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VwGH 25.03.1997, 96/05/0257

VwGH 25.03.1997, 96/05/0257

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
BauO Wr §54 Abs1;
RS 1
Kein RS

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dipl.Ing. W in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B II - 4/85, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde dem Beschwerdeführer die Bewilligung zum Dachgeschoßausbau auf der Liegenschaft EZ n1, KG X, B-Straße 49, nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen unter Nebenbestimmungen erteilt. Im Punkt 20) wurde folgendes vorgeschrieben:

"20) Gemäß § 54 BO ist in der vollen Länge der Baulinie im Zuge der Bauführung, spätestens jedoch bis zur Beendigung der Bauführung ein Gehsteig nach den Anordnungen der Behörde herzustellen. Vor Inangriffnahme der Gehsteigherstellung ist gemäß § 54 Abs. 10 BO um die Bekanntgabe der Breite und der Bauart und um die Aussteckung der Höhenlage beim Vermessungsdezernat der Baubehörde anzusuchen. Für die Gehsteigauf- und -überfahrt ist gemäß § 54 Abs. 9 BO bei der MA 28 ... eine gesonderte Bewilligung zu erwirken."

Ausschließlich gegen diese Nebenbestimmung erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Die für den Straßenbau zuständige MA 28 habe die Kosten der Gehsteigherstellung mit S 111.027,21 inklusive Umsatzsteuer angegeben. Der Beschwerdeführer sei zur mündlichen Verhandlung am nicht erschienen. In dieser Verhandlung habe der Vertreter der Straßenverwaltung ausgeführt, der vorhandene Gehsteig entspräche nicht den derzeit geltenden Vorschriften und befinde sich in keinem guten Zustand. Eine laufende Verschlechterung sei durch Witterungseinflüsse zu erwarten. Es werde zu Frostaufbrüchen kommen. Die Gehsteigherstellung stehe wegen der sicheren Begehbarkeit im öffentlichen Interesse. Der Vertreter des Bezirksvorstehers habe sich diesen Ausführungen angeschlossen. Durch die Bewilligung des Dachausbaues sei für den Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 BO grundsätzlich die Verpflichtung entstanden, in der vollen Länge der Baulinie des Bauplatzes in der von der Behörde bekanntgegebenen Breite, Höhenlage und Bauart (§ 54 Abs. 10 BO) einen Gehsteig herzustellen. Das Verhältnis zwischen den Kosten der Gehsteigherstellung und den Kosten jener Baumaßnahmen, welche die Verpflichtung zur Gehsteigherstellung auslösten, sei nur solange maßgebend, als das öffentliche Interesse an der Gehsteigherstellung nicht eine besondere Intensität ("Verlangen") erreiche. Ein solches Interesse läge hier vor. Die Behörde gehe davon aus, daß der vorhandene Gehsteig Schäden aufweise, die seine sichere Begehbarkeit in Frage stellten, weshalb die Neuherstellung eines Gehsteiges, der auch den geltenden Ausführungsvorschriften entspräche, geboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage keine Vorschreibung zur Gehsteigherstellung zu erhalten. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 54 Abs. 1 erster Satz der Bauordnung für Wien in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 (BO) ist bei Herstellung eines Neu-, Zu- oder Umbaues im Bauland oder einer fundierten Einfriedung an einer Baulinie der Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes bzw. der Einfriedung verpflichtet, in der vollen Länge der Baulinien des Bauplatzes oder Bauloses, auf dem der Neu-, Zu- oder Umbau bzw. die Einfriedung hergestellt wird, in der von der Behörde bekanntgegebenen Breite, Höhenlage und Bauart (Abs. 10) einen Gehsteig herzustellen.

Gemäß Abs. 10 dieser Gesetzesstelle ist vor Ausführung oder Änderung des Gehsteiges bei der Behörde um Bekanntgabe der Höhenlage, Breite und Bauart des Gehsteiges und um die Aussteckung der Höhenlage anzusuchen.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, daß ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und daß damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem Verwaltungsgerichtshof möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/04/0156, u. v.a.).

Die belangte Behörde hat die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Gehsteigherstellung im Sinne des § 54 Abs. 1 der BO deshalb für gegeben erachtet, weil öffentliche Interessen die Herstellung eines Gehsteiges verlangen. Sie stützte sich bei dieser Feststellung offenkundig auf den

5. Satz des § 54 Abs. 1 BO, wonach die Behörde von der Verpflichtung zur Herstellung eines Gehsteiges dann abzusehen hat, wenn die Herstellungskosten des Gehsteiges nach objektiven Merkmalen im Verhältnis zu den Kosten eines Zu- oder Umbaues, der Errichtung eines Nebengebäudes oder der Errichtung einer fundierten Einfriedung wirtschaftlich nicht vertretbar sind, wenn wiederum nicht öffentliche Interessen die Herstellung eines Gehsteiges verlangen.

Für die Annahme des öffentlichen Interesses verweist die belangte Behörde auf die "Aussage des sachkundigen Vertreters der Straßenverwaltung bei der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren", ohne nähere Feststellungen darüber zu treffen, aus welchen geschlossen werden könnte, daß öffentliche Interessen an der Gehsteigherstellung im Sinne des § 54 Abs. 1 BO vorliegen. Auch den Ausführungen des Vertreters der Straßenverwaltung kann nicht entnommen werden, daß derzeit Umstände vorliegen, die eine Gefahr (z.B. Stolpern u.ä.) erwarten ließen. Um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, bedarf es nämlich in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Darlegung jenes KONKRETEN Sachverhaltes, der die Beurteilung dieser Rechtsfrage ermöglicht. Daraus folgt aber, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat und es derart dem Beschwerdeführer und auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich ist, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen. Die Ausführungen in der Gegenschrift vermögen daran nichts zu ändern (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/10/0086).

Sollte das im § 54 Abs. 1 letzter Halbsatz BO geforderte öffentliche Interesse verneint werden, wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren auch in einer den Anforderungen des § 60 AVG entsprechenden Weise zu begründen haben, warum sie im gegenständlichen Fall nicht vom Vorliegen des Tatbestandsmerkmales "wirtschaftlich nicht vertretbar" ausgegangen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren betreffend den nichterforderlichen Stempelgebührenaufwand war abzuweisen, da die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung und der angefochtene Bescheid in einfacher Ausfertigung vorzulegen waren.

Zusatzinformationen


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Norm
BauO Wr §54 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1997:1996050257.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAE-48202