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VwGH vom 27.05.1998, 98/13/0044

VwGH vom 27.05.1998, 98/13/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der P & F Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien VI, Loquaiplatz 1/7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/191-07/01/97, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeschriften und der ihnen angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß das Finanzamt infolge Erledigung einer von der Beschwerdeführerin gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1984 und 1987 sowie gegen die Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1985 und 1986 erhobenen Berufung durch eine am ergangene Berufungsentscheidung den Ablauf der bewilligten Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom verfügt und ebenfalls mit Bescheid vom Aussetzungszinsen in der Höhe von S 334.173,-- festgesetzt hatte. Gegen den Aussetzungszinsen festsetzenden Bescheid erhob die Beschwerdeführerin eine Berufung, in welcher sie vortrug, daß sie gegen den Berufungsbescheid über die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1984 und 1987 sowie über die Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1985 und 1986 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erheben werde, woraus folge, daß der die Aussetzungszinsen vorschreibende Bescheid keine rechtliche Deckung habe. An einer solchen fehle es auch deshalb, weil auch der den Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügende Bescheid infolge Berufung der Beschwerdeführerin nicht in Rechtskraft erwachsen werde. Wie die Beschwerdeführerin hiezu in ihren Beschwerdeschriften vorträgt, wurde eine von ihr auch gegen den Bescheid über die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung erhobene Berufung infolge - übersiedlungsbedingt versehentlichen - Unterbleibens einer Mängelverbesserung bescheidmäßig als zurückgenommen erklärt, wogegen sie in der Folge jedoch Berufung erhoben und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Aussetzungszinsen festsetzenden Bescheid unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 212a Abs. 5 und Abs. 9 BAO in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 818/1993, ab. Das Finanzamt habe mit Bescheid vom auch den Ablauf der Aussetzung infolge Erledigung der anhängig gewesenen Berufung durch die Berufungsentscheidung vom verfügt. Eine Berufung gegen diesen Ablaufbescheid vom sei nicht aktenkundig, weshalb das Berufungsvorbringen, wonach der den Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügende Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen werde, ins Leere gehe. Da der Ablaufbescheid den Zahlungsaufschub beende, habe er die Festsetzung von Aussetzungszinsen zwingend zur Folge haben müssen. Die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen die Berufungsentscheidung vom sei hiefür ohne Bedeutung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom , B 165/98, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof erklärt sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Verfahrensrechten und materiell-rechtlich in ihrem Anspruch darauf als verletzt, daß der Ablauf der Aussetzung der Einhebung und die Festsetzung von Aussetzungszinsen dann, wenn ein Höchstgericht angerufen werde, nicht schon anläßlich der Berufungsvorentscheidung oder der Berufungsentscheidung, sondern erst anläßlich einer anderen, das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung, nämlich nach Vorliegen der höchstgerichtlichen Entscheidung, verfügt werde. Die Beschwerdeführerin trägt hiezu vor, die belangte Behörde hätte sich wegen des im angefochtenen Bescheid hervorgehobenen Zusammenhanges der Regelungen der Abs. 5 und 9 des § 212a BAO nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, die Einbringung einer von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung auch gegen den den Ablauf der Aussetzung verfügenden Bescheid sei nicht aktenkundig. Mit dieser Formulierung habe die belangte Behörde darüber hinweggesehen, daß die Beschwerdeführerin schließlich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Verbesserungsfrist gestellt und die versäumte Verbesserung nachgeholt habe. Den im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, eine Berufung der Beschwerdeführerin auch gegen den den Ablauf der Aussetzung verfügenden Bescheid sei nicht aktenkundig, hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vorhalten müssen, worauf die Beschwerdeführerin diesen Sachverhalt hätte darlegen können. Es müßte der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid über die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung auch ein Erfolg beschieden sein, weil der Ablauf der Aussetzung im Falle der Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof nicht schon anläßlich des Ergehens der vor dem Höchstgericht bekämpften Berufungsentscheidung verfügt werden dürfe. Die von der Beschwerdeführerin beim Verfassungsgerichtshof bekämpfte Berufungsentscheidung vom , der Bescheid über die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung und der hier angefochtene Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen bildeten eine zusammenhängende Kette insoweit, als die Rechtmäßigkeit und Rechtswirksamkeit der nachfolgenden Bescheide jeweils von der Rechtswirksamkeit und Richtigkeit der vorangehenden Bescheide abhänge. Es hänge somit auch die Rechtswirksamkeit des hier angefochtenen Bescheides von der Rechtswirksamkeit der Berufungsentscheidung vom ab, die aber nicht vorliege, weil sie von der Beschwerdeführerin vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft worden sei. Aus § 212a Abs. 9 BAO ergebe sich kein Gebot der Vorschreibung von Aussetzungszinsen unmittelbar nach Verfügung des Ablaufes der Aussetzung. Eine Festsetzung von Aussetzungszinsen vor dem Ergehen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sei verfrüht. Die Festsetzung von Aussetzungszinsen vor Erledigung eines höchstgerichtlichen Beschwerdeverfahrens sei denkgesetz- und systemwidrig. Sie widerspreche der akzessorischen Natur von Zinsen, die eine existente Steuerschuld voraussetzen, woran es fehlte, wenn das höchstgerichtliche Verfahren den Standpunkt der Beschwerdeführerin bestätigte. Die behördliche Auslegung führe zu einem hohen und unheilbaren Schaden der Beschwerdeführerin, welche sich in einem Sanierungsstadium befinde, in welchem sie weder die vorgeschriebenen Abgaben auf der Grundlage der vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpften Berufungsentscheidung noch den nunmehr vorgeschriebenen Aussetzungszinsenbetrag bezahlen könne. Um die unbegründbare Auswirkung einer solchen, der Beschwerdeführerin drohenden Existenzvernichtung zu vermeiden, müsse die Anrufung eines Höchstgerichtes kraft Gesetzes die Aussetzung der Einhebung und das Unterbleiben einer Vorschreibung von Aussetzungszinsen während der Dauer des Verfahrens vor den Höchstgerichten zur Folge haben. In diesem Sinne wären die Bestimmungen des § 212a Abs. 5 und 9 BAO nach dem Grundsatz rechtsstaatlichen Fairness zwingend zu interpretieren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Rechtsauffassung steht in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb es gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG genügt, auf die Gründe der hg. Erkenntnisse etwa vom , 94/15/0056, ÖStZB 1995, 64, vom , 94/13/0266, 95/13/0020, ÖStZB 1997, 29, vom , 93/13/0100, und vom , 95/13/0021, ÖStZB 1997, 30, zu verweisen.

