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VwGH vom 28.01.1992, 90/07/0047

VwGH vom 28.01.1992, 90/07/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des K in V, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 411.031/02-I4/88, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages hinsichtlich Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Gemeinde V befindet sich im X-Fluß km 10,22 das M-Wehr, von welchem rechtsufrig ein Werksgraben (M-Bach) abzweigt, welcher bei km 7,58 wieder in den X-Fluß mündet. An diesem M-Bach befinden sich mehrere Wasserkraftanlagen, darunter auch die im Wasserbuch für den politischen Bezirk Gmunden unter Postzahl eingetragene sogenannte "NN-Schmied". Der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom ist zu entnehmen, daß der seinerzeitige Anlageneigentümer und Wasserbenutzungsberechtigte J seine Liegenschaft an Z verkaufte und dieser im Jahre 1981 den links des M-Baches liegenden Grundstücksteil an den Beschwerdeführer, den rechtsliegenden Grundstücksteil an Margarethe und Wolfgang J weiterveräußerte.

Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden gemäß § 29 Abs. 1 iVm § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 das Erlöschen der Wasserbenutzungsrechte am M-Bach, darunter auch der "NN-Schmied", spätestens mit Wirkung vom fest (an diesem Tag wurde im Zuge einer vom Landeshauptmann von Oberösterreich durchgeführten wasserrechtlichen Überprüfung der Wasserbenutzungsanlagen festgestellt, daß die bei einer Überprüfung am festgestellte Zerstörung wesentlicher Teile der Anlagen noch immer gegeben war). Spruchabschnitt III dieses Bescheides verpflichtete Z als bisher Wasserberechtigten zu nachstehenden letztmaligen Vorkehrungen bezüglich der Wasserkraftanlage "NN-Schmied":

"1. Die im M-Bachbereich gelegenen Reste der alten Wasserkraftanlagen wie z.B. Schützen, Bedienungsstege, Wasserräder samt Auflagerungen sowie Teile davon, sind bis auf Geländehöhe fachgerecht abzutragen und zu entfernen. Es dürfen keine Gefahrenquellen durch den baufälligen Zustand verbleiben.

2. Die in Wohn- oder Betriebsgebäuden gelegenen Anlagenteile sind unter Bedachtnahme auf die Standsicherheit der Gebäude fachgerecht abzutragen oder in einem den Bestimmungen der OÖ. Bauordnung entsprechenden Zustand zu erhalten.

3. Anstelle der bei den Wasserkraftanlagen vorhandenen Gefällsstufen sind Erdböschungen mit einer maximalen Böschungsneigung von 1 : 2 herzustellen. Bei den Holzwehren sind die Kästen mit Erdmaterial auszufüllen."

Die im Erlöschensverfahren vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen wurden unter Spruchabschnitt VII zurückgewiesen und hiezu begründend ausgeführt, daß dieser erst nach dem Zeitpunkt des Erlöschens Eigentümer eines mit der Wasserkraftanlage "NN-Schmied" verbundenen Liegenschaftsteiles (Kaufvertrag vom , Grundbuchsbeschluß vom ), und "somit überhaupt nicht Wasserberechtigter geworden" sei.

Gegen diesen auch dem Beschwerdeführer zugestellten Bescheid erhoben die Verpflichteten, darunter auch Z, nicht jedoch der Beschwerdeführer, Berufung an den Landeshauptmann von Oberösterreich.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Antrag auf "Übergang der Entscheidungspflicht". Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 73 AVG 1950 zurück und führte begründend aus, daß der Beschwerdeführer die seinerzeit mit der Wasserbenutzungsanlage "NN-Schmied" verbundene Liegenschaft erst zu einem Zeitpunkt erworben habe, da das Wasserbenutzungsrecht bereits erloschen gewesen sei, ein Übergang des Wasserbenutzungsrechtes an ihn sohin nicht mehr möglich gewesen wäre und er im übrigen auch nicht dem vom § 29 Abs. 1 und 3 WRG 1959 umfaßten Personenkreis angehöre.

Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zuerst beim Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom , Zl. B 1568/89, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Der Abtretungsbeschluß langte beim Verwaltungsgerichtshof am ein.

Während des Laufes des verfassungsgerichtlichen Verfahrens über die vorliegende gegen den angefochtenen Bescheid vom (dem Beschwerdeführer am zugegangen) am beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom , den Parteien des wasserrechtlichen Erlöschensverfahrens am zugekommen, den Berufungen der gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 "bisher Berechtigten" (darunter auch der Berufung des Z als bisher Wasserberechtigten der "NN-Schmied") gemäß § 66 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom vollinhaltlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG 1950 in der von der Behörde anzuwendenden Fassung sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht nach Abs. 2 dieses Paragraphen auf ihr schriftliches Vorbringen die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er Eigentümer jener Liegenschaft sei, auf der sich die Anlage bzw. Anlagenteile der "NN-Schmied" befänden; daraus resultiere seine Parteieigenschaft im gegenständlichen Wasserrechtsverfahren; es hätte daher sein Devolutionsantrag nicht als unzulässig zurückgewiesen werden dürfen; im übrigen lägen die Voraussetzungen des Erlöschenstatbestandes des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 nicht vor.

Ein zulässiger Devolutionsantrag kann von jeder Partei, die in einem Verfahren einen Erledigungsanspruch hat, gestellt werden. Ob eine Partei einen Erledigungsanspruch besitzt, ist den materiellen und prozessualen Vorschriften zu entnehmen, im vorliegenden Fall den §§ 102 Abs. 1 lit. c, 27 und 29 WRG 1959.

Nach § 102 Abs. 1 lit. c leg. cit. sind Parteien im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die in § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen.

Nach § 27 Abs. 1 lit. g leg. cit. erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist.

Nach § 29 Abs. 1 leg. cit. hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichem Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat. Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können nach Abs. 3 leg. cit. die öffentlichen Körperschaften (Bund, Land, Bezirk, Gemeinde), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen, abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenden Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde.

Der Gesetzgeber hat im Verfahren betreffend "Vorkehrungen bei Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten" (Überschrift zu § 29 leg. cit.) Parteistellung nach Abs. 1 einerseits dem "bisher Berechtigten", andererseits den durch die letztmaligen Vorkehrungen berührten "anderen Wasserberechtigten" oder "Anrainern" zuerkannt.

Dieser "bisher Berechtigte" (und damit zu letztmaligen Vorkehrungen Verpflichtete) ist derjenige, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen ist. Da bei ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen gemäß § 22 Abs. 1 leg. cit. Wasserberechtigter der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft ist, mit der diese Rechte verbunden sind, wird in solchen Fällen als "bisher Berechtigter" zu Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. zu Recht derjenige verpflichtet, der bis zum Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes Alleineigentümer der in Betracht kommenden Liegenschaft war (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 2306/76). Dagegen kommt der Erwerber einer Liegenschaft, mit der ein zum Zeitpunkt des Erwerbes bereits erloschenes Wasserbenutzungsrecht verbunden war, nicht als Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Wasserberechtigten und somit auch nicht als derjenige in Betracht, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen ist (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/07/0015).

Im Beschwerdefall ist das Erlöschen des Wasserrechtes mit Wirkung vom festgestellt worden; die Liegenschaft, mit der dieses Wasserbenutzungsrecht verbunden war, hat der Beschwerdeführer (erst) mit Kaufvertrag vom erworben. Normadressat der letztmaligen Vorkehrungen war daher zu Recht Z als bisher Wasserberechtigter der "NN-Schmied". Kam dem Beschwerdeführer unter dem Titel "bisher Berechtigter" Parteistellung im Erlöschensverfahren nicht zu, mangelte es ihm insofern auch am Recht zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht in bezug auf die Berufungen der durch die Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen betroffenen bisherigen Wasserberechtigten.

Im vorliegenden Fall ist aber noch zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer Parteistellung im Rahmen des sonst vom § 29 leg. cit. erfaßten Personenkreises - also anderer Wasserberechtigter oder Anrainer - zukommt (und er daher insoweit die Beeinträchtigung seiner wasserrechtlich geschützten Rechte zulässigerweise auch im Devolutionsverfahren geltend machen konnte).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Z bescheidmäßig auferlegten letztmaligen Vorkehrungen (z.B. Abtragung und Entfernung von Anlagenteilen, Herstellung von Erdböschungen statt Gefällsstufen etc.) unmittelbar auch auf der nunmehr im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Liegenschaft bzw. auch bezüglich mit der Liegenschaft untrennbar verbundenen Anlageteilen erfolgen sollen. Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer - solange über die Berufungen gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom nicht entschieden war - in seiner Dispositionsbefugnis über sein eigenes Grundstück eingeschränkt war. Hieraus ergibt sich ein aus dem Eigentum an diesem Grundstück - die daraus resultierende Rechtsposition ist kraft Größenschlusses jener eines Anrainers gleichzuhalten - erfließendes rechtliches Interesse an der Erlassung einer Entscheidung über die Berufungen der bisher Berechtigten, um Gewißheit über Art und Ausmaß der ihn als Grundstücks- und Anlageneigentümer treffenden (Duldungs-) Verpflichtungen zu erlangen.

Indem die belangte Behörde die Zurückweisung des Devolutionsantrages ausschließlich damit begründet hat, daß der Beschwerdeführer nicht bisher Berechtigter sei, ohne zu prüfen, ob ihm nicht als Eigentümer des betroffenen Grundstückes die Stellung einer Partei im Erlöschensverfahren und damit auch die Legitimation zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht zukomme, hat sie die Rechtslage verkannt und daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, daß im vorliegenden Fall - ungeachtet der während des Beschwerdeverfahrens getroffenen Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Oberösterreich - das Beschwerdeverfahren nicht wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen war, weil darauf Bedacht genommen werden mußte, daß der Beschwerdeführer durch die Bindungswirkung der Verneinung seiner Parteistellung im fortzusetzenden Verfahren nicht in seinen Rechten verletzt wird.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 2 und 59 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits der Ersatz der Umsatzsteuer enthalten ist und im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte, gebührt (vgl. DOLP, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 681).