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VwGH vom 14.09.1994, 93/12/0168

VwGH vom 14.09.1994, 93/12/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. 56.045/109-17/92, betreffend Studienbehilfe - Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1955 geborene Beschwerdeführer, dem als Kurde der Flüchtlingsstatus im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, verliehen worden ist, begann im Wintersemester 1983/84 das Medizinstudium an der Universität Wien. Nach durchgehender Inskription legte er am an der Universität Wien das erste medizinische Rigorosum ab. Ab dem Sommersemester 1989 setzte der Beschwerdeführer sein Studium an der Universität Innsbruck fort.

Am brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe bei der Stipendienstelle Innsbruck ein. Dieser Antrag wurde wegen Überschreitung der Studienzeit im ersten Studienabschnitt bescheidmäßig am abgewiesen.

Daraufhin brachte der Beschwerdeführer am den Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit im Wege der Stipendienstelle Innsbruck ein. Der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Universität Innsbruck befürwortete dieses Ansuchen in seiner Sitzung am nicht.

In seinem Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit (§ 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG) machte der Beschwerdeführer geltend, daß er die Anspruchsdauer im Sinne des § 18 Abs. 1 StudFG aus Krankheitsgründen (streßbedingte chronische Gastritis) und wegen seiner Berufstätigkeit überschritten habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom um Nachsicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 StudFG gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtslage und der Feststellung, daß sich der Beschwerdeführer im Sommersemester 1989, in dem er das erste medizinische Rigorosum am abgelegt habe, im

12. Semester seines Studiums befunden habe, weiter aus, in rechtlicher Hinsicht sei zu prüfen gewesen, ob die vom Beschwerdeführer genannten Gründe das überwiegende Ausmaß seiner Studienzeitüberschreitung von mehr als sieben Semestern, also zumindest eine vier Semester dauernde Studienverzögerung, bewirkt hätten. Die Erkrankung des Beschwerdeführers an chronischer Gastritis, an der er seit Studienbeginn leide, könne nicht als überwiegende Ursache für diese erhebliche Studienzeitüberschreitung gewertet werden. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer aufgrund seiner schwierigen finanziellen Situation einer Berufstätigkeit habe nachgehen müssen, stelle keinen wichtigen Grund im Sinne des Studienförderungsgesetzes dar und könne somit auch nicht zur Rechtfertigung der Studienverzögerung herangezogen werden. Eine weitere Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht sei, daß aufgrund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten sei, daß der Studierende das Rigorosum innerhalb der Anspruchsdauer ablegen werde. Nach Prüfung des Studienfortganges des Beschwerdeführers lasse sich aber feststellen, daß er sich im Wintersemester 1992/93 bereits im 7. Semester des 2. Studienabschnittes (- im Sommersemester 1991 sei der Beschwerdeführer nicht inskribiert gewesen -) befunden habe und somit auch die für den 2. Studienabschnitt gesetzlich vorgesehene Studienzeit bereits um vier Semester überschritten sei. Der Beschwerdeführer habe von den gesetzlich vorgeschriebenen sechs Teilrigorosen bisher lediglich das Teilrigorosum aus pathologischer Anatomie im Juni 1991 erfolgreich abgelegt. Die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe für seine Studienverzögerung ließen sich keinesfalls mit einer vier Semester dauernden Beeinträchtigung quantifizieren, rechtfertigten also nicht das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung im 1. Studienabschnitt von mehr als sieben Semestern. Unter Berücksichtigung der Prüfungsnoten des Beschwerdeführers erscheine zudem die Studienverzögerung insbesondere durch mehrfaches Nichtbestehen von Prüfungen begründet. Auch der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Universität Innsbruck habe in seiner Sitzung am das Ansuchen des Beschwerdeführers nicht befürwortet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist gemäß § 6 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, daß der Studierende


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1.
sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12),
2.
noch kein Studium absolviert hat (§§ 13 bis 15),
3.
einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),
4.
das Studium, für das Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 40. Lebensjahres begonnen hat und
5.
nicht mehr als halbbeschäftigt ist.

Ein günstiger Studienerfolg liegt nach § 16 vor, wenn der Studierende


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1.
sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17),
2.
die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und
3.
Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorliegt (§§ 20 bis 25).