Die Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, den Gerichtshof zu einer Abkehr von seiner Rechtsprechung zu veranlassen. Die Rechtslage ist eindeutig. Die Beschwerdeführerin läßt mit ihren Ausführungen vom Grundsatz her schon den Umstand außer Betracht, daß gemäß § 254 BAO durch Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt und insbesondere auch die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird. Das Rechtsmittel im Abgabenverfahren hat zunächst vom Grundsatz her schon keine aufschiebende Wirkung. Die unter den besonderen Tatbestandsvoraussetzungen des § 212a BAO (vgl. insbesondere dessen Abs. 2) vom Gesetz ermöglichte Aussetzung der Einhebung erstreckt sich nach dem keine andere Deutung zulassenden Wortlaut des § 212a Abs. 5 BAO ausschließlich auf das Verwaltungsverfahren. Dieses endet spätestens mit dem Ergehen der Berufungsentscheidung auch dann, wenn diese Berufungsentscheidung in der Folge vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten wird. Eine solche Anfechtung hat nämlich auf die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluß; die Voraussetzungen der Erwirkung eines Vollzugsaufschubes auf Grund einer an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gerichteten Beschwerde richten sich ausschließlich nach den Gesetzen, die das Verfahren vor diesen Gerichtshöfen regeln (§ 85 Abs. 2 VfGG und § 30 Abs. 2 VwGG).

Die von der Beschwerdeführerin vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfte Berufungsentscheidung vom ist rechtskräftig und, solange ihrer Beschwerde nicht aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, auch vollstreckbar. Der Bescheid des Finanzamtes vom über die Verfügung des Ablaufes der bewilligten Aussetzung der Einhebung wäre gemäß § 254 BAO selbst dann wirksam, wenn gegen ihn eine Berufung anhängig wäre. Für den vom Finanzamt hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin gegen den Ablaufbescheid erhobenen Berufung nach § 275 BAO erlassenen Bescheid gilt nichts anderes, die bloße Anhängigkeit eines Verfahrens über einen Antrag nach § 308 BAO setzt die Rechtswirkungen des als Rechtsfolge der Versäumung gesetzten Rechtsaktes noch nicht aus (vgl. etwa die bei Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Tz 19 zu § 273 BAO, wiedergegebene hg. Judikatur). Der damit rechtswirksam verfügte Ablauf der Aussetzung der Einhebung aber machte die Vorschreibung von Aussetzungszinsen nach § 212a Abs. 9 BAO nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht rechtswidrig (vgl. die oben beispielsweise wiedergegebene Judikatur). Den Umstand der Akzessorietät von Aussetzungszinsen trägt die in § 212a Abs. 9 BAO für den Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld getroffene Regelung in der erforderlichen Weise Rechnung. Entstanden aber war die Abgabenschuld nach § 212a Abs. 9 BAO gemäß § 4 Abs. 1 BAO mit der Antragstellung nach § 212a Abs. 1 BAO (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0046). Aus den für den Abgabepflichtigen resultierenden wirtschaftlichen Folgen der Verwirklichung eines Tatbestandes, an den das Gesetz eine Abgabepflicht knüpft, kann die Rechtswidrigkeit eines Bescheides, der das Eintreten der gesetzlichen Rechtsfolge feststellt, aber nicht mit Erfolg abgeleitet werden.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen. Damit erübrigte sich über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine Entscheidung.