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VwGH vom 20.01.1999, 98/13/0063

VwGH vom 20.01.1999, 98/13/0063

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien I, An der Hülben 1/12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl GA 15-96/1113-05, betreffend Zurücknahme einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer unterließ es, für die Jahre 1991 bis 1993 Steuererklärungen einzureichen. Während einer hinsichtlich der Jahre 1990 bis 1993 durchgeführten Betriebsprüfung wurden von ihm entgegen den Aufforderungen der Abgabenbehörde keine Aufzeichnungen vorgelegt. Der Prüfer stellte fest, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1990 und 1991 neben Provisionen für die Vermittlung von Fertighäusern der Fa L auch Einkünfte aus der Errichtung von Fundamenten für die Fertighäuser erzielt hatte. Weiters wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer ab dem Jahre 1992 Geschäftsführer der R Bau GmbH gewesen war, bei welchem Unternehmen durch eine weitere abgabenbehördliche Prüfung verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt worden waren. Der Prüfer ermittelte Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für den Streitzeitraum im Schätzungsweg.

Gegen die nach der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide wurde vom Beschwerdeführer eine Berufung folgenden Inhaltes erhoben:

"Ich erhebe gegen obige Bescheide Einspruch, da sowohl die Summen unrichtig sind und mir weiters keine Möglichkeit zur Rechtfertigung oder Prüfung der Vorhaltungen eingeräumt wurde.

Mein neuer Steuerberater wird sich mit der Behörde in Verbindung setzen um das weitere Procedere zu besprechen.

Sollte in diesem Schreiben ein Formfehler sein, ersuche ich dies wegen meiner Rechtsunkundigkeit zu entschuldigen und mir eine Chance zur Berichtigung einzuräumen."

Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer auf, die der Berufung anhaftenden Mängel zu beheben. Nach Auffassung des Finanzamtes fehlte die Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden, die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, und eine Begründung.

Der Beschwerdeführer führte daraufhin in einer von einem Wirtschaftshänder eingebrachten Eingabe vom wörtlich aus:

"1.) Einkommen.-Gewerbe.-Umsatzsteuerbescheid 1990 werden hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Einkommen.-Gewerbe.-

u. Umsatzsteuer angefochten.

2.) Für Einkommen.-Gewerbe.-Umsatzsteuerbescheid 1990 wird die Steuerfestsetzung gemäß der dem Finanzamt abgegebenen Steuererklärungen 1990 begehrt.

Für Umsatz.-Einkommensteuer.-Gewerbesteuerbescheid 1991, sowie für Einkommensteuerbescheid 1992 und 1993 wird die Festsetzung aller den angeführten Bescheiden zu Grunde liegenden Steuern mit Null begehrt.

3.) Begründung:

Meinem Mandanten wurde - wie er selbst in seinem Einspruch vom 14.8.d.J. festhält - keine Möglichkeit zur Rechtfertigung bzw. zur Entkräftung der im BP.-Bericht v.6.7.d.J. vorgenommen Ermittlung der Bemessungsgrundlagen gegeben. Die ihm nicht gegebene Möglichkeit einer Gegendarstellung ist ein klarer Verstoß gegen § 115 Abs. 1 und Abs. 2 BAO.

Insbesondere wurde dem Bw. keine Gelegenheit geboten die unter 'Mängel' Pkt. 13.3) aufgelisteten Zahlen zu verifizieren und gegebenenfalls durch Zeugenaussagen bzw. sonstiges Beweismaterial zu korrigieren.

Dasselbe gilt für die unter Tz 19 Kellerbauten angestellte Kalkulation, die ihrerseits wieder auf den o.a. 'Erhebungen' (Pkt. 13.3) basiert.

Ferner wurde mit keinem Wort die Höhe des 'Sicherheitszuschlages' kommentiert bzw. dargelegt weshalb der Umsatz Kellerbauten mit 'Baumaterialeinsatz mal Faktor 4' ermittelt wurde!?

Insgesamt sind nach Ansicht des Bw. die angefochtenen Bescheide somit mit gravierenden Verfahrensmängeln behaftet (insbesondere klare Verstöße gegen § 115 Abs. 1-4 Bundesabgabenordnung)."

Mit Bescheid vom wurde hierauf die Berufung gemäß § 275 BAO als zurückgenommen erklärt. Das Finanzamt führte in der Begründung aus, es fehle eine Begründung für die beantragten Änderungen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde insbesondere ausgeführt, selbst wenn es zuträfe, daß dem Beschwerdeführer eine Möglichkeit zur Stellungnahme nicht gegeben worden sei, stelle ein solcher Hinweis keine "ordnungsgemäße Berufungsbegründung" dar, weil nicht erkennbar sei, warum der Beschwerdeführer die Feststellungen des Prüfers für unzutreffend halte. Der bloße Hinweis, die Feststellungen des Prüfers seien unzutreffend, stelle keine "taugliche Begründung" dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 2290/96, G 176/96, abgelehnt wurde, erwogen:

Gemäß § 250 Abs 1 BAO muß die Berufung enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;


Tabelle in neuem Fenster öffnen
b)
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird,
c)
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und
d)
eine Begründung.

Entspricht eine Berufung nicht diesen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde einen Verbesserungsauftrag im Sinne des § 275 BAO zu erteilen.

Ziel dieser Bestimmungen ist es, daß die Behörde in die Lage versetzt wird, eine Entscheidung über die Berufung treffen zu können. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Berufung den im § 250 Abs 1 BAO bezeichneten Erfordernissen entspricht, ist dabei davon auszugehen, daß der Rechtsschutz nicht durch einen überspitzten Formalismus beeinträchtigt werden darf (vgl das hg Erkenntnis vom , 96/13/0081).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde der Auffassung, daß der Beschwerdeführer insoferne dem ihm erteilten Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen ist, als er eine Begründung seiner Berufung im Sinne des § 250 Abs 1 lit d BAO nicht nachgereicht habe. Mit dieser Auffassung übersieht die belangte Behörde aber, daß auch eine unzulängliche Begründung des Rechtsmittels eine Begründung im Sinne dieser Gesetzesstelle darstellt (vgl neuerlich das hg Erkenntnis vom , 96/13/0081). Die Behörde geht dabei im angefochtenen Bescheid davon aus, daß der Beschwerdeführer eine nicht "ordnungsgemäße" bzw nicht "taugliche" Begründung seines Rechtsmittels gegeben habe. Damit hat sie aber selbst zum Ausdruck gebracht, daß der Beschwerdeführer sehr wohl eine Begründung seines Rechtsmittels gegeben hat. Die - allenfalls naheliegende, im vorliegenden Beschwerdeverfahren aber nicht vorzunehmende - Beurteilung, daß die Begründung der Berufung in keiner Weise geeignet ist, die nach dem Prüfungsbericht und einer ausführlichen Stellungnahme des Prüfers vom detaillierte und sachgerechte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zu erschüttern, ändert dabei keineswegs etwas daran, daß der in Rede stehenden Berufung (auch) eine Begründung nachgereicht worden ist. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte dabei aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am