VwGH vom 27.06.1997, 96/05/0294

VwGH vom 27.06.1997, 96/05/0294

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 50 - B/82/89, betreffend Wohnbeihilfe gemäß Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0235, verwiesen werden. Gemäß diesem Erkenntnis wurde der im ersten Rechtsgang ergangene abweisende Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Lichte des § 26 Abs. 3 und § 27 Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 führte der Verwaltungsgerichtshof aus, daß der Umstand, daß "Einkommensnachweise nicht vorgelegt werden konnten", sei für sich allein noch kein Grund zur Abweisung des Ansuchens. Sollte die Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Angaben der Beschwerdeführerin über ihr mangelndes Einkommen keinen Glauben schenken, habe sie dies in der Begründung des Bescheides darzulegen. Nur wenn festgestellt werde, daß die Beschwerdeführerin Einkünfte von mehr als S 9.600,-- habe und diese Einkünfte verschweige, also die geforderten Nachweise nicht vorlege, obwohl sie sie vorlegen könne, sei eine Abweisung wegen Nichterfüllung der Voraussetzung des § 26 Abs. 3 Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 möglich. Eine derartige Feststellung habe die belangte Behörde, weil sie von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen sei, nicht getroffen.

Mit dem in der Folge ergangenen angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß ab bis eine monatliche Wohnbeihilfe von S 2.374,-- gewährt werde. Diese Entscheidung wurde nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß der Wohnungsaufwand gemäß § 20 Abs. 4 i.V.m. § 79 Abs. 8 Z. 1 lit. b Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 nach der Mitteilung der Hausverwaltung "Heimbau" monatlich S 2.374,10 betrage. Dieser sei zur Gänze als anrechenbare Wohnungsaufwandbelastung anzuerkennen (die Wohnung weise eine Nutzfläche von 97,62 m2 auf und werde von der Beschwerdeführerin und drei weiteren Familienmitgliedern bewohnt). Bezüglich der Ermittlung des Familieneinkommens seien von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann zwei eidesstattliche Erklärungen vorgelegt worden, aus denen hervorgehe, daß zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung einer Wohnbeihilfe keine Einkünfte erzielt worden seien. Da die beiden Kinder zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung einer Wohnbeihilfe noch schulpflichtig gewesen seien, ergebe sich ein Familieneinkommen von S 0,--. Der anrechenbare Wohnungsaufwand im Ausmaß des angeführten Betrages stelle somit gleichzeitig die monatlich zuzuerkennende Wohnbeihilfe dar.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Zeitpunkt der Antragstellung galt das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (WWFSG 1989) in der Stammfassung LGBl. Nr. 18/1989, weil dieses Gesetz gemäß dessen § 62 Abs. 1 am in Kraft trat. Am selben Tag trat auch die aufgrund der §§ 20 bis 25 WWFSG erlassene Verordnung über die Gewährung von Wohnbeihilfe, LGBl. Nr. 32/1989 (im folgenden: VO), in Kraft. Gemäß § 21 Abs. 2 WWFSG darf die Wohnbeihilfe höchstens auf ein Jahr gewährt werden, sodaß der vorliegende Antrag den Zeitraum vom bis betraf. Auch die am in Kraft getretene Neufassung des § 21 Abs. 2 WWFSG (LGBl. Nr. 42/1990) hat an der Einjahresfrist nichts geändert.

Die Berufungsbehörde hatte im vorliegenden Fall nicht das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden, weil darüber abzusprechen war, was in einem bestimmten Zeitraum rechtens war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9315/A), somit die Stammfassung des WWFSG bzw. für den Beihilfenmonat Juni 1990 unter Berücksichtigung der Novelle LGBl. Nr. 42/1990.

Gemäß § 20 Abs. 1 WWFSG ist dem Mieter einer Wohnung, deren Errichtung im Sinne des ersten Hauptstückes dieses Gesetzes gefördert wurde, und der durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet wird, auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, soferne er ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendet. § 22 WWFSG sieht die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung für geförderte Eigentumswohnungen vor. Gemäß § 20 Abs. 2 WWFSG ist die Wohnbeihilfe in der Höhe zu gewähren, die sich aus dem Unterschied zwischen zumutbarer und der in den Absätzen 4 und 5 näher bezeichneten Wohnungsaufwandbelastung je Monat ergibt. § 2 VO regelt, wie die zumutbare Wohnungsaufwandbelastung zu ermitteln ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. sind die Anträge auf Gewährung von Wohnbeihilfe an den Magistrat zu richten. Diesem Antrag sind gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen unter anderem der Nachweis des Einkommens (Familieneinkommens) und ein Nachweis über den Wohnungsaufwand gemäß § 20 Abs. 4 anzuschließen. Gemäß § 27 Abs. 4 WWFSG sind bei aufrechten Ehen oder Lebensgemeinschaften die Einkünfte beider Partner der Berechnung des Einkommens zugrunde zu legen. § 27 Abs. 1 leg. cit. sieht vor, daß das Einkommen im Sinne des ersten Hauptstückes folgendermaßen nachzuweisen ist:

1. bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das letzte veranlagte Kalenderjahr;

2. bei Arbeitnehmern, die nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch Vorlage eines Lohnzettels für das vorangegangene Kalenderjahr;

3. bei Personen mit anderen Einkünften durch Vorlage von Nachweisen, aus denen Art und Höhe der Einkünfte ersichtlich sind.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung können bei Prüfung des Einkommens weitere Nachweise oder Erklärungen beigebracht oder verlangt werden.

