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VwGH 25.09.1990, 90/08/0140

VwGH 25.09.1990, 90/08/0140

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
RS 1
Die Tage des Postenlaufes nach § 33 Abs 3 AVG werden nur insoweit nicht in die Frist eingerechnet, als es sich um den Postenlauf zur richtigen Stelle handelt; der Postenlauf an die unrichtige Stelle ist in in die Frist einzurechnen (Hinweis E , 197/66, VwSlg 6999 A/1966).
Normen
AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
RS 2
Wenn die unzuständige Behörde gemäß § 6 Abs 1 AVG 1950 das Rechtsmittel (die Beschwerde) zwecks Weiterleitung an die zuständige Behörde zur Post gibt, so sind gemäß § 33 Abs 3 AVG 1950 (§ 62 Abs 1 VwGG) die Tage des Postenlaufes von der unzuständigen zur zuständigen Behörde nicht in die Frist einzurechnen (Hinweis B , 81/16/0167; B , 82/11/0067; B , 83/17/0246).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0168 B RS 2
Norm
AVG §6 Abs1;
RS 3
Die Wendung "auf Gefahr des Einschreiters" bedeutet, daß derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen hat, wenn auch der unzuständigen Behörde die Pflicht zur Weiterleitung des Anbringens bzw Weiterverweisung an die zuständige Stelle auferlegt sei.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0819/78 E VwSlg 5249 F/1978 RS 1
Norm
AVG §6 Abs1;
RS 4
Die Pflicht der unzuständigen Behörde zur Weiterleitung von Schriftstücken darf nicht beliebig lange hinausgezögert werden. Das bedeutet aber nicht, daß das Risiko des Einschreiters dann ausgeschaltet und daher seine an eine Frist gebundene Prozeßhandlung als rechtzeitig anzusehen wäre, wenn nach dem gegebenen Sachverhalt die sofortige Weiterleitung möglicherweise zur Folge gehabt hätte, daß das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde eingelangt oder doch durch die - noch rechtzeitige - Übergabe des Schriftstückes an die Post zur Beförderung die Frist gewahrt geblieben wäre.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0836/77 E VwSlg 9326 A/1977 RS 1

Entscheidungstext

Betreff

N gegen Bundesminister für Arbeit und Soziales vom , Zl. 122.960/2-7/90, betreffend die Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit der Versicherungspflicht nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Wiener Gebietskrankenkasse, 2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der erstmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom betreffend die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin nach dem ASVG keine Folge gegeben. Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides enthielt den Hinweis, daß die Berufung beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 14, einzubringen sei. Der Bescheid wurde dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin am zugestellt. Die Beschwerdeführerin brachte die Berufung bei der belangten Behörde (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) ein, wo diese - den Angaben der Beschwerde zufolge - am einlangte. Die belangte Behörde gab die Berufung am an das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 14, zur Post.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurück. Begründend führte sie nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, die Berufung hätte, um das Erfordernis der Rechtzeitigkeit zu erfüllen, spätestens am an die richtige Einbringungsstelle adressiert zur Post gegeben werden müssen. Da die zweiwöchige Frist des § 63 Abs. 5 AVG 1950 nicht gewahrt sei, sei das Rechtsmittel zurückzuweisen gewesen.

Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, "angesichts der Sorglosigkeit, mit der das Bundesministerium mit meiner Berufung umgegangen ist, den Zurückweisungsbeschluß aufzuheben und die dann als rechtzeitig eingebracht zu behandelnde Berufung an die meritorisch entscheidungszuständige Behörde zu verweisen". Die am bei der belangten Behörde eingelangte Berufung sei nach kanzleimäßiger Behandlung am der Sachbearbeiterin vorgelegt worden. Diese habe, obgleich sie hätte sehen müssen und wohl auch gesehen habe, daß die Frist am nächsten Tag abzulaufen gedroht habe, den Dienstweg nicht verlassen, sodaß ihr Vorgesetzter erst am die Unterschrift unter die Erledigung habe setzen können und der Abfertigungsvermerk erst am erfolgt sei. Aus § 6 Abs. 1 AVG 1950 ergebe sich jedoch, daß bei Gefahr des Ablaufes der Berufungsfrist die Weiterleitung der Berufung auch ohne Einhaltung des Dienstweges zu veranlassen sei, beispielsweise durch Boten oder auch fernschriftlich. Diese Betreuungspflicht habe die belangte Behörde verletzt. Sie hätte dafür Sorge tragen müssen, daß die keinen Zeitaufschub duldenden Anträge, so auch Rechtsmittel, von der übrigen Post getrennt unverzüglich der innerbehördlich zuständigen Stelle zugeteilt würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 ist die Berufung von der Partei schriftlich oder telegraphisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides an die Partei. Nach § 32 Abs. 2 AVG 1950 enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Tage des Postenlaufes werden nach § 33 Abs. 3 AVG 1950 in die Frist nicht eingerechnet.

Zur zuletzt zitierten Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß die Tage des Postenlaufes nur insoweit nicht gerechnet werden, als es sich um den Postenlauf zur richtigen Stelle handelt; der Postenlauf an die unrichtige Stelle ist in die Frist einzurechnen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 6999/A). Die Tage des Postenlaufes von der unzuständigen an die zuständige Behörde sind hingegen nicht in die Frist einzurechnen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. 9563/A, und vom , Zl. 90/04/0042).

Die durch die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides an den bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin am Donnerstag, dem , in Gang gesetzte zweiwöchige Berufungsfrist endete somit am Donnerstag, dem . Die Frist wäre gewahrt gewesen, wenn die Beschwerdeführerin oder die von ihr angerufene unzuständige Behörde die Berufung spätestens am an die für die Einbringung der Berufung zuständige Behörde zur Post gegeben hätte. Die Postaufgabe der Berufung an die zuständige Behörde erfolgte jedoch erst am . Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Die dagegen vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin sind nicht zielführend. Nach § 6 Abs. 1 AVG 1950 hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

Selbst ein allfälliger Verstoß der von der Partei angerufenen unzuständigen Behörde gegen die zitierte Vorschrift vermag aber nichts an den Rechtsfolgen der Verspätung des Rechtsmittels zu ändern. Die Wendung "auf Gefahr des Einschreiters" bedeutet, daß derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 5249/F). Zwar darf die Weiterleitung von Schriftstücken durch die unzuständige Behörde nicht beliebig lange hinausgezögert werden. Das bedeutet aber nicht, daß das Risiko des Einschreiters dann ausgeschaltet und daher seine an eine Frist gebundene Prozeßhandlung als rechtzeitig anzusehen wäre, wenn nach dem gegebenen Sachverhalt die sofortige Weiterleitung möglicherweise zur Folge gehabt hätte, daß das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde eingelangt oder durch die - noch rechtzeitige - Übergabe des Schriftstückes an die Post zur Beförderung die Frist gewahrt geblieben wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. 9326/A, vom , Zl. 83/02/0018, und vom , Zl. 86/02/0135).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §62 Abs1;
Schlagworte
Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen ohne unnötigen Aufschub
Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990080140.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAE-48483