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VwGH 19.12.1996, 96/06/0002

VwGH 19.12.1996, 96/06/0002

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO Stmk 1968 §58 Abs1 litc;
BauO Stmk 1968 §60 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Die Unterfertigung des Bauplanes und der Baubeschreibung durch den Grundstückseigentümer kann grundsätzlich als liquider Nachweis der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers beurteilt werden. Wenn allerdings der Gesetzgeber, wie in § 58 Abs 1 lit c Stmk BauO 1968, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers sowie in § 60 Abs 1 Stmk BauO 1968 die Unterfertigung der Baupläne, der Baubeschreibung und anderer Nachweise durch den Grundeigentümer verlangt, so muß daraus abgeleitet werden, daß er offensichtlich die Unterfertigung der Baupläne usw nicht gleichzeitig auch als Zustimmungserklärung iSd § 58 Abs 1 lit c Stmk BauO 1968 angesehen hat. Bei einer anderen Auslegung würde sich die Anordnung betreffend die Vorlage der Zustimmungserklärung in § 58 Abs 1 lit c Stmk BauO 1968 angesichts des § 60 Abs 1 Stmk BauO 1968 als überflüssig erweisen, was dem Gesetzgeber, sofern eine andere Auslegung im Rahmen des Wortlautes möglich ist, nicht zu unterstellen ist.
Norm
BauO Stmk 1968 §58 Abs1 litc;
RS 2
Aus dem Gebot des § 58 Abs 1 lit c Stmk BauO 1968, die Zustimmungserklärung vorzulegen, ergibt sich, daß diese Zustimmungserklärung in schriftlicher Form vorliegen muß. Auch die telefonische Mitteilung, des Grundeigentümers vor der mündlichen Verhandlung, daß er dem Bauvorhaben grundsätzlich zustimme, stellt daher keine solche schriftliche Zustimmungserklärung des Grundeigentümers dar.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftührerin Mag. König, über die Beschwerde der P G.m.b.H. & Co KG in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12.10 W 20-95/1, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens und Abbruchsauftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister; 2. WT, und 3. ET, beide in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den Zweit- und Drittmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom ersuchte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin um die baubehördliche Baubewilligung zur Erichtung eines Vordaches beim Geschäft "P" Modegeschäft auf den Grundstücken Nr. 142 und Baufläche .10, KG W. Die vorgelegten Baupläne und die Baubeschreibung waren vom Zweitmitbeteiligten als damaligem Eigentümer des angeführten Grundstückes mitunterfertigt. In dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom ist betreffend den Zweitmitbeteiligten festgehalten, daß er vor der Verhandlung telefonisch mitgeteilt habe, daß er am Verhandlungstag verhindert sei, jedoch zur Kommissionierung erscheinen werde. Grundsätzlich gebe er sein Einverständnis zum Bau des Vordaches. Vom Verhandlungsleiter wurde weiters festgehalten, daß vor Bescheidausfertigung vom Grundstückseigentümer das Protokoll noch zu unterfertigen und die Zustimmungserklärung zum Bauvorhaben abzugeben sei.

Mit Schreiben vom wies der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Partei die Beschwerdeführerin darauf hin, daß die Zustimmungserklärung des Liegenschaftseigentümers noch vorzulegen sei. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, diese fehlende Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bis vorzulegen, andernfalls das Bauansuchen abgelehnt und ein Abbruchsauftrag ergehen müßte. In der dazu ergangenen Stellungnahme gehen die Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin einerseits von einem rechtskräftigen Baubescheid aus, andererseits weisen sie darauf hin, daß der Einreichplan und das Ansuchen um Baubewilligung samt Baubeschreibung vom Liegenschaftseigentümer mitunterfertigt worden seien.