Nach der Begriffsbestimmung im § 2 Z. 14 WWFSG gilt als Einkommen das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988, vermehrt um gewisse bei der Einkommensermittlung abgezogene Beträge und um steuerfrei gestellte Bezüge, und vermindert um die Einkommensteuer. § 2 Z. 15 WWFSG definiert als Familieneinkommen die Summe der Einkommen des Förderungswerbers oder Mieters und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mit Ausnahme von im Haushalt beschäftigten Arbeitnehmern und angestellten Pflegepersonal.

Materielle Voraussetzung eines Anspruches auf Wohnbeihilfe ist unter anderem, daß der Mieter "unzumutbar" durch den Wohnungsaufwand belastet wird; um feststellen zu können, ob diese Belastung "unzumutbar" ist, muß gemäß § 20 Abs. 3 WWFSG bzw. gemäß § 2 VO das Familieneinkommen ermittelt werden. Aus § 2 Abs. 1 Z. 1 VO ergibt sich, daß ein Einkommen unter den bei der Antragstellerin gegebenen Familienverhältnissen von S 9.600,-- (S 7.100,-- plus S 2.500,-- für zwei Kinder) jedenfalls anrechnungsfrei bleibt, also erst vom darüberhinaus erzielten Einkommen ein als zumutbar angesehener Wohnungsaufwand in Betracht kommt.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß sich der Bescheid auf die Mitteilung der Hausverwaltung, die dem verfahrensgegenständlichen Ansuchen mit vorgespeicherten Daten von der Behörde vom angeschlossen worden sei, stütze. Diese Bestätigung sei somit von der Hausverwaltung ausgefüllt worden. In dieser Bestätigung sei festgehalten, daß diese neu errechneten Annuitäten seit entrichtet würden. Der Beschwerdeführerin sei jedoch durch Bescheid der Wiener Landesregierung vom bis eine Wohnbeihilfe in der Höhe von S 2.764,-- gewährt worden. Es sei für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar, warum für den Zeitraum vom 1. Jänner bis (für den die gleichen Annuitäten gemäß der Bestätigung des Wohnungsaufwandes Geltung hätten) ein Wohnungsaufwand von S 2.764,44 zugrundegelegt worden sei. Dieser Widerspruch werde auch dadurch deutlich, daß sich der Mietzins im Zeitraum vom 1. Jänner bis nicht verändert habe. Es sei der Beschwerdeführerin nie Gelegenheit gegeben worden, zur festgestellten Höhe des Wohnungsaufwandes von S 2.374,10 Stellung zu nehmen und auf die Widersprüche bezüglich der Höhe der Wohnbeihilfe zum vorangegangenen Bescheid hinzuweisen.

Diesem Beschwerdevorbringen ist lediglich zu entgegnen, daß die Beschwerdeführerin die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensfehlers in der Beschwerde nicht darlegt und insbesondere die Richtigkeit der dem Antrag beigelegten Bestätigung der Hausverwaltung betreffend den Wohnungsaufwand ab nicht bestreitet. Die belangte Behörde weist im übrigen in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hin, daß im Zeitraum vom 1. Jänner bis noch das Wohnbauförderungsgesetz 1984, BGBl. Nr. 482, in der bis geltenden Fassung anzuwenden gewesen sei. Mit dem Inkrafttreten des Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes 1989, LGBl. Nr. 18, seien gemäß dessen § 79 Abs. 8 die Bestimmungen der Abs. 4 bis 7 des § 79 (d.h. das Weitergelten der aufgehobenen Bestimmungen) nur mehr für die Gültigkeitsdauer von Bescheiden anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (das ist der ) erlassen wurden. § 32 Abs. 2 Wohnbauförderungsgesetz 1984 und § 20 Abs. 4 WWFSG, die beide den Wohnungsaufwand betreffen, sind insofern unterschiedlich, als der nunmehr geltende § 20 Abs. 4 WWFSG 1989 die Position "Deckung der Kosten der Erhaltung gemäß § 46 Abs. 1 Z. 4 oder gemäß § 14 Abs. 1 Z. 5 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz" nicht mehr enthält. Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob sich der unterschiedliche Betrag der Wohnbeihilfe im Hinblick auf den rechtskräftigen Bescheid der Wiener Landesregierung vom tatsächlich aus dem Wegfall dieser Position ergeben hat, weil - wie bereits dargelegt - von der Beschwerdeführerin selbst gegen den von der Hausverwaltung bestätigten Wohnungsaufwand keinerlei Einwände erhoben wurden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.