20 m ab Grundstücksgrenze zu tragen habe und darüber hinaus die Gemeinde die Kosten übernehme. Aus diesem Grunde sei es völlig irrelevant, ob die Einleitung in die Schächte HB 8 oder HB 9 erfolge. Zur Einwendung, wonach der Anschluß sehr schwierig und unter hohem Kostenaufwand zu bewerkstelligen sei, sei auszuführen, daß auf diese Umstände bei Ausspruch der Kananlanschlußverpflichtung nicht näher einzugehen sei. Die Beschwerdeführerin vermeine auch, daß sie aufgrund ihrer Landwirtschaft im Ausmaß von ca. 13 ha, welche abseits des Siedlungsgebietes liege, von der Kanalanschlußverpflichtung ausgenommen wäre. Während § 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955 nach seinem Absatz 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorgesehen habe, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden, sei diese ausdrücklich Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr sei im Abs. 5 eine allgemeine Ausnahmebestimmung für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert. Aus dem Fehlen einer Ausnahmebestimmung des Kanalgesetzes 1955 im nunmehr anzuwendenden Kanalgesetz 1988 sei die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, nicht grundsätzlich schon deshalb eine Ausnahme von der Einleitungsverpflichtung zuzulassen, weil Schmutzwässer nachweisbar zu Düngezwecken benötigt würden. Hiezu verwies die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0046. Bei Verwertung der häuslichen Abwässer im eigenen Betrieb könnten auch bei einer Trennung von Fäkal- und Grauwässern Inhaltsstoffe der Fäkalwässer (WC-Reiniger etc.) als Folge der zivilisatorischen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden. Diese Verwertung stelle grundsätzlich keine adäquate Abwasserentsorgung dar, sie könnte allenfalls dort ausnahmsweise in Betracht gezogen werden, wo die Entsorgung über eine öffentliche Kanalisation auf Dauer nicht zu erwarten sei. Selbst dann werde unter den Aspekten des Umweltschutzes und der Hygiene eine sorgfältige Nachweisführung erforderlich sein, daß eine Beeinträchtigung von Boden und Wasser bzw. der Gesundheit von Mensch und Tier unwahrscheinlich sei. Schon aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 gehe hervor, daß der Nachweis über die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen müsse und dieser Nachweis vom Ausnahmewerber zu erbringen sei. Da jedoch eine derartige schadlose Schmutzwasserentsorgung nicht vorliege und somit die Ausnahmebestimmungen des § 4 Abs. 5 nicht gegeben seien, habe der Vorstellung auch aus diesem Grund der Erfolg versagt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, die nordwestlich eines Kanalstranges liegenden Häuschen seien tatsächlich Einfamilienhäuser und hätten mit einer Landwirtschaft überhaupt nichts zu tun. Dagegen lägen außerhalb des hier in Betracht kommenden Bereiches und außerhalb des Anschlußbereiches andere Bauernhöfe, die selbstverständlich nicht in die Kanalanschlußpflicht einbezogen wurden und auch nicht einbezogen werden könnten. Es sei völlig widersinnig, das landwirtschaftliche Wohnhaus der Beschwerdeführerin in die Anschlußpflicht bloß deshalb einzubeziehen, weil dieses Haus als einziges Bauernhaus nach der Auslegung der Behörde gerade noch unter der 100 m-Grenze liege. Die Ausnahmekriterien von der Anschlußverpflichtung gemäß Abs. 5 des § 4 (des Kanalgesetzes 1988) seien ausnahmslos gegeben. Es bestehe eine den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechende Schmutzwasserentsorgung, es sei eine schadlose Entsorgung der Abwässer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Kanalgesetzes gewährleistet und es sei eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie insbesondere ein Nachteil für die Nachbarschaft in keiner Weise gegeben. Die grundsätzliche Erwägung des angefochtenen Bescheides, es könne von vornherein als Folge der zivilisatorischen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden, daß die bei der Beschwerdeführerin bestehende Abwasserentsorgung nicht als adäquat anzusehen sei, verletze die Rechte der Beschwerdeführerin. Es sei ihr nicht vorgehalten worden, daß eine sorgfältige Nachweisführung erforderlich sei, der rechtsunkundigen Beschwerdeführerin sei niemals eine derartige Belehrung zuteil geworden, geschweige denn die Möglichkeit einer solchen Beweisführung gegeben worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde ist nun unbestritten, daß die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79, über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zutrifft (100 m-Bereich).

Während § 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 165/1968, nach seinem Abs. 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorsah, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden, ist diese, ausdrücklich Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr ist in Abs. 5 eine allgemeine Ausnahmebestimmung für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert. Aus dem Fehlen einer Ausnahmebestimmung wie im Kanalgesetz 1955 im nunmehr anzuwendenden Kanalgesetz 1988 ist die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, nicht grundsätzlich schon deshalb eine Ausnahme von der Einleitungsverpflichtung zuzulassen, weil Schmutzwässer nachweisbar zu Düngezwecken benötigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0046).

Nach § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 leg. cit. gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.

Auch in der Beschwerde wird nicht behauptet, daß eine andere Abwasserbeseitigungsanlage als jene der bestehenden Sammelgrube bei den landwirtschaftlichen Gebäuden (Stallgebäuden) vorläge. Eine Sammelgrube, die nur dem Sammeln von häuslichen Abwässern dient, die dann gemeinsam mit den anfallenden Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen ausgebracht werden sollen, entspricht aber, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom und auch in seinem Erkenntnis vom , Zl. 95/06/0112, ausgeführt hat, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, nicht den im § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 normierten Kriterien.

Da auch in der Beschwerde nicht behauptet wird, daß eine Anlage für die schadlose Schmutzwasserentsorgung vorhanden sei, war auf die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge, die unvertretene Beschwerdeführerin sei im Verwaltungsverfahren auf das Erfordernis des Nachweises über die vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung nicht hingewiesen worden, nicht näher einzugehen, weil selbst bei Vermeidung dieses Mangels kein anderer Bescheid hätte erlassen werden können, weshalb der allfällige Verfahrensmangel nicht wesentlich ist.

Da sich somit bereits aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, daß die Rechte der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.