Mit Schreiben vom stellte der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Partei klar, daß die Einreichunterlagen zwar vom Grundeigentümer unterfertigt worden seien, jedoch habe dieser bereits nach kurzer Zeit erkennen lassen, daß die Zustimmung zur Errichtung nicht mehr gegeben sei. Daher sei es auch nicht zu einer positiven Erledigung des Bauansuchens gekommen. Der von der Beschwerdeführerin angeführte, angeblich rechtskräftige Bescheid existiere nicht.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin betreffend die Errichtung eines Vordaches beim Geschäft auf den Grundstücken Nr. 142 bzw. .10, KG W, gemäß § 13 Abs. 3 AVG i. V.m. § 58 Stmk Bauordnung 1968 zurückgewiesen. Gemäß § 70a Stmk Bauordnung 1968 wurde die Beschwerdeführerin weiters aufgefordert, das auf dem Grundstück ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Vordach bis abzutragen. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, daß der Zweitmitbeteiligte vor Durchführung der Verhandlung gegenüber der Baubehörde erklärt habe, es bestünden noch Meinungsverschiedenheiten mit der Beschwerdeführerin und daß er nach Klärung der noch offenen Fragen seine endgültige Zustimmung geben werde. Es sei daher der Auftrag an die Beschwerdeführerin ergangen, die Zustimmung des Eigentümers vorzulegen. Im Zuge mehrerer Gespräche mit dem Zweitmitbeteiligten sei erkennbar gewesen, daß die Zustimmung nicht erteilt werde. Mit Schreiben vom sei eine Frist zur Beibringung der Zustimmungserklärung bis gesetzt worden, in der diese nicht vorgelegt worden sei. Das Ansuchen sei daher gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wird u.a. ausgeführt, daß eine Frist zur Beibringung der Zustimmung eingeräumt werden müsse, wobei darauf hingewiesen werde, daß der Grundeigentümer im Außerstreitverfahren zur Erteilung der Zustimmung verhalten werden könne. Es könne nicht sofort mit einem Abbruchsbescheid vorgegangen werden. Zur beantragten Frist von zwei Jahren zur Beibringung der Zustimmung des Grundstückseigentümers wurde die Auffassung vertreten, daß diese Frist im Hinblick auf den seit 1976 verstrichenen Zeitraum angemessen sei und das möglicherweise notwendige Gerichtsverfahren zur Erreichung der Zustimmung des Grundstückseigentümers so lange dauern werde.

Mit Bescheid des Gemeinderates der erstmitbeteiligten Partei vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin, in der auf einen Nachtrag zum Mietvertrag vom hingewiesen wird, in dem die Vermieter nachträglich ihre Zustimmung u.a. zu dem errichteten Vordach geben, wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Sache der Berufungsentscheidung sei allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Bauansuchens. Die Steiermärkische Bauordnung fordere gemäß § 58 Abs. 1 lit. c die Zustimmung des Grundeigentümers als Beleg des Bauansuchens. Die in der Vorstellung vertretene Ansicht, durch die Unterfertigung des Bauplanes durch den Grundstückseigentümer sei bereits die Zustimmung gegeben und es sei daher der Auftrag zur Beibringung einer weiteren Zustimmungserklärung rechtswidrig gewesen, könne nicht überzeugen. Die Unterfertigung der Baupläne auch durch den Grundstückseigentümer gemäß § 60 Abs. 1 Stmk Bauordnung 1968 ersetze keinesfalls die im § 58 Abs. 1 lit. c Stmk Bauordnung 1968 geforderte Zustimmungserklärung des Grundstückseigentümers als Beleg des Bauansuchens. Außerdem müsse die Zustimmung des Grundstückseigentümers nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "liquid" nachgewiesen werden, sie müsse also eindeutig gegeben sein. Ein Widerruf der Zustimmung während des Baubewilligungsverfahrens, auch noch im Zuge des Berufungsverfahrens, führe dazu, daß die Baubewilligung zu versagen sei. Das Fehlen des Nachweises der Zustimmung des Grundstückseigentümers sei gemäß § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen behebbar. Die in einem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG festgesetzte Erfüllungsfrist müsse nur zur Vorlage vorhandener Unterlagen ausreichend sein, nicht zu deren Beschaffung. Die im Verbesserungsauftrag vom eingeräumte ca. sechswöchige Frist zur Vorlage der Zustimmungserklärung des Grundstückseigentümers sei ausreichend gewesen. Auch der der Vorstellung als Beilage angeschlossene Nachtrag zum Mietvertrag stelle keine "liquide" Zustimmungserklärung des Grundstückseigentümers dar. Zur rechtmäßigkeit des Beseitigungsauftrages gemäß § 70 a Abs. 1 Stmk Bauordnung 1968 führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten, daß das verfahrensgegenständliche Vordach sowohl zum Zeitpunkt seiner Errichtung als auch zum Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrages bewilligungspflichtig gewesen sei. Da für diese Bauführung eine nachträgliche Baubewilligung nicht vorliege, habe ein entsprechender baupolizeilicher Auftrag ergehen können. Daran könne auch die unbestrittenermaßen außerordentlich lange Verfahrensdauer nichts ändern.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der Baubewilligung für das angeführte Vordach verletzt.

