VwGH vom 25.04.2002, 2002/07/0009
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des WS in S, vertreten durch Dr. Michael Franz Sauerzopf, Rechtsanwalt in Eisenstadt, Neusiedler Straße 24-26, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom , Zl. 5-W-AW1104/7-2001, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (BH) dem Beschwerdeführer gegenüber gemäß § 4 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG), fest, dass
1. das auf dem Grundstück Nr. 3496 der KG S abgelagerte Material (ca. 4.300 m3 eines Gemenges aus Klärschlamm, Carbokalk, Stroh und Schlamm/Schlacke) Abfall im Sinne des § 2 AWG ist;
2. das auf dem Grundstück Nr. 3496 der KG S abgelagerte Material (ca. 4. 300 m3 eines Gemenges aus Klärschlamm, Carbokalk, Stroh und Schlamm/Schlacke) gemäß § 34 ff AWG bei der Verbringung als notifizierungspflichtig erfasst ist.
Mit Schreiben vom ersuchte die BH den Gendarmerieposten S um Zustellung des beiliegenden RSA-Briefes, welcher den Feststellungsbescheid vom enthielt, an den Beschwerdeführer.
Mit Schreiben vom berichtete der Gendarmerieposten S der BH, dass der RSA-Brief gegen Übernahmsbestätigung an den Beschwerdeführer am ausgefolgt worden sei.
Auf der letzten Seite des Entwurfes des Feststellungsbescheides vom findet sich ein handschriftlicher, mit datierter Aktenvermerk folgenden Inhalts:
"Am heutigen Tage wurde Hr. S eine Bescheidausfertigung persönlich übergeben." (Unterschrift des BH-Bediensteten).
Mit Schreiben vom erhoben der Beschwerdeführer und Gertrud S Berufung gegen den Bescheid der BH vom . Diese Berufung wurde vom Beschwerdeführer persönlich am bei der BH abgegeben.
Mit Schreiben vom beauftragte die belangte Behörde die BH zu klären, von welchem Behördenorgan der Bescheid übergeben worden sei und an wen konkret diese Übergabe erfolgt sei.
Diese Fragen beantwortete die BH mit Schreiben vom dahin, dass der Bescheid der BH vom am Freitag, dem , gegen 8.15 Uhr im Zimmer Nr. 24 vom zuständigen Referenten Mag. Werner Zechmeister dem Bescheidadressaten, dem Beschwerdeführer, ausgefolgt worden sei.
Unter dem Datum des richtete die belangte Behörde folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer:
"Auf Grund Ihrer Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom , Zl. :09/06/514/19, wurde von der Behörde I. Instanz der Gegenstandsakt anher übermittelt.
Dem Akt ist zu entnehmen, dass Ihnen der obgenannte Bescheid am Freitag, dem um ca. 8.15 Uhr in Zimmer Nr. 24 vom zuständigen Referenten Mag. Z persönlich übergeben wurde.
Zusätzlich wurde der Bescheid mit RSA-Brief an Sie zugestellt. Diese Bescheidausfertigung wurde von Ihnen laut Rückschein am übernommen.
Auf Grund der Aktenlage ist somit davon auszugehen, dass Ihnen der Bescheid am rechtswirksam zugestellt wurde.
In Wahrung des Parteiengehörs haben Sie nunmehr die Gelegenheit, binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens hiezu Stellung zu nehmen."
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als verspätet zurück.
In der Begründung heißt es, dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht worden, dass ihm der Bescheid der BH laut Aktenvermerk am zugestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe bis dato von der Möglichkeit, eine Stellungnahme zu diesem Sachverhalt abzugeben, keinen Gebrauch gemacht. Er habe insbesondere auch den Umstand der Ausfolgung des erstinstanzlichen Bescheides am bei der BH nicht bestritten. Die belangte Behörde sehe sich daher nicht veranlasst, daran zu zweifeln, dass der Bescheid tatsächlich am dem Beschwerdeführer ausgefolgt worden sei. Die Berufungsfrist habe daher am geendet. Die am bei der BH eingebrachte Berufung sei daher verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde stütze sich im Wesentlichen auf einen offenbar undatierten, mit nachfolgendem Schreiben der BH vom konkretisierten Aktenvermerk, wonach der erstinstanzliche Bescheid bereits am an den Beschwerdeführer übergeben worden sei. Eine Bestätigung der Übernahme sei aber nicht erfolgt. Tatsächlich habe eine Ausfolgung des erstinstanzlichen Bescheides am nicht stattgefunden, sondern es sei dem Beschwerdeführer an diesem Tag zu rein informativen Zwecken die Äußerung des Sachverständigen, die später in den erst am zugestellten Bescheid aufgenommen worden sei, zur Kenntnis gebracht und übergeben worden. Es liege daher keine Zustellung eines Bescheides vor. Dies sei der belangten Behörde auch bekannt gewesen. Der Beschwerdeführer habe nämlich im Anschluss an die Aufforderung zur Stellungnahme im Schreiben der belangten Behörde vom - wenn auch nicht innerhalb der darin gesetzten Frist, so doch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - im Juli oder August 2001 den zuständigen Referenten der belangten Behörde aufgesucht und bei dieser Gelegenheit dargelegt, dass es sich bei dem am übergebenen Schriftstück lediglich um eine Vorabinformation gehandelt habe. Es sei daher unzutreffend, dass der Beschwerdeführer zu der angeblichen Ausfolgung des Bescheides am keine Stellungnahme abgegeben habe. Da davon auszugehen sei, dass über die Vorsprache des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde auch ein Aktenvermerk angefertigt worden sei und dieser im Akt erliege, scheine die in der Bescheidbegründung enthaltene Feststellung, der Beschwerdeführer habe keine Stellungnahme abgegeben, aktenwidrig.
Die Vorsprache des Beschwerdeführers, insbesondere aber auch der Umstand, dass entgegen der Bestimmung des § 24 des Zustellgesetzes eine Bestätigung über die Bescheidübernahme fehle, hätte die belangte Behörde dazu veranlassen müssen, den Verfasser des Aktenvermerkes bei der BH zur Frage der Bescheidausfolgung zu vernehmen. Ein bloßer Aktenvermerk mache eine Zeugenaussage nicht entbehrlich und er liefere auch nicht vollen Beweis im Sinne des § 15 AVG. Die belangte Behörde könne sich daher nicht auf den Standpunkt zurückziehen, mit dem Hinweis auf den Aktenvermerk ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung Genüge getan zu haben. Die belangte Behörde hätte auf das vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Vorsprache erstattete Vorbringen eingehen müssen.
Schließlich habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer zwar zur Stellungnahme aufgefordert, diesem jedoch weder die Einsichtnahme in den ursprünglichen Aktenvermerk noch in das Schreiben der BH vom ermöglicht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 24 Z. 1 ZustG können dem Empfänger versandbereite Schriftstücke unmittelbar bei der Behörde ausgefolgt werden. Die Ausfolgung ist von der Behörde (Dienststelle) zu beurkunden. § 22 Abs. 2 und 3 gilt sinngemäß.
Nach § 22 Abs. 2 ZustG hat der Übernehmer der Sendung die Übernahme durch Unterfertigung des Zustellnachweises unter Beifügung des Datums und, soweit er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert der Übernehmer die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken.
Das Fehlen einer schriftlichen Übernahmebestätigung berührt nur die Frage des Nachweises der Bescheidausfolgung, führt jedoch nicht zur Rechtsunwirksamkeit der Zustellung durch Ausfolgung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/18/0462).
Das Fehlen eines Zustellnachweises der in § 24 ZustG iVm § 22 Abs. 2 leg.cit. vorgesehenen Art hat zur Folge, dass die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen hat. Hiebei ist sie nicht auf bestimmte Beweismittel beschränkt. Vielmehr gilt § 46 AVG, wonach als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Annahme, der Bescheid der BH vom sei dem Beschwerdeführer bereits am durch Aushändigung bei der BH zugestellt worden, auf den vom aushändigenden Bediensteten der BH verfassten Aktenvermerk und auf den Umstand gestützt, dass der Beschwerdeführer gegen diesen ihm mitgeteilten Sachverhalt und die Feststellung, er habe das Schriftstück bereits am ausgefolgt erhalten, keinen Einwand erhoben hat.
Auf Grund dieser Fakten bestehen auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, wenn die belangte Behörde von der Annahme einer Zustellung am ausgegangen ist. Der Vernehmung von Zeugen bedurfte es nicht, da der Beschwerdeführer selbst im Verwaltungsverfahren nicht bestritten hat, dass ihm der Bescheid an diesem Tag zugestellt wurde.
Es wäre dem Beschwerdeführer frei gestanden, bei der belangten Behörde Akteneinsicht zu nehmen. Seine Behauptung, die belangte Behörde habe ihm weder die Einsicht in den "ursprünglichen" Aktenvermerk noch in das Schreiben der BH vom ermöglicht, ist daher nicht nachvollziehbar.
Alle von der belangten Behörden für den angefochtenen Bescheid herangezogenen Sachverhaltsgrundlagen waren in ihrem Schreiben vom , mit dem Parteiengehör gewährt wurde, enthalten. Der Übermittlung des Schreibens der BH vom an den Beschwerdeführer bedurfte es daher nicht.
Die in der Beschwerde erhobene Behauptung, der Beschwerdeführer habe zwar nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist, wohl aber noch vor Erlassung des Bescheides mündlich darauf hingewiesen, dass er am 20. April nur eine "Vorabinformation" erhalten habe, vermag die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe zur Frage des Zustelltages des erstinstanzlichen Bescheides keine Stellungnahme abgegeben, nicht zu erschüttern.
Im Akt findet sich diesbezüglich kein Hinweis; die belangte Behörde hat in der Gegenschrift mitgeteilt, der zuständige Bearbeiter könne sich an einen solchen Vorgang nicht erinnern. Der Beschwerdeführer ist auch nicht in der Lage anzugeben, wann er bei der Behörde vorgesprochen hat; er spricht nur vage von Juli oder August.
Angesichts dieses Sachverhaltes geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zur Frage, ob ihm der erstinstanzliche Bescheid am bei der BH ausgehändigt worden sei, nicht abgegeben wurde.
Konnte die belangte Behörde aber von einer Zustellung des Bescheides am ausgehen, dann war die Berufungsfrist am , dem Tag, an dem der Beschwerdeführer die Berufung bei der BH abgegeben hat, bereits verstrichen. Die Zurückweisung der Berufung erfolgte zu Recht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am