Eine Studienzeitüberschreitung liegt vor, wenn der Fortgang des Studiums nicht in der im § 18 Abs. 1 StudFG geregelten Anspruchsdauer gegeben ist. Die Anspruchsdauer umfaßt nach § 18 Abs. 1 grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).

Die Anspruchsdauer ist nach § 19 Abs. 1 StudFG zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, daß die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde. Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind nach Abs. 2 der genannten Bestimmung


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1.
Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,
2.
Schwangerschaft der Studierenden und
3.
jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Im Beschwerdefall ist die Frage der Nachsicht vom Mangel des günstigen Studienerfolges wegen Überschreitung der Anspruchsdauer nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG strittig. Nach dieser Bestimmung hat der zuständige Bundesminister auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne des Abs. 2 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2) nachzusehen, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und aufgrund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende das Rigorosum innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.

Nach § 3 Abs. 1 der Studienordnung für die Studienrichtung Medizin, BGBl. 473/1978, umfaßt der erste Studienabschnitt vier, der zweite Studienabschnitt drei und der dritte Studienabschnitt fünf Semester.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens hat der Beschwerdeführer nach Absolvierung eines Vorstudienlehrganges im Wintersemester 1983/84 mit dem Studium der Medizin an der Universität Wien begonnen und dort das erste Rigorosum am bestanden. Diese Daten decken sich auch mit den Angaben in der Beschwerde. Daraus folgt rechnerisch zwingend, daß der Beschwerdeführer das erste Rigorosum - entgegen seiner Behauptung in der Beschwerde - nicht im 9. Semester, sondern jedenfalls später ablegte und damit eine Studienzeitüberschreitung im Sinne des § 20 Abs. 2 StudFG vorliegt. Ansonsten wäre auch der dem vorliegenden Verwaltungsverfahren zugrundeliegende Antrag des Beschwerdeführers überhaupt unverständlich.

Nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG besteht eine VERPFLICHTUNG der belangten Behörde zur Nachsicht bei Überschreitung der Studienzeit im ersten Studienabschnitt nach § 20 Abs. 2 StudFG, wenn das überwiegende Maß der Studienzeitüberschreitung auf wichtige Gründe (im konkreten Fall die geltend gemachte, ärztlich belegte Erkrankung des Beschwerdeführers) zurückzuführen ist UND aufgrund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende das Rigorosum innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird. Durch die Verwendung des Bindewortes "und" ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß beide Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer solchen Nachsicht gegeben sein müssen. Diese Nachsicht darf daher nicht erteilt werden, wenn es auch nur an einem der beiden Tatbestandserfordernisse fehlt.

Im Beschwerdefall verneint die belangte Behörde das Vorliegen beider Tatbestandsvoraussetzungen.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob dies hinsichtlich der geltend gemachten Erkrankung "ohne spezifischen medizinischen Sachverstand" - so die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift - zulässig gewesen ist oder nicht, weil es jedenfalls an der zweiten Tatbestandsvoraussetzung, nämlich, daß anzunehmen ist, daß der Beschwerdeführer das Rigorosum innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird, mangelt. Auch wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe eine Reihe von Prüfungen und auch zwei (Teil-)Rigorosen (- bereits -) abgelegt, so muß er doch einräumen, daß ihm noch drei Teil-Rigorosen für die Absolvierung des 2. Abschnittes fehlen und aufgrund des angegebenen zeitlichen Ablaufes die Anspruchsdauer nach § 18 Abs. 1 StudFG bereits jetzt überschritten ist. Der

2. Studienabschnitt der Studienrichtung Medizin umfaßt eine gesetzliche Studiendauer von drei Semestern; die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe beträgt somit vier Semester. Der Beschwerdeführer befand sich zum Zeitpunkt seines Antrages aber nach seinem eigenen Vorbringen bereits im 7. einrechenbaren Semester des 2. Studienabschnittes und hatte von den fünf vorgesehenen Teilprüfungen des 2. Rigorosums erst zwei abgelegt. Er hatte damit bereits - wie dargelegt - die Anspruchsdauer des 2. Studienabschnittes überschritten und nicht einmal die Hälfte der vorgesehenen Teilprüfungen abgelegt.

Die Beschwerde erweist sich daher bereits aus diesen Überlegungen als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, ohne daß auf das weitere, vielfach am Sachverhaltskern vorbeigehende bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerungen darstellende Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.