Die belangte Behörde hat - wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift erstattet, weiters die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs. 1 lit. c Steiermärkische Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 (im folgenden BO), ist dem Ansuchen um Baubewilligung u.a. die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers anzuschließen, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer ist. Gemäß § 60 Abs. 1 BO müssen die Baupläne, die Baubeschreibung und allfällige weitere Nachweise u.a. vom Grundeigentümer unterfertigt sein.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG hat die Behörde im Falle von Formgebrechen schriftlicher Anbringen deren Behebung mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß der Antrag auf Baubewilligung mit Zustimmung des Zweitmitbeteiligten (Mitunterfertigung) gestellt worden sei und der Hauseigentümer auch nach Vollendung des Bauwerkes vertraglich seine ausdrückliche Zustimmung erteilt habe (mit dem Nachtrag zum Mietvertrag vom ). Es würde dem rechtsstaatlichen Prinzip widersprechen, wenn ein Bauansuchen, das vom Grundeigentümer mitunterfertigt worden sei, nach rund zwanzig Jahren abgewiesen werde, obwohl der Grundeigentümer nach Fertigstellung des Bauwerkes vertraglich seine nachträgliche Zustimmung gegeben habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob dies überhaupt erforderlich gewesen sei. Wenn die belangte Behörde nach ca. zwanzig Jahren meine, die Zustimmung des Grundeigentümers könne auch noch nach Jahrzehnten widerrufen werden (ein solcher Widerruf sei allerdings nicht aktenkundig), so entstünden ernsthafte Zweifel an der Rechssicherheit. Die erstmitbeteiligte Partei hätte die Baubewilligung längst erteilen müssen.

Die Zustimmung des Grundeigentümers zu einem Bauvorhaben muß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liquid nachgewiesen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 8995/A, und die dort zitierte Vorjudikatur). Liquid ist ein Nachweis dann, wenn ein entsprechender Beleg vorgelegt wird, auf Grund dessen es keinesfalls fraglich sein kann, ob die Zustimmung erteilt wird. Ein solcher liquider Nachweis muß im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Baubehörde (letztlich der Berufungsbehörde) vorliegen.

Es ist zunächst festzustellen, daß die Unterfertigung des Bauplanes und der Baubeschreibung durch den Grundstückseigentümer grundsätzlich als ein solcher liquider Nachweis der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers beurteilt werden kann. Wenn allerdings der Gesetzgeber, wie in § 58 Abs. 1 lit. c BO, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers sowie in § 60 Abs. 1 BO die Unterfertigung der Baupläne, der Baubeschreibung und anderer Nachweise durch den Grundeigentümer verlangt, so muß daraus abgeleitet werden, daß der offensichtlich die Unterfertigung der Baupläne usw. nicht gleichzeitig auch als Zustimmungserklärung im Sinne des § 58 Abs. 1 lit. c BO angesehen hat. Bei einer anderen Auslegung würde sich die Anordnung betreffend die Vorlage der Zustimmungserklärung in § 58 Abs. 1 lit. c BO angesichts des § 60 Abs. 1 BO als überflüssig erweisen, was dem Gesetzgeber, sofern eine andere Auslegung im Rahmen des Wortlautes möglich ist, nicht zu unterstellen ist. Aus dem Gebot, daß die Zustimmungserklärung vorzulegen ist, ergibt sich weiters, daß diese Zustimmungserklärung in schriftlicher Form vorliegen muß. Auch die telefonische Mitteilung des Zweitmitbeteiligten vor der mündlichen Verhandlung, daß er dem Bauvorhaben grundsätzlich zustimme, stellt daher keine solche schriftliche Zustimmungserklärung des Grundeigentümers dar. Sofern die Beschwerdeführerin aber auf den Nachtrag zum Mietvertrag, der von ihr erst im Vorstellungsverfahren vorgelegt wurde, verweist, ist festzuhalten, daß dieser von der Beschwerdeführerin vor den Gemeindebehörden im Bauverfahren bis zur Erlassung des Berufungsbescheides nicht ins Treffen geführt worden war. Es war daher auf die Frage, ob dieser Nachtrag einen liquiden Nachweis darstellt, nicht einzugehen. Im gemeindebehördlichen Vorstellungsverfahren ist nämlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Gemeindebehörden maßgeblich (vgl u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0222). Bei dem nunmehr angeführten Nachtrag zum Mietvertrag im Jahre 1980 handelt es sich auch nicht um einen Sachverhalt, den die Behörden im Bauverfahren von amtswegen gemäß § 37 AVG hätten ermitteln müssen, sodaß insofern nicht von einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens auszugehen gewesen wäre.

Die belangte Behörde hat sohin - wie die Gemeindebehörden - zutreffend angenommen, daß im verfahrensgegenständlichen Bauverfahren keine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers vorlag bzw. trotz Verbesserungsauftrages nicht vorgelegt worden ist. Dem Umstand, daß das von den Gemeindebehörden in den Bescheiden jeweils erwähnte spätere Vorbringen des Zweitmitbeteiligten bzw. der Zweit- und Drittmitbeteiligten in keiner Weise in den Akten seinen Niederschlag gefunden hat, kommt daher keine Bedeutung zu.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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Normen
BauO Stmk 1968 §58 Abs1 litc;
BauO Stmk 1968 §60 Abs1;
VwRallg;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1996:1996060002.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAE-48318