VwGH vom 15.07.1998, 98/13/0027

VwGH vom 15.07.1998, 98/13/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Vereines K in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I., Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-95/7195/10, betreffend Ausstellung eines Bescheides nach § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeschriften und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer ist ein Verein, dessen Zweck in § 2 seiner Statuten in folgender Weise umschrieben wird:

"Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn ausgerichtet ist, bezweckt die Durchführung wissenschaftlicher Forschung auf dem Gebiet der klinischen Pulmologie. Daneben soll auch die wissenschaftliche Weiterbildung von ärztlichem Personal und Pflegepersonal, das im Bereich der klinischen Pulmologie tätig ist, gefördert werden. Das Ziel des Vereins soll erreicht werden durch:

1. Durchführung und Ausarbeitung von wissenschaftlichen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der klinischen Pulmologie.

2. Erwerbung von zusätzlichen Kenntnissen und Fähigkeiten für die Durchführung von speziellen Forschungsarbeiten.

3. Teilnahme an Fortbildungstagen im In- und Ausland, die der Erweiterung des speziellen Fachwissens dienen.

4. Innerbetriebliche Fortbildungsveranstaltungen, Vorträge und Kurse.

5. Anschaffung von Materialien und Geräten, die für die wissenschaftliche Forschung notwendig sind."

Die in § 39 Z. 5 BAO für den Fall der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder des Wegfalles ihres bisherigen Zweckes geforderte Vermögensbindung wird im § 15 Abs. 2 der Statuten des beschwerdeführenden Vereines in folgender Weise angeordnet:

"Diese Generalversammlung hat auch - sofern Vereinsvermögen vorhanden ist - über die Liquidation zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Liquidator zu berufen und Beschluß darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiva verbliebene Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen hat einer gemeinnützigen Organisation im Sinne des § 34 ff BAO zugeführt zu werden."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Bescheides nach § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, mit der Begründung abgewiesen, es sei aus den der belangten Behörde vorgelegten Generalversammlungsprotokollen des Beschwerdeführers ersichtlich, daß die tatsächliche Geschäftsführung im Zeitraum 1991 bis 1995 vor allem darin bestanden habe, anhand einer vorzulegenden Liste von Förderungswünschen einzelnen Mitarbeitern der 1. Int. Abteilung des Pulmologischen Zentrums der Stadt Wien (Ärzte und nichtärztliches Personal) die Teilnahme an medizinischen Kongressen und Tagungen im Ausland zu finanzieren. Weiters seien die Kosten der Neuanschaffung von wissenschaftlichen Dias für von Abteilungsmitarbeitern im Inland zu haltende Vorträge, die Kosten der Anschaffung von medizinischen Geräten für die Abteilung, der Neuanschaffung von Literatur für die Abteilungsbibliothek, Buchbindekosten für Zeitschriften der Abteilungsbibliothek sowie Druckkosten für die Veröffentlichung von Publikationen vom Verein getragen worden. Daraus sei erkennbar, daß der beschwerdeführende Verein jedenfalls überwiegend nicht selbst wissenschaftlich tätig sei, sondern vor allem die Kosten der Fortbildung der Mitarbeiter der 1. Int. Abteilung des Pulmologischen Zentrums der Gemeinde Wien und sonstigen Finanzierungsaufwand für die wissenschaftliche Tätigkeit dieser Abteilung trage. Es seien damit die Voraussetzungen der Unmittelbarkeit der wissenschaftlichen Tätigkeit des Vereins im Sinne des § 40 Abs. 1 BAO nicht erfüllt; es bestünden auch keine Anhaltspunkte, welche die Annahme rechtfertigen könnten, daß die genannte Abteilung als Dritter angesehen werden könnte, dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft im Sinne des zweiten Satzes des § 40 Abs. 1 BAO anzusehen sei. Es entspreche überdies auch die Satzungsbestimmung über die Vermögensbindung nicht dem im § 39 Z. 5 BAO normierten Erfordernis.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom , B 3293/96, abgelehnt und sie mit Beschluß vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Der Beschwerdeführer verweist vor diesem Gerichtshof auf den Inhalt seines Sachvorbringens vor dem Verfassungsgerichtshof und macht geltend, daß die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 von der belangten Behörde nicht in jener Weise ausgelegt worden sei, die dem Interpretationsgrundsatz verfassungskonformer Gesetzesauslegung gerecht werde. Vor dem Verfassungsgerichtshof hatte der Beschwerdeführer die Verfassungskonformität der Bestimmung des zweiten Satzes des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 in der Fassung

BGBl. Nr. 1993/818 in Zweifel gezogen und darüber hinaus die Anwendung der Bestimmung des § 40 BAO durch die belangte Behörde mit der Begründung gerügt, daß sich der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 auch in ihrer als verfassungswidrig gerügten Gestalt der von der belangten Behörde gesehene Verweis auch auf die Bestimmung des § 40 BAO nicht entnehmen lasse. Aus dem in § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 getroffenen Verweis auf § 34 BAO lasse sich auf umfassende Geltung sämtlicher Bestimmungen der §§ 34 bis 47 BAO im gegebenen Zusammenhang nicht schließen. Die belangte Behörde verantworte auch einen Verfahrensfehler, weil sie dem Beschwerdeführer gegenüber keinen Vorhalt erlassen habe, in welchem Falle der Beschwerdeführer wie in der Beschwerde vorgetragen hätte. Daß die betroffene Bestimmung der Statuten des beschwerdeführenden Vereines der Voraussetzung des § 39 Z. 5 BAO nicht gerecht werden solle, könne der Beschwerdeführer nicht nachvollziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Daß die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, die Rechtslage in einer Weise gestaltet, die dazu angetan ist, Überlegungen zur Verfassungskonformität dieser Vorschrift anzustellen, hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 95/13/0110, vor dem Hintergrund der Bestimmung des Art. 18 Abs. 1 B-VG schon ausgesprochen. Es ist der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis aber zur Auffassung gelangt, daß sich die betroffene gesetzliche Regelung einer ihren Vollzug zulassenden Interpretation gerade noch als zugänglich erweist, wenn man sie dahin versteht, daß eine juristische Person, an der eine Gebietskörperschaft nicht zumindest mehrheitlich beteiligt ist, für die Erwirkung eines Bescheides im Sinne des ersten Satzes des letzten Absatzes des § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 folgende Voraussetzungen erfüllen muß:

1) Der von der Körperschaft verfolgte ZWECK muß nach ihrer Rechtsgrundlage und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ein AUSSCHLIEßLICH wissenschaftlicher sein.

2) Die MITTEL, mit denen die Körperschaft den ausschließlich wissenschaftlichen Zweck verfolgt, müssen im wesentlichen in der Befassung mit Forschungs- und/oder Lehraufgaben für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und/oder damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen bestehen.

3) Soweit sich die Körperschaft mit Lehraufgaben befaßt, müssen solche Lehraufgaben


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a)
sich an Erwachsene richten,
b)
Fragen der Wissenschaft oder der Kunst zum Inhalt haben und
c) nach Art ihrer Durchführung den Lehrveranstaltungstypen des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes oder des Kunsthochschul-Studiengesetzes entsprechen.
Die vom Beschwerdeführer gegen die maßgebende Bestimmung des EStG 1988 vor dem Hintergrund der Verfassungsgebote sowohl des Art. 18 Abs. 1 B-VG als auch des Art. 7 Abs. 1 B-VG vorgetragenen Bedenken vermögen den Verwaltungsgerichtshof zu einem Herantreten an den Verfassungsgerichtshof im Beschwerdefall deswegen nicht zu veranlassen, weil der Sitz der vom Beschwerdeführer geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenklichkeiten der Norm, wie dies vom Beschwerdeführer vor dem Verfassungsgerichtshof auch ausdrücklich vorgetragen worden war, der zweite Satz der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993 wäre, während im Beschwerdefall aber der von den geäußerten Bedenken nicht betroffene erste Satz der betroffenen Bestimmung es ist, der die im angefochtenen Bescheid gefundene rechtliche Beurteilung der belangten Behörde trägt.
Die Eignung einer Zuwendung aus dem Betriebsvermögen als Betriebsausgabe nach Maßgabe der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993 setzt, wenn sie an eine juristische Person getätigt wird, nach dem ersten Satz der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e leg. cit. nämlich jedenfalls voraus, daß diese juristische Person im wesentlichen mit Forschungs- oder Lehraufgaben für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befaßt ist. Diese Voraussetzung gilt auch für juristische Personen, an denen eine Gebietskörperschaft zumindest mehrheitlich beteiligt im Sinne des zweiten Satzes der genannten Vorschrift ist; diese Voraussetzung besteht unabhängig von dem im zweiten Satz der Norm alternativ wie immer tauglich statuierten Gemeinnützigkeitserfordernis. Daß der Beschwerdeführer des vorliegenden Beschwerdefalles das im § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e Satz 1 EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993 statuierte Erfordernis aber nicht erfüllt, kann nach dem von der belangten Behörde vom Beschwerdeführer unwidersprochen festgestellten Sachverhalt nicht zweifelhaft sein. Nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt betrieb der Beschwerdeführer in zeitlichem Nahbereich zur Antragstellung und Bescheiderlassung weder Forschung noch Lehre, noch Publikation oder Dokumentation. Mit den als entfaltet festgestellten Tätigkeiten des Beschwerdeführers hatte dieser sich nicht im Sinne der genannten Vorschrift mit den begünstigten Aufgaben befaßt und hätte einen Anspruch auf Erwirkung eines Bescheides im Sinne des ersten Satzes des letzten Absatzes des § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993 auch dann nicht erworben, wenn an ihm eine Gebietskörperschaft mehrheitlich beteiligt gewesen wäre.
Der vom Beschwerdeführer gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor, weil er nach dem Beschwerdevorbringen nur darin bestanden haben konnte, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zum unbestrittenen Sachverhalt ihre rechtliche Würdigung desselben nicht vor Bescheiderlassung bekanntgegeben hatte, wozu eine gesetzliche Verpflichtung der Behörde aber nicht besteht. Darüber hinaus hätte auch ein vom Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach der ihm bekanntgegebenen Rechtsansicht der Behörde entgegengehaltener Vortrag einer Unanwendbarkeit der Bestimmung des § 40 Abs. 1 BAO die belangte Behörde zu einem anderslautenden Spruch ihres Bescheides nicht gelangen lassen können, weil das Begehren des Beschwerdeführers ungeprüft einer Anwendbarkeit der Bestimmung des § 40 Abs. 1 BAO schon daran scheitern mußte, daß er sich nicht mit jenen Aufgaben befaßt hatte, welche die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 lit. e Satz 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 818/1993, für den Betriebsausgabencharakter von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an eine juristische Person erfordert.
Ob der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung beizupflichten wäre, die Satzungsbestimmung des beschwerdeführenden Vereines über die Vermögensbindung entspreche nicht dem Gebot des § 39 Z. 5 BAO, bedarf damit keiner Erörterung mehr